Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 18.05.2016 Gesundheitsrisiken für Zahnärzte 2015 wurde eine US-amerikanische Berufsanalyse durchgeführt mit einem anschließenden Ranking der 27 gesundheitsschädlichsten Berufe. Auf Platz 1 findet sich der Beruf des Zahnarztes – deutlich vor anderen medizinischen Berufen – wieder. Laut dieser Analyse hätten Zahnärzte den gesundheitsschädlichsten Beruf überhaupt, was so nicht zu erwarten war. Ich frage die Staatsregierung: 1. Gibt es bayerische oder – falls bekannt – bundesweite Untersuchungen zu den gesundheitlichen Risiken für Zahnärzte sowie den Angehörigen der zahnärztlichen Assistenzberufe am Arbeitsplatz? Zu welchen Ergebnissen kommen diese gegebenenfalls? 2. Welche Maßnahmen und Regelungen bestehen, um diesen Risiken entgegenzuwirken? 3. Gibt es ausreichende präventive Angebote für Zahnärzte und den Assistenzberufen, um die gesundheitlichen Risiken zu minimieren? 4. Beabsichtigt die Staatsregierung, ggf. in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Zahnärztekammer, verstärkt gesundheitsfördernde Programme für Zahnärzte und Personen aus den zahnärztlichen Assistenzberufen anzubieten ? 5. Gibt es statistische Erhebungen in Bayern bzw. – falls bekannt – in der Bundesrepublik, wie lange Zahnärzte ihre berufliche Tätigkeit ausüben können und in wie vielen Fällen sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Arbeit vorzeitig ganz oder teilweise niederlegen müssen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 27.08.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration und unter Einbeziehung von Stellungnahmen der Bayerischen Landeszahnärztekammer und der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege wie folgt beantwortet: 1. Gibt es bayerische oder – falls bekannt – bundesweite Untersuchungen zu den gesundheitlichen Risiken für Zahnärzte sowie den Angehörigen der zahnärztlichen Assistenzberufe am Arbeitsplatz? Zu welchen Ergebnissen kommen diese gegebenenfalls? Der Staatsregierung liegen diesbezüglich keine Erkenntnisse vor. In Bayern wurden durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden keine entsprechenden Studien durchgeführt , ebenso wenig sind andere Studien in Bayern oder bundesweit bekannt. In Vorbereitung ist derzeit bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) eine Literaturübersicht zu Muskel-Skelett- Erkrankungen bei Zahnärzten und ihrem Assistenzpersonal. Die spezifischen Risiken in Zahnarztpraxen dürften denen anderer Gesundheitsberufe ähnlich sein. Bekannte Risiken in diesem Bereich sind die Infektionsgefahr, ggf. auch durch Verletzungen mit Instrumenten, Hautbeanspruchung durch häufiges Desinfizieren sowie der Umgang mit spezifischen Gefahrstoffen. 2. Welche Maßnahmen und Regelungen bestehen, um diesen Risiken entgegenzuwirken? Laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hat der Arbeitgeber die am Arbeitsplatz auftretenden Gefährdungen fachkundig zu ermitteln (Gefährdungsbeurteilung) und die notwendigen Schutzmaßnahmen festzulegen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen (vgl. §§ 5 und 6 ArbSchG). Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben. Er sollte sich hierbei z. B. vom Betriebsarzt und/oder von der Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen. Für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffen ) regelt im Speziellen die Biostoffverordnung Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten vor Gefährdungen durch diese Tätigkeiten. Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) ermittelt, wie diese Anforderungen nach dem jeweiligen Stand von Technik und Medizin erfüllt werden können. Die Vorgaben der Biostoffverordnung werden dann durch technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe konkretisiert. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen dabei infektiöse, sensibilisierende und toxische Wirkungen von Biostoffen berücksichtigt werden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.11.2016 17/12904 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12904 Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250) Die Ausübung medizinischer Tätigkeiten wie die Zahnbehandlung unterliegt wie auch andere Tätigkeiten im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege den Regelungen der Biostoffverordnung und der TRBA 250. Entsprechend der Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber nach der Biostoffverordnung die jeweilige Tätigkeit einer entsprechenden Schutzstufe zuordnen und Schutzmaßnahmen vornehmen. Arbeitsmedizinische Vorsorge Mit der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (Arbmed VV) sollen arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig erkannt und verhütet werden. Für Beschäftigte im medizinischen Bereich (in Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen, bei denen es regelmäßig und in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen oder Körpergewebe kommen kann) und im Notfall und Rettungsdienst (bei Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig und in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten , Körperausscheidungen oder Körpergewebe kommen kann) gehört eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge mit dem Angebot von Schutzimpfungen zu den gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitgeberpflichten (vgl. § 4 ArbMedVV i. V. m. Anhang Teil 2 (1) 3 ArbMedVV). Der niedergelassene Zahnarzt übt seinen Beruf freiberuflich und in Selbstständigkeit aus. Der gesamte Bereich des seine Person betreffenden Arbeitsschutzes liegt entsprechend dem Verständnis einer selbstständigen Tätigkeit grundsätzlich in seiner eigenen Verantwortung. Dieser Arbeitsschutz fällt damit gerade nicht in den gesetzgeberischen Regelungsbereich. Insofern bestehen für den niedergelassenen Zahnarzt auch keine speziellen Regelungen im Hinblick auf seinen persönlichen Arbeitsschutz. 3. Gibt es ausreichende präventive Angebote für Zahnärzte und den Assistenzberufen, um die gesundheitlichen Risiken zu minimieren? Die zuständigen Unfallversicherungsträger als auch andere Dienstleister bieten ein umfangreiches Angebot spezifischer präventiver Hilfestellungen für den Gesundheitsbereich an, das auch im Bereich der Zahnarztpraxen genutzt werden kann. Die BGW bietet zur Unterstützung von Praxisinhabern die 56-seitige Broschüre „Gefährdungsbeurteilung in der Zahnmedizin “ an. Auch die Broschüren „BGW kompakt – Angebote , Informationen, Leistungen für Zahnmediziner“ sowie „Haut und Händehygieneplan Zahnarztpraxis“ stehen unter https://www.bgw-online.de zum Download bereit. Ferner gibt es speziell im Bereich Ergonomie Informationen seitens der European Society of Dental Ergonomics (ESDE). So wurde z. B. 2006 von der ESDE die Leitlinie „Ergonomic Requirements for dental Equipment – Guidelines and Recommendations for Designing, Constructing and Selecting Dental Equipment“ veröffentlicht, die Empfehlungen zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen gibt. Auch die Fortbildungsakademie der Bayerischen Landeszahnärztekammer bietet eine Vielzahl von Präventionsangeboten , beispielsweise aus den Bereichen Ergonomie am Arbeitsplatz, Visualisierung zur Verbesserung der Sehkraft und Vermeidung von Burn-outs. Weitere Kurse zur Arbeitssicherheit und Hygiene in der Zahnarztpraxis richten sich in erster Linie an zahnärztliches Personal, können aber auch vom gesamten Praxisteam besucht werden. Ferner unterstützt ein Qualitätsmanagement-System der Bayerischen Landeszahnärztekammer den Zahnarzt bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zu Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz . Auch wenn es sich hierbei um Vorgaben aus dem Bereich des Arbeitsnehmerschutzes handelt, wird der niedergelassene und somit selbstständig tätige Zahnarzt für das Thema Arbeitsschutz sensibilisiert und kann sich auch für seinen persönlichen Arbeitsschutz an diesen Dokumenten orientieren. Des Weiteren unterhält die Bayerische Landeszahnärztekammer die Referate Praxisführung und Qualitätsmanagement, die sowohl den Zahnärzten als auch dem zahnärztlichen Personal in Bayern beratend zur Seite stehen. Das sog. Präventionskonzept zur betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung bietet dem Zahnarzt die Möglichkeit, eigenverantwortlich Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in seiner Praxis umzusetzen. Hierfür stellt die Bayerische Landeszahnärztekammer den teilnehmenden Praxen kostenlos die Beratung durch einen Arbeitsmediziner und Fachkraft für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit zur Verfügung. Deshalb erachtet die Staatsregierung das präventive Angebot, um gesundheitliche Risiken zu minimieren , für ausreichend. 4. Beabsichtigt die Staatsregierung, ggf. in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Zahnärztekammer, verstärkt gesundheitsfördernde Programme für Zahnärzte und Personen aus den zahnärztlichen Assistenzberufen anzubieten? Die bestehenden präventiven Angebote sind umfassend und qualitativ hochwertig. Eine Notwendigkeit weiterer staatlicher Angebote wird nicht gesehen. 5. Gibt es statistische Erhebungen in Bayern bzw. – falls bekannt – in der Bundesrepublik, wie lange Zahnärzte ihre berufliche Tätigkeit ausüben können und in wie vielen Fällen sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Arbeit vorzeitig ganz oder teilweise niederlegen müssen? Grundsätzlich liegen bei der BGW Informationen zum Unfallgeschehen und Auftreten von Berufserkrankungen vor. Da die Zahnarztpraxen dort jedoch im Vergleich zu anderen bei der BGW versicherten Branchen meist unterdurchschnittlich vertreten sind, gibt es hierzu keine zusammenstellende Studie bzw. einen Report. Daher gibt es seitens der BGW auch keine branchenspezifischen Regelungen. Bei Unfällen bzw. Verdacht auf Berufserkrankungen werden die jeweiligen Einzelfälle betrachtet und dann auf Grundlage des entsprechenden Arbeitsschutz-Regelwerks bzw. des Standes der Technik entsprechende Empfehlungen zur Prävention gegeben.