Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Volkmar Halbleib SPD vom 21.07.2016 Konsequenzen aus dem Attentat von Würzburg Vor dem Hintergrund der schrecklichen Axt- und Messerattacke eines 17-Jährigen im Regionalzug von Treuchtlingen nach Würzburg am 18. Juli 2016 frage ich die Staatsregierung : 1. a) Welche Schlüsse und Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus den Ereignissen vom 18. Juli 2016? b) Welche konkreten Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Attentate plant sie? c) Welche Konzepte verfolgt die Staatsregierung gegen die Radikalisierung durch islamistische Ideologien? 2. a) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, der schnellen und kurzfristigen Radikalisierung, wie sie bei dem Attentäter von Nizza bzw. bei der Attacke von Würzburg zutage trat, entgegenzutreten? b) Welche Maßnahmen (sowohl aus präventiver als auch aus repressiver Sicht) verfolgt die Staatsregierung bei der Überwachung einschlägiger Onlineangebote? 3. a) Kann in der nachträglichen Betrachtung des Falles des Attentäters vom 18. Juli 2016 davon ausgegangen werden, dass bei dessen Betreuung seit seiner Einreise in die Bundesrepublik alle notwendigen (erkennungsdienstlichen , psychosozialen und fürsorgerechtlichen ) Maßnahmen erfolgt sind? b) Welche Ansatzpunkte sieht die Staatsregierung, die psychosoziale Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zu verbessern bzw. das Verfahren zu optimieren ? 4. Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung, um die psychosoziale Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen so zu verbessern, dass solche Haltungen oder Ausnahmesituationen, wie sie offensichtlich beim Attentäter von Würzburg zutage getreten sind, rechtzeitig erkannt werden? 5. a) Nachdem im Fall von Heidingsfeld eine zufällige räumliche Nähe eines anderen SEK-Einsatzes (SEK = Spezialeinsatzkommando ) zu dem schnellen Eingreifen und zur Verhinderung weiterer Übergriffe geführt haben , frage ich die Staatsregierung, wie sie gewährleisten will, dass im Falle solcher Attentate schnellstmöglich SEK-Einheiten der Polizei zum Einsatz kommen? b) Plant die Staatsregierung eine Erhöhung der Personalstärke der bestehenden SEK-Einheiten? c) Plant die Staatsregierung über die beiden bestehenden SEK-Standorte in Nürnberg und München hinaus, weitere SEK-Einheiten an weiteren Standorten im Freistaat zu stationieren? 6. Welche Erfahrungen kann das am 1. September 2015 beim Bayerischen Landeskriminalamt eingerichtete „Kompetenzzentrum für Deradikalisierung“ zur Verhinderung solcher Straftaten, wie am 18. Juli 2016 verübt, einbringen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 16.09.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Schlüsse und Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus den Ereignissen vom 18. Juli 2016? b) Welche konkreten Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Attentate plant sie? Das Attentat am 18.07.2016 in der Nähe von Würzburg stellte den ersten Anschlag mit offizieller Bekennung seitens des sog. „Islamischen Staates“ („IS“) in Deutschland dar. Das Ereignis unterstreicht die bestehende Gefährdungslage aus dem Phänomenbereich des islamistischen Terrorismus, wonach die Bundesrepublik von terroristischen Organisationen als Gegner wahrgenommen wird und weiterhin in deren erklärtem Zielspektrum steht, nachhaltig. Dementsprechend besteht für die Bundesrepublik eine anhaltend hohe Gefahr jihadistisch motivierter Gewalttaten durch Einzeltäter, autonom agierende Gruppen wie auch terroristische Organisationen , insbesondere durch den sog. „IS“ und dessen Sympathisanten . Eine besondere Gefahr für die Sicherheit in Deutschland und in Bayern geht weiterhin von kampferfahrenen und möglicherweise traumatisierten Rückkehrern aus den Kampfgebieten aus. Das im Kriegsgebiet Erlebte kann sich weiter radikalisierend oder traumatisierend auf diese Personen auswirken und die Hemmschwelle für die Anwendung von Gewalt weiter absinken lassen. Die Beobachtung von dschihad-orientierten Reisesachverhalten stellt daher einen der Schwerpunkte der Sicherheitsbehörden dar. Die Verhinderung der Ausreise gewalt- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.11.2016 17/13007 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13007 bereiter Salafisten in Krisengebiete und der Wiedereinreise für Personen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit nach erfolgter Ausreise sind wesentliche Elemente zur Bekämpfung des gewaltbereiten Islamismus. Die bayerischen Sicherheitsbehörden sind bestrebt, möglichst viele der Ausreiseplanungen frühzeitig wahrzunehmen , um deren Verwirklichung zu unterbinden. Bereits vor dem Attentat am 18.07.2016 wurden, insbesondere im Nachgang der Anschläge von Paris und Brüssel , der Terrorwarnung an Silvester 2015 in München sowie im Hinblick auf die für Deutschland und Bayern bestehende Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus, durch die Staatsregierung bereits entsprechende Maßnahmen beschlossen bzw. auf Bundes- und europäischer Ebene angestoßen. Beispielhaft verweisen wir diesbezüglich auf die Pressemitteilungen der Staatskanzlei vom 05.04.2016 und vom 19.07.2016 (siehe Anlagen 1 und 2). Zusätzlich zu den ohnehin bereits ergriffenen Maßnahmen hat die Staatsregierung unter anderem auf das Attentat vom 18.07.2016 und die damit verbundene Bedrohung der Inneren Sicherheit reagiert und ein umfangreiches Sicherheitskonzept „Sicherheit durch Stärke“ beschlossen. Damit wird die größte Sicherheitsoffensive in der Geschichte Bayerns gestartet. Hinsichtlich der konkret geplanten Maßnahmen wird auf das als Anlage 3 beigefügte Sicherheitskonzept der Staatsregierung verwiesen. c) Welche Konzepte verfolgt die Staatsregierung gegen die Radikalisierung durch islamistische Ideologien ? Das Problem der Radikalisierung junger Personen birgt ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotenzial. Der radikal-islamistischen Einflussnahme muss der Nährboden entzogen werden. Hier sind aber nicht nur die Sicherheitsbehörden gefordert. Letztlich handelt es sich um eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der wir uns auch gemeinsam stellen müssen. Dies gilt vor allem für den Salafismus, der am schnellsten wachsenden Lesart des religiös motivierten Extremismus. Neben einer Reihe von Exekutivmaßnahmen, wie Vereinsverboten und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, müssen daher verstärkt auch präventive Maßnahmen genutzt werden, um Radikalisierung möglichst zu verhindern oder bereits in einem frühen Stadium einer weiteren Radikalisierung junger Salafisten zu begegnen. Mit dem im Sommer 2015 gegründeten ressortübergreifenden „Bayerischen Netzwerk für Prävention und Deradikalisierung gegen Salafismus“ wurden bereits bestehende Präventionsmaßnahmen