Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 20.09.2016 1. a) In welchen Hausordnungen von Erstaufnahmeeinrichtungen , Erstversorgungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Jugendhilfeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Gemeinschaftsunterkünften und Rückkehrzentren sind nächtliche und anlasslose Zimmerkontrollen durch den Sicherheitsdienst und das Fragen nach Personalien bis zu welcher Uhrzeit zulässig? In Bezug auf Erstaufnahmeeinrichtungen, Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen sowie Gemeinschaftsunterkünfte gilt, dass Hausordnungen, soweit solche bestehen, keine generelle Ermächtigung für anlasslose und nächtliche Zimmerkontrollen enthalten. Vielmehr wird über den konkreten Bedarf und die konkrete Durchführung von Kontrollen situationsabhängig im Rahmen der rechtlichen Vorgaben vor Ort entschieden. In Bezug auf die angefragten Erstversorgungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Jugendhilfeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gilt die in der Jugendhilfe übliche Grundhaltung eines respektvollen Umgangs mit den jungen Menschen auch für unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA), die in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht sind. Sollte es einen Anlass für eine Zimmerkontrolle geben, so müsste der UMA darüber informiert werden und in dessen Beisein die Kontrolle durch das pädagogische Personal und nicht durch einen Sicherheitsdienst durchgeführt werden. Sicherheitsdienste werden in Jugendhilfeeinrichtungen grundsätzlich nur in Ausnahmesituationen eingesetzt. Hausordnungen für Jugendhilfeeinrichtungen, in denen nächtliche anlasslose Zimmerkontrollen oder das Fragen nach Personalien durch Sicherheitsdienste explizit erlaubt oder vorgesehen wären, sind der Staatsregierung nicht bekannt. Frage 6 der Schriftlichen Anfrage vom 28.04.2016 (Drs. 17/12066) bezog sich auf „Flüchtlingsunterkünfte“. Jugendhilfeeinrichtungen für UMA wurden in der Beantwortung nicht unter diesen Begriff subsumiert. Zu den primären Aufgaben der in wenigen Fällen eingesetzten Sicherheitsdienste verweisen wir auf die Antwort zur o. g. Schriftlichen Anfrage vom 28.04.2016 zu Frage 1.1. Durch die Heimaufsichten bei den Regierungen werden neben den räumlichen und personellen Rahmenbedingungen auch die (pädagogischen) Konzepte geprüft, welche eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebserlaubnis sind. Die Konzepte und Rahmenbedingungen sowie ggf. vorhandene Hausordnungen müssen dabei stets das Kindeswohl berücksichtigen. 17. Wahlperiode 24.11.2016 17/13122 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.08.2016 Hausordnung in Gemeinschaftsunterkünften und Kontrollen durch Sicherheitsdienste Die Antworten insbesondere zu Punkt 6 der Schriftlichen Anfrage vom 28.04.2016 (Drs. 17/12066) zu den Jugendnotdiensten und Sicherheitsdiensten an Flüchtlingsunterkünften ist unbefriedigend. In der Antwort verweist die Staatsregierung lapidar darauf, dass Zimmerkontrollen und dass Fragen nach Personalien zulässig seien und im Rahmen der Hausordnung stattfänden. Dabei wurde dezidiert nach der Zulässigkeit nächtlicher Kontrollen gefragt. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) In welchen Hausordnungen von Erstaufnahmeeinrichtungen , Erstversorgungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Jugendhilfeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Gemeinschaftsunterkünften und Rückkehrzentren sind nächtliche und anlasslose Zimmerkontrollen durch den Sicherheitsdienst und das Fragen nach Personalien bis zu welcher Uhrzeit zulässig? b) Welchen Zwecken sollen diese Kontrollen dienen? 2. Welche vertraglichen Vereinbarungen gibt es in den Verträgen mit den Sicherheitsunternehmen zu nächtlichen Kontrollen? 