Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Woerlein SPD vom 11.07.2016 Konsequenzen aus der Anhörung zur Situation der Tierheime in Bayern am 21. April 2016 Die Anhörung am 21. April 2016 zur Situation der Tierheime in Bayern im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz hat gezeigt, dass es den Tierheimen im Freistaat nicht gut geht und diese sich von den Kommunen und der Staatsregierung alleine gelassen fühlen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern bekommen die bayerischen Tierschutzvereine bzw. Tierheime keinerlei regelmäßige finanzielle Unterstützung durch die Staatsregierung (ausgenommen sind die Mittel für die Reptilienauffangstation und für den Tierschutzpreis ) und auch die Kommunen unterstützen die Tierheime bei der Übernahme eigentlich kommunaler Aufgaben in unterschiedlicher Qualität. Allerdings wurden im Rahmen dieser Anhörung vonseiten der Tierschützer, aber auch von kommunaler Verbandsseite einige Anregungen zur Verbesserung der Situation gemacht. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie begründete die Staatsregierung damals die im Jahr 1994 erfolgte Streichung der Förderung der Tierheime in Bayern in Höhe von 100.000 DM? b) Warum wurde und wird heute diese Förderung in Bayern nicht wieder eingeführt? c) Welche Pläne gibt es seitens der Staatsregierung, einen – wie in der Anhörung gefordert – Nothilfefonds für Tierschutzgroßlagen (z. B. Welpenhandelfunde, Beschlagnahmung von Exoten, Animal-Hoarding bei Privatpersonen) einzurichten? 2. a) Welche neuen gesetzlichen Regelungen hat die Staatsregierung in den letzten Jahren (seit 2000) erlassen, die einen direkten Einfluss auf die Tierheime haben? b) Welche Kosten sind den Tierheimen in Bayern dadurch entstanden? 3. a) Welche Strukturen gibt es in den bayerischen Kommunen selber, um die kommunalen Aufgaben der Fundtierversorgung, der Versorgung beschlagnahmter Tiere sowie der Versorgung verwilderter Tiere zu gewährleisten ? b) Könnten die Kommunen Bayerns – im Falle einer Tierheimschließung vor Ort – diese Pflichtaufgabe angemessen im Sinne des Tierschutzgesetzes erfüllen? c) Gibt es in den Kommunen konkrete Pläne, wie im Falle einer Schließung eines Tierheimes dessen Aufgaben übernommen werden können? 4. a) In welchen Kommunen werden momentan regelmäßige Fundtierpauschalen an die Tierheime abgegeben (bitte Aufschlüsselung der einzelnen Kommunen in den Regierungsbezirken und Höhe der Pauschalen)? b) Welche Kommunen rechnen je nach Einzelfall mit den Tierheimen ab (bitte Aufschlüsselung der einzelnen Kommunen in den Regierungsbezirken)? c) In welchen Landkreisen gibt es einheitliche Regelungen bezüglich der Fundtierpauschale für alle dazugehörigen Kommunen (bitte Aufschlüsselung der Landkreise in den Regierungsbezirken und Höhe der Pauschalen)? 5. a) In welcher Form kontrolliert die Staatsregierung, ob die Kommunen ihren Pflichtaufgaben der Fundtierversorgung , der Versorgung beschlagnahmter Tiere sowie der Versorgung verwilderter Tiere gemäß Tierschutzgesetz nachkommen? b) Plant die Staatsregierung diese Kontrollen – vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Anhörung – auszubauen ? c) Wenn ja, in welchem qualitativen und quantitativen Rahmen? 6. a) Wie positioniert sich die Staatsregierung zu der Stellungnahme der Tierschutzvereine, dass ohne Tierheime das Landesstraf- und Verordnungsgesetz nicht rechtmäßig vollzogen werden könnte? b) Wie sehen die Pläne der Staatsregierung aus, die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Schließung eines Tierheims vor Ort in einer Kommune sicherzustellen ? 