Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 01.08.2016 Kooperationsvertrag zwischen der Gemeinschaftsunterkunft (GU) Würzburg und der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg Ich frage die Staatsregierung: 1. Wann wurde zwischen der missionsärztlichen Klinik in Würzburg und der Regierung von Unterfranken ein sogenannter modellhafter Vertrag zur ärztlichen Betreuung von Asylbewerbern abgeschlossen und welche Bausteine (Elemente) enthält dieser Vertrag (auch Angaben zur zeitlichen Umsetzung)? 2. Sind auch Unterstützungsleistungen in gynäkologischer und pädiatrischer Sicht inbegriffen? Wenn ja, in welcher Weise? 3. Wurde (wird) auch eine psychische Betreuung durch Ärzte und Pflegepersonal vorgenommen und wie sieht diese ganz konkret aus (z. B. Zahl der Betreuenden, zeitliche Dauer der Betreuung)? 4. Ist der Vertrag zeitlich begrenzt oder unbegrenzt bzw. bei zeitlicher Begrenzung, wie lange ist die Laufzeit? 5. Wie viele Kosten wurden vom Freistaat seit Beginn des Vertrages übernommen bzw. wie hoch sind die jährlichen Kosten und wie setzen sich diese zusammen und erfolgt eine Kostenaufteilung zwischen dem Freistaat und der missionsärztlichen Klinik? 6. Gibt es in Bayern noch weitere GUs, die analoge Verträge mit der jeweiligen Bezirksregierung abgeschlossen haben, und wenn ja, wie sehen diese Verträge aus, welche Leistungen wurden bisher erbracht? 7. Wie beurteilt die Staatsregierung solche Verträge (z. B. den Vertrag in Würzburg) im Hinblick auf eine verbesserte medizinische und psychische Betreuung von Flüchtlingen ? 8. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit auch in weiteren GUs in Bayern solche Verträge abgeschlossen werden können, insbesondere dann, wenn entsprechende Vertragspartner dazu bereit und in der Lage sind, diese Leistungen zu erbringen, und wird die Staatsregierung dann diesem Anliegen positiv gegenüberstehen, analog wie in Würzburg einen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Asylbewerbern zu leisten? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 28.09.2016 1. Wann wurde zwischen der missionsärztlichen Klinik in Würzburg und der Regierung von Unterfranken ein sogenannter modellhafter Vertrag zur ärztlichen Betreuung von Asylbewerbern abgeschlossen und welche Bausteine (Elemente) enthält dieser Vertrag (auch Angaben zur zeitlichen Umsetzung)? Eine solche Vereinbarung zwischen der Regierung von Unterfranken, als Vertreterin des Freistaates Bayern, und der Missionsärztlichen Klinik Würzburg GmbH wurde am 28.03.2008 geschlossen. Die Regierung von Unterfranken hat sich dazu verpflichtet , zur Erfüllung der Vertragszwecke die Räumlichkeiten in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber Würzburg zur Verfügung zu stellen und die Finanzierung der Ausstattung der Räumlichkeiten (Mobiliar, technische Ausrüstung, medizinische Grundausstattung) zu übernehmen. Außerdem trägt sie die Aufwandsentschädigung für die geleisteten ärztlichen Arbeitsstunden, die Kosten für das Pflegepersonal (1,5 Gesundheits- und Krankenpflegestellen ) und für die notwendigen medizinischen Verbrauchsmaterialien . Die Missionsärztliche Klinik übernimmt die medizinische und pflegerische Versorgung der Bewohner durch ein Ärzteteam , vor allem im Bereich der Allgemeinmedizin. Die ambulante Versorgung durch Fachärzte der Chirurgie, Urologie, Tropenmedizin und weitere ist möglich. Weiter werden auch präventive Maßnahmen wie Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen vorgenommen. Es stehen vor Ort 1,5 Gesundheits- und Krankenpflegestellen zur Verfügung. Von Montag bis Freitag ist tagsüber die Präsenz von medizinischem Personal gewährleistet. 2. Sind auch Unterstützungsleistungen in gynäkologischer und pädiatrischer Sicht inbegriffen? Wenn ja, in welcher Weise? Das Ärzteteam gewährleistet Konsultationen und Behandlungen an mindestens drei Wochentagen mit insgesamt 10 Stunden in den Bereichen Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Tropenmedizin. Zusätzlich entfallen 2 Wochenstunden auf gynäkologische und 3 Wochenstunden auf pädiatrische Konsultationen . 