in den verschiedenen Ressorts miteinander vernetzt und aufeinander abgestimmt sowie systematisch und lageanpasst sukzessive ausgebaut. Außerdem wurde ein bayerisches Beratungsangebot im Bereich der Prävention sowie der Deradikalisierung geschaffen . Eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Trägern findet in beiden Bereichen statt. Bayern verfolgt damit einen umfassenden gesamtgesellschaftlichen und interdisziplinären Ansatz. Die zum Aufbau des Netzwerks eingesetzte Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) – bestehend aus Vertretern des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (inklusive Bayerisches Landeskriminalamt und Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz), des Staatsministeriums der Justiz, des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst sowie des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration – stimmt die staatlichen Maßnahmen ressortübergreifend aufeinander ab und ist zudem für die inhaltliche Steuerung und strategische Ausrichtung des gesamten Netzwerkes zuständig. Diese Form der Zusammenarbeit ist in Deutschland bislang einmalig. Die Federführung für die Arbeitsgruppe liegt beim Innenministerium. Die IMAG trifft sich in regelmäßigen Abständen, um das weitere Vorgehen zu besprechen und (neue) Betätigungsfelder und Zielgruppen zu definieren. 2. a) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, der schnellen und kurzfristigen Radikalisierung, wie sie bei dem Attentäter von Nizza bzw. bei der Attacke von Würzburg zutage trat, entgegenzutreten ? Ob sich der Attentäter von Würzburg schnell und kurzfristig radikalisiert hat, bedarf noch weitergehender polizeilicher Ermittlungen. Unabhängig davon gilt: Attentate von Einzeltätern sind nur sehr schwer zu verhindern . In der Praxis besteht oftmals die Problematik, Radikalisierungsprozesse rechtzeitig zu erkennen. Dies ist insbesondere deshalb schwierig, weil durch die mediale Vernetzung und Beeinflussung (z. B. durch soziale Netzwerke ) eine Radikalisierung stattfindet, die sich in immer kürzer werdenden Zyklen vollzieht. Einer schnellen und kurzfristigen Radikalisierung ist mithilfe der Prävention nur bedingt entgegenzutreten. Hier müssen Mittel der Intervention und gegebenenfalls der Deradikalisierung greifen. Für diesen Bereich wurde im September 2015 beim Bayerischen Landeskriminalamt das Kompetenzzentrum für Deradikalisierung eingerichtet. In Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle Bayern des zivilgesellschaftlichen Trägers „Violence Prevention Network“ (VPN) ist es insbesondere Ziel des Kompetenzzentrums für Deradikalisierung, deradikalisierende Maßnahmen zu koordinieren, um eine Eigen- und Fremdgefährdung durch religiös motivierte radikalisierte Personen zu verhindern. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, die Bevölkerung durch Informations - und Aufklärungsmaßnahmen zu sensibilisieren und zur Wachsamkeit in ihrem Umfeld aufzurufen. Das (un-) mittelbare Umfeld sollte in die Lage versetzt werden, etwaige Warnsignale rechtzeitig zu erkennen. Radikalisierungsprozesse zu verhindern, ist eine Herausforderung , die Staat und Gesellschaft nur gemeinsam bewältigen können. b) Welche Maßnahmen (sowohl aus präventiver als auch aus repressiver Sicht) verfolgt die Staatsregierung bei der Überwachung einschlägiger Onlineangebote ? Islamisten nutzen das Internet gezielt als Propaganda-, Kommunikations-, Rekrutierungs- und Steuerungsmedium. Die bayerischen Sicherheitsbehörden betreiben deshalb in Teilbereichen eine gezielte und strukturierte Auswertung von Internet und Social Media. Durch Internet-Monitoring versucht das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, z. B. bei sogenannten Gefährdern oder bei auffälligen Mitgliedern der salafistischen Szene, in deren Eigendarstellung in sozialen Netzwerken Anzeichen für eine Radikalisierung bzw. Auffälligkeiten für eine Wesensveränderung festzustellen. In den letzten Jahren konnten hierdurch mehrere Ausreiseversuche durch Drucksache 17/13007 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Personen aus dem dschihad-salafistischen Milieu in Kampfgebiete des Islamistischen Terrorismus verhindert werden. Darüber hinaus mündeten zahlreiche Erkenntnisse in repressiven Verfahren der Bayerischen Polizei. Einzelmaßnahmen wie eine Löschung von auffälligen Accounts in sozialen Netzwerken oder von dschihadistischen Internetpropaganda-Webseiten sind allenfalls kurzfristig erfolgreich, da diese umgehend – eventuell unter anderem Namen bzw. anderer Bezeichnung – neu generiert werden. Eine lückenlose Beobachtung einschlägiger Internetpräsenzen durch die Sicherheitsbehörden ist ohnehin weder faktisch noch rechtlich möglich. Im Fall der Attentäter von Würzburg und Ansbach waren die einschlägigen Netzwerk-Accounts sowie die Personen selbst den Sicherheitsbehörden im Vorfeld nicht bekannt. Nur in jenen Fällen, in denen sich Einzeltäter im Vorfeld gegenüber Dritten bezüglich ihrer Pläne und Absichten offenbaren , besteht die Möglichkeit, auch bei einer „kurzfristigen Radikalisierung“ eingreifen zu können. 3. a) Kann in der nachträglichen Betrachtung des Falles des Attentäters vom 18. Juli 2016 davon ausgegangen werden, dass bei dessen Betreuung seit seiner Einreise in die Bundesrepublik alle notwendigen (erkennungsdienstlichen, psychosozialen und fürsorgerechtlichen) Maßnahmen erfolgt sind? In der Zeit vom 28.07.2015 bis 30.06 2016, in der sich der Attentäter gemäß der bayernweiten Verteilung im Kolpinghaus Ochsenfurt aufhielt, wurde der Attentäter in der Wohngruppe psychosozial betreut. Dies bedeutet, dass sich eine Bezugsbetreuerin um ihn kümmerte, welche im regelmäßigen Austausch mit ihm stand. In den zweiwöchentlich stattfindenden Gruppengesprächen sowie in regelmäßig angebotenen Gruppenaktivitäten war er eingebunden und nahm diese aktiv wahr. Eine psychosoziale Behandlung fand in der Wohngruppe nicht statt, lediglich eine Betreuung. Aufgrund der Trauer über die Trennung von seiner Mutter und Schwester äußerte er des Öfteren den Wunsch, in eine Pflegefamilie zu wechseln . Diesen Wunsch haben die Betreuer mit ihm ausführlich besprochen und den Wechsel in eine Pflegefamilie umfänglich vorbereitet. Retrospektiv wurden daher alle notwendigen Maßnahmen getroffen, für die das Land Bayern zuständig ist. Für Maßnahmen von Bundesbehörden kann hier keine Stellung genommen werden. b) Welche Ansatzpunkte sieht die Staatsregierung, die psychosoziale Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zu verbessern bzw. das Verfahren zu optimieren? Sind die Kinder und Jugendlichen als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Obhut zu nehmen und zu betreuen, gelten die üblichen Standards der Jugendhilfe wie für alle anderen Kinder und Jugendlichen auch. Sie erhalten bei entsprechendem Bedarf alle Leistungen gemäß dem Leistungskatalog der Krankenkassen und können das dazu vorhandene Angebot des Gesundheitssystems nutzen. Dazu gehört auch die psychotherapeutische Behandlung. 4. Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung, um die psychosoziale Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen so zu verbessern , dass solche Haltungen oder Ausnahmesituationen , wie sie offensichtlich beim Attentäter von Würzburg zutage getreten sind, rechtzeitig erkannt werden? Neben den unter 3 b aufgeführten Ansatzpunkten obliegt es zuvorderst den Kommunen, in ihrem Wirkungskreis für die psychosoziale Betreuung der UMF zu sorgen. In Bayern ist zudem die landesweit arbeitende Fachstelle zur Prävention religiös begründeter Radikalisierung ufuq. de aktiv. Sie unterstützt, informiert und berät Einrichtungen der Bildungsarbeit, der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch kommunale Verwaltungen und zivilgesellschaftliche Akteure im Umgang mit demokratie- und freiheitsfeindlichen Einstellungen Jugendlicher und junger Erwachsener sowie zur Prävention religiös begründeter Radikalisierung. Darüber hinaus existiert im Bayerischen Sozialministerium die Organisationseinheit Radikalisierungsprävention mit folgendem Angebot: • Ansprechpartner für Fragen zur Prävention • Phänomenspezifische Wissensvermittlung • Förderung von Projekten im Bereich der allgemeinen und spezifischen Prävention • Koordination von und Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren • Unterstützung beim Aufbau kommunaler Netzwerke 5. a) Nachdem im Fall von Heidingsfeld eine zufällige räumliche Nähe eines anderen SEK-Einsatzes (SEK = Spezialeinsatzkommando) zu dem schnellen Eingreifen und zur Verhinderung weiterer Übergriffe geführt haben, frage ich die Staatsregierung, wie sie gewährleisten will, dass im Falle solcher Attentate schnellstmöglich SEK-Einheiten der Polizei zum Einsatz kommen? Mit der dezentralen Situierung der Spezialeinsatzkommandos Nord- und Südbayern der Bayer. Polizei in Nürnberg respektive München wird bereits strukturell dafür Sorge getragen , bei entsprechenden Einsatzlagen und Erfordernissen im gesamten Freistaat Bayern schnell Spezialeinsatzkräfte zuführen zu können. Die SEK-Einheiten (SEK = Spezialeinsatzkommando ) stehen grundsätzlich rund um die Uhr zur Verfügung, werden jedoch nicht eigeninitiativ tätig, sondern bei Bedarf angefordert. Im Alarmierungsfall wird eine zeitnahe Verfügbarkeit und Verwendungsbereitschaft gewährleistet . Eine Verlegung zum Einsatzort findet dann flexibel und unter Berücksichtigung einsatztaktischer Belange mit Fahrzeugen oder per Luftverlastung mit Hubschraubern statt. b) Plant die Staatsregierung eine Erhöhung der Personalstärke der bestehenden SEK-Einheiten? Im Rahmen des Ministerrats am 24.11.2015 wurde die Ausbringung von 265 neuen Stellen für die Bayerische Polizei festgelegt. Diese Stellen wurden im Nachtragshaushaltsgesetz 2016 durch den Landtag beschlossen. Insgesamt 50 dieser Stellen sind für die genannten Spezialeinheiten der Bayerischen Polizei vorgesehen. Zum 01.01.2016 wurden dem Polizeipräsidium Mittelfranken sowie dem Polizeipräsidium München jeweils 25 Stellen für die SEK-Einheiten zugewiesen. c) Plant die Staatsregierung über die beiden bestehenden SEK-Standorte in Nürnberg und München hinaus, weitere SEK-Einheiten an weiteren Standorten im Freistaat zu stationieren? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13007 Neben den bestehenden SEK-Standorten in München und Nürnberg sind derzeit keine weiteren Standorte in Bayern geplant. 6. Welche Erfahrungen kann das am 1. September 2015 beim Bayerischen Landeskriminalamt eingerichtete „Kompetenzzentrum für Deradikalisierung “ zur Verhinderung solcher Straftaten, wie am 18. Juli 2016 verübt, einbringen? Eine Zuständigkeit des Kompetenzzentrums für Deradikalisierung ist bei Vorliegen von als sicherheitsrelevant eingeschätztem religiös bzw. konkret salafistisch motiviertem Extremismus sowie gegebenen Ansatzpunkten für eine Deradikalisierung gegeben. In derart gelagerten Fällen werden durch das Kompetenzzentrum Maßnahmen zur Deradikalisierung durchgeführt oder initiiert und koordiniert. Daraus abzuleiten und im Wirkbetrieb bestätigt ist hierbei der Früherkennung eines Radikalisierungsprozesses eine erfolgsentscheidende Rolle zuzuschreiben, um bei einer noch bestehenden Zugänglichkeit der Personen anknüpfen zu können. Dieses Ziel bedingt eine behördenübergreifende Zusammenarbeit sowie einen vertrauensvollen und transparenten Informationsaustausch zwischen den Akteuren und setzt häufig einschlägige Hinweise aus dem persönlichen Umfeld des Betroffenen voraus. In der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) gilt grundsätzlich, dass, begründet in vielfach gegebenen traumatogenen Lebenserfahrungen, auch bei diesen Menschen von einer gewissen Vulnerabilität gegenüber Radikalisierungsversprechen ausgegangen werden kann. Jenseits eines akademischen Diskurses über Unterschiede zwischen bereits radikalisiert in Deutschland eintreffenden oder sich erst hier radikalisierenden UMF ist die Stärkung einer u. a. zur Früherkennung nötigen Fachkompetenz der in diesem Bereich Tätigen unbedingt erforderlich. Hier führt das Kompetenzzentrum u. a. in Kooperation mit hierfür zuständigen Stellen Informationsveranstaltungen zum Thema „Erkennen von Radikalisierung und mögliche Antworten der Deradikalisierung“ durch oder informiert bei Fachtagungen für Mitarbeiter von Jugendämtern und Jugendhilfeeinrichtungen zur „Schnittstelle Jugendhilfe – Polizei bei Radikalisierung und anderen Auffälligkeiten von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“. Letztlich zeigen aktuelle Ereignisse wie die Anschläge von Würzburg und Ansbach, dass sich durchaus auch ohne erkennbare Anzeichen Eskalationen ereignen können, die sich – selbst retrospektiv bewertet – einem Vorhersehen entziehen. Gleichwohl bilden vor diesem Hintergrund Beratungsangebote, Deradikalisierungsinterventionen und Fortbildungsangebote – auch wenn sie keine Garantien liefern – ein unerlässliches Engagement zur Verhinderung von Straftaten in vielen Fällen. Bayerische Staatskanzlei Pressemitteilung ./. Telefon: 089 2165-2407 E-Mail: presse@stk.bayern.de Franz-Josef-Strauß-Ring 1 Telefax: 089 2165-2114 Internet: www.bayern.de 80539 München «Empfängerhinweis» N r : 1 0 0 München, 5. April 2016 Bericht aus der Kabinettssitzung 1. Ministerrat setzt sich nach Anschlägen von Brüssel für stärkeren europäischen Informationsaustausch ein / Ein- und Ausreiseregister zum Schutz der EU-Außen- und Binnengrenzen gefordert / Innenminister Joachim Herrmann für personelle Verstärkung und weitere Optimierung der Sachausstattung der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern (Seite 2) 2. Bayern und Südtirol bauen Zusammenarbeit in Bildung und Kultur aus / Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle: „Vereinbarung zwischen Bayern und Südtirol klares Signal für das Zusammenwirken starker Regionen in Europa“ (Seite 4) 3. Wissenschafts- und Kunstminister Dr. Ludwig Spaenle: „Zahlreiche Ideen zum Ausbau der Kooperation zwischen Bayern und Russland in Wissenschaft und Kunst sowie in der zeithistorischen Arbeit“ / Kabinett über Ergebnisse seiner Russlandreise informiert (Seite 5) Anlage 1 - 2 - ./. 1. Ministerrat setzt sich nach Anschlägen von Brüssel für stärkeren europäischen Informationsaustausch ein / Ein- und Ausreiseregister zum Schutz der EU-Außen- und Binnengrenzen gefordert / Innenminister Joachim Herrmann für personelle Verstärkung und weitere Optimierung der Sachausstattung der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern Angesichts der aktuellen Sicherheitslage fordert die Staatsregierung, den europaweiten Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden schnell zu intensivieren. Innenminister Joachim Herrmann sagte im Ministerrat zur aktuellen Lage und den Konsequenzen für die europäische Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung: „Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist ein intensivierter, umfassender und beschleunigter Datenaustausch zwischen den für die Terrorismusbekämpfung zuständigen Behörden zwingend erforderlich." Herrmann forderte darüber hinaus einen europäischen Aktennachweis von Polizei und Sicherheitsbehörden: „Durch eine einzige Abfrage mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum oder Fingerabdruck muss europaweit eine Trefferliste erzeugt werden, bei welchen europäischen Sicherheitsbehörden Daten über die betroffene Person gespeichert sind.“ Der Ministerrat schloss sich auch der Forderung Herrmanns an, das European Counter Terrorism Center (ECTC) zu stärken und weiter auszubauen. Das ECTC unterstützt die Mitgliedstaaten im Bereich der Strafverfolgung bei der Bekämpfung des Terrorismus und der Radikalisierung. Es koordiniert außerdem die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die Staatsregierung drängt den Bund darüber hinaus, sich für die Einführung eines Ein- und Ausreiseregisters zum Schutz der EU-Außenund Binnengrenzen einzusetzen. Herrmann: „Ein geordnetes Einreiseund Registrierungsverfahren mittels eines europäischen Ein- und - 3 - ./. Ausreisesystems ist besonders im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingslage im Interesse der Inneren Sicherheit." Für derzeit unverzichtbar hält Herrmann die seit 13. September temporär von der Bundesregierung eingeführten Grenzkontrollen. „Sie müssen vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Deutschland durch die Terroristen und ihre Unterstützer als Transitland genutzt wurde, konsequent weiterentwickelt werden." Um Sicherheitsdefizite zu verhindern, sollen auch die Schleierfahndungsmaßnahmen der bayerischen Polizei intensiv weitergeführt werden. Herrmann stellte schließlich auch eine weitere Stärkung der bayerischen Sicherheitsbehörden in Aussicht: „Vor radikalisierten Einzeltätern, die sich inmitten einer Menschenmenge in die Luft sprengen, gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Wir sind aber auf der Hut. Wir müssen Polizei und Verfassungsschutz personell so gut ausstatten und optimal ausrüsten, dass wir gefährliche Islamisten immer besser im Blick haben können.“ Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden befinden sich unter den Flüchtlingen, die nach Bayern kommen, auch Mitglieder militanter Gruppen und terroristischer Organisationen sowie Einzelpersonen mit extremistischer Gesinnung. Polizei und Verfassungsschutzbehörden gehen entsprechenden Hinweisen in jedem Einzelfall unverzüglich nach. Auch den bayerischen Sicherheitsbehörden liegen verschiedene Hinweise auf Flüchtlinge mit möglicherweise dschihadistischem Hintergrund vor. Zwei Attentäter der Anschläge von Paris am 13. November 2015 sind im Flüchtlingsstrom unter Nutzung von falschen Personalien nach Europa eingereist. Seither gab es weitere Hinweise darauf, dass der sogenannte Islamische Staat den Flüchtlingsstrom nutzt, um IS-Mitglieder einzuschleusen. Herrmann: „Die Gefahr der Einschleusung von Terroristen macht umfassende und konsequente Kontrollmaßnahmen sowohl an den EU-Außen- sowie an den Schengen-Binnengrenzen notwendig.“ Er gehe weiter von einer hohen abstrakten Gefährdung aus, die sich jederzeit in Form von Anschlägen oder Anschlagsdrohungen konkretisieren kann. Herrmann: „Die - 4 - ./. mehrfachen Verlautbarungen des 'Islamischen Staates' machen deutlich, dass auch Deutschland im erklärten Zielspektrum der Terrororganisationen steht, auch wenn keine konkreten Erkenntnisse über einen bevorstehenden Anschlag in Deutschland oder in Bayern bestehen." Wie Herrmann weiter berichtete, liegen derzeit Erkenntnisse zu 81 Islamisten aus Bayern (deutschlandweit über 800) vor, die in Richtung Syrien oder Irak gereist sind oder dies in nächster Zeit planen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hielten sich 24 Islamisten aus Bayern in Syrien oder im Irak auf, zwei weitere Personen derzeit in einem Drittstaat. 23 Personen seien wieder nach Deutschland zurückgekehrt, von ihnen seien aktuell 20 in Bayern wohnhaft, drei außerhalb Bayerns. Laut Herrmann geht von kampferfahrenen und möglicherweise traumatisierten Rückkehrern aus Kampfgebieten eine besondere Gefahr für die Sicherheit in Deutschland aus. Ihre Beobachtung stelle daher einen der Schwerpunkte der Sicherheitsbehörden dar. 2. Bayern und Südtirol bauen Zusammenarbeit in Bildung und Kultur aus / Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle: „Vereinbarung zwischen Bayern und Südtirol klares Signal für das Zusammenwirken starker Regionen in Europa“ Bayern und Südtirol bauen ihre Zusammenarbeit in Bildung und Kultur aus. Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle informierte im Kabinett über eine gemeinsame Absichtserklärung zur vertieften Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Bayern und der Autonomen Provinz Bozen- Südtirol in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur, die am 26. Februar in Bozen unterzeichnet worden ist. Kultusminister Spaenle: „Diese Vereinbarung ist ein klares Signal für das Zusammenwirken starker Regionen im Herzen Europas. Für unsere seit langem bestehende Zusammenarbeit zwischen Bayern und Südtirol ist sie ein weiterer Baustein.