Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 27.07.2016 Terminservicestellen Mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz ) sind die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet worden, Terminservicestellen einzurichten, um den gesetzlich Versicherten in dringenden Fällen zeitnah einen Termin beim Facharzt zu ermöglichen. In Bayern hat die Gedikom GmbH als Tochter der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) diese Aufgabe übernommen. Ich frage die Staatsregierung: 1. In wie vielen Fällen wurde die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (Gedikom) seit Beginn des Jahres in Anspruch genommen, welche Arztgruppen waren besonders betroffen? 2. Wie erklärt sich die Staatsregierung die Auffälligkeit bzw. Häufungen bei bestimmten Arztgruppen? 3. Welche konkreten Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus der Inanspruchnahme der Terminservicestelle hinsichtlich der Häufigkeit der Anfragen und der Verteilung auf die einzelnen Arztgruppen im Sinne einer Optimierung ? 4. Wie haben sich die Wartezeiten der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf einen Arzttermin in den vergangenen fünf Jahren entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Arztgruppen) und wie sieht diese Entwicklung bei den Versicherten in der privaten Krankenversicherung (PKV) aus? 5. Wie beurteilt die Staatsregierung die geplante Ausweitung der Terminservicestelle auf die Vermittlung von Terminen bei ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten ? 6. Hat sich die Staatsregierung auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass bei der anstehenden Überarbeitung der Bedarfsplanung bayerische Interessen angemessen berücksichtigt werden, beispielsweise bei der stärkeren Berücksichtigung regionaler Besonderheiten oder der Trennung gemeinsam beplanter Berufsgruppen? Wenn ja, durch welche Maßnahmen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 26.09.2016 Vorbemerkung: Die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versor gung ist gesetzliche Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Hierzu zählt nach § 75 Abs. 1 a Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) auch die Gewährleistung einer angemessenen und zeitnahen fachärztlichen Versorgung. In Umsetzung des gesetzlichen Regelungsauftrags aus dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- VSG) hat die KVB zum 25.01.2016 eine Terminservicestelle eingerich tet. Diese wird durch die Gedikom GmbH, eine 100%ige Tochter der KVB, betrieben. Da der Gesetzgeber Einrichtung, Organisation und Betrieb der Terminservicestellen in eigener Zuständigkeit und Verantwortung den Kasenärztlichen Vereinigungen (KVen) übertragen hat, liegen der Staats regierung zum Gegenstand der Anfrage keine eigenen Daten vor. Zur Beantwortung der Fragen wurden daher Stellungnahmen bei der KVB, der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern sowie dem Verband der Privaten Krankenversi cherung eingeholt. 1. In wie vielen Fällen wurde die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (Gedikom) seit Beginn des Jahres in Anspruch genommen, wel che Arztgruppen waren besonders betroffen? Seit Start der Terminservicestelle zum 25.01.2016 gingen bis zum 31.07.2016 in Bayern bislang 5.050 Anrufe mit konkreten Terminanfragen ein. Von diesen erfüllten nach Mitteilung der KVB lediglich 1.632 die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Terminvermittlung innerhalb der Fristen des § 75 Abs. 1 a Sätze 3 und 4 SGB V. Wie die KVB mitteilt , konnte für alle diese Anrufer – so wie vom Gesetzgeber vorgegeben – innerhalb einer Woche ein Facharzttermin vermittelt werden, der innerhalb von vier Wochen nach Vermittlung lag. Über den eigentlichen Anwendungsbereich der ge setzlichen Regelung hinaus sei es gelungen, auch für diejenigen Anrufer, die die ge setzlichen Voraussetzungen nicht erfüllten, einen Arzttermin zu vermitteln. Es sei bislang in keinem Fall erforderlich geworden, Patienten zur Behandlung an ein Kran kenhaus zu überweisen. Die Gesamtanzahl von Facharzt-Patienten-Kontakten im Zeitraum 25.01. bis 31.07.2016 liegt derzeit noch nicht vor. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres seien über die KVB aber ca. 32 Mio. Arzt-Patienten-Kontakte bei niedergelassenen Fach ärzten abgerechnet worden. Unterstellt man für 2016 ein gleichbleibendes lnan spruchnahmeverhalten, so würde dies bedeuten, dass der Anteil der über die Terminservicestelle vermittelten Facharzttermine bei Patienten, die die gesetzlichen Vo raussetzungen für die Vermittlung eines Termins innerhalb der gesetzlichen Fristen erfüllt haben (1.632), maximal 0,0051 % betragen habe. Bezogen auf alle von der Terminservicestelle vermittelten Termine (5.050) Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.12.2016 17/13174 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13174 würde dies eine Inanspruchnahme der Vermittlungsstelle in 0,015 % aller Fälle von Facharzt-Patienten-Kontakten bedeuten . Die KVB weist darauf hin, dass aufgrund von Pauschalierungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab nicht jeder Arzt-Patienten-Kontakt aus den Abrechnungsdaten ersichtlich ist. Daher handele es sich bei der Zahl von 32 Mio. Arzt- Patienten -Kontakten um eine „Minimalanzahl“. Der Anteil der vermittelten Termine an allen stattgefundenen Facharzt- Patienten-Kontakten könnte vor diesem Hintergrund tatsächlich entsprechend geringer ausfallen. Die im o. g. Zeitraum am stärksten nachgefragten Arztgruppen sind Neurologen, Rheumatologen und Psychiater. So betraf über ein Viertel (27,08 %) der bei der Ge dikom eingegangenen Terminanfragen die Arztgruppe der Neurologen . Es folgt die Arztgruppe der Rheumatologen (10,84 %) und die Arztgruppe der Psychiater (9,59 %). Auch Radiologen (8,60 %), Kardiologen (8,09 %) sowie Dermatologen (7,51 %) sind verhältnismäßig häufig betroffen (siehe Anlage ). Es ist darauf hinzu weisen, dass selbst bei der Arztgruppe der Neurologen, auf die über ein Viertel aller Terminanfragen entfällt, die diesbezügliche Inanspruchnahme der Terminservicestel le nach absoluten Zahlen relativ gering ist. 2. Wie erklärt sich die Staatsregierung die Auffälligkeit bzw. Häufungen bei bestimmten Arztgruppen? Sowohl nach Auffassung der Staatsregierung als auch nach Meinung der KVB hängt das vergleichsweise hohe Anfrageaufkommen bei Neurologen, Psychiatern und Rheumatologen mit spezifischen Gegebenheiten der Bedarfsplanung zusammen. Während in der überwiegenden Anzahl der Arztgruppen im Sinne der Bedarfspla nung nur eine einzige Fachrichtung vertreten ist (z. B. Augenärzte), stellen Neurolo gen, Rheumatologen und Psychiater Unter-Arztgruppen dar, die in der Bedarfspla nung mit anderen Unter-Arztgruppen mit deutlich unterschiedlichen Behandlungs schwerpunkten zusammengefasst sind. So stellