Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 18.07.2016 Die Schriftliche Anfrage wird unter Beteiligung der AOK Bayern , der Regierungen sowie der Fachstellen Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) wie folgt beantwortet: 1. Ist der Staatsregierung bekannt, dass seit geraumer Zeit stationäre Pflegeeinrichtungen im Allgäu weder genügend Pflegefachkräfte noch Pflegehelfer finden können, und wenn ja, wo? Die FQA im Allgäu berichten, dass in der Regel in den stationären Einrichtungen der Pflege die Fachkraftquote von 50 % und das Personal-Soll eingehalten werden. Die FQA bestätigen aber, dass die Situation zunehmend schwieriger wird. a) Trifft dies auch in ganz Bayern zu oder sind bestimmte Regionen davon besonders betroffen, gegebenenfalls welche? Grundsätzlich wird von den Einrichtungen in allen Regierungsbezirken die Lage im personellen Bereich als angespannt beschrieben. Es gestaltet sich zunehmend schwieriger , qualifiziertes Fachpersonal zu gewinnen. Bei der Gewinnung von Fach- und Hilfskräften sind regionale Unterschiede erkennbar. So haben im Regierungsbezirk Oberfranken die Einrichtungen in den ländlichen Regionen große Schwierigkeiten, sowohl ausreichend Fachkräfte als auch Hilfskräfte für die Tätigkeiten in ihren Einrichtungen zu akquirieren, während in anderen Regierungsbezirken die Gewinnung von Hilfskräften kein Problem darstellt. Bisher ist jedoch keine Einrichtung dauerhaft nicht in der Lage, ausreichend Pflegepersonal einzustellen. Um Personallücken zu schließen, sind einige Träger dazu übergegangen , Arbeitsverträge mit einer Mindestarbeitszeit abzuschließen , die bei Bedarf erhöht werden kann. Vereinzelt wird ein vorübergehender Personalmangel mit Zeitarbeitskräften überbrückt, der Anteil von Fachkräften aus dem Ausland nimmt zu. Besonders fehlt es an Betreuungs- und Pflegekräften mit Weiterbildungen zur gerontopsychiatrischen Fachkraft, Palliativ -Care-Fachkraft, zum Wundmanager oder zur Wohnbereichsleitung . 2. Ist der Staatsregierung bekannt, dass durch den Personalmangel trotz großer Nachfrage Pflegeplätze nicht mehr belegt werden können und leer stehen, weil eine Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann, und wenn ja, wo? Ein dauerhafter Leerstand aufgrund Personalmangels in den Jahren 2015 und 2016 ist nicht bekannt. Für alle Regierungsbezirke wird jedoch beschrieben, dass Einrichtungen 17. Wahlperiode 30.09.2016 17/12703 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Leopold Herz FREIE WÄHLER vom 14.06.2016 Personalmangel in Pflegeeinrichtungen Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist der Staatsregierung bekannt, dass seit geraumer Zeit stationäre Pflegeeinrichtungen im Allgäu weder genügend Pflegefachkräfte noch Pflegehelfer finden können, und wenn ja, wo? a) Trifft dies auch in ganz Bayern zu oder sind bestimmte Regionen davon besonders betroffen, gegebenenfalls welche? 2. Ist der Staatsregierung bekannt, dass durch den Personalmangel trotz großer Nachfrage Pflegeplätze nicht mehr belegt werden können und leer stehen, weil eine Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann, und wenn ja, wo? a) Sind vonseiten der Heimaufsichtsbehörden (Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht – FQA) Belegungsstopps ausgesprochen worden, weil der Personalschlüssel und die Fachkraftquote nicht eingehalten werden konnte? 3. Wie ist die oben genannte Situation bei den ambulanten Pflegediensten/Sozialstationen des Allgäus bzw. in ganz Bayern und ist dies auf bestimmte Regionen beschränkt, gegebenenfalls welche? a) Werden dort auch teilweise neue Patienten nicht mehr angenommen, weil das Pflegepersonal zur Betreuung fehlt? 4. Welche Maßnahmen gegen die bereits eingetretenen bzw. die sich abzeichnenden Versorgungsengpässe hat die Staatsregierung bereits ergriffen bzw. plant sie? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12703 in Einzelfällen Plätze vorübergehend nicht belegt haben, weil eine Versorgung aufgrund des Mangels an Pflege- und Betreuungskräften nicht sichergestellt werden konnte. Ob jeweils vor Ort Pflegebedürftige deswegen nicht in eine Einrichtung umziehen konnten oder dort eine große Nachfrage besteht bzw. bestanden hat, ist nicht bekannt. Die Anzahl der Fälle und deren regionale Verteilung werden in der Regel nicht erfasst. a) Sind vonseiten der Heimaufsichtsbehörden (FQA) Belegungsstopps ausgesprochen worden, weil der Personalschlüssel und die Fachkraftquote nicht eingehalten werden konnte? In allen Regierungsbezirken haben FQA in den Jahren 2015 und 2016 in Einzelfällen ggü. Einrichtungsträgern Belegungsstopps ausgesprochen. Hintergrund war die Unterschreitung der Fachkraftquote. 3. Wie ist die oben genannte Situation bei den ambulanten Pflegediensten/Sozialstationen des Allgäus bzw. in ganz Bayern und ist dies auf bestimmte Regionen beschränkt, gegebenenfalls welche? Zur Situation der Pflegedienste/Sozialstationen liegen dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) keine Erkenntnisse vor. Hierzu wurde die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern um Auskunft gebeten. Aufgrund der Kürze der Zeit konnten ausschließlich die Äußerungen der AOK Bayern in die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage einfließen. Zur geschilderten Situation des Personalmangels in bayerischen ambulanten Pflegediensten liegen der AOK Bayern jedoch auch keine Kenntnisse vor. Insgesamt ist die Zahl der zugelassenen Pflegedienste aber nicht rückläufig. Im Jahr 2015 verzeichneten die Pflegekassen 1.904 zugelassene Pflegedienste in Bayern. Mit Stand 17.06.2016 ist eine Steigerung um 59 Pflegedienste auf 1.963 zu verzeichnen. Auf den Bezirk Schwaben bezogen, waren 242 Pflegedienste zugelassen. Nach aktuellem Stand sind es 253 (+ 11 Pflegedienste ggü. 2015). Die Angaben zur Personalentwicklung in ambulanten Pflegediensten in Bayern ist der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Kranken- und Pflegekassenverbände in Bayern entnommen, die für die Anhörung des Ausschusses für Gesundheit und Pflege zum Thema „Häusliche Pflege“ am 27.10.2015 erstellt wurde. Die angegebenen Werte zum Personalstand beziehen sich auf das Jahr 2013. Die Angaben zu den Leistungsbeziehern der AOK Bayern beziehen sich auf den Stand im Oktober 2015. Die verfügbaren Daten zum Personal bei den Pflegediensten weisen für Bayern für das Jahr 2013 insgesamt 41.599 Beschäftigungsverhältnisse aus, davon 8.734 in Vollzeit. Aus den nachfolgenden Tabellen – entnommen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (Statistisches Bundesamt Pflegestatistik – www.gbe-bund.de) – ergibt sich ein stetiger Personalaufbau und im Vergleich zu anderen Ländern ein hoher Personalstand.                 Quellen: Pflegestatistik – Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen, Grunddaten, Personalbestand, Pflegebedürftige, Empfänger und Empfängerinnen von Pflegegeldleistungen; Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn Drucksache 17/12703 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Quellen: Pflegestatistik – Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen, Grunddaten, Personalbestand, Pflegebedürftige, Empfänger und Empfängerinnen von Pflegegeldleistungen; Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn         Über-, Unter- und Fehlversorgung in der ambulanten Pflege insbesondere bezogen auf städtische und ländliche Regionen sind nach Kenntnisstand der AOK Bayern für Bayern nicht wissenschaftlich untersucht. Insgesamt kann die AOK Bayern empirisch für die aktuelle Bedarfsdeckung weder generell noch raumbezogen feststellen, dass notwendige Versorgungen an verfügbaren Angeboten der Pflegedienste scheitern. Strukturelle Versorgungsengpässe mit Pflegeleistungen in Bayern lassen sich aus Sicht des Leistungsgeschehens der AOK Bayern nicht ableiten. a) Werden dort auch teilweise neue Patienten nicht mehr angenommen, weil das Pflegepersonal zur Betreuung fehlt? Der AOK Bayern liegen keine Kenntnisse darüber vor, dass Patienten aufgrund fehlenden Pflegepersonals von einem Pflegedienst nicht angenommen wurden. 