Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 20.07.2016 1. Ist der Staatsregierung bekannt, dass die GEMA derzeit vermehrt Besitzer von Ferienwohnungen zur (rückwirkenden) Zahlung von GEMA-Gebühren auffordert ? Das Staatsministerium der Justiz hat hierzu keine näheren Erkenntnisse. Die GEMA ist ein privatrechtlicher wirtschaftlicher Verein. Soweit sie als Verwertungsgesellschaft der staatlichen Aufsicht unterliegt (§§ 75 ff. Verwertungsgesellschaftengesetz ), wird diese Aufsicht nicht durch eine Landesbehörde , sondern durch eine Bundesbehörde, das Deutsche Patent- und Markenamt, ausgeübt. 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die rechtliche Frage , ob für Ferienwohnungen grundsätzlich urheberrechtliche Nutzungsgebühren durch die GEMA etc. abzuführen sind? 3. Wie schätzt die Staatsregierung die Bedeutung des Gerichtsurteils des OLG Köln vom 13.06.2014 (Az. 6 U 204/13) hinsichtlich Frage 2 ein? Die Fragen beziehen sich auf urheberrechtliche Vergütungen für die öffentliche Wiedergabe von Funksendungen gemäß §§ 87, 20, 20 b, 15 Abs. 2 und 3 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Während der bloße Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen urheberrechtsfrei ist, greift die Weiterleitung von Rundfunk- und Fernsehsendungen in das Senderecht (§ 20 UrhG) der Rechteinhaber ein und hat grundsätzlich einen Vergütungsanspruch zur Folge. Eine Sendung im Sinn des Urheberrechts liegt vor, wenn die Weiterleitung als öffentliche Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 und 3 UrhG anzusehen ist. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 7. Dezember 2006 (Az. C-306/05) entschieden, dass es sich bei der Verbreitung von Fernsehsignalen mittels in Hotelzimmern aufgestellter Fernsehapparate um eine – grundsätzlich vergütungspflichtige – öffentliche Wiedergabe im Sinn von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft handle. Die Verbreitung des ausgestrahlten Werkes an die Hotelgäste stelle nicht nur ein bloßes technisches Mittel zur Gewährleistung oder Verbesserung des Empfangs der ur- 17. Wahlperiode 30.09.2016 17/12721 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thorsten Glauber FREIE WÄHLER vom 06.07.2016 Erhebung von urheberrechtlichen Nutzungsgebühren für Ferienwohnungen Wie von verschiedenen Seiten zu vernehmen ist, fordert die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) derzeit verstärkt urheberrechtliche Nutzungsgebühren von den Anbietern von Ferienwohnungen und dies teilweise rückwirkend für zehn Jahre. Die GEMA stützt sich hierbei auf die Musiknutzung durch Sendung i. S. von § 20 i. V. mit § 15 Abs. 2 und 3 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) sowie ein Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 7. Dezember 2006 (Az. C-306/05). Darin entschied der EuGH, dass auch Hotels Nutzungsgebühren entrichten müssten. Obwohl Ferienwohnungen nicht explizit genannt sind, geht die GEMA davon aus, dass auch diese von dem Gerichtsurteil umfasst sind. Ob dies der Fall ist, ist juristisch umstritten, siehe z.B. das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 13.06.2014 (Az. 6 U 204/13). Insbesondere stellt sich die Frage hinsichtlich des Begriffs der „Öffentlichkeit“ angesichts des deutlich geringeren Gästedurchsatzes sowie der wesentlich niedrigeren Belegungsquote von Ferienwohnungen gegenüber Hotelzimmern. Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist der Staatsregierung bekannt, dass die GEMA derzeit vermehrt Besitzer von Ferienwohnungen zur (rückwirkenden ) Zahlung von GEMA-Gebühren auffordert? 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die rechtliche Frage, ob für Ferienwohnungen grundsätzlich urheberrechtliche Nutzungsgebühren durch die GEMA etc. abzuführen sind? 3. Wie schätzt die Staatsregierung die Bedeutung des Gerichtsurteils des OLG Köln vom 13.06.2014 (Az. 6 U 204/13) hinsichtlich Frage 2 ein? 4. Gibt es seitens der Staatsregierung Überlegungen, auf eine eindeutige gesetzliche Regelung hinsichtlich der urheberrechtlichen Nutzungsgebühren für Ferienwohnungen hinzuwirken? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12721 sprünglichen Sendung in ihrem Sendebereich dar. Vielmehr werde das Hotel als Einrichtung tätig, die in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens ihren Gästen Zugang zu den geschützten Werken verschaffe. Das Hotelfernsehen sei eine zusätzliche Dienstleistung, die sich auf den Standard des Hotels und den Preis der Zimmer auswirke. Nach der in Frage 3 angesprochenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Juni 2014 (Az. 6 U 204/13) führt die Vermietung einer einzelnen Ferienwohnung , die mit einem Kabelanschluss ausgestattet ist, an einen wechselnden Kreis von Feriengästen nicht zu einer über den urheberrechtsfreien Empfang hinausgehenden Weitersendung der durch das Kabel übertragenen Werke oder geschützten Leistungen. Insofern sei die Situation des Eigentümers einer Ferienwohnung nicht mit der eines Hotelbetreibers vergleichbar. Die Vermietung einer einzelnen Ferienwohnung sei bei der gebotenen wertenden Betrachtung eher mit der Vermietung von Wohnungen als mit dem Betrieb eines Hotels zu vergleichen. Für die wirtschaftlichen Interessen der Inhaber der geschützten Rechte mache es keinen Unterschied, ob ihre Werke oder Leistungen von den Eigentümern der Ferienwohnung selber oder an deren Stelle von den Mietern dieser Wohnung genutzt werden. Der Gebrauch, den die Vermieter einer einzelnen Ferienwohnung von dem Sendesignal machten, gehe in der konkreten Fallgestaltung nicht über den – nach den zugrunde liegenden Verträgen bereits abgegoltenen und damit zulässigen – Privatgebrauch hinaus. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 17. Dezember 2015 (Az. I ZR 21/14) entschieden, dass der Betreiber eines Hotels der GEMA keine Vergütung für das Bereitstellen von Fernsehgeräten in den Hotelzimmern zahlen muss, wenn die Hotelgäste mit diesen Geräten die ausgestrahlten Fernsehprogramme nur über eine Zimmerantenne empfangen können. In einem solchen Fall würden die Fernsehsendungen – anders als bei dem Empfang über eine Gemeinschaftsantenne und der Weiterleitung über eine zentrale Verteileranlage an die einzelnen Fernsehgeräte – nicht im Sinn von § 15 Abs. 3 UrhG öffentlich wiedergegeben und daher die Rechte von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke oder Leistungen nicht verletzt. Ob vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung konkrete Forderungen der GEMA gegenüber Anbietern von Ferienwohnungen berechtigt sind, hat die Staatsregierung nicht zu beurteilen. Diese Aufgabe obliegt im Streitfall den ordentlichen Gerichten, die hierüber in richterlicher Unabhängigkeit zu befinden haben. 4. Gibt es seitens der Staatsregierung Überlegungen, auf eine eindeutige gesetzliche Regelung hinsichtlich der urheberrechtlichen Nutzungsgebühren für Ferienwohnungen hinzuwirken? Aus Sicht des Staatsministeriums der Justiz besteht jedenfalls derzeit keine Notwendigkeit hierfür.