3. Durch welche Regelungen ist nächtliches Betreten von Zimmern, in denen a) Jugendliche und b) allein reisende Frauen schlafen, durch die Sicherheitsdienste zulässig, ohne dass diese wegen bestimmter Vorkommnisse zu Hilfe gerufen worden waren, bzw. ohne dass dies zur Abwehr bestimmter konkreter Gefahren wie z. B. in einem Brandfall erforderlich ist? 4. Sieht die Staatsregierung einen Widerspruch zwischen ihrem Ziel, Sicherheitsdienste in Einrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nur für nichtpädagogische und administrative Aufgaben einzusetzen , und der gleichzeitigen Übertragung von Aufgaben wie Einhaltung von Regeln und Vermeidung von Konflikten , präventive Konfliktvermeidung, Mitgestaltung des täglichen Gemeinschaftslebens der Jugendlichen an die Sicherheitsdienste? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13122 b) Welchen Zwecken sollen diese Kontrollen dienen? In Bezug auf Erstaufnahmeeinrichtungen, Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen sowie Gemeinschaftsunterkünfte gilt, dass etwaige nächtliche Kontrollen grundsätzlich anlassbezogen stattfinden. Der Anlass für eine nächtliche Kontrolle hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Darunter können die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung, die akute Eigen- oder Fremdgefährdung von Bewohnern oder ein sonstiger Notfall sowie die Wiederherstellung der nächtlichen Hausruhe fallen. Die Privatsphäre der Asylbewerber wird bei den Kontrollen berücksichtigt . Sofern erforderlich oder rechtlich geboten, wird die Polizei zur Unterstützung angefordert. In Bezug auf Erstversorgungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Jugendhilfeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gilt, dass anlasslose Kontrollen durch Sicherheitspersonal in Jugendhilfeeinrichtungen für UMA der Staatsregierung nicht bekannt sind. 2. Welche vertraglichen Vereinbarungen gibt es in den Verträgen mit den Sicherheitsunternehmen zu nächtlichen Kontrollen? In der für die Beantwortung der Anfrage verfügbaren Zeit kann nur folgende grundsätzliche Aussage in Bezug auf Erstaufnahmeeinrichtungen, Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen sowie Gemeinschaftsunterkünfte getroffen werden: In den Verträgen mit den Sicherheitsunternehmen gibt es grundsätzlich keine expliziten gesonderten Vereinbarungen zu nächtlichen Kontrollen. Der Umfang der Bewachungstätigkeit hängt regelmäßig von der Leistungsbeschreibung für die jeweilige Einrichtung ab. Die Befugnisse der Sicherheitsmitarbeiter beschränken sich im Rahmen des – widerruflichen – Hausrechts. 3. Durch welche Regelungen ist nächtliches Betreten von Zimmern, in denen a) Jugendliche und b) allein reisende Frauen schlafen, durch die Sicherheitsdienste zulässig, ohne dass diese wegen bestimmter Vorkommnisse zu Hilfe gerufen worden waren bzw. ohne dass dies zur Abwehr bestimmter konkreter Gefahren wie z.B. in einem Brandfall erforderlich ist? Zu den Anlässen, die nächtliche Kontrollen im Einzelfall erforderlich machen können, verweisen wir auf die Antwort zu Frage 1 b. Jugendliche, die als unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) durch ein Jugendamt in Obhut genommen werden , werden unter dem Dach der Jugendhilfe untergebracht und betreut. Hierfür gelten die üblichen Vorgaben wie unter Frage 1 beschrieben. 4. Sieht die Staatsregierung einen Widerspruch zwischen ihrem Ziel, Sicherheitsdienste in Einrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nur für nichtpädagogische und administrative Aufgaben einzusetzen, und der gleichzeitigen Übertragung von Aufgaben wie Einhaltung von Regeln und Vermeidung von Konflikten, präventive Konfliktvermeidung , Mitgestaltung des täglichen Gemeinschaftslebens der Jugendlichen an die Sicherheitsdienste ? Nein. Die in wenigen Einzelfällen eingesetzten Sicherheitsdienste unterstützen das pädagogische Fachpersonal soweit erforderlich im Bereich der Einhaltung von Grundregeln nach dessen Vorgaben. Das Personal der Sicherheitsdienste kann und soll pädagogisches Fachpersonal nicht ersetzen.