4. Welche Maßnahmen gegen die bereits eingetretenen bzw. die sich abzeichnenden Versorgungsengpässe hat die Staatsregierung bereits ergriffen bzw. plant sie? Die Bekämpfung des Fachkräftemangels ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Neben den Maßnahmen der Politik müssen Einrichtungsträger, Kostenträger, Einrichtungen und alle übrigen Beteiligten zur Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen zusammenwirken, um ihrer individuellen Verantwortung gerecht zu werden. Die Staatsregierung arbeitet auf mehreren Ebenen, um dem Mangel an Pflegekräften zu begegnen. Seit dem Schuljahr 2009/2010 wird erfolgreich die HERZ- WERKER-Kampagne durchgeführt, um Auszubildende für den Altenpflegeberuf zu gewinnen. Die Kampagne wurde zunehmend erweitert und z. T. auf besondere Zielgruppen zugeschnitten, so z. B. männliche Auszubildende und solche mit Migrationshintergrund. Die Schülerzahlen in der Altenpflege in Bayern sind seit dem Schuljahr 2009/2010 um fast 40 % gestiegen. 2015 haben wir eine Lehrerinformationskampagne gestartet; über den Verlag Zeitbild Wissen stellen wir Unterrichtsmaterialien für die Sekundarstufe über den Altenpflegeberuf zur Verfügung. Das vorhandene Infomaterial der Kampagne wurde um einen Flyer zu den Karrieremöglichkeiten in der Altenpflege ergänzt. Darüber hinaus nimmt das StMGP mit den HERZWERKER-Materialien regelmäßig an Messen teil, z. B. an der Altenpflegemesse, an der ConSozial und an der Berufsbildungsmesse. Auch die Frage der Ausbildungsfinanzierung ist für die Attraktivität der Ausbildung entscheidend. Für die Schülerinnen und Schüler muss diese kostenlos sein; das ist in Bayern infolge des Bildungsfinanzierungsgesetzes, das mit Wirkung zum 01.08.2013 in Kraft getreten ist (Verzicht der Schulen auf Schulgeld – im Gegenzug zusätzlicher staatlicher Zuschuss), der Fall. Bereits im März 2010 wurde das bayerische „Bündnis für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in der Altenpflege “ geschlossen. Bündnispartner sind neben dem StMGP die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern, die Verbände der freigewerblichen Anbieter sozialer Dienste, der Bayerische Landkreistag, der Bayerische Städtetag, die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit , die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern und der Verband der bayerischen Bezirke. Die Sitzungen werden ein- bis zweimal jährlich vom StMGP organisiert . Zusammen mit dem Bund und den anderen Bundesländern wurde im Jahr 2012 die Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive gestartet. Zu den 10 Handlungsfeldern, in deren Bereich Bund und Länder sich verpflichtet haben, besonders aktiv zu sein, gehören u. a. auch die Imagesteigerung des Altenpflegeberufs, Aufstiegswege optimieren, Ausbildungsanstrengungen stärken und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege. Die Bilanz zur „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ legt offen, dass viele Projekte zu einer Verbesserung der Rah- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12703 menbedingungen und zu einer Steigerung der Schülerzahlen geführt haben. Als weiteres wichtiges Element zur Gewinnung Auszubildender ist auch die Weiterbildungsförderung der Arbeitsagenturen nach § 131 b Absatz 3 des Sozialgesetzbuches (SGB) Drittes Buch (III) festgehalten worden. Daher besteht derzeit befristet bis zum 31.12.2017 (Ausbildungsbeginn) eine Förderungsmöglichkeit über die gesamte dreijährige Altenpflegeausbildung hinweg. Die Altenpflegeausbildung ist damit der einzige Beruf, der von der Bundesagentur für Arbeit über die gesamte Ausbildungszeit gefördert werden kann (in anderen Berufen nur bis zu zwei Drittel der Ausbildungszeit). Die 91. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (26./27.11.2014) hatte durch Beschluss auch auf Antrag Bayerns die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine Beibehaltung der Weiterbildungsförderung über den 31.03.2016 hinaus einzusetzen, da es sich um eine wichtige Maßnahme zur Generierung der benötigten Fachkräfte handelt. Insbesondere zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und zur Steigerung der Auszubildendenzahlen hat das StMGP Ende 2014 einen 5-Punkte-Plan vorgelegt. Dieser enthält folgende Kernbereiche: • Ausbau der HERZWERKER-Kampagne • bessere Anleitung in der praktischen Ausbildung • Entbürokratisierung des Dokumentationsaufwands • Einführung einer Ausbildungsumlage • Projekt zur Verringerung der Zahl von Ausbildungsabbrüchen Der Initiative folgend, hat der Bayerische Landespflegeausschuss in seiner 39. Sitzung im November 2014 eine Unterarbeitsgruppe Ausbildung eingesetzt. Diese hat im Jahr 2015 Eckpunkte für die Einführung einer Ausbildungsumlage erarbeitet. Parallel dazu begleitet das StMGP die Arbeiten des Bundes zum Pflegeberufsgesetz eng. Abhängig von der weiteren Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens zum Pflegeberufsgesetz einschließlich der Übergangsfristen sind die weiteren Entscheidungen zur Ausbildungsumlage zu treffen. Das Pflegeberufsgesetz soll die bisher getrennten Ausbildungswege Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu einem einheitlichen Ausbildungsweg zusammenfassen. Das soll dafür sorgen, dass Pflegekräfte breiter aufgestellt sind, in ihrem jeweiligen Beruf vor dem Hintergrund umfassenderen Wissens arbeiten können und flexibler in der Gestaltung ihres individuellen Berufsweges sind. Auch eine weitere Imagesteigerung und Erhöhung der Attraktivität der Ausbildung soll mit der dann kommenden generalistischen Ausbildung einhergehen. Im Rahmen des Pflegeberufsgesetzes ist auch eine Refinanzierung der Kosten der Praxisanleitung sowie ein verpflichtender Mindestumfang von 10 % der praktischen Ausbildungszeit vorgesehen. Des Weiteren können zu hohe und zeitraubende Dokumentationsanforderungen die Zufriedenheit im Beruf beeinträchtigen . Wiederholt hat sich das StMGP deshalb gegen eine überbordende Pflegedokumentation ausgesprochen. Gesetzlich ist lediglich vorgegeben, Pflegeleistungen in der Altenpflege in Bayern nach dem anerkannten Stand des Wissens zu erbringen (§§ 112 ff. SGB XI, Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 Pflege- und Wohnqualitätsgesetz PfleWoqG). Hierzu gehört zwar auch die nachvollziehbare Dokumentation der Leistungen , in erster Linie als ein Qualitätssicherungsinstrument (Kommunikation, Information). Dabei geht es aber um die Planung eines Pflegeprozesses und nicht um die Dokumentation einzelner Leistungen. Die Verantwortung liegt hier grundsätzlich bei den Einrichtungen . Im Rahmen des für die Politik Möglichen, unterstützt das StMGP die Entbürokratisierungsanstrengungen nachdrücklich. So beinhaltet die seit 01.07.2013 geltende Fassung des PfleWoqG in Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 eine Neuformulierung der Qualitätsanforderung zur Pflegedokumentation. Anstatt der „Pflegeplanung“ soll stärker der an „der Person des Pflegebedürftigen orientierte Pflegeprozess“ in den Vordergrund rücken. Dies eröffnet den Einrichtungen die Möglichkeit, die