“ Die künftige verstärkte Zusammenarbeit soll sich unter anderem auf Kooperationen zwischen Museen, Galerien, Musik und Bibliotheken erstrecken. Auch die Bildungszusammenarbeit - 5 - ./. ist ein zentraler Bestandteil der Vereinbarung. „Wir wollen die Weiterentwicklung insbesondere der Schulqualität, der beruflichen Bildung und der Inklusion forcieren. Die unterzeichnete Vereinbarung ist das Fundament für eine verstärkte Kooperation der Institutionen in beiden Regionen“, betonte der Kultusminister. Schon jetzt arbeiten beide Regionen eng zusammen. Spaenle: „Es gibt gute Kontakte zwischen Schulen und es findet ein reger Gedankenaustausch zu Bildungsfragen etwa durch das Institut für Schulqualität und Bildungsforschung statt. Auch das Bayerische Staatsschauspiel arbeitet mit dem Südtiroler Kulturinstitut zusammen und gastiert regelmäßig in Bozen.“ 3. Wissenschafts- und Kunstminister Dr. Ludwig Spaenle: „Zahlreiche Ideen zum Ausbau der Kooperation zwischen Bayern und Russland in Wissenschaft und Kunst sowie in der zeithistorischen Arbeit“ / Kabinett über Ergebnisse seiner Russlandreise informiert Wissenschafts- und Kunstminister Dr. Ludwig Spaenle will die Zusammenarbeit Bayerns mit Russland in Wissenschaft, Kunst und Kultur intensivieren. Im Kabinett informierte der Minister heute über Ergebnisse seiner Russlandreise von Ende Februar/Anfang März, die auch der Vorbereitung der zweiten Reise von Ministerpräsident Horst Seehofer nach Russland im Herbst dieses Jahres gedient hat. Spaenle: „In vielen Gesprächen mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Kultur, darunter den Spitzen der russischen Ministerien für Wissenschaft, Bildung und Kultur, wurde ein gemeinsames hohes Interesse an einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Bayern und Russland in diesen Bereichen sowie in der zeithistorischen Arbeit deutlich. Hierzu wurden bereits vor Ort zahlreiche Ideen entwickelt. So haben wir beispielsweise in der Wissenschaft ein gegenseitiges Stipendienprogramm für den Doktoranden- und Masterbereich angeregt.“ - 6 - Auf Arbeitsebene baut das bayerische Hochschulzentrum für Osteuropa (BAYHOST) bereits seit gut einem Jahr seine Kontakte nach Russland kontinuierlich aus. Als Ergebnis dieser Netzwerkarbeit kamen in Moskau wichtige Hochschulen, Akademien und Förderorganisationen mit den bayerischen Vertretern zusammen, um die gegenseitigen Kontakte zu intensivieren. Im Kunstbereich wurden zahlreiche konkrete Projektvorschläge wie etwa ein gemeinsames bayerisch-russisches Filmfest oder ein russisches Kinderfestival in Bayern angedacht. Zudem sicherte Russland seine Unterstützung bei der Realisierung gemeinsamer Ausstellungen zu. Spaenle: „Eine Zusammenarbeit in der Kunst ist aufgrund der herausragenden Qualität der russischen und bayerischen Museen außerordentlich reizvoll. Als erste konkrete Projektidee kristallisierte sich bereits eine gemeinsame Ausstellung über das Wirken von Leo von Klenze in München und St. Petersburg heraus.“ In der zeithistorischen Arbeit konnte in Russland eine engere Kooperation im Archivwesen auf den Weg gebracht werden. Alle nichtmilitärischen Archive Russlands sind in der gemeinsamen Struktur „Russarchiva“ zusammengefasst, die zukünftig als Kooperationspartner für die Landeszentrale für politische Bildung bzw. vor allem für die bayerischen KZ-Gedenkstätten zur Verfügung steht. Spaenle: „Für die Aufarbeitung der Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg ist die Kooperation zwischen Bayern und Russland im Archivwesen besonders wichtig. Die bayerischen KZ-Gedenkstätten können gemeinsam mit den russischen Archiven dazu beitragen, dass viele russische Familien, die bislang nichts über das Schicksal von Verwandten in deutscher Kriegsgefangenschaft oder in KZ-Haft wussten, nun Klarheit über Tatsache, Ort und Zeitpunkt des Todes ihrer Verwandten gewinnen können. Für Völkerverständigung und gegenseitige Aussöhnung ist das ein wichtiger Beitrag.“ gez. Dr. Rainer Hutka Pressesprecher der Bayerischen Staatskanzlei++++ Bayerische Staatskanzlei Pressemitteilung ./. Telefon: 089 2165-2407 E-Mail: presse@stk.bayern.de Franz-Josef-Strauß-Ring 1 Telefax: 089 2165-2114 Internet: www.bayern.de 80539 München «Empfängerhinweis» N r . : 2 2 1 München, 19. Juli 2016 Bericht aus der Kabinettssitzung: Teil 1 1. Ministerpräsident Horst Seehofer spricht verletzten Opfern des Amoklaufs in Würzburg sein Mitgefühl aus / Dank an Polizei für ihren entschlossenen und professionellen Einsatz / Innenminister Joachim Herrmann kündigt intensive Ermittlungen an / Sicherheitsbehörden werden weiter gestärkt (Seite 2) 2. Kabinett verurteilt islamistischen Terroranschlag in Nizza / Werte wie Freiheit und Demokratie mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verteidigen / Aufarbeitung des Putschversuchs in der Türkei dürfen Demokratie und Rechtsstaat in der Türkei nicht schwächen / Kabinett bekräftigt Forderungen zur Bekämpfung des internationalen islamistischen Terrorismus (Seite 3) 3. Geplantes Skigebiet am Riedberger Horn: Kabinett stellt bei positivem Votum der Bürger vor Ort Änderung des Landesentwicklungsprogramms in Aussicht (Seite 5) Anlage 2 - 2 - ./. 1. Ministerpräsident Horst Seehofer spricht verletzten Opfern des Amoklaufs in Würzburg sein Mitgefühl aus / Dank an Polizei für ihren entschlossenen und professionellen Einsatz / Innenminister Joachim Herrmann kündigt intensive Ermittlungen an / Sicherheitsbehörden werden weiter gestärkt Ministerpräsident Horst Seehofer hat den verletzten Opfern des gestrigen Amoklaufs in Würzburg sein Mitgefühl ausgesprochen und den Einsatzkräften der Polizei für ihren entschlossenen, professionellen Einsatz gedankt. Ministerpräsident Seehofer: „Ich spreche den Verletzten des Würzburger Amoklaufs und ihren Familienangehörigen mein tiefes Mitgefühl aus. Die Brutalität und hemmungslose Gewaltbereitschaft, die aus dieser Tat spricht, macht mich sehr betroffen. Der Polizei danke ich ausdrücklich für ihr entschlossenes und schnelles Handeln bei der Bewältigung dieser schwierigen Situation. Der Amoklauf in Würzburg zeigt einmal mehr, dass eine gut ausgestattete und handlungsfähige Polizei für unsere Sicherheit unverzichtbar ist. Das wird auch die Richtschnur unserer Beratungen nächste Woche in Sankt Quirin sein: Beim Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger setzen wir auf einen starken Staat, der kraftvoll auftritt und unsere Sicherheit bestmöglich garantiert.“ Auch Innenminister Joachim Herrmann verurteilte die Tat. Herrmann: „Ich hoffe inständig, dass die Opfer diese schreckliche Gewalttat überleben und von ihren schweren Verletzungen genesen. Das ist eine wirklich verabscheuungswürdige Tat, wie wir sie so in Bayern noch nicht erlebt haben. Die Spezialeinheiten der Bayerischen Polizei haben gottseidank sehr schnell reagiert und dadurch weitere Taten verhindert. Allen Einsatzkräften, auch des Rettungsdienstes, danke ich für ihr beherztes und professionelles Eingreifen.