Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Eva Gottstein FREIE WÄHLER vom 10.06.2016 Sachstand bei der Begleitung von Großraum- und Schwertransporten Im Dezember 2015 hat sich die Innenministerkonferenz für eine Entlastung der Polizei bei der Begleitung von Großraum - und Schwertransporten ausgesprochen. Es müssen nun die die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Übertragung von Aufgaben der Absicherung von Großraum- und Schwertransporten an Verwaltungshelfer und Beliehene geschaffen werden. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob die entsprechende gesetzliche Grundlage im Straßenverkehrsgesetz bereits ausgearbeitet ist, und falls ja, wie lautet diese? b) Ist der Staatsregierung bekannt (sofern die gesetzliche Grundlage noch nicht ausgearbeitet ist), wie weit der Stand der Ausarbeitung gediehen ist und bis wann mit einem Entwurf zu rechnen ist? 2. a) Wie soll nach derzeitigem Planungsstand die Ausbildung der beliehenen Unternehmer und Verwaltungshelfer aussehen? b) Wo sollen entsprechende Ausbildungseinrichtungen entstehen? c) Wie sollen entsprechende Ausbildungseinrichtungen personell und finanziell ausgestattet sein? 3. Wie sollen auf Landesebene die Zuständigkeiten verteilt werden, insbesondere im Hinblick auf die staatliche Aufsicht über die beliehenen Unternehmen? 4. Wie und unter welchen Voraussetzungen wird der Staat haften in Fällen, in denen Beliehene und Verwaltungshelfer die Großraum- und Schwertransporte begleitet haben? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 01.08.2016 1. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob die entsprechende gesetzliche Grundlage im Straßenverkehrsgesetz bereits ausgearbeitet ist, und falls ja, wie lautet diese? b) Ist der Staatsregierung bekannt (sofern die gesetzliche Grundlage noch nicht ausgearbeitet ist), wie weit der Stand der Ausarbeitung gediehen ist und bis wann mit einem Entwurf zu rechnen ist? Die Durchführung von Großraum- und Schwertransporten setzt eine behördliche Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO oder eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO voraus. Im Rahmen eines Anhörungsverfahrens werden durch die zuständigen Behörden auf der Fahrtstrecke Auflagen und Bedingungen für die behördliche Entscheidung festgelegt . Derzeit kann die Begleitung durch Verwaltungshelfer oder Polizeibegleitung auf der ganzen Wegstrecke oder auf bestimmten Streckenabschritten angeordnet werden. Auf Fachebene hat der Freistaat Bayern im Jahr 2013 die Idee wieder aufgegriffen, die Polizeibegleitung durch Beliehene zu ersetzen. Beliehene dürfen ebenso wie Polizeibeamte und anders als Verwaltungshelfer eigenständige rechtliche Anordnungen treffen. Durch den zuständigen Bund-Länder-Fachausschuss StVO/OWi wurde im Januar 2015 eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Freistaates Bayern eingesetzt, welche die wesentlichen Problemfelder dieser Thematik in einem Arbeitsgruppenbericht vom 30.12.2015 niederlegte. Auf Grundlage dieses Berichts und einer entsprechenden Behandlung auf Ebene des zuständigen Bund-Länder- Fachausschusses StVO/OWi hat der Freistaat Bayern in Abstimmung mit dem Bund einen Änderungsantrag zum Entwurf eines sechsten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze in den Bundesrat eingebracht. Der Bundesrat hat in seiner 944. Sitzung am 22.04.2016 beschlossen, eine entsprechende Ermächtigung im Straßenverkehrsgesetz aufzunehmen. Auf die Bundesratsdrucksache 126/16 (Beschluss) vom 22.04.2016 wird Bezug genommen. Die Bundesregierung hat mit Schreiben vom 25.05.2016, Bundestagsdrucksache 18/8559, einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der das Anliegen des Bundesrates aufgreift, aber noch Änderungen in den Formulierungen vorschlägt. Gemeinsames Ziel von Bund und Ländern ist es, einen Rechtsrahmen zu schaffen, mit dem der Bund Mindeststandards für Beliehene festlegt, um den Ländern die Anerkennung von Beliehenen anderer Bundesländer zu ermöglichen. Auf diese Weise sollen aus Gründen der Verkehrssicherheit länderübergreifende Transporte ohne aufwendige Übergaben an den Zuständigkeitsgrenzen der Polizeidienststellen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.09.2016 17/12766 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12766 ermöglicht werden und überflüssige Standzeiten des Transports im Verkehrsraum vermieden werden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist eine vollständige Bundesregelung nicht möglich, da ansonsten in die Organisationshoheit der Länder eingegriffen würde. Hier ist das weitere Gesetzgebungsverfahren im Bundestag abzuwarten. 