Anforderungen an die „klassische“ Pflegeplanung zu entbürokratisieren und Erleichterungen in der praktischen Handhabung der Dokumentationspflicht herbeizuführen. Zudem hat das StMGP eine Studie in Auftrag gegeben, den Dokumentationsbedarf aus pflegewissenschaftlicher, juristischer und pflegepraktischer Sicht zu ermitteln. Die bisher erfolgten Erhebungen durch das Statistische Bundesamt (Gutachten „BürokratieAbbau“ vom März 2013) fokussierten sich auf den Zeitaufwand für die Pflegedokumentation und somit die entstehenden Kosten. Mit der Studie sollte der Stand des Wissens zu zwingend erforderlichen Dokumentationen in der Altenpflege hinreichend aufgezeigt werden. Das Ergebnis liegt seit Ende des Jahres 2014 vor und bestätigt die vorherrschende Expertenmeinung: • Hauptelement für die Qualität und Effektivität bzw. Effizienz der Pflegedokumentation sind die Nutzerinnen und Nutzer. • Weitere Faktoren sind mittelbare Unterstützungsfaktoren (Qualitätssicherung, Dokumentationstechnik, Arbeitsorganisation etc.). • Geringster Faktor sind externe Anforderungen. • Berufs-, Haftungs- und Patientenrecht legitimieren die Pflicht zur Pflegedokumentation. • Die haftungsrechtliche Bedeutung der Pflegedokumentation ist undifferenziert, vorfachlich und ohne relevanten Risikobezug konstruiert. • Es besteht keine gesetzliche Vorgabe hinsichtlich Konzeption , Ausgestaltung und Differenzierung der Pflegedokumentation . • Minimal-Bausteine: individueller Bedarfsnachweis, Planungsnachweis (individueller selbstbestimmter Teilhabeplan ), Durchführungsnachweis für Behandlungspflege, Pflegebericht der Pflegeinterventionen und der Zielerreichungsnachweis . Der pflegewissenschaftliche Stand ist zugrunde zu legen. Auch das von der FQA der Landeshauptstadt München an fünf Seniorenheimen in München mit Begleitung des damals für die Pflege noch zuständigen Sozialministeriums und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation durchgeführte Projekt „ReduDok“ zeigt, dass mit wenigen Formblättern eine qualitativ gute Pflege, die dennoch den Anforderungen der Prüfbehörden entspricht, erfolgen kann. Das unter Begleitung von Frau Beikirch als Ombudsfrau durchgeführte Projekt der Bundesregierung zur „Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation in der ambulanten und stationären Langzeitpflege“ ist ebenfalls geeignet, überzogene Dokumentationen zu vermeiden oder zu reduzieren. Der Bayerische Landespflegeausschuss hat hierzu am 25.11.2014 beschlossen, ein Begleitgremium zur Umsetzung der Erkenntnisse einzusetzen. Frau Staatsministerin a. D. Christa Stewens wurde als Vorsitzende des Begleit- Drucksache 17/12703 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 gremiums bestellt. Das Begleitgremium hat bereits zweimal getagt, das dritte Treffen ist auf den 07.07.2016 datiert. Den Grundsätzen der Selbstverwaltung entsprechend, muss jede stationäre Einrichtung der Pflege bzw. deren Leitung selbst entscheiden, welche Methode sie zur Dokumentation oder deren Entbürokratisierung benutzt. Daneben ist die Reduzierung der Zahl von Ausbildungsabbrüchen von großer Bedeutung. Um eine solche zu erreichen , müssen die Auszubildenden nicht nur auf die fachlichen, sondern auch auf die psychischen Herausforderungen des Berufes vorbereitet und insbesondere während ihrer Ausbildung entsprechend unterstützt und begleitet werden. Ausweislich des im Auftrag der Bundesministerien für Gesundheit und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erstellten Gutachtens zur Finanzierung eines neuen Pflegeberufsgesetzes brechen in Bayern 10,1 % der Altenpflegeschüler die Ausbildung ab. Hier setzt unser Europäisches SozialFonds-Projekt (ESF-Projekt) „Sozialpädagogische Begleitung der Auszubildenden in der Altenpflege“ an. Das Projekt hat im Rahmen der