3. Wurde (wird) auch eine psychische Betreuung durch Ärzte und Pflegepersonal vorgenommen und wie sieht diese ganz konkret aus (z. B. Zahl der Betreuenden , zeitliche Dauer der Betreuung)? Die Asylbewerber nehmen bezüglich der psychischen Betreuung und Behandlung am allgemeinen ärztlichen Versor- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.11.2016 17/13169 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13169 gungsangebot teil. Es wird keine gesonderte psychologische Betreuung angeboten. 4. Ist der Vertrag zeitlich begrenzt oder unbegrenzt bzw. bei zeitlicher Begrenzung, wie lange ist die Laufzeit? Der Vertrag wurde zuletzt mit Wirkung vom 01.07.2015 für drei Jahre verlängert. Es besteht für beide Seiten die Möglichkeit , diesen mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende zu kündigen. 5. Wie viele Kosten wurden vom Freistaat seit Beginn des Vertrages übernommen bzw. wie hoch sind die jährlichen Kosten und wie setzen sich diese zusammen und erfolgt eine Kostenaufteilung zwischen dem Freistaat und der Missionsärztlichen Klinik? Die angefallenen Kosten werden der Missionsärztlichen Klinik zu 100 % vom Freistaat Bayern durch die Regierung von Unterfranken erstattet. Für den entstandenen Aufwand zur Wahrnehmung der genannten ärztlichen Aufgaben erhält die Missionsärztliche Klinik eine Vergütung sowohl für die allgemeinmedizinische als auch für die fachärztliche Versorgung in Höhe von € 120 je geleistete Wochenstunde. Die 1,5 Stellen (60 Wochenstunden) des Gesundheitsund Krankenpflegepersonals werden mit € 30 brutto je Stunde vergütet. Die Aufwendungen von 2011 bis 2015 stellen sich wie folgt dar: 2011 € 87.447 2012 € 97.843 2013 € 102.644 2014 € 128.004 2015 € 201.595 Gesamt € 617.533 6. Gibt es in Bayern noch weitere GUs, die analoge Verträge mit der jeweiligen Bezirksregierung abgeschlossen haben, und wenn ja, wie sehen diese Verträge aus, welche Leistungen wurden bisher erbracht ? In Bayern gibt es nach Auskunft der Regierungen keine weiteren Gemeinschaftsunterkünfte, in denen ähnliche Vertragswerke existieren. 7. Wie beurteilt die Staatsregierung solche Verträge (z. B. den Vertrag in Würzburg) im Hinblick auf eine verbesserte medizinische und psychische Betreuung von Flüchtlingen? Während durch den Freistaat in den Aufnahmeeinrichtungen und Dependancen sog. Ärztezentren eingerichtet wurden, um in verschiedenen medizinischen Bereichen die kurative Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern vor Ort auf niederschwelliger Basis vornehmen zu können, nehmen diese in der Anschlussunterbringung grundsätzlich am allgemeinen ärztlichen Versorgungsangebot teil. Bei dem Vertragswerk, welches Gegenstand der Schriftlichen Anfrage ist, handelt es sich um eine Ausnahmeregelung im Bereich der Anschlussunterbringung (s. Antwort zu Frage 6). Durch den Kooperationsvertrag sollte ein Pilotversuch gestartet werden, welcher als Vorbild für die o. g. Ärztezentren in den Aufnahmeeinrichtungen diente. Eine Ausweitung derartiger Kooperationsverträge ist durch die Staatsregierung nicht geplant, da die medizinische Versorgung in der Anschlussunterbringung durch die niedergelassenen Ärzte vor Ort gewährleistet ist. Zudem kommen derartige Verträge auch aus Kostengründen nicht in Betracht, da hierfür keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. 8. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit auch in weiteren GUs in Bayern solche Verträge abgeschlossen werden können, insbesondere dann, wenn entsprechende Vertragspartner dazu bereit und in der Lage sind, diese Leistungen zu erbringen, und wird die Staatsregierung dann diesem Anliegen positiv gegenüberstehen, analog wie in Würzburg einen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Asylbewerbern zu leisten? Siehe Antwort zu Frage 7.