Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Woerlein SPD vom 11.07.2016 Überprüfung des Tierschutzes an Schlachthöfen in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie sehen die Vorgaben des bayerischen Qualitäts managements zur Überwachung des Tierschutzes in Schlachthöfen konkret aus? b) Welche Kriterien werden zur Festlegung dieser Vorga ben herangezogen? 2. a) Wie viele Kontrollen wurden in Bayern durch amtliche Tierärzte im Zeitraum von 2010 bis 2015 zur Sicher stellung der oben genannten Vorgaben durchgeführt (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkreisen bzw. Regierungsbezirken)? b) Wie viele Kontrollen wurden in Bayern durch Amtstier ärzte im Zeitraum von 2010 bis 2015 zur Sicherstel lung der oben genannten Vorgaben durchgeführt (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkrei sen bzw. Regierungsbezirken)? 3. a) Wurden diese Kontrollen ausschließlich in Risikobe trieben durchgeführt? b) Wenn ja, welche Risikofaktoren geben Anlass für eine Kontrolle durch Amtstierärzte bzw. amtliche Tierärzte? c) Wenn nein, welche Kriterien werden den nicht anlass bezogenen Kontrollen zugrunde gelegt? 4. a) Warum werden − wie in der Antwort der Staatsregie rung auf die Schriftliche Anfrage betreffend „Kontrollen an Schlachthöfen in Bayern“ (Drs. 17/10722) ausge führt − Beanstandungen bei Kontrollen durch amtliche Tierärzte oder Amtstierärzte statistisch nicht erfasst? b) Wie stellt die Staatsregierung dann eine flächende ckende Umsetzung der in Frage 1 genannten Vorga ben sicher? 5. a) Wie viele Verwaltungsverfahren, die eine Sanktion zur Folge haben, resultieren aus den oben erfragten Kont rollen durch amtliche Tierärzte (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkreisen bzw. Regie rungsbezirken)? b) Wie viele Verwaltungsverfahren, die eine Sanktion zur Folge haben, resultieren aus den oben erfragten Kont rollen durch Amtstierärzte (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkreisen bzw. Regierungs bezirken)? c) Welche Tatbestände liegen diesen Verwaltungsverfah ren in der Regel zugrunde? 6. a) Zu welchen Ergebnissen kam das Landesamt für Ge sundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bei dem Projekt „Vergleichende Überprüfung des Tierschutzes in Schlachthöfen anhand rechtlicher Vorgaben und fachlicher Leitparameter“? b) Welche Beanstandungen gab es in den Kategorien Anlieferung, Wartestall, Zutrieb, Betäubung und Do kumentation in den Betrieben (bitte um Auflistung der Beanstandungen nach Kategorie)? c) Welche Konsequenzen ergeben sich für das LGL aus den Ergebnissen des Projektes? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 05.08.2016 1. a) Wie sehen die Vorgaben des bayerischen Qualitätsmanagements zur Überwachung des Tierschutzes in Schlachthöfen konkret aus? Tierschutz ist ein hohes Gut mit Verfassungsrang. Das bay erische Qualitätsmanagementsystem unterscheidet bei der Überwachung des Tierschutzes in Schlachthöfen zwischen handwerklich strukturierten Schlachtbetrieben (Metzgerei mit Schlachthaus) und großen Schlachtbetrieben. Für beide Bereiche liegt eine Arbeitsanweisung vor, die den zuständi gen Kreisverwaltungsbehörden konkrete Kontrollinhalte so wie Inhalte zu Kontrollumfang und Dokumentationspflichten vorgibt. Die Dokumentation und damit auch die Vorgabe für die Kontrolltiefe erfolgt anhand von Checklisten aus dem Hand buch Tierschutzüberwachung bei der Schlachtung und Tötung der AG Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz. Jeder Schlachtbetrieb ist grundsätzlich mindestens einmal jährlich sowie bei tierschutzrelevanten Vorkommnissen zusätzlich anlassbezogen auf die Einhal tung aller tierschutzrechtlichen Vorschriften zu überprüfen. Zusätzlich zu den Voll und Anlasskontrollen ist wäh rend jeder Schlachttier und Fleischuntersuchung auf Tier schutzmängel am Tier bzw. Tierkörper zu achten. In großen Schlachtbetrieben ist arbeitstäglich eine tierschutzrechtliche Kontrolle durchzuführen. b) Welche Kriterien werden zur Festlegung dieser Vorgaben herangezogen? Kontrollumfang und Kontrolltiefe ergeben sich aus den einschlägigen tierschutzrechtlichen Vorgaben und praxis relevanten fachlichen Aspekten. Für die Vorgaben zum Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.10.2016 17/12777 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12777 Kontrollumfang werden praktische Erfahrungen einer Ex pertengruppe der bayerischen Veterinärverwaltung heran gezogen. 2. a) Wie viele Kontrollen wurden in Bayern durch amtliche Tierärzte im Zeitraum von 2010 bis 2015 zur Sicherstellung der oben genannten Vorgaben durchgeführt (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkreisen bzw. Regierungsbezirken )? b) Wie viele Kontrollen wurden in Bayern durch Amtstierärzte im Zeitraum von 2010 bis 2015 zur Sicherstellung der oben genannten Vorgaben durchgeführt (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkreisen bzw. Regierungsbezirken )? Amtliche Tierärzte und Amtstierärzte sind in größeren Schlachtbetrieben teilweise täglich vor Ort. Die Anzahl der Kontrollen aufgrund der Vorgaben des bayerischen Quali tätsmanagements zur Überwachung des Tierschutzes in Schlachthöfen kann wegen der Notwendigkeit von Einzelab fragen und Recherchen im nachgeordneten Bereich in dem zur Beantwor tung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitraum nicht ermittelt werden. Als orientierender Hinweis zur Anzahl der amtstierärztli chen Kontrollen kann die Antwort auf Frage 1 zur Beant wortung der Schriftlichen Anfrage betreffend „Kontrollen an Schlachthöfen in Bayern“ (Drs. 17/10722) dienen. 3. a) Wurden diese Kontrollen ausschließlich in Risikobetrieben durchgeführt? Nein, Kontrollen finden sowohl in handwerklich strukturier ten Betrieben als auch in großen Schlachtbetrieben regel mäßig statt. b) Wenn ja, welche Risikofaktoren geben Anlass für eine Kontrolle durch Amtstierärzte bzw. amtliche Tierärzte? Entfällt. c) Wenn nein, welche Kriterien werden den nicht anlassbezogenen Kontrollen zugrunde gelegt? Siehe Antwort zu Frage 1. 4. a) Warum werden − wie in der Antwort der Staatsregierung auf die Schriftliche Anfrage betreffend „Kontrollen an Schlachthöfen in Bayern“ (Drs. 17/10722) ausgeführt − Beanstandungen bei Kontrollen durch amtliche Tierärzte oder Amtstierärzte statistisch nicht erfasst? Eine vollständige zentrale Erhebung aller Überwachungs daten der Behörden vor Ort ist nicht möglich und nicht er forderlich. Nach dem Prinzip der Subsidiarität handeln die Behörden vor Ort in hohem Maße eigenverantwortlich. Eine statistische Erfassung ist zudem rechtlich nicht vorgesehen. b) Wie stellt die Staatsregierung dann eine flächendeckende Umsetzung der in Frage 1 genannten Vorgaben sicher? Zur Sicherstellung der Umsetzung sind die Behörden vor Ort zuständig, die jeweils von den Bezirksregierungen be aufsichtigt werden. Zusätzlich werden interne und externe Audits durchgeführt. 5. a) Wie viele Verwaltungsverfahren, die eine Sanktion zur Folge haben, resultieren aus den oben erfragten Kontrollen durch amtliche Tierärzte (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkreisen bzw. Regierungsbezirken)? Die Anzahl der Verwaltungsverfahren kann wegen der Not wendigkeit von Einzelabfragen und Recherchen im nachge ordneten Bereich in dem zur Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitraum nicht ermittelt werden. Siehe zudem Antwort zu Frage 4 a. b) Wie viele Verwaltungsverfahren, die eine Sanktion zur Folge haben, resultieren aus den oben erfragten Kontrollen durch Amtstierärzte (bitte Aufschlüsselung nach Jahren, Tierarten und Landkreisen bzw. Regierungsbezirken)? Vgl. Antwort zu Frage 5 a. Als orientierender Hinweis kann die Antwort auf Frage 2 b zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage betreffend „Kontrollen an Schlachthöfen in Bayern“ (Drs. 17/10722) dienen. c) Welche Tatbestände liegen diesen Verwaltungsverfahren in der Regel zugrunde? Die Frage kann in dem zur Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitraum nicht beantwortet werden. Vgl. auch Antwort zu den Fragen 5 a und 5 b. 6. a) Zu welchen Ergebnissen