Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Claudia Stamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 10.06.2016 Immobiliengeschäfte der Marktgemeinde Bad Endorf Die Marktgemeinde Bad Endorf arbeitet an einer Neustrukturierung ihrer Beteiligungsunternehmen, insbesondere der Gesundheitswelt Chiemgau AG (GWC AG), der Chiemgau- Therme, den Simsseekliniken und dem Hotel Ströbinger Hof. Presseberichten zufolge ist ein Generalvergleich der Gemeinde mit der GWC AG und damit verbunden die Übertragung von gemeindeeigenen Grundstücken und Immobilien in die GWC AG geplant. Die GWC AG selbst ist nach eigenen Angaben wegen hoher Rückstellungen für drohende Verluste bilanziell überschuldet und nur wegen positiver Fortbestehungsprognose nicht zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens verpflichtet. Dabei treten mehrere Fragen auf, die den kommunalen Finanzausgleich und den Freistaat Bayern als kommunale Aufsichtsbehörde betreffen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Inwieweit ist der Freistaat Bayern, insbesondere die staatliche Kommunalaufsicht, in die Verhandlungen oder die Entscheidungsfindung vor Ort eingebunden? b) Wenn ja, wo und wie? 2. a) Inwiefern ist ein freihändiger Verkauf gemeindeeigener Grundstücke und Immobilien an eine Aktiengesellschaft möglich? b) Unter welchen Bedingungen muss der Verkauf gemeindeeigener Grundstücke und Immobilien ausgeschrieben werden? c) Welche Kriterien (bspw. Ertragswert oder Sachwertverfahren ) gelten für die Bewertung der gemeinde eigenen Grundstücke und Immobilien bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer? 3. Inwiefern ist die mögliche Übertragung von Grundstücken und Immobilien der Marktgemeinde Bad Endorf in die GWC AG vor dem Hintergrund der bilanziellen Überschuldung der GWC AG rechtlich möglich? 4. Inwiefern müssen staatliche Fördergelder, die die Marktgemeinde Bad Endorf für die Sanierung der Therme erhalten hat, bei der Übertragung der Grundstücke und Immobilien an eine privatrechtliche Kapitalgesellschaft wie die GWC AG zurückgezahlt werden? 5. Inwieweit ist ein möglicher Generalvergleich der Marktgemeinde Bad Endorf mit der GWC AG grundsätzlich mit dem Kommunalrecht vereinbar, wenn die Gemeinde dabei auf sämtliche Forderungen gegenüber der GWC AG in Zukunft verzichtet? 6. a) Ist die Marktgemeinde Bad Endorf berechtigt, Vorgänge im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken und Immobilien gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern geheim oder nichtöffentlich zu halten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich hier um Geschäfte der Gemeinde mit einer größtenteils gemeindeeigenen AG handelt? b) Welche Einsichtsrechte haben die Bürgerinnen und Bürger von Bad Endorf in diesem Fall? c) Welche Einsichtsrechte haben die Mitglieder des Gemeinderats von Bad Endorf in diesem Fall? 7. a) Ist der Staatsregierung bekannt, dass die Therme Bad Endorf Brandschutzmängel aufweist, die grundsätzlich eine Schließung der Therme zur Folge haben? b) Wie beurteilt die Staatsregierung, dass die Schließung der Therme durch das Landratsamt Rosenheim aufgrund des Einsatzes eines Brandschutzwachdienstes ausgesetzt ist, bis die Brandschutzmängel behoben sind? c) Inwieweit ist dieses Vorgehen des Landratsamts Rosenheim , der Marktgemeinde Bad Endorf und der Therme Bad Endorf mit den einschlägigen Rechtsvorschriften in Einklang zu bringen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 15.08.2016 Die Schriftliche Anfrage wird – soweit es Frage 2 c betrifft, im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, und soweit es Frage 4 betrifft, im Einvernehmen mit dem Staatministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie – wie folgt beantwortet : 1. a) Inwieweit ist der Freistaat Bayern, insbesondere die staatliche Kommunalaufsicht, in die Verhandlungen oder die Entscheidungsfindung vor Ort eingebunden ? Der Marktgemeinderat des Marktes Bad Endorf hat am 27.10.2015 beschlossen, die Entflechtung der rechtlichen Beziehungen zwischen dem Markt und der Gesundheitswelt Chiemgau AG (GWC AG) zu prüfen und einen entsprechenden Entflechtungsprozess einzuleiten. Seit diesem Zeitpunkt waren das Landratsamt Rosenheim und die Regierung von Oberbayern als zuständige Kommunalaufsichtsbehörden Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.10.2016 17/12814 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12814 kontinuierlich eingebunden. In diesem Rahmen wurden die mit der geplanten Entflechtung im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen, vor allem des Kommunal-, Beihilfe- und Förderrechts, geprüft. Eine abschließende Entscheidung hat der Markt Bad Endorf noch nicht getroffen; er ist nach seiner Auskunft noch in der Planungsphase. b) Wenn ja, wo und wie? Soweit sich dies nachvollziehen lässt, hat es im Zeitraum zwischen dem 27.10.2015 und dem 10.05.2016 mindestens 12 Kontakte zur Abstimmung gegeben. Mit dem Landratsamt Rosenheim und der Regierung von Oberbayern wurden insgesamt sechs Gesprächstermine durchgeführt, im Übrigen wurden Telefonate geführt. 2. a) Inwiefern ist ein freihändiger Verkauf gemeinde eigener Grundstücke und Immobilien an eine Aktiengesellschaft möglich? b) Unter welchen Bedingungen muss der Verkauf gemeindeeigener Grundstücke und Immobilien ausgeschrieben werden? Die Veräußerung gemeindeeigener Immobilien unterliegt, da es sich nicht um einen Beschaffungsvorgang handelt, grundsätzlich nicht dem Vergaberecht. Etwas anderes gilt, wenn das Grundstücksgeschäft seiner Natur nach ein Bauauftrag im Sinne des § 103 Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) oder eine Baukonzession im Sinne des § 105 GWB ist. Das ist der Fall, wenn eine einklagbare Bauverpflichtung und eine Gegenleistung (das kann auch ein verbilligter Grundstückspreis oder das Recht zur Nutzung des Bauwerks sein) vereinbart werden, die Bauleistung der Gemeinde unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und die Gemeinde einen entscheidenden Einfluss auf das bauliche Konzept hat (über die Ausübung von städtebaulichen Regelungskompetenzen hinaus). Den Kommunen wird in Nr. 3 der Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern vom 15.05.1992 über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände (AllMBl S. 535) zwar empfohlen, Vermögensgegenstände regelmäßig nur nach einer öffentlichen Ausschreibung zu veräußern. Eine rechtliche Verpflichtung der Gemeinden, so zu verfahren, besteht allerdings nicht. Im Rahmen der auch für die Gemeinden geltenden Vertragsfreiheit können sie daher eigenverantwortlich darüber entscheiden, an wen sie einen kommunalen Vermögensgegenstand veräußern. Da die Veräußerung von gemeindeeigenen Vermögensgegenständen unter ihrem Wert nach Art. 75 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung (GO) nur ausnahmsweise zulässig ist, verlangt der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 GO), dass die Gemeinden sich vor der Veräußerung eines Vermögensgegenstands Klarheit über dessen Wert verschaffen. Ein bestimmtes Wertermittlungsverfahren ist kommunalrechtlich nicht vorgeschrieben. Bei Grundstücken empfiehlt die genannte Bekanntmachung, den Wert anhand der für Bodenrichtwerte geführten Grundstückskarte oder Liste oder durch ein Gutachten des Gutachterausschusses, eines amtlich bestellten Sachverständigen oder einer mit Grundstücksbewertungen allgemein befassten Stelle der Kommune entsprechend den Vorschriften des Baugesetzbuchs und der zu seiner Ausführung erlassenen Vorschriften zu ermitteln. c) Welche Kriterien (bspw. Ertragswert oder Sachwertverfahren ) gelten für die Bewertung der gemeindeeigenen Grundstücke und Immobilien bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer? Nach § 8 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) bemisst sich die Steuer insbesondere in den Fällen, in denen eine Gegenleistung nicht vorhanden ist, sowie bei