Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Leopold Herz FREIE WÄHLER vom 14.06.2016 Pflegekräfte und Hilfskräfte aus Osteuropa und Asien Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie steht die Staatsregierung grundsätzlich dazu, dass, sowohl im häuslichen als auch im ambulanten Umfeld, in teil- und vollstätionären Pflegeeinrichtungen auch in Bayern mehr und mehr Pflegefachkräfte und Hilfskräfte aus osteuropäischen Nachbarländern und aus asiatischen Ländern zum Einsatz kommen? 2. Wie lange dauert eine staatliche Anerkennung einer im Ausland absolvierten pflegefachlichen Berufsausbildung bzw. eines Pflegestudiums? 3. Wie können die Anerkennungsverfahren künftig deutlich beschleunigt werden? 4. Tritt es zu, dass für ganz Bayern zentral nur eine Sachbearbeiterin bei der Regierung von Schwaben zuständig ist, für die staatliche Anerkennung einer im Ausland absolvierten pflegefachlichen Berufsausbildung bzw. eines Pflegestudiums? 5. Gibt es von der Staatsregierung Überlegungen zu einem koordinierten Anwerbeverfahren und zur Integration von aus dem Ausland nach Bayern kommenden Pflegekräften ? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 26.07.2016 1. Wie steht die Staatsregierung grundsätzlich dazu, dass, sowohl im häuslichen als auch im ambulanten Umfeld, in teil- und vollstätionären Pflegeeinrichtungen auch in Bayern mehr und mehr Pflegefachkräfte und Hilfskräfte aus osteuropäischen Nachbarländern und aus asiatischen Ländern zum Einsatz kommen? Grundsätzlich spricht nichts gegen die Beschäftigung qualifizierter ausländischer Pflegefachkräfte oder Pflegehilfskräfte . Angesichts des demografischen Wandels in Deutschland und des daraus resultierenden Anstiegs pflegebedürftiger Personen in den kommenden Jahren steht die Wachstumsbranche Pflege vor besonderen Herausforderungen. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste in Deutschland haben – trotz der deutlich gestiegenen Schülerzahlen in den Pflegeberufen – Schwierigkeiten , ausreichend Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Eine der vorrangigen Aufgaben ist daher die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung. Eine Abwerbung von Personal aus Entwicklungsländern mit kritischem Personalmangel wird jedoch von der Staatsregierung nicht befürwortet. Gemäß Artikel 5.1 des WHO- Kodexes sollten die Mitgliedstaaten die aktive Anwerbung von Gesundheitsfachkräften aus Entwicklungsländern mit einem entsprechenden Personalnotstand unterbinden. Die von der WHO erstellte Liste weist 57 Länder mit einem kritischen Personalmangel im Gesundheitswesen aus (z. B. Indonesien). Aktive Anwerbung setzt dabei voraus, dass gezielt Gesundheitspersonal aus einem Entwicklungsland angesprochen wird, um es aus dem Herkunftsland abzuwerben . 2. Wie lange dauert eine staatliche Anerkennung einer im Ausland absolvierten pflegefachlichen Berufsausbildung bzw. eines Pflegestudiums? Die Anerkennung ausländischer Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen ist grundsätzlich durch die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und Rates und die Berufsgesetze des Bundes (z. B. Altenpflegegesetz und Krankenpflegegesetz) geregelt. Von dem gesetzlich vorgeschriebenen Ablauf des Anerkennungsverfahrens kann nicht abgewichen werden. Die Verfahrensdauer bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist von vielfältigen Kriterien abhängig. Die tatsächliche Bearbeitungsdauer nach Antragstellung hängt in erster Linie von der Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen und den zu berücksichtigenden Besonderheiten bei der Prüfung der Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildungen und Studienabschlüsse mit der jeweiligen deutschen Ausbildung ab. Das Anerkennungsverfahren kann nach Vorlage vollständiger Unterlagen und der Möglichkeit einer sofortigen auflagenfreien Anerkennung in nur wenigen Wochen abge- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.09.2016 17/12746 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12746 schlossen werden. Sind die Antragsunterlagen unvollständig oder ist ein Anpassungslehrgang zu absolvieren oder eine Eignungs- oder Kenntnisprüfung als Ausgleich festgestellter Ausbildungsdefizite abzulegen, kann der Abschluss des Verfahrens länger dauern. 