Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.08.2016 Steuersparmodelle durch Wahl des Firmensitzes Nach meinen Informationen soll das Kurhotel Kreuzer in Bad Wörishofen zu einem Gebäude für steuergünstige Firmensitze umgewandelt werden, der Investor möchte als Steuersparmodell Unternehmen aus München und Augsburg anwerben, die ihren Firmensitz nach Bad Wörishofen verlegen sollen. Auch von der Gemeinde Grünwald im Landkreis München ist bekannt, dass sie mit ihrem niedrigen Steuersatz gezielt Firmensitze anwirbt. Zum Teil werden Verwaltungs- bzw. Geschäftsführungssitz vom Standort der Betriebsstätte ausgegliedert, um der höheren Gewerbesteuerlast am Standort der Betriebsstätte zu entgehen. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. Wird bei der Prüfung eines Unternehmens, das an mehreren Standorten existiert, eine besondere, diesen Umstand berücksichtigende Prüfung vorgenommen? 2. Welche Kriterien werden dabei geprüft? 3. Werden die ausgelagerten Standorte bezüglich ihrer Betriebstätigkeit überprüft? 4. In welcher Form werden die erzielten Gewinne auf Betriebs - und Verwaltungsstätten bei der Festlegung der Steuerpflicht aufgeteilt? 5. Wenn ja, ist es ausreichend für einen Firmensitz, wenn an seinem Standort nur jedwede Korrespondenz entgegengenommen , aber nicht weitergehend bearbeitet, sondern nur weitergeleitet wird? 6. Wie steht die Staatsregierung zum Geschäftsmodell des Investors Holly in Bad Wörishofen? 7. Wie steht die Staatsregierung zur Auslagerung von Tochterunternehmen von Großunternehmen, wie z. B. Fondsgesellschaften von Großbanken, in Orte mit niedrigem Gewerbesteuerhebesatz? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 13.09.2016 Vorbemerkung In der übermittelten Schriftlichen Anfrage des Herrn Abgeordneten Thomas Mütze werden Fragen betreffend die rechtliche Würdigung einer Verlegung des Standortes mit der Folge einer möglicherweise geringeren Gewerbesteuerlast gestellt. Bei der Beantwortung der Fragen wird davon ausgegangen, dass es sich bei einem „Standort“ um einen Ort der Geschäftsleitung, einen Sitz oder eine Betriebsstätte im Sinne der §§ 10–12 Abgabenordnung (AO) handelt. Die Fragen werden hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Auswirkungen gestellt. Darüber hinaus ist voranzustellen , dass den Gemeinden gemäß Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 Grundgesetz (GG) insbesondere die auch finanzielle Selbstverwaltung durch eine über ein Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle zu gewährleisten ist. Dabei ist gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) ein entsprechender Mindesthebesatz i. H. v. 200 % zu beachten. 1. Wird bei der Prüfung eines Unternehmens, das an mehreren Standorten existiert, eine besondere, diesen Umstand berücksichtigende Prüfung vorgenommen ? 2. Welche Kriterien werden dabei geprüft? 3. Werden die ausgelagerten Standorte bezüglich ihrer Betriebstätigkeit überprüft? Gemäß § 2 Abs. 3 Betriebsprüfungsordnung (BPO) entscheidet die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen , ob und wann eine Außenprüfung stattfindet, und legt deren Umfang fest, vgl. § 4 Abs. 1 BPO. Geprüft werden ganze Betriebe, gegebenenfalls im Zusammenhang gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BPO, soweit sie zu einem Konzern im Sinne des § 18 Aktiengesetz (AktG) gehören. Der Steuerpflichtige hat während der Außenprüfung gemäß § 200 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO an der Feststellung der Sachverhalte mitzuwirken und insbesondere Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, über die sich alle zum Verständnis erforderlichen Erkenntnisse gewinnen lassen. Gemäß § 6 Satz 1 BPO ist die Außenprüfung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen durchzuführen. 4. In welcher Form werden die erzielten Gewinne auf Betriebs- und Verwaltungsstätten bei der Festlegung der Steuerpflicht aufgeteilt? 5. Wenn ja, ist es ausreichend für einen Firmensitz, wenn an seinem Standort nur jedwede Korrespondenz entgegengenommen, aber nicht weitergehend bearbeitet, sondern nur weitergeleitet wird? Die stehenden Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte zur Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.11.2016 17/12959 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12959 Ausübung des Gewerbes unterhalten wird. Befinden sich Betriebsstätten desselben Gewerbebetriebs in mehreren Gemeinden oder erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden, so wird die Gewerbesteuer in jeder Gemeinde nach dem Teil des Gewerbesteuermessbetrags erhoben, der auf sie entfällt (§ 4 Abs. 1 GewStG). Gemäß den §§ 28 ff. GewStG findet bei inländischen Unternehmen hinsichtlich ihrer Betriebsstätten hierzu eine sogenannte Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags statt. Zerlegungsmaßstab gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 GewStG ist dabei grundsätzlich das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne , die an die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. An den Firmensitz als der Ort, der gemäß den dem Unternehmen zugrunde liegenden Vertragsunterlagen als solcher bestimmt worden ist, vgl. § 11 AO, sind in steuerlicher Hinsicht keinerlei weitere Anforderungen zu stellen. Die Wahl des Sitzes unterliegt dem unternehmerischen Selbstbestimmungsrecht . 6. Wie steht die Staatsregierung zum Geschäftsmodell des Investors Holly in Bad Wörishofen? 7. Wie steht die Staatsregierung zur Auslagerung von Tochterunternehmen von Großunternehmen, wie z. B. Fondsgesellschaften von Großbanken, in Orte mit niedrigem Gewerbesteuerhebesatz? Zu Fragen der steuerlichen Beurteilung privatwirtschaftlicher Einzelvorgänge kann die Staatsregierung nicht Stellung nehmen.