Schriftliche Anfrage des/r Abgeordneten Isabell Zacharias SPD vom 21.07.2016 Semesterticket II Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Möglichkeiten der Ausgestaltung eines landesweiten oder hochschulstandort-übergreifenden Semestertickets sind der Staatsregierung von anderen Bundesländern bekannt? b) Welche Möglichkeiten der Finanzierung eines landesweiten oder hochschulstandort-übergreifenden Semestertickets sind der Staatsregierung von anderen Bundesländern bekannt? 2. a) Welche Kenntnisse der drei Modelle zur Einführung eines landesweiten Semestertickets („Ein-Komponenten -Modell“, „Zwei-Komponenten-Modell mit Teilpaket “, „Zwei-Komponenten-Modell mit Komplettpaket“) – von einer von der baden-württembergischen Landesregierung beauftragten Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreter(inne)n der Studierenden und der Verkehrsverbünde , ausgearbeitet – hat die Staatsregierung ? b) Wie bewertet sie die einzelnen Modelle? c) Wie bewertet sie die Möglichkeit der Anwendbarkeit in Bayern? 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Einsetzung einer ähnlichen Arbeitsgruppe, die sich vor allem mit den standortspezifischen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der Umsetzbarkeit eines landesweiten oder hochschulstandort-übergreifenden Semestertickets in Bayern beschäftigt? 4. Welche grundsätzlichen Überlegungen zur Einführung eines bayernweiten oder hochschulstandort-übergreifenden Semestertickets, das ergänzend zu den bereits bestehenden regionalen Semestertickets der Verkehrsverbünde ausgestaltet sein könnte, stellt die Staatsregierung an? 5. Hat die Staatsregierung Erkenntnisse oder liegen ihr Erfahrungsberichte zur Zahlungsbereitschaft der Studierenden für ein landesweites und für ein hochschulstandort -übergreifendes Semesterticket vor? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.08.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Möglichkeiten der Ausgestaltung eines landesweiten oder hochschulstandort-übergreifenden Semestertickets sind der Staatsregierung von anderen Bundesländern bekannt? b) Welche Möglichkeiten der Finanzierung eines landesweiten oder hochschulstandort-übergreifenden Semestertickets sind der Staatsregierung von anderen Bundesländern bekannt? Der Staatsregierung liegt keine vollständige Übersicht über die Ausgestaltung und Finanzierung der Semestertickets in anderen Bundesländern vor. Der Staatsregierung sind zwei verschiedene Ausgestaltungen bekannt: Im Rahmen des Solidarmodells entrichtet grundsätzlich jeder Studierende einen verpflichtenden Beitrag für eine Fahrtberechtigung für den ÖPNV. Die Fahrtberechtigung ist dabei regelmäßig auf einen Verbund oder den regelmäßigen Einzugsbereich der Hochschule beschränkt. Dieses Modell wird etwa im Land Berlin angewandt. Das Sockelbetrags-Modell bietet mit fakultativem Aufpreisticket für einen verpflichtenden Sockelbetrag eine meist zeitlich beschränkte Fahrtmöglichkeit, die gegen den Erwerb eines zusätzlichen Aufpreistickets erweitert werden kann. Die Finanzierung der Semestertickets kann aus mehreren Komponenten bestehen. Die Einnahmen aus den Beiträgen der Studierenden und gegebenenfalls des Aufpreistickets tragen vorrangig zur Finanzierung bei. Bei einer entsprechenden Preisgestaltung kann das Semesterticket kostenneutral kalkuliert werden, so dass hier keine weiteren Finanzierungskomponenten erforderlich sind. Im Einzelfall kann die Ticketermäßigung für das Semesterticket ergänzend durch den – oder bei mehreren durch die – ÖPNV-Aufgabenträger oder im Rahmen der allgemeinen Finanzierung des ÖPNV ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Die Finanzierung aus dem Ausgleich nach § 45 a Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ist abhängig von den Ausgleichsregelungen der einzelnen Länder. Die Regelungen hierzu sind vielgestaltig. Grundsätzlich erfolgt hier eine Pauschalierung oder Deckelung des Ausgleichsbetrages, um die finanziellen Interessen der Länder zu wahren. Aus Nr. 5 der öffentlich zugänglichen Landtagsanfrage in Baden-Württemberg vom 26. August 2015, Drucksache 15/7342, ist bekannt, dass keine weitergehende Finanzierung des landesweiten Semestertickets gegenüber dem Stand vor der Einführung durch den Ausgleich