Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ulrich Leiner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21.07.2016 Standardisiertes Schreiben zur Verhinderung der Kontrolle von Pflege Diverse Zeitungen, wie unter anderem der Münchner Merkur , haben am 12. Juli 2016 berichtet, dass Pflegebedürftige in Bayern seit Ende 2015 gelegentlich ein standardisiertes Schreiben bzw. ein Formular gegen eine Überprüfung ihrer Versorgung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) unterschreiben. Dieses Schreiben könnte die Qualitätskontrolle bei der Pflege verhindern. Die Überprüfung ist eigentlich zum Wohl der Pflegebedürftigen gedacht. Ich frage deshalb die Staatsregierung: 1. Seit wann ist der Staatsregierung bekannt, dass Versicherte eine Überprüfung ihrer Versorgung durch ein standardisiertes Schreiben ablehnen? a) In welchen Einrichtungen sind diese Schreiben bisher aufgetaucht? b) Wie erklärt sich die Staatsregierung das Auftauchen dieses Schreibens? 2. Wie viele Fälle sind der Staatsregierung bisher bekannt ? a) Wer sind die Unterzeichnenden gewesen – die Angehörigen oder der Pflegebedürftige selbst? b) Bei Pflegebedürftigen welchen Pflegegrades ist es zu Unterzeichnungen gekommen? 3. Was sind genau die Inhalte des Schreibens? a) Wer ist der Verfasser bzw. wer hat dieses Schreiben aufgesetzt und in Umlauf gebracht? 4. Wie werden die Betroffenen motiviert bzw. was sind die Gründe dafür, dieses Schreiben zu unterzeichnen? a) Was hat die Staatsregierung bisher unternommen, um die Versicherten darauf aufmerksam zu machen, was die genauen Folgen der Widerspruchserklärung sind? 5. Besteht bei solchen Widerspruchserklärungen trotzdem die Möglichkeit, die Qualitätskontrolle zu gewährleisten sowie den Schutz der Pflegebedürftigen sicherzustellen ? a) Wenn ja, wie und unter welchen Umständen? b) Besteht für die Prüfer die Möglichkeit, bei den Pflegebedürftigen nachzufragen, ob der Widerspruch im Zeitpunkt der Prüfung aufrechterhalten bleibt? 6. Welche weiteren Schritte plant die Staatsregierung in dieser Sache? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 19.08.2016 1. Seit wann ist der Staatsregierung bekannt, dass Versicherte eine Überprüfung ihrer Versorgung durch ein standardisiertes Schreiben ablehnen? Dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) ist bekannt, dass es vereinzelt zu formularmäßigen Widersprüchen von Pflegebedürftigen gegen eine Begutachtung und der Weitergabe der Daten an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen in Bayern (MDK Bayern) gekommen ist. Dem StMGP gegenüber ist dies abstrakt etwa Anfang des Jahres 2015 berichtet worden. a) In welchen Einrichtungen sind diese Schreiben bisher aufgetaucht? Die formularmäßigen Widersprüche wurden in Bayern bisher ausschließlich von ambulanten Pflegediensten bei Prüfungen durch den MDK Bayern vorgelegt. Prüfungen der Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) in stationären Einrichtungen sind bisher nicht betroffen gewesen. b) Wie erklärt sich die Staatsregierung das Auftauchen dieses Schreibens? Sowohl für Prüfungen des MDK Bayern als auch für Prüfungen der FQA sind Einwilligungen grundsätzlich in Textform erforderlich, wenn die Räume bzw. die Wohnung des Pflegebedürftigen betreten werden sollen, bei dem Pflegebedürftigen der Pflegezustand in Augenschein genommen werden soll, dieser oder Personen über ihn befragt werden sollen und zur Einsicht in die Pflegedokumentation (§ 114 a des Sozialgesetzbuches Elftes Buch – SGB XI – bzw. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 ff. des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes – PfleWoqG). Sofern dies ausnahmsweise nicht möglich sein sollte (z. B. weil der Pflegebedürftige die Zustimmung nicht selbst in Textform niederschreiben kann oder weil der Betreuer bzw. die Betreuerin nicht vor Ort anwesend ist und zum Zeitpunkt der Prüfung keinen Zugriff auf Telefax, Short-Message-Services oder E-Mail hat), kann die Zustimmung des Pflegebedürftigen bzw. dessen Betreuerin oder deren Betreuers vor der Prüfung auch in mündlicher Form erfolgen. Diese mündliche Einwilligung ist dann aber sofort durch eine dritte Person (z. B. Einrichtungsleitung oder Pflegedienstleitung ), die jedoch nicht die Prüfinstitution selbst ist, in Textform zu dokumentieren. In diesem Kontext sind die formularmäßigen Widersprüche durch die ambulanten Pflegedienste dem MDK Bayern vorgelegt worden. 2. Wie viele Fälle sind der Staatsregierung bisher bekannt ? Dem StMGP ist bekannt, dass es vereinzelt zu formularmäßigen Widersprüchen von Pflegebedürftigen gegen eine Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.10.2016 17/12851 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12851 Begutachtung und der Weitergabe der Daten an den MDK Bayern gekommen ist. a) Wer sind die Unterzeichnenden gewesen – die Angehörigen oder der Pflegebedürftige selbst? b) Bei Pflegebedürftigen welchen Pflegegrades ist es zu Unterzeichnungen gekommen? Dem StMGP ist weder bekannt, wer die formularmäßigen Widersprüche unterschrieben hat, noch welche Pflegestufe für die Pflegebedürftigen festgesetzt wurde. 3. Was sind genau die Inhalte des Schreibens? Nach den hier vorliegenden Informationen wird in den formularmäßigen Widersprüchen durch die Pflegebedürftigen eine Erklärung abgegeben, durch die sie dem ambulanten Pflegedienst die Weitergabe von personenbezogenen Daten an den MDK Bayern für die Qualitätsprüfung untersagen . In dem Schreiben wird auch formuliert, dass der pflegebedürftige Mensch jeglicher Kontaktaufnahme durch den MDK Bayern sowie der Einsichtnahme in die Pflegedokumentation durch den MDK Bayern widerspricht. a) Wer ist der Verfasser bzw. wer hat dieses Schreiben aufgesetzt und in Umlauf gebracht? Dem StMGP ist nicht bekannt, wer diese formularmäßigen Widersprüche formuliert und in Umlauf gebracht hat. 4. Wie werden die Betroffenen motiviert bzw. was sind die Gründe dafür, dieses Schreiben zu unterzeichnen ? Dem StMGP ist nicht bekannt, wie die Betroffenen motiviert werden, diese Widersprüche zu unterzeichnen, oder welche Gründe hierfür vorliegen. a) Was hat die Staatsregierung bisher unternommen, um die Versicherten darauf aufmerksam zu machen , was die genauen Folgen der Widerspruchserklärung sind? 5. Besteht bei solchen Widerspruchserklärungen trotzdem die Möglichkeit, die Qualitätskontrolle zu gewährleisten sowie den Schutz der Pflegebedürftigen sicherzustellen? a) Wenn ja, wie und unter welchen Umständen? b) Besteht für die Prüfer die Möglichkeit, bei den Pflegebedürftigen nachzufragen, ob der Widerspruch im Zeitpunkt der Prüfung aufrechterhalten bleibt? 6. Welche weiteren Schritte plant die Staatsregierung in dieser Sache? Sowohl der MDK Bayern als auch die FQA sollen den Schutz der Pflegebedürftigen sicherstellen. Eine Prüfung kann nur durch persönlichen Kontakt vollumfänglich stattfinden . Das heißt: Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen, die vorschnell einen solchen Widerspruch abgeben, senken den Schutz der Betroffenen. Deshalb hat das StMGP zusammen mit dem MDK Bayern Kontakt zum Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz aufgenommen und erarbeitet eine Lösung, sodass die Prüfungen im Sinne der Pflegebedürftigen durchgeführt werden können. Von der Pflegeversichertengemeinschaft kann nicht erwartet werden, dass sie dauerhaft Kosten für Leistungen übernimmt, bei denen sie nicht kontrollieren kann, ob oder wie sie durchgeführt wurden.