sozialen Innovation gem. Art. 9 ESF-VO ab dem Schuljahr 2015/16 begonnen und wird an neun Berufsfachschulen für Altenpflege durchgeführt . Als vorläufiger Förderzeitraum sind zwei Schuljahre vorgesehen, gefördert wird die sozialpädagogische Begleitung der Auszubildenden in der Altenpflege. Das Fördervolumen alleine aus Landesmitteln liegt bei ca. 200.000 Euro. Zusätzlich zu den Landesmitteln werden 50 % der Kosten durch den ESF gefördert; 10 % beträgt der Eigenanteil der Träger. Auch die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte kann zur Bewältigung des Fachkräftemangels beitragen. Diese kann unseres Erachtens aber nur ein ergänzender Baustein sein. Die Zentrale Auslandsvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das Projekt Triple-Win ins Leben gerufen. Hier werden ausländische Pflegekräfte aus Serbien, Bosnien und Herzegowina, Philippinen, zukünftig auch Tunesien nach Deutschland vermittelt. Es wird bewusst auf die Anwerbung von Fachkräften aus Ländern verzichtet, die selbst eine Mangelsituation im Bereich Pflege aufweisen. Der Schwerpunkt der Altenpflegekraftgewinnung muss auf der Ausbildung und dem Erhalt der Pflegekräfte im Beruf liegen. Zu einer Imagesteigerung kann auch eine Akademisierung der Pflegeausbildung beitragen. Das Rückgrat der Pflege ist und bleibt zwar die beruflich ausgebildete Pflegekraft . Aufstiegsmöglichkeiten und hoch qualifiziertes Leitungspersonal mit zusätzlichem akademischem Hintergrund sind jedoch ergänzend erforderlich und bieten eine größere Spannweite beruflicher Möglichkeiten. Ähnliches gilt für regelmäßige Fort- und Weiterbildungen. Die Möglichkeit, hieran teilzunehmen, sorgt für eine höhere Zufriedenheit im Beruf und erhöht die Chancen, diesen lange erfolgreich auszuüben. Vor dem Hintergrund, dass wir in unserer Gesellschaft immer mehr Demenzkranke haben, wird für Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen vor allem ein fundiertes gerontopsychiatrisches Fachwissen immer wichtiger. Aber auch auf Führungs - und Leitungsebene sind fachliches Wissen und soziale Kompetenzen unverzichtbar. Das StMGP fördert daher Fort- und Weiterbildungen in der Pflege mit bis zu 500.000 Euro pro Jahr. Mit der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) hat die Staatsregierung für zentrale Funktionen in der Altenpflege qualitativ hochwertige staatlich anerkannte Weiterbildungen zur Einrichtungsleitung , Pflegedienstleitung, Praxisanleitung und zur gerontopsychiatrischen Pflege und Betreuung geschaffen. Diese zahlreichen Maßnahmen der Politik verfolgen alle dasselbe Ziel, nämlich die Bekämpfung des Fachkräftemangels und die langfristige Verbesserung der Personalsituation vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Es liegt in der Natur einer und auch dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, dass diese Maßnahmen aber nur fruchten können, wenn alle anderen Beteiligten ihrer Verantwortung vor Ort und persönlich ebenso gerecht werden. Das bringt für die Einrichtungen und ihre Träger die Verpflichtung mit sich, die gebotenen Mittel ausschöpfen zu müssen, um die Attraktivität des Pflegeberufs, z. B. hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Vergütung, zu gewährleisten. Auch die Versichertengemeinschaft ist in der Pflicht, den Kostenanstieg infolge von Leistungsverbesserungen, Personalerhöhung oder Ausbildungskostensteigerung zu tragen . Und schließlich muss jeder Einzelne seine persönliche Verantwortung wahrnehmen. Die Pflegeversicherung ist ein wichtiger Teil unseres Sozialversicherungssystems. Sie ist jedoch nur als Teilkostenversicherung konzipiert. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen daher bereit sein, zur individuellen Altersvorsorge beizutragen, zu der auch Investitionen in das Pflegepersonal zählen.