Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 07.06.2016 Zustand der Schießstände bei der Bayerischen Polizei Aufgrund der Tatsache, dass Polizistinnen und Polizisten in Deutschland, laut Presseberichterstattung der Berliner Morgenpost vom 09.04.2016 in Berlin, teilweise mit Schadstoffen bei ihrem Training an Schießständen rechnen müssen, frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Schießstände werden von der Bayerischen Polizei genutzt (bitte nach Ort und Anzahl der möglichen Nutzung durch Personen aufschlüsseln)? 1.2 Wie ist der Zustand (u. a. Schadstoffbelastung, bauliche Besonderheiten, etc.) der in Bayern von der Bayerischen Polizei genutzten Schießstände? 2. Gibt es Anhaltspunkte für die Staatsregierung, eine Gesundheitsgefährdung durch Belastung mit Chemikalien und Schwermetallen (u. a. Schadstoffe wie Blei, Antimon oder krebserregende Mineralfasern) der Polizistinnen und Polizisten bei Aufenthalt und Training an einem Schießstand in Bayern nicht ausschließen zu können? Wenn ja, welche sind es? Wenn nein, kann die Staatsregierung eine Gesundheitsgefährdung ausschließen ? 3.1 Werden die von der Polizei genutzten Schießstände regelmäßig von einer unabhängigen Stelle gewartet und mit einem Prüfsiegel versehen? 3.2 Werden die Polizistinnen und Polizisten regelmäßig nach Trainings oder Aufenthalt an Schießständen gesundheitlich auf Vergiftungserscheinungen und Blutbelastungen untersucht? 3.3 Wird den Polizistinnen und Polizisten regelmäßig nach Trainings oder Aufenthalt an Schießständen eine Vorsorgeuntersuchung auf Vergiftungserscheinungen und Blutbelastungen mit Schadstoffen angeboten? 4.1 Gibt es Erkenntnisse der Staatsregierung für laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften des Freistaats Bayern auf Körperverletzungen im Amt gegenüber den Polizistinnen und Polizisten wegen schadstoffbelasteter Schießstände? 4.2 Hat die Staatsregierung Kenntnis von internen Untersuchungen der Polizeidienststellen wegen schadstoffbelasteter Schießstände für den Zeitraum 2006 bis 2016? 4.3 Hat die Staatsregierung Kenntnis von Gutachten über die Schadstoffbelastung von Schießständen der Bayerischen Polizei für den Zeitraum 2006 bis 2016? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26.07.2016 1.1 Wie viele Schießstände werden von der Bayerischen Polizei genutzt (bitte nach Ort und Anzahl der möglichen Nutzung durch Personen aufschlüsseln )? Die Bayerische Polizei nutzt derzeit insgesamt 43 Raumschießanlagen an folgenden Orten (der Klammerzusatz gibt die Anzahl mehrerer am jeweiligen Ort vorhandener Anlagen an): Ainring, Amberg, Ansbach, Aschaffenburg, Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Coburg, Dachau, Dillingen, Eichstätt, Erding, Erlangen, Fürstenfeldbruck, Fürth, Günzburg, Hof, Ingolstadt, Kempten, Königsbrunn, Landshut, Memmingen, Mühldorf, München (6), Nabburg, Nürnberg (3), Passau, Regensburg , Rosenheim, Schwabach, Schweinfurt, Straubing, Sulzbach-Rosenberg, Traunstein, Weiden, Würzburg. Angaben zu einer personenbezogenen Nutzungskapazität der einzelnen Anlagen sind nicht möglich, da die jeweilige Auslastung vorrangig von den Trainingsinhalten, der Trainingsdauer und der Trainingsintensität abhängt. 1.2 Wie ist der Zustand (u. a. Schadstoffbelastung, bauliche Besonderheiten, etc.) der in Bayern von der Bayerischen Polizei genutzten Schießstände? Alle von der Bayerischen Polizei derzeit genutzten Schießanlagen sind in einem betriebssicheren Zustand. Naturgemäß bestehende Qualitätsunterschiede hängen im Wesentlichen vom Alter der einzelnen Anlagen ab. Seit etwa 15 Jahren hat sich das bis dahin relativ statische Schießtraining der Polizei zu dem heute geforderten, hochkomplexen und dynamischen Einsatztraining fortentwickelt. Mit dieser Entwicklung haben sich auch die baulichen und technischen Anforderungen an die Schießanlagen verändert. Seit Jahren erfolgt daher eine kontinuierliche bauliche Optimierung der Schießanlagen, dabei werden die Maßnahmen nach den Bedürfnissen vor Ort priorisiert. Dies gilt insbesondere auch für die technische Ausstattung. Derzeit sind 27 Anlagen mit einer modernen Verdrängungslüftung und 16 mit der älteren sog. Querstromlüftung ausgestattet. Der Standard für die Planung von Neubauten und Sanierungen polizeilicher Schießstände ist in den „Planungsgrundsätzen für Polizeibauten“ festgelegt, die entsprechend der technischen Entwicklung laufend aktualisiert werden. 