“ Die Ermittler des Bayerischen Landeskriminalamts prüfen derzeit mit Hochdruck alle Hinweise, insbesondere auf einen islamistischen Hintergrund, weil bei dem Attentäter eine handgemalte IS-Flagge gefunden wurde. Der - 3 - ./. getötete Tatverdächtige war nach bisherigen Erkenntnissen vor einem Jahr ohne Begleitung von Angehörigen in das Bundesgebiet eingereist. Der 17-jährige Afghane hatte mit Hieb- und Stichwaffen in einem fahrenden Regionalzug zwischen Treuchtlingen und Würzburg auf Höhe Heidingsfeld und bei seiner anschließenden Flucht insgesamt nach jetzigem Stand fünf Personen schwer verletzt. Nach den Worten Herrmanns kann es keine hundertprozentige Sicherheit vor Anschlägen dieser Art geben. „Wir unternehmen aber alles, um das Risiko weitestgehend zu minimieren", so der Minister. Die aktuelle Tat werde genauestens analysiert, um entsprechende Konsequenzen einzuleiten. Herrmann: „Fest steht: Wir werden unsere Sicherheitsbehörden weiter stärken. Einen entsprechenden Beschluss wird die Bayerische Staatsregierung in Kürze auf den Weg bringen. Dazu gehört insbesondere noch mehr Personal für Polizei und Verfassungsschutz." Es gibt laut Herrmann aber keinen Anlass, den bisherigen Alltag nicht in gewohnter Weise fortzusetzen. Wenn das öffentliche Leben zum Erliegen käme, hätten die islamistischen Terroristen eines ihrer Hauptziele erreicht. „Unsere Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, verdächtige Wahrnehmungen umgehend der Polizei zu melden", appellierte Herrmann. 2. Kabinett verurteilt islamistischen Terroranschlag in Nizza / Werte wie Freiheit und Demokratie mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verteidigen / Aufarbeitung des Putschversuchs in der Türkei dürfen Demokratie und Rechtsstaat in der Türkei nicht schwächen / Kabinett bekräftigt Forderungen zur Bekämpfung des internationalen islamistischen Terrorismus Der Ministerrat hat in seiner heutigen Sitzung den islamistischen Terroranschlag in Nizza entschieden verurteilt. Die Staatsregierung sprach den Angehörigen der Opfer und der französischen Nation ihre zutiefst empfundene Anteilnahme aus. Ministerpräsident Horst Seehofer: „Der Anschlag in Nizza richtet sich gegen uns alle. Wir - 4 - ./. werden die Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit allen zur Verfügung stehenden rechtstaatlichen Mitteln gegen derartige verabscheuungswürdige Verbrechen und ihre Unterstützer verteidigen.“ Dies liege auch im Interesse der hier lebenden, friedlichen muslimischen Mitbürger und der in Deutschland vor dem IS-Terror in ihren Herkunftsländern Zuflucht suchenden Menschen. Der Ministerrat sprach auch den Opfern des Putschversuches in der Türkei und deren Angehörigen sein Mitgefühl aus. Er erwartet, dass im Zuge der Aufarbeitung des Putschversuchs die demokratische und rechtsstaatliche Basis der Türkei nicht geschwächt wird. Ministerpräsident Seehofer: „Die Aufarbeitung des Militärputsches muss mit rechtsstaatlichen Mitteln geschehen. Das ist ein Grundprinzip der Europäischen Union.“ Der Ministerrat bekräftigte im Zusammenhang mit dem Terrorakt in Nizza wichtige europapolitische Forderungen der Staatsregierung zur Bekämpfung des internationalen islamistischen Terrorismus. Dazu gehören insbesondere: Wirksamer Schutz der EU-Außen- und Binnengrenzen EU-Passenger-Name-Record auch für EU-interne Flüge (Fluggastdatenspeicherung) Bekämpfung des Missbrauchs von Internet-Netzwerken Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene Zeitnahe Intensivierung des europaweiten Informationsdatenaustauschs zwischen den Sicherheitsbehörden Einführung eines europäischen Aktennachweises von Polizei- und Sicherheitsbehörden Stärkung des European Counter Terrorism Center (ECTC) bei Europol Einführung eines Ein- und Ausreiseregisters zum Schutz der EU- Außen- und Binnengrenzen - 5 - ./. In der Kabinettsklausur in St. Quirin wird ein umfassendes Sicherheitskonzept vorgelegt werden, in dem insbesondere wirksame Maßnahmen gegen den Terrorismus enthalten sein werden. Der Ministerrat begrüßte außerdem die Maßnahmen und konzeptionellen Planungen der Bayerischen Polizei, die in Zusammenarbeit mit den kommunalen Sicherheitsbehörden ein besonderes Augenmerk auf den Schutz von Großveranstaltungen richtet und hinsichtlich möglicher Anschlagsszenarien sensibilisiert ist. 3. Geplantes Skigebiet am Riedberger Horn: Kabinett stellt bei positivem Votum der Bürger vor Ort Änderung des Landesentwicklungsprogramms in Aussicht Der Ministerrat hat heute zum von den Gemeinden Obermaiselstein und Balderschwang angestrebten Skigebiet am Riedberger Horn im Fall eines positiven Bürgervotums eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms in Aussicht gestellt. Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder: „Wir unterstützen dieses Anliegen der Menschen vor Ort. Der Alpenraum ist Naturraum, aber auch Lebensraum. Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden Obermaiselstein und Balderschwang für das Skigebiet aussprechen, werden wir eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms einleiten. Klar ist dabei, dass die Belange des Naturschutzes berücksichtigt werden. Denn wir wollen den Menschen vor Ort helfen, ohne die Natur zu zerstören.“ Der Ministerrat hat daher das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat beauftragt, für den Fall eines positiven Ausgangs der Bürgerbeteiligung die notwendigen Schritte zur Änderung der Zonenabgrenzungen am Riedberger Horn sowie am Wannenkopf einzuleiten. Alternativ soll das Ministerium eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms mit dem Ziel prüfen, im Alpenplan C - 6 - Seilbahnen, Lifte und Skiabfahrten landesplanerisch unter bestimmten naturschonenden Voraussetzungen zu ermöglichen. gez. Dr. Rainer Hutka Pressesprecher der Bayerischen Staatskanzlei++++ Bayerische Staatskanzlei Pressemitteilung ./. Telefon: 089 2165-2407 E-Mail: presse@stk.bayern.de Franz-Josef-Strauß-Ring 1 Telefax: 089 2165-2114 Internet: www.bayern.de 80539 München «Empfängerhinweis» N r : 2 3 1 München, 28. Juli 2016 Kabinettsklausur in St. Quirin / Kabinett beschließt neues Sicherheitskonzept für Bayern Bei seiner Klausurtagung in St. Quirin am Tegernsee hat der Ministerrat das folgende Sicherheitskonzept beschlossen: Sicherheit durch Stärke Sicherheitskonzept der Bayerischen Staatsregierung Die schrecklichen Geschehnisse in Würzburg, München und Ansbach sind ein Angriff auf unsere Sicherheit, auf unsere Freiheit. Würzburg und Ansbach zeigen: Der islamistische Terrorismus ist bei uns in Bayern angekommen. Anschläge wie in Paris, Brüssel und Nizza, menschenverachtende Gewalt wie zuletzt beim Anschlag in einer französischen Kirche sind eine neue Dimension des Terrors. Terroristische Gefahren, organisierte Kriminalität, Internet- und Computerkriminalität führen zu einer akuten Bedrohungslage. Darauf muss der Rechtsstaat reagieren. Die Bürger erwarten zu Recht, dass der Staat Kontrolle und Wehrhaftigkeit beweist, aber auch präventiv handelt. Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit. Sicherheit durch Stärke – dafür steht der Freistaat Bayern. Schon in den vergangenen Jahren haben wir die Sicherheitsapparate kraftvoll ausgebaut. Deshalb ist Bayern das sicherste Land in Deutschland. Wegen der neuen Bedrohungslage stärken wir Polizei, Justiz und Anlage 3 - 2 - ./. Verfassungsschutz weiter. Wir kämpfen für mehr Befugnisse für den Rechtsstaat, damit er nicht hinter den Möglichkeiten seiner Feinde zurückbleibt. In Bayern können sich Bürger darauf verlassen: Der Staat tut alles Menschenmögliche für ihre Sicherheit. Wir erwarten dringend, dass auch der Bund und Europa offensiv agieren. Jetzt muss gehandelt werden! 1. Sicherheit durch starke Polizei, Justiz und Verfassungsschutz Ausstattung der Justiz und Sicherheitsbehörden ‒ Wir werden 2017 bis 2020 jedes Jahr zusätzlich 500 Polizisten und Polizistinnen einstellen – 2.000 Stellen für spürbar mehr Präsenz und Sicherheit. ‒ Wir statten die Polizei auch weiterhin mit modernster Ausrüstung aus, unter anderem mit ballistischen Helmen, neuartigen Schutzwesten, modernen Dienstwaffen und gepanzerten Fahrzeugen. Mit mobilen Geräten und Apps wird jeder Polizist die einsatzrelevanten Informationen sofort in der Hand haben. ‒ Wir verstärken unsere Observations- und Spezialeinsatzkräfte personell und rüsten sie mit modernster Technik aus. ‒ Wir intensivieren die Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität, u.a. durch Einsatz von mehr Internetpolizisten. Wir stärken das Kompetenzzentrum Cybercrime beim Bayerischen Landeskriminalamt und die Zentralstelle bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Wir wollen damit auch eine stärkere Überwachung und Kontrolle des sogenannten „Darknets“ erreichen. Wir verbessern den Schutz der Kinder vor den Gefahren des Internets. ‒ Die Polizei wird ihre Kapazitäten im Bereich der Sozialen Medien ausbauen, um Bürger sofort vor Gefahren zu warnen und zu informieren. ‒ Wir wollen eine schnelle Rechtsprechung und einen konsequenten Vollzug des Rechts. Wir werden auf allen Ebenen die Justiz - 3 - ./. personell besser ausstatten – vom Justizwachtmeister über den Staatsanwalt bis hin zum Richter. ‒ Wir werden die Schlagkraft der Justiz im Bereich des Staatsschutzes erhöhen, z.B. durch eine neue „Zentralstelle Extremismus“ bei der Generalstaatsanwaltschaft München sowie gestärkte Staatsanwaltschaften und Gerichte. ‒ Wir werden die Videoüberwachung etwa an Bahnhöfen, in Zügen des öffentlichen Nahverkehrs oder an gefährlichen Orten ausbauen. ‒ Wir werden Maßnahmen zum Schutz des bayerischen Behördennetzes und der IT-Systeme des Freistaats ergreifen. Deswegen errichten wir ein neues Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI). ‒ Das Cyber-Allianz-Zentrum im Landesamt für Verfassungsschutz wird gestärkt zum Schutz der Wirtschaft, Forschung und kritischer Infrastrukturen vor elektronischen Angriffen. ‒ Die EU muss die gesetzlichen und technischen Voraussetzungen für eine Vernetzung der nachrichtendienstlichen und polizeilichen Datenbanken aller EU-Staaten schaffen. Verschärfung der Rechtsgrundlagen ‒ Gewalttätige Angriffe auf Polizisten, Justizbedienstete und Rettungskräfte müssen wesentlich schärfer bestraft werden. Das Strafmaß von derzeit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bei einem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte soll in diesen Fällen erhöht werden auf eine Mindeststrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Dieser Schutz soll sich generell auf alle Handlungen im Zusammenhang mit dem Dienst erstrecken. ‒ Wohnungseinbruchdiebstähle müssen wirksamer bekämpft und schärfer bestraft werden. Im Strafrecht darf es keinen minder schweren Fall des Wohnungseinbruchs mehr geben. Wohnungseinbruch soll künftig generell als schweres Delikt gelten. Bei Wohnungseinbrüchen muss sowohl - 4 - ./. Telekommunikationsüberwachung als auch Verkehrsdatenerhebung möglich sein, auch wenn kein Bandendiebstahl vorliegt. Die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen muss signifikant erhöht werden. ‒ Die Speicherung und Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten muss praxisgerechter ausgestaltet werden. Auch die Anbieter von E-Mail-Diensten und die Betreiber Sozialer Medien müssen verpflichtet werden, Verkehrsdaten zu speichern. Der Straftaten-Katalog, der zu einer Verkehrsdatenspeicherung ermächtigt, muss erweitert werden, etwa um den Tatbestand der Terrorismusfinanzierung. Die Frist für die Speicherung von bisher nur zehn Wochen ist deutlich zu erhöhen. ‒ Für die Entschlüsselung einer chiffrierten Kommunikation über das Internet im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung muss eine Rechtsgrundlage geschaffen werden (sog. Quellen-TKÜ). ‒ Verurteilte Extremisten, von denen weiterhin eine Gefahr ausgeht, müssen als ergänzendes Mittel mit einer elektronischen Fußfessel überwacht werden können. Dazu werden wir im Land die entsprechenden Rechtsgrundlagen schaffen und solche auch auf Bundesebene einfordern. ‒ Die Sympathiewerbung für terroristische und kriminelle Vereinigungen muss wieder unter Strafe gestellt und Vermögenseinziehungen müssen erleichtert werden. Für die Feuerwehren, Rettungsdienste und den Katastrophenschutz werden die bestehenden Einsatzkonzepte und Planungen an die neue Bedrohungslage angepasst. Die Staatsregierung unterstützt diese wichtigen Leistungen weiter umfassend und auf hohem Niveau. Bürger schützen Bürger: Die ehrenamtliche Sicherheitswacht schafft Sicherheit im öffentlichen Raum. Wir stocken sie binnen vier Jahren von rund 770 auf 1.500 Mitglieder auf. - 5 - ./. Wir wollen den Einsatz der Bundeswehr im Innern zur Abwehr terroristischer Gefahren und zur Grenzsicherung über die bereits bestehenden Einsatzmöglichkeiten hinaus erleichtern. Dies soll durch eine Änderung des Grundgesetzes klargestellt werden. Insgesamt starten wir damit die größte Sicherheitsoffensive in der Geschichte Bayerns. 