3. Wie können die Anerkennungsverfahren künftig deutlich beschleunigt werden? Nach unserer Kenntnis bemühen sich die Anerkennungsbehörden grundsätzlich um eine möglichst schnelle und unbürokratische Bearbeitung der Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Arbeitgeber und Dienstleister könnten die Antragsteller durch Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der einzureichenden Unterlagen beim Anerkennungsverfahren aktiv unterstützen. Trotz der teilweise schwierigen Personallage in den Einrichtungen und der enormen Herausforderungen auf diesem Gebiet können sich die bayerischen Anerkennungsbehörden bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse nur innerhalb des Rahmens bewegen, der durch nationales und europäisches Recht vorgegeben ist. Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) hat in den letzten Monaten gemeinsam mit den bayerischen Anerkennungsbehörden geprüft, ob es unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensschritte Möglichkeiten gibt, eine schnellere Abwicklung der Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in den Gesundheitsfachberufen zu erreichen. Als Hauptursache für teilweise sehr lange Bearbeitungszeiten wird die auch in der Frage erwähnte angespannte Personalsituation bei den Anerkennungsstellen für die Gesundheitsberufe der Regierungen gesehen. Die Antragszahlen im Bereich der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in den Gesundheitsfachberufen sind in den letzten Jahren sehr stark gestiegen. 4. Tritt es zu, dass für ganz Bayern zentral nur eine Sachbearbeiterin bei der Regierung von Schwaben zuständig ist, für die staatliche Anerkennung einer im Ausland absolvierten pflegefachlichen Berufsausbildung bzw. eines Pflegestudiums? Nein. Für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in der Krankenpflege sind alle sieben Bezirksregierungen zuständig. Für die Anerkennung im Bereich der Altenpflege ist zentral die Regierung von Oberfranken zuständig. Dafür ist unseres Wissens nur eine Mitarbeiterin eingesetzt, was aber angesichts der Tatsache, dass es den Beruf „Altenpfleger /-in“ in den meisten anderen Ländern nicht gibt und die Fallzahlen daher sehr gering sind, angemessen erscheint. 5. Gibt es von der Staatsregierung Überlegungen zu einem koordinierten Anwerbeverfahren und zur Integration von aus dem Ausland nach Bayern kommenden Pflegekräften? Nein. Dazu gibt es derzeit keine Überlegungen. Neben der Weiterführung der eigenen Kampagne „HERZ- WERKER“, mit der Nachwuchskräfte gewonnen und die Wertschätzung von sozialen Berufen verbessert werden soll, unterstützt das StMGP aber das bereits bestehende Projekt „Triple Win“ der Bundesagentur für Arbeit. Das Konzept soll helfen, die Situation auf dem Altenpflegemarkt in Deutschland auch mithilfe von ausländischen Pflegekräften zu verbessern. Das Projekt „Triple Win“ hat die Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) – Zentrale Auslandsund Fachvermittlung (ZAV) gestartet. Dabei werden Pflegekräfte aus geeigneten Herkunftsländern, schwerpunktmäßig aus anderen EU-Staaten, für den deutschen Arbeitsmarkt gewonnen, vorqualifiziert und bei ihrer Integration begleitet. Ihre Anwerbung erfolgt im Einvernehmen mit den jeweiligen Partnerländern. Um verstärkt bayerische Interessenten über „Triple Win“ zu informieren bzw. dafür zu gewinnen, wurden u. a. Vertreter des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V., der Caritas, der Diakonie, der Arbeiterwohlfahrt und des Bayerischen Roten Kreuzes im Dezember 2015 zu einem Gespräch ins StMGP geladen. Bei dieser Veranstaltung wurde das „Triple Win“-Konzept der ZAV vorgestellt und Pflegeeinrichtungen, die sich bereits jetzt am Projekt beteiligen, wie z. B. die der Caritas in Regensburg und München, gaben einen Erfahrungsbericht aus ihrer spezifischen Praxiserfahrung. Sie haben positive Erfahrungen mit ausländischen Kräften unterschiedlichster Konfessionen gesammelt. Zum Beispiel mit philippinischen (römischkatholisch ), serbischen (serbisch-orthodoxe Kirche) und bosnischen (Christentum und Islam) Pflegekräften.