nach § 45 a PBefG oder allgemein durch das Land Baden-Württemberg erfolgt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.10.2016 17/12877 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12877 2. a) Welche Kenntnisse der drei Modelle zur Einführung eines landesweiten Semestertickets („Ein- Komponenten-Modell“, „Zwei-Komponenten-Modell mit Teilpaket“, „Zwei-Komponenten-Modell mit Komplettpaket“) – von einer von der badenwürttembergischen Landesregierung beauftragten Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreter(inne)n der Studierenden und der Verkehrsverbünde, ausgearbeitet – hat die Staatsregierung? b) Wie bewertet sie die einzelnen Modelle? c) Wie bewertet sie die Möglichkeit der Anwendbarkeit in Bayern? In der Drucksache 15/7342 des Landtages von Baden-Württemberg werden die Modelle dargestellt und erläutert. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht vor. Die Eignung der verschiedenen Modelle ist abhängig von den örtlichen Gegebenheiten der Verkehrslandschaften, etwa der Verbundstruktur, der Lage und Größe der Hochschulen und des Verkehrsbedürfnisses der Studierenden. Basierend auf den örtlichen Verhältnissen haben sich bundesweit an den Hochschulstandorten die jeweils individuell passenden Modelle entwickelt und etabliert. Der Staatsregierung sind die genaue Ausgestaltung und die örtlichen Gegebenheiten in Baden-Württemberg nicht bekannt. Eine Bewertung des Baden-Württemberger Modells ist daher nicht möglich. Zwischen Baden-Württemberg und dem Freistaat bestehen grundlegende Unterschiede in der Verkehrslandschaft. Baden-Württemberg ist flächendeckend mit mittelgroßen, meist landkreisweiten Verbünden abgedeckt, während in Bayern neben einzelnen Großverbünden, etwa dem Verkehrsverbund Großraum Nürnberg, auch viele Bereiche ohne Verbundabdeckung existieren. Gleiches gilt für die Finanzierung des ÖPNV, die in Baden-Württemberg auch über die Verbünde erfolgt, während der Freistaat auf Leistungen an die Verkehrsunternehmen und die Aufgabenträger setzt. Zusätzlich zeichnet sich der Freistaat Bayern durch seinen hohen Anteil an unternehmerischen eigenwirtschaftlichen Verkehren aus. Diese unterschiedlichen Gegebenheiten führen dazu, dass eine Übertragung der Regelungen anderer Länder nicht ohne Weiteres möglich ist. 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Einsetzung einer ähnlichen Arbeitsgruppe, die sich vor allem mit den standortspezifischen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der Umsetzbarkeit eines landesweiten oder hochschulstandort-übergreifenden Semestertickets in Bayern beschäftigt? 4. Welche grundsätzlichen Überlegungen zur Einführung eines bayernweiten oder hochschulstandortübergreifenden Semestertickets, das ergänzend zu den bereits bestehenden regionalen Semestertickets der Verkehrsverbünde ausgestaltet sein könnte, stellt die Staatsregierung an? 5. Hat die Staatsregierung Erkenntnisse oder liegen ihr Erfahrungsberichte zur Zahlungsbereitschaft der Studierenden für ein landesweites und für ein hochschulstandort-übergreifendes Semesterticket vor? Ein Semesterticket dient vornehmlich dazu, den Studierenden die ausbildungsnotwendigen Fahrten insbesondere zur Hochschule zu ermöglichen, und bietet dafür eine kostengünstige Beförderung durch den ÖPNV. Diese Funktion wird regelmäßig durch die örtlichen Semestertickets übernommen . Die Einführung eines landesweiten Semestertickets ist im Hinblick auf die Regelungen des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) problematisch. Nach Art. 95 Abs. 4 Satz 1 BayHSchG können die Studentenwerke für ihren Zuständigkeitsbereich (oder von Teilen hiervon) ein Semesterticket für die Beförderung der Studierenden im öffentlichen Nahverkehr mit den örtlichen Trägern des Nahverkehrs vereinbaren . Ein Studentenwerk kann allerdings weder Vereinbarungen für Studierende schließen, die ihm nicht zugeordnet sind, noch kann es Vereinbarungen für seine Studierenden schließen, die eine Beförderung außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs beinhalten. Die Kompetenz zu Verhandlungen der Semestertickets liegt nach den Vorgaben des Art. 95 der BayHSchG bei den Studentenwerken und den Aufgabenträgern des ÖPNV beziehungsweise den Verkehrsunternehmen .