2. Integration und Prävention Integration, Prävention und Sicherheit gehen Hand in Hand. Bayern schafft mit einem bundesweit einmaligen Integrationspaket die Grundlagen für eine gelingende Integration von vielen Flüchtlingen. Mit unserem Integrationsgesetz geben wir unseren Anstrengungen einen völlig neuen gesetzlichen Rahmen und nehmen ganz bewusst auch die Flüchtlinge und Zuwanderer in die Verantwortung für die Integration in unser Land. ‒ Wir werden zu den bestehenden Maßnahmen gegen Salafismus, Islamismus und Extremismus hinzu bayernweite Präventionsstrukturen aufbauen, um gezielt auch das Umfeld von Gefährdern zu sensibilisieren: In kommunalen Präventionsnetzwerken sollen alle eingebunden werden, die einen direkten Zugang zu gefährdeten Gruppen haben. Schulen, Polizei, Jugend- und Sozialarbeit sind in ständigem Austausch und bilden damit vor Ort eine wichtige Schnittstelle zwischen Prävention und Sicherheit. In speziellen Initiativen werden Mütter besonders sensibilisiert und befähigt, ihr Wissen über Radikalisierung und die Gefahren von Salafisten an andere Mütter weiterzugeben. Wir starten eine Radikalisierungsprävention auch im Internet. ‒ Eine zentrale Rolle bei der Integration haben die Einrichtungen der Jugendhilfe und die Schulen. In die Deutschförderung und Wertevermittlung wird weiter massiv investiert. An unseren Schulen - 6 - ./. wird Prävention und Krisenintervention von Schulpsychologen geleistet. Dies wollen wir weiter verstärken. ‒ Wir schaffen einen Krisendienst für Menschen in psychischen Notlagen. Das Gesetz zur Hilfe und zum Schutz psychisch erkrankter Menschen wird derzeit mit allen Beteiligten vorbereitet und wird die rechtliche Grundlage für diesen Krisendienst legen. Hochspezialisierte Berater werden bayernweit Betroffenen und deren Angehörigen rund um die Uhr zur Verfügung stehen und bei Bedarf schnelle Hilfe veranlassen. Wir werden die Gesundheitsverwaltung weiter stärken, um die Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen zu verbessern. Hierbei sollen Strategien und Konzepte weiter entwickelt werden. ‒ Wir werden die modernen Strukturen der Extremismusprävention und der Deradikalisierung im Justizvollzug ausbauen 3. Zuwanderung begrenzen – Recht und Ordnung durchsetzen Bayern ist ein weltoffenes Land. Wir wollen keine Abschottung. Bayern leistet seinen Beitrag, Menschen Obhut zu gewähren, die berechtigt Schutz vor Krieg, Vertreibung und politischer Verfolgung suchen. Unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten aber auch zu Recht, dass bei der Zuwanderung Recht und Ordnung durchgesetzt, Missbrauch abgestellt und Mängel beseitigt werden. Sicherheit der Grenzen ‒ Europa muss seine Außengrenzen wirksam schützen. Die Sicherheitsbehörden der EU-Staaten müssen einen Zugriff auf das Europäische Fingerabdruckidentifizierungssystem EURODAC und auf das noch zu schaffende Europäische Ein- und Ausreiseregister erhalten. Asylverfahren müssen an den EU- Außengrenzen binnen drei Monaten durchgeführt und entschieden werden. Menschen ohne Schutzbedürfnis müssen bereits dort zurückgewiesen werden. Menschen mit Schutzbedürfnis müssen - 7 - ./. gerecht in ganz Europa verteilt werden. Dabei liegt die für eine gelingende Integration und wegen der Sicherheit verkraftbare Obergrenze von neuen Flüchtlingen für Deutschland bei jährlich 200.000 (für Bayern bei 30.000). ‒ Vereinbarungen mit Herkunfts- und Transitstaaten außerhalb der EU können einen Beitrag dazu leisten, Zuwanderung in die EU zu steuern und zu begrenzen, ersetzen aber weder eine effektive Kontrolle der EU-Außengrenzen noch ein funktionierendes europäisches Asylsystem. ‒ Solange ein ausreichender Schutz der EU-Außengrenzen nicht gewährleistet ist, sind wirksame Kontrollen der Binnengrenzen unerlässlich. Auch im Interesse der Sicherheit unserer Bevölkerung müssen die Kontrollen an den Grenzen Deutschlands im notwendigen Umfang durchgeführt werden. Soweit die Bundespolizei dazu auf Hilfe angewiesen ist, erneuert Bayern sein Angebot zur Unterstützung durch die Bayerische Landespolizei. ‒ Bayern wird die Schleierfahndung verstärken und erwartet dies auch von anderen Ländern. ‒ Wer ohne Papiere einreist oder seine Identität nicht belegen kann, muss an den deutschen Grenzen zunächst festgehalten und gegebenenfalls zurückgewiesen werden. Die Staatsregierung hat dazu schon frühzeitig mit ihrem Vorschlag für Transitzentren das Notwendige gefordert. Wir brauchen eine klare Rechtsgrundlage, um erkennungsdienstliche Maßnahmen zwangsweise durchzusetzen, sowie eine europaweite Vernetzung und die erforderlichen Zugriffsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden auf Fingerabdruckund DNA-Dateien. ‒ Die nach den Dublin-Regeln bestehenden Möglichkeiten der Rückführung von Schutzsuchenden in EU-Staaten müssen konsequent genutzt werden. ‒ Der derzeitige Rückgang der Zuwanderungszahlen ist auf die Schließung der Balkanroute zurückzuführen. Bayern dankt - 8 - ./. Österreich, Ungarn, Mazedonien und den Staaten der Balkanroute für ihr konsequentes Handeln. ‒ Es darf keine unkontrollierten Einreisen mehr geben. Weitere Visaliberalisierungen und Visabefreiungen darf es vor einem effektiven EU-weiten System der Aus- und Einreisekontrollen nicht geben. Angesichts der Entwicklungen in der Türkei müssen die EU- Beitrittsverhandlungen gestoppt werden. Fluchtursachenbekämpfung Bayern als Zielland für Migration stellt sich der Verantwortung, im Rahmen seiner Möglichkeiten Lebensperspektiven für Flüchtlinge und Migranten in ihrer Heimat oder deren unmittelbaren Nachbarländern zu verbessern. Dieses humanitäre Engagement Bayerns dient zugleich der Prävention: Wenn wir sichtbar dazu beitragen, dass die Situation der Menschen vor Ort verbessert wird, verringern wir den Migrationsdruck auf Europa. Daher beteiligen wir uns in eigener Verantwortung und ergänzend zum Bund und anderen Akteuren an einer Hilfe in ausgewählten Ländern, nämlich im Nordirak, im Libanon, in Tunesien und im Senegal. Wir fördern dort im Gesamtumfang von 20 Millionen Euro Projekte vorrangig in der Wasserund Gesundheitsversorgung, der schulischen und beruflichen Bildung sowie für spezielle Frauen- und Verwaltungsprojekte. Sicherheit, Transparenz, Recht und Ordnung beim Flüchtlingsgeschehen in Deutschland ‒ Asyl in Deutschland darf nur gewährt werden, wenn das Vorbringen zur Asylgewährung auch in einer mündlichen Anhörung – soweit notwendig unter Hinzuziehung der Nachrichtendienste – umfassend geprüft wurde. Bloße schriftliche Anhörungen dürfen nicht mehr genügen. Schnelle Asylverfahren dürfen nicht zu Lasten der Sicherheit gehen. ‒ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat in den letzten Monaten eine Vielzahl von Asylverfahren ohne ausreichende mündliche Anhörung durchgeführt. Anerkannte Asylbewerber aus - 9 - solchen Verfahren müssen nachträglich unter Sicherheitsgesichtspunkten überprüft werden. ‒ Wir müssen zuverlässig wissen, wer und wie viele Asylbewerber ins Land gekommen sind und kommen. Dafür ist eine verlässliche Datengrundlage zu schaffen und regelmäßig Transparenz für die Öffentlichkeit herzustellen. ‒ Wir müssen unter Sicherheitsgesichtspunkten besser wissen, was in Asylbewerberunterkünften geschieht. Hierzu sind die erforderlichen Überwachungsmaßnahmen unerlässlich. ‒ Ausländische Straftäter müssen schneller ihr Aufenthaltsrecht verlieren und schneller – auch in Krisengebiete – abgeschoben werden. Ein Einwanderungsgesetz mit dem Ziel, die Zuwanderung auszuweiten, lehnen wir ab. Wir brauchen eine bessere Steuerung und eine effektive Begrenzung der Zuwanderung. Dr. Rainer Hutka Pressesprecher der Bayerischen Staatskanzlei++++