7. a) Gibt es für die bayerischen Tierheime konkrete Vorschriften hinsichtlich Platzangebot, Personalsituation, Hygienestandards, Betreuungssituation und Dokumentationspflicht etc., um den Betrieb gemäß Tierschutzgesetz fortführen zu dürfen? b) Wenn ja, wo sind diese verankert und wie sehen sie aus? c) Wie wird die Einhaltung dieser Vorschriften kontrolliert ? 8. a) Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus der Anhörung, bei der immer wieder von fehlenden bzw. unzureichenden Vollzugshinweisen und Rechtslücken im Bereich der Fundtierregelungen gesprochen wurde, hinsichtlich dieser Missstände? b) Gibt es vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Anhörung konkrete Pläne der Staatsregierung, einheitliche Standards auszuarbeiten, wie die Zusammenarbeit der drei Akteure (Tierschutzvereine/Tierheime, Kommunen , Staatsregierung) in Zukunft verbessert werden kann? c) Wenn ja, wie sehen diese Pläne aus? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.10.2016 17/12792 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12792 Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 09.08.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. a) Wie begründete die Staatsregierung damals die im Jahr 1994 erfolgte Streichung der Förderung der Tierheime in Bayern in Höhe von 100.000 DM? Die Förderung in Höhe von 100.000 DM pro Jahr wurde ab 01.01.1997 eingestellt, da die dadurch entstehende Finanzierungslücke als gering eingestuft wurde. b) Warum wurde und wird heute diese Förderung in Bayern nicht wieder eingeführt? Der Bayerische Landtag als Haushaltsgesetzgeber hat eine entsprechende Förderung nicht beschlossen. c) Welche Pläne gibt es seitens der Staatsregierung, einen – wie in der Anhörung gefordert – Nothilfefonds für Tierschutzgroßlagen (z. B. Welpenhandelfunde , Beschlagnahmung von Exoten, Animal- Hoarding bei Privatpersonen) einzurichten? Eine entsprechende Förderung müsste der Bayerische Landtag unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen beschließen. 2. a) Welche neuen gesetzlichen Regelungen hat die Staatsregierung in den letzten Jahren (seit 2000) erlassen, die einen direkten Einfluss auf die Tierheime haben? Veterinärrechtliche Vorschriften werden vom Bundesgesetzgeber erlassen oder beruhen auf Europarecht. Inwieweit z. B. baurechtliche oder sozialrechtliche Vorschriften Auswirkungen auf Tierheime haben, ist der Staatsregierung nicht bekannt. b) Welche Kosten sind den Tierheimen in Bayern dadurch entstanden? Siehe Antwort zu Frage 2 a. 3. a) Welche Strukturen gibt es in den bayerischen Kommunen selber, um die kommunalen Aufgaben der Fundtierversorgung, der Versorgung beschlagnahmter Tiere sowie der Versorgung verwilderter Tiere zu gewährleisten? Der Tierschutz ist ein hohes Gut, das in Bayern Verfassungsrang genießt. Tierheime leisten einen wichtigen Beitrag bei der Unterbringung und Pflege von aufgefundenen Tieren und für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Unterbringung und Pflege von Fundtieren und gefährlichen Tieren fallen grundsätzlich, zumindest für eine gewisse Zeit, in den Aufgabenbereich der Gemeinden. Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Pflichtaufgabe der Kommunen. Für die Unterbringung und Pflege von Tieren, die den Haltern aus Tierschutzgründen fortgenommen werden müssen, kommen die Kreisverwaltungsbehörden auf. Die Kommunen können diese Aufgabe auf verschiedene Weise erfüllen. So können die Gemeinden eigene Tierheime betreiben, von Vereinen geführte Tierheime finanziell unterstützen oder die Erfüllung dieser Aufgabe vollständig in private Hände geben. Die Umsetzung hängt von den örtlichen Gegebenheiten und Vereinbarungen ab. Einheitliche Strukturen bei den bayerischen Gemeinden werden von der Staatsregierung nicht vorgegeben. Für herrenlose Tiere bestehen keine expliziten gesetzlichen Regelungen, wer für ihre Versorgung und Unterbringung und die damit verbundenen Kosten verantwortlich ist; ggf. sind jedoch tierschutzrechtliche Gesichtspunkte zu beachten. b) Könnten die Kommunen Bayerns – im Falle einer Tierheimschließung vor Ort – diese Pflichtaufgabe angemessen im Sinne des Tierschutzgesetzes erfüllen ? Gemeinden können mit neuen Partnern und Einrichtungen ihre Pflichtaufgabe, auch im Sinne des Tierschutzes, erfüllen . Im Weiteren siehe Antwort zu Frage 3 a. c) Gibt es in den Kommunen konkrete Pläne, wie im Falle einer Schließung eines Tierheimes dessen Aufgaben übernommen werden können? Der Staatsregierung sind dazu keine Fälle bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass solche Pläne bei der betroffenen Gemeinde erst im Falle einer drohenden Schließung eines Tierheimes gefasst und dabei die Gegebenheiten und Lösungsmöglichkeiten vor Ort berücksichtigt werden. 4. a) In welchen Kommunen werden momentan regelmäßige Fundtierpauschalen an die Tierheime abgegeben (bitte Aufschlüsselung der einzelnen Kommunen in den Regierungsbezirken und Höhe der Pauschalen)? b) Welche Kommunen rechnen je nach Einzelfall mit den Tierheimen ab (bitte Aufschlüsselung der einzelnen Kommunen in den Regierungsbezirken)? c) In welchen Landkreisen gibt es einheitliche Regelungen bezüglich der Fundtierpauschale für alle dazugehörigen Kommunen (bitte Aufschlüsselung der Landkreise in den Regierungsbezirken und Höhe der Pauschalen)? Zur Beantwortung der Frage bedürfte es einer Abfrage bei über 2.000 bayerischen kreisfreien und kreisangehörigen Gemeinden sowie einer anschließenden aufwendigen Auswertung und Auflistung, die in der vorgegebenen Frist zur Beantwortung der Anfrage nicht zu bewerkstelligen ist. 5. a) In welcher Form kontrolliert die Staatsregierung, ob die Kommunen ihren Pflichtaufgaben der Fundtierversorgung , der Versorgung beschlagnahmter Tiere sowie der Versorgung verwilderter Tiere gemäß Tierschutzgesetz nachkommen? Sofern dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) Fälle des Nichtbezahlens von Kosten für die Unterbringung von Fundtieren oder gefährlichen Tieren vorgetragen werden, werden diese einer aufsichtlichen Prüfung zugeführt. Für herrenlose Tiere bestehen keine expliziten gesetzlichen Regelungen, wer für ihre Versorgung und Unterbringung verantwortlich ist; ggf. sind jedoch tierschutzrechtliche Gesichtspunkte zu beachten. Drucksache 17/12792 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 b) Plant die Staatsregierung diese Kontrollen – vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Anhörung – auszubauen? Mangels konkret bekannter Fälle ist das vorerst nicht vorgesehen . c) Wenn ja, in welchem qualitativen und quantitativen Rahmen? Siehe Antwort zu Frage 5 b. 6. a) Wie positioniert sich die Staatsregierung zu der Stellungnahme der Tierschutzvereine, dass ohne Tierheime das Landesstraf- und Verordnungsgesetz nicht rechtmäßig vollzogen werden könnte? Tierheime werden zuvorderst unter dem Tierschutzgedanken betrieben. Tiere, die den Vorschriften des Landesstrafund Verordnungsgesetzes unterliegen, machen einen nur vergleichsweise geringen Anteil aus. So geht beispielsweise aus dem Jahresbericht 2014 der Reptilienauffangstation hervor, dass es sich bei nur 13 % um von den Behörden beschlagnahmte Tiere handelt, ohne allerdings zu unterscheiden , ob diese aus Sicherheits-, Tierschutz- oder Artenschutzgründen beschlagnahmt/sichergestellt wurden. b) Wie sehen die Pläne der Staatsregierung aus, die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Schließung eines Tierheims vor Ort in einer Kommune sicherzustellen? Siehe Antwort zu Frage 3. Das StMI kann ggf. vermittelnd unterstützen, wie beispielsweise im Straubinger Schlangenfall 2013. 