kam das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bei dem Projekt „Vergleichende Überprüfung des Tierschutzes in Schlachthöfen anhand rechtlicher Vorgaben und fachlicher Leitparameter“? Schlachthöfe unterliegen derzeit gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 regelmäßigen, risikoorientierten amtli chen Kontrollen zur Überwachung des Tierschutzes. Dafür existieren in Bayern Arbeitsanweisungen und umfangreiche Formblätter des bayerischen Qualitätsmanagementsys tems (QMS), die sich überwiegend an nicht tierbezogenen Indikatoren orientieren. Daneben gibt es das System der USamerikanischen Professorin Temple Grandin, das den Tierschutzstatus der Betriebe allein anhand von sieben tier bezogenen Parametern bewertet (TGA – TempleGrandin Audit), also ausschließlich tierbezogen arbeitet. Im Projekt wurden die herkömmlichen Vorgaben des QMS mit TGA verglichen. Dazu wurden bayernweit große Schlachtbetriebe hinsichtlich des Tierschutzes überprüft. Ziel dieser Arbeit war es herauszufinden, ob sich die Prü fung einiger tierbezogener Leitparameter dazu eignet, die vorgeschriebenen amtlichen Kontrollen zur Überprüfung des Tierschutzes mit aussagekräftigen Ergebnissen kompri miert durchzuführen. Die Gesamtbewertung des Tierschutzstatus eines jeden Schlachtbetriebs mit beiden Methoden erbrachte vergleich bare Ergebnisse. Die Überprüfung der Betriebe anhand des TGA konnte wesentlich schneller durchgeführt werden als anhand des QMS. Im Ergebnis war das TGA jedoch zu oberflächlich: Einige durch das QMS Audit getroffene Fest stellungen konnten mit den wenigen tierbezogenen Parame tern des TGA nicht entdeckt werden. Die Diskrepanz bei der Bewertung begründet sich in der umfangreicheren Methodik des QMS. Insbesondere rechtliche Vorgaben zur Dokumen tation bleiben im TGA gänzlich unbeachtet. Das bedeutet, dass eine Vollkontrolle anhand der QMS Formblätter durch Drucksache 17/12777 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 das TGA nicht ersetzt werden kann. Jedoch kann aufgrund der ähnlich guten Kategorisierung des Tierschutzes eine Ri sikobewertung der Betriebe mittels TGA mit hoher Sicher heit durchgeführt werden. b) Welche Beanstandungen gab es in den Kategorien Anlieferung, Wartestall, Zutrieb, Betäubung und Dokumentation in den Betrieben (bitte um Auflistung der Beanstandungen nach Kategorie)? Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen sind nicht hin nehmbar. Die Schlachthöfe stehen in der Pflicht, den Tier schutz und die Lebensmittelsicherheit nach den gesetzli chen Anforderungen zu gewährleisten. Mögliche Missstände müssen abgestellt werden. Insgesamt konnte kein spezieller Schwerpunkt der Mängel festgestellt werden. Die Mängel, zugeordnet zu den jeweiligen Kategorien, sind der öffentlich zugänglichen Dissertation zum Projekt des LGL zu entneh men und sind dem Abgeordneten schon bekannt (siehe ei gene Pressemitteilung vom 05.08.2016). c) Welche Konsequenzen ergeben sich für das LGL aus den Ergebnissen des Projektes? Verstöße wurden an die zuständigen Behörden vor Ort ge meldet. Die Behörden entscheiden in eigener Zuständigkeit über weitere Maßnahmen. Das LGL nimmt die Ergebnisse des Projekts ernst. Dort wird ein Folgeprojekt zum Kont rollprogramm Tierschutz in großen Schlachthöfen weiter durchgeführt. Daneben wurden bereits weitere Maßnah men zur Verbesserung der Tierschutzsituation in bayeri schen Schlachthöfen ergriffen. Im Rahmen einer Dienst besprechung wurden Aufsichtsbehörden und zuständige Kontrollbehörden vor Ort noch einmal für die besonderen Anforderungen des Tierschutzes speziell in Schlachthöfen sensibilisiert und gebeten, die Kontrollen vor Ort danach auszurichten. Mitarbeiter des LGL referierten anlässlich einer Tierschutzfachtagung für alle größeren bayerischen Schlachtunternehmer am 06.07.2016. Das LGL wird 2016 und 2017 weitere Sonderkontrollen in Schlachtbetrieben durchführen. Ein Schwerpunkt wird dabei auf den betriebli chen Eigenkontrollpflichten liegen. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12777