Umwandlungen und Einbringungen nach den relevanten Grundbesitzwerten im Sinne des Bewertungsgesetzes (BewG). Anknüpfungspunkt für die Bewertung ist der gemeine Wert (Verkehrswert) eines Grundstücks. Dabei handelt es sich gemäß § 9 Abs. 2 BewG um den Wert, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen ist. Das BewG sieht einige typisierende Methoden der Wertermittlung vor. Zu diesen Bewertungsmethoden gehören auch das Ertragswertverfahren (§ 184 BewG) und das Sachwertverfahren (§ 189 BewG). Die Finanzämter entscheiden in Abhängigkeit von der jeweiligen Grundstücksart (§ 182 BewG), welches Bewertungsverfahren letztendlich zur Anwendung kommt. 3. Inwiefern ist die mögliche Übertragung von Grundstücken und Immobilien der Marktgemeinde Bad Endorf in die GWC AG vor dem Hintergrund der bilanziellen Überschuldung der GWC AG rechtlich möglich? Die bilanzielle Überschuldung steht einer möglichen Übertragung von Grundstücken und Immobilien nicht entgegen; ist die Fortführung eines Unternehmens überwiegend wahrscheinlich , so liegt eine Überschuldung als Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren (§ 19 der Insolvenzordnung – InsO) nicht vor. Dem kommunalrechtlichen Risikominimierungsgebot (Art. 61 Abs. 3 Satz 1 GO) ist durch die bürgerlich -rechtlich vorgeschriebene notarielle Abwicklung (vgl. § 11 Abs. 2 des Erbbaurechtsgesetzes – ErbbauRG i. V. m. § 311 b Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB) Rechnung getragen. 4. Inwiefern müssen staatliche Fördergelder, die die Marktgemeinde Bad Endorf für die Sanierung der Therme erhalten hat, bei der Übertragung der Grundstücke und Immobilien an eine privatrechtliche Kapitalgesellschaft wie die GWC AG zurückgezahlt werden? Für die Generalsanierung des Kurmittelhauses Bad Endorf hat der Markt Zuwendungen gemäß den Richtlinien zur Förderung von öffentlichen touristischen Infrastruktureinrichtungen (RÖFE) und für die Errichtung einer Veranstaltungshalle eine Förderung nach dem (mittlerweile aufgehobenen) Gesetz über Finanzhilfen zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Bundesländern (Strukturhilfegesetz) erhalten. Die Regierung von Oberbayern hat mit zwei Bescheiden vom 12.05.2016 zugestimmt, dass das geförderte Kurmittelhaus und die geförderte Veranstaltungshalle auf die GWC AG übertragen werden. Auf eine Rückforderung der gewährten Zuwendungen pro rata temporis wird jeweils unter folgenden Voraussetzungen verzichtet: Der Markt Bad Endorf verpflichtet sich, den bis zum Ablauf der 25-jährigen Bindungsfrist zuwendungsrechtlich festgelegten Zuwendungszweck weiter zu gewährleisten. Der Markt haftet weiterhin für die gewährten Zuwendungen bis zum Ablauf der Bindungsfrist. Der Markt Bad Endorf vereinbart vertraglich mit der GWC AG, dass diese in die Pflichten der ursprüngli- Drucksache 17/12814 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 chen Bewilligungsbescheide einschließlich der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) und der weiteren ergangenen Bescheide in vollem Umfang eintritt und insbesondere gewährleistet, dass die in den Bewilligungsbescheiden festgelegten Zuwendungszwecke für die Restlaufzeit der 25-jährigen Bindungsfrist sichergestellt sind. Die Übertragung der geförderten Einrichtungen ist vom Markt in geeigneter Form zu dokumentieren; die Dokumentationen sind der Regierung von Oberbayern vorzulegen. 