7. a) Gibt es für die bayerischen Tierheime konkrete Vorschriften hinsichtlich Platzangebot, Personalsituation , Hygienestandards, Betreuungssituation und Dokumentationspflicht etc., um den Betrieb gemäß Tierschutzgesetz fortführen zu dürfen? Für den Betrieb von Tierheimen gelten die allgemeinen Anforderungen des Tierschutzgesetzes, insbesondere die Paragraphen 1 und 2. Konkrete rechtliche Vorschriften für Tierheime gibt es nicht. Die Haltung von Hunden ist gesetzlich in der Tierschutz-Hundeverordnung geregelt. Zur Konkretisierung der allgemeinen Vorgaben des Tierschutzgesetzes hinsichtlich Platzangebot, Personalsituation, Hygienestandards , Betreuungssituation und Dokumentationspflicht etc. werden die Tierheimordnung des Deutschen Tierschutzbundes e.V. sowie anerkannte Gutachten/Leitlinien (z. B. des BMEL oder der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V.) und entsprechende Fachliteratur herangezogen. b) Wenn ja, wo sind diese verankert und wie sehen sie aus? Siehe Antwort zu Frage 7 a. Die zu stellenden Anforderungen an Platzangebot, Personalsituation, Hygienestandards, Betreuungssituation und Dokumentationspflicht etc. sind u. a. abhängig von der Größenordnung und der Ausrichtung des Tierheims sowie den gehaltenen Tierarten und deren Anzahl. Die Anforderungen werden unter Berücksichtigung der in Antwort zu Frage 7 a genannten Vorgaben und örtlichen Gegebenheiten durch die zuständige Behörde festgelegt . c) Wie wird die Einhaltung dieser Vorschriften kontrolliert ? Tierheime unterliegen einer tierschutzrechtlichen Erlaubnispflicht . Vor der Erteilung einer Erlaubnis werden die Räumlichkeiten sowie die Sachkunde und Zuverlässigkeit der verantwortlichen Personen von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde überprüft. Darüber hinaus werden Tierheime von der zuständigen Behörde regelmäßig überwacht. 8. a) Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus der Anhörung, bei der immer wieder von fehlenden bzw. unzureichenden Vollzugshinweisen und Rechtslücken im Bereich der Fundtierregelungen gesprochen wurde, hinsichtlich dieser Missstände ? Nach einem Beschluss des Bayerischen Landtags vom 12.07.2016 (LT-Drs. 17/12503) soll die Staatsregierung in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden und den relevanten Tierschutzverbänden Vollzugshinweise zur Unterbringung von aufgefundenen Tieren in Tierheimen erlassen, die insbesondere die Frage der Unterscheidung zwischen Fundtieren und herrenlosen Tieren sowie den Umfang der von den Kommunen zu erstattenden Kosten aufgreifen als auch die neue höchstrichterliche Rechtsprechung berücksichtigen. Derzeit sind dazu zwei relevante Revisionsverfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig . Der Landtagsbeschluss ist umzusetzen. b) Gibt es vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Anhörung konkrete Pläne der Staatsregierung, einheitliche Standards auszuarbeiten, wie die Zusammenarbeit der drei Akteure (Tierschutzvereine /Tierheime, Kommunen, Staatsregierung) in Zukunft verbessert werden kann? Siehe Antwort zu Frage 8 a. c) Wenn ja, wie sehen diese Pläne aus? Siehe Antwort zu Frage 8 a.