2. a) Wie soll nach derzeitigem Planungsstand die Ausbildung der beliehenen Unternehmer und Verwaltungshelfer aussehen? Die Überlegungen zur Ausbildung der beliehenen Unternehmer sind bisher bundesweit noch nicht abgestimmt. Wesentlich ist hier, welche Mindeststandards der Bund für Ausbildung und Befähigung der Beliehenen setzt und ob der Freistaat Bayern für seine Beliehenen über diesen Standard hinausgehen will. Auf Fachebene herrscht innerhalb des Bund-Länder- Fachausschusses StVO/OWi Einigkeit darüber, dass ein Beliehener in der Lage sein muss, auf Basis der von ihm zu bewertenden Verkehrssituation selbstständig entsprechende verkehrsrechtliche Anordnungen zu treffen und einen Großraum- und Schwerverkehr selbstständig zu führen, sofern die Situation es erfordert. Hierzu ist Basiswissen aus verschiedenen Verkehrsbereichen sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht erforderlich. Es ist eine duale Ausbildung vorgesehen, die einen Schwerpunkt in der praktischen Vermittlung der Transportbegleitung bei Echttransporten durch Polizeibeamte setzt. Der genaue Inhalt und Umfang der Aus- und Fortbildung konnte wegen der Abhängigkeit von Gesetzgebungsverfahren und Verordnungserlass auf Bundesebene noch nicht auf Fachebene endgültig abgestimmt werden. b) Wo sollen entsprechende Ausbildungseinrichtungen entstehen? Momentan liegen hierzu nur konzeptionelle Überlegungen innerhalb der Arbeitsgruppe vor. Der Einsatz eines Beliehenen ist in den Bereichen besonders effektiv, in denen die Einsatzstunden der Polizei besonders stark ausgeprägt sind. Für die praktische Ausbildung ist daher vorgesehen, gerade in den Bereichen mit der praktischen Ausbildung zu beginnen, in denen Begleitung von Großraum- und Schwertransporten stark nachgefragt wird. Auf diese Weise kann, auch wenn die flächendeckende Umsetzung dieses Instrumentariums geraume Zeit dauert, zeitnah eine spürbare Entlastung der Polizei erreicht werden. Ein genaueres Konzept hängt jedoch von der endgültigen Fassung der Ermächtigungsgrundlage und der darauffolgenden Verordnungen ab. c) Wie sollen entsprechende Ausbildungseinrichtungen personell und finanziell ausgestattet sein? Der Umfang der Ausstattung der Ausbildungsstellen hängt sehr stark vom Verordnungsgeber festgelegten Mindestumfang der Ausbildung ab. Ferner ist zu berücksichtigen, ob eine zentrale oder eine dislozierte Ausbildung im Theorieteil der Ausbildung als zielführend erachtet wird. Genauere Aussagen können vor Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen noch nicht getroffen werden. Momentan ist eine Gebührenfinanzierung der Ausbildung angedacht. Als Ausbildungsstätten wären hier z. B. die Industrie- und Handelskammern denkbar, die bereits Erfahrung im Rahmen der Berufskraftfahrerqualifikation haben. Für das als Verwaltungshelfer eingesetzte private Fahrpersonal , dem keine selbstständige Anordnungsbefugnis zukommt, bleibt es bei der bisherigen Ausbildung durch die Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK). 3. Wie sollen auf Landesebene die Zuständigkeiten verteilt werden, insbesondere im Hinblick auf die staatliche Aufsicht über die beliehenen Unternehmen ? Hierzu liegen bisher ebenfalls nur Überlegungen der Arbeitsgruppe vor. Als Modell dient die Fahrschulüberwachung. Eine dislozierte Bearbeitung der Aufsicht, insbesondere der Durchführung der Beleihung, ist aufgrund der geringen Anzahl der möglichen beliehenen Unternehmer wenig sinnvoll . Es ist vorstellbar, bayernweit eine zentrale Aufsichtsbehörde zu bestimmen. Dies bedarf jedoch noch der genaueren Diskussion. 4. Wie und unter welchen Voraussetzungen wird der Staat haften in Fällen, in denen Beliehene und Verwaltungshelfer die Großraum- und Schwertransporte begleitet haben? Beliehene treten anstelle staatlicher Organe. In der Außenhaftung gelten daher die gleichen Grundsätze wie bei der Staatshaftung, d. h. der Staat haftet im Außenverhältnis primär gegenüber denjenigen, der durch ein falsches Handeln des Beliehenen in seinen Rechten beeinträchtigt wurde (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG). Im Innenverhältnis haftet ein Beamter grundsätzlich nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Für die konkrete Aufgabe ist vorgesehen, das im Außenverhältnis haftende Land durch eine entsprechende Versicherung des Beliehenen generell, also auch bei einfacher Fahrlässigkeit von der Haftung freizustellen. Dies erfordert jedoch eine gesetzliche Grundlage in der Ermächtigungsvorschrift, die im aktuellen Entwurf dieser Ermächtigungsgrundlage, die sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene befindet (Bundestagsdrucksache 18/9084), bereits vorgesehen ist. Für Verwaltungshelfer gelten die bereits bisher geltenden allgemeinen Haftungsgrundsätze.