5. Inwieweit ist ein möglicher Generalvergleich der Marktgemeinde Bad Endorf mit der GWC AG grundsätzlich mit dem Kommunalrecht vereinbar, wenn die Gemeinde dabei auf sämtliche Forderungen gegenüber der GWC AG in Zukunft verzichtet? Ein „Generalvergleich“ zwischen dem Markt Bad Endorf und der GWC AG und ein Verzicht auf sämtliche Forderungen ist nicht geplant. Vielmehr soll eine Entflechtung der rechtlichen Beziehungen zwischen dem Markt Bad Endorf und der GWC AG vor allem in Bezug auf die Grundstückssituation, die komplex ist, weil sie durch unterschiedliche Eigentumsverhältnisse , Bestellung von Erbbaurechten und Pachtverträge geprägt wird, erfolgen. Die gemeindlichen Grundstücke und Gebäude werden nach Auskunft des Marktes Bad Endorf weder unentgeltlich noch unter Wert veräußert. Die Sicherung der Ansprüche des Marktes auf die Entgeltzahlungen sei noch Gegenstand der Entflechtungsverhandlungen mit der GWC AG. Die geplante Veräußerung der Therme an die GWC AG (das Grundstück steht im Eigentum der GWC AG; die Therme wurde auf Grundlage eines Erbbaurechts vom Markt Bad Endorf errichtet) hat das Landratsamt Rosenheim geprüft. Ein Verstoß gegen Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO, wonach gemeindliche Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden dürfen, wurde nicht festgestellt. Soweit im Rahmen der Entflechtungsverhandlungen die Veräußerung weiterer Immobilien geplant wird, wird das Landratsamt Rosenheim die kommunalrechtliche Zulässigkeit vor allem am Maßstab des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO prüfen. 6. a) Ist die Marktgemeinde Bad Endorf berechtigt, Vorgänge im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken und Immobilien gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern geheim oder nichtöffentlich zu halten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich hier um Geschäfte der Gemeinde mit einer größtenteils gemeindeeigenen AG handelt? Gemäß Art. 52 Abs. 2 GO sind Sitzungen des Gemeinderats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen. Stehen das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche Einzelner der Sitzungsöffentlichkeit entgegen, ist der Gemeinderat nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, den Beratungsgegenstand in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln. Dem Gemeinderat steht bei dieser situationsgebundenen Prognoseentscheidung ein gewisser Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu (BayVGH, B.v. 20.04.2015 – 4 CS 15.381 – NVwZ-RR 2015, 627). Berechtigte Interessen Einzelner sind alle rechtlich geschützten oder anerkannten individuellen Interessen von natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften, deren Behandlung in öffentlicher Sitzung die wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnisse Einzelner berühren und sich für den Einzelnen nachteilig auswirken kann. Bei Grundstücksangelegenheiten kann ein Ausschluss der Öffentlichkeit erforderlich sein, wenn die wirtschaftlichen oder finanziellen Verhältnisse eines Beteiligten erörtert werden oder zur Wahrung der Interessen eines Betroffenen eine Geheimhaltung geboten ist. Diesen Schutz genießt auch die GWC AG als juristische Person des Privatrechts; in ihrem Fall ist eine Behandlung in nichtöffentlicher Sitzung vor allem dann in Betracht zu ziehen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass durch eine öffentliche Behandlung Geschäftsgeheimnisse beeinträchtigt würden. Bei Beratungen im Gemeinderat über Entflechtungsgespräche mit einer börsennotierten Aktiengesellschaft ist – abhängig vom Beratungsgegenstand – auch zu prüfen, ob besondere Vorschriften des Aktien- und Wertpapierhandelsrechts zur Wahrung der Vertraulichkeit beachtet werden müssen. Wurden in nichtöffentlicher Sitzung Beschlüsse gefasst, so sind diese nach Art. 52 Abs. 3 GO der Öffentlichkeit bekannt zu geben, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind. b) Welche Einsichtsrechte haben die Bürgerinnen und Bürger von Bad Endorf in diesem Fall? Art. 54 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 GO räumt den Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern im Sinne des Art. 15 Abs. 2 GO ein Einsichtsrecht bezüglich der Niederschriften über öffentliche Sitzungen des Gemeinderats ein. Ein Recht auf Erteilung von Abschriften oder Kopien der Sitzungsniederschriften besteht nicht. Ein allgemeines gesetzliches Recht auf Einsicht in die Akten der Gemeinde besteht nicht. Art. 29 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes räumt den an einem Verwaltungsverfahren Beteiligten ein Einsichtsrecht in die einzelnen Teile der das Verfahren betreffenden Akten ein, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Im Falle der Entflechtungsgespräche zwischen dem Markt Bad Endorf und der GWC AG ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass Gemeindebürgerinnen oder Gemeindebürger Beteiligte eines damit in Zusammenhang stehenden Verwaltungsverfahrens sind. c) Welche Einsichtsrechte haben die Mitglieder des Gemeinderats von Bad Endorf in diesem Fall? Gemäß Art. 54 Abs. 3 Satz 1 GO können Gemeinderatsmitglieder jederzeit die Niederschrift über alle Sitzungen des Gemeinderats einsehen. Im Übrigen hat der Gemeinderat als Kollegialorgan, nicht aber einzelne Gemeinderatsmitglieder oder Fraktionen, aufgrund seiner Überwachungsbefugnis gemäß Art. 30 Abs. 3 GO ein umfassendes Informationsrecht , das gegenüber dem Ersten Bürgermeister ein Unterrichtungsrecht und Akteneinsichtsrecht beinhaltet. Wie weit der Auskunftsanspruch reicht, wird durch die konkreten Umstände des Einzelfalls geprägt. Das einzelne Gemeinderatsmitglied hat grundsätzlich kein uneingeschränktes Recht auf Erhalt von Informationen, wenn die Mehrheit im Gemeinderat einen Informationsbedarf verneint. Insoweit steht ihm lediglich ein Frage- und Antragsrecht zu, mit dem es eine Entscheidung des Gemeinderats als Plenum herbeiführen kann. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12814 7. a) Ist der Staatsregierung bekannt, dass die Therme Bad Endorf Brandschutzmängel aufweist, die grundsätzlich eine Schließung der Therme zur Folge haben? Das Landratsamt Rosenheim als zuständige Bauaufsichtsbehörde hatte mit Bescheid vom 28.04.2015 die Nutzung der Therme untersagt, allerdings unter aufschiebenden Bedingungen , bei deren Erfüllung der Betrieb aufrechterhalten werden konnte. Darin wurde die Betreiberin verpflichtet, das genehmigte Brandschutzkonzept sowie Auflagen aus der Baugenehmigung für den Umbau der Therme vollständig umzusetzen und für einen ungefährdeten Weiterbetrieb erforderliche Sofortmaßnahmen zu ergreifen. b) Wie beurteilt die Staatsregierung, dass die Schließung der Therme durch das Landratsamt Rosenheim aufgrund des Einsatzes eines Brandschutzwachdienstes ausgesetzt ist, bis die Brandschutzmängel behoben sind? Zu den verlangten Sofortmaßnahmen gehörte auch die Einrichtung einer Brandsicherheitswache während der Betriebszeiten der Therme. Nachdem die automatische Brandmeldeanlage einschließlich interner akustischer Alarmierung für das Gebäude mittlerweile fertiggestellt und auf die Integrierte Leitstelle Rosenheim aufgeschaltet wurde, ist diese Sicherheitsmaßnahme nicht mehr erforderlich. c) Inwieweit ist dieses Vorgehen des Landratsamts Rosenheim, der Marktgemeinde Bad Endorf und der Therme Bad Endorf mit den einschlägigen Rechtsvorschriften in Einklang zu bringen? Das Vorgehen des Landratsamts steht in Einklang mit der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Danach hat die untere Bauaufsichtsbehörde darüber zu wachen, dass die öffentlich -rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, und kann in Wahrnehmung dieser Aufgabe die jeweils erforderlichen Maßnahmen treffen (Art. 54 Abs. 2 BayBO). Welche Maßnahmen im konkreten Fall erforderlich, aber auch verhältnismäßig sind, entscheidet die zuständige Behörde in Kenntnis der genauen örtlichen Umstände in eigenem Ermessen. Dass eine Nutzungsuntersagung – als Ultima Ratio des Verwaltungszwangs – unter bestimmten aufschiebenden Bedingungen ausgesprochen wird, ist vor diesem Hintergrund nichts Ungewöhnliches. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die getroffenen Maßnahmen auch geeignet sind, die Sicherheit für Besucher und Beschäftigte des fraglichen Gebäudes hinreichend zu gewährleisten. Die Staatsregierung hat keinen Anlass, an der Beurteilung der Lage durch das Landratsamt Rosenheim und den daraus abgeleiteten Maßnahmen zu zweifeln.