2. Gibt es Anhaltspunkte für die Staatsregierung, eine Gesundheitsgefährdung durch Belastung mit Chemikalien und Schwermetallen (u. a. Schadstoffe wie Blei, Antimon oder krebserregende Mineralfasern ) der Polizistinnen und Polizisten bei Aufenthalt und Training an einem Schießstand in Bayern nicht ausschließen zu können? Wenn ja, welche sind es? Wenn nein, kann die Staatsregierung eine Gesundheitsgefährdung ausschließen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.09.2016 17/12747 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12747 Die Bayerische Polizei beschafft seit dem Jahr 2000 schadstoffreduzierte Munition nach dem Standard der Technischen Richtlinie (TR) „Patrone 9 mm x 19, schadstoffreduziert “. Zu den unvermeidlich beim Schießen freigesetzten Schadstoffen werden in der TR auf der Grundlage des Arbeitsplatzgrenzwertes nach § 2 Abs. 8 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) verbindliche Vorgaben gemacht, die eine Gesundheitsgefährdung vermeiden sollen. Kohlenmonoxid stellt mit 50 % Volumenanteil eine wesentliche Komponente der Schadstoffe dar. Den Schießtrainern stehen daher personenbezogene elektrochemische Messgeräte für Kohlenmonoxid zur Verfügung, die die aktuelle Schadstoffbelastung anhand dieser Leitkomponente laufend überwachen und Grenzwertüberschreitungen durch Alarm anzeigen. Die Trainer sind angewiesen, den Schießbetrieb bei Alarmauslösung sofort zu unterbrechen und erst bei Erreichen unbedenklicher Werte wieder aufzunehmen. Faserstäube aus der zur Schalldämmung eingesetzten Wand- und Deckenverkleidung können nur freigesetzt werden , wenn die Oberflächen der Dämmung beschädigt sind. Die Dienststellen sind angehalten, derartige Beschädigungen zeitnah zu reparieren. Wenn die Betriebsvorschriften eingehalten werden, kann eine Gesundheitsgefährdung für das in den Schießständen eingesetzte Personal nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden. 3.1 Werden die von der Polizei genutzten Schießstände regelmäßig von einer unabhängigen Stelle gewartet und mit einem Prüfsiegel versehen? Die Schießstände werden von eigenem Fachpersonal gewartet , ein Prüfsiegel wird nicht vergeben. Im Übrigen werden die Schießanlagen der Bayerischen Polizei in zweijährigem Turnus von den polizeieigenen Schießstandsachverständigen auf Sicherheitsmängel überprüft . Durch Fachpersonal des Arbeitsschutzes (Fachkräfte für Arbeitssicherheit und ggf. Betriebsärzte) erfolgen weitere nicht anlassbezogene Begehungen. Deren Häufigkeit ist abhängig von den Einzelbedingungen vor Ort und der verfügbaren Personalkapazität. Zusätzlich erfolgen auf Anregung der nutzenden Dienststellen anlassbezogene Begehungen. 3.2 Werden die Polizistinnen und Polizisten regelmäßig nach Trainings oder Aufenthalt an Schießständen gesundheitlich auf Vergiftungserscheinungen und Blutbelastungen untersucht? Wie unter Ziff. 2.1 dargestellt, stehen in den Schießanlagen personenbezogene elektrochemische Messgeräte für Kohlenmonoxid zur Verfügung, um die aktuelle Schadstoffbelastung anhand dieser Leitkomponente laufend überwachen zu können. Den Schießtrainern wird grundsätzlich eine arbeitsmedizinische Wunschvorsorge nach § 5 a der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) angeboten. 3.3 Wird den Polizistinnen und Polizisten regelmäßig nach Trainings oder Aufenthalt an Schießständen eine Vorsorgeuntersuchung auf Vergiftungserscheinungen und Blutbelastungen mit Schadstoffen angeboten? Siehe Antwort zu Frage 3.2. 4.1 Gibt es Erkenntnisse der Staatsregierung für laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften des Freistaats Bayern auf Körperverletzungen im Amt gegenüber den Polizistinnen und Polizisten wegen schadstoffbelasteter Schießstände ? Zu derartigen Ermittlungen liegen keine Erkenntnisse vor. 4.2 Hat die Staatsregierung Kenntnis von internen Untersuchungen der Polizeidienststellen wegen schadstoffbelasteter Schießstände für den Zeitraum 2006 bis 2016? Die Verantwortung für den sicheren und vorschriftsgemäßen Betrieb der Schießstände liegt bei den betreuenden Dienststellen vor Ort. Zu den Untersuchungs- und Gutachtenaufträgen der Dienststellen siehe Antwort zu Frage 4.3. 4.3 Hat die Staatsregierung Kenntnis von Gutachten über die Schadstoffbelastung von Schießständen der Bayerischen Polizei für den Zeitraum 2006 bis 2016? Wiederholt wurden von den Dienststellen Gutachten zur Schadstoffbelastung in Auftrag gegeben. So zeigt ein aktuelles Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zu organischen Stoffen in der Schießanlage des Bayerischen Landeskriminalamtes keine relevante Belastung. Gutachten der gleichen Behörde ergaben 2014 (II. Bereitschaftspolizeiabteilung in Eichstätt) und 2016 (Bayer. Landeskriminalamt in München) den Nachweis von metallbelastetem Staub. Trotz der hier modellhaft gewählten sehr hohen Schusszahlen (i. S. einer „worst-case“-Betrachtung) wurde der Stoffindex für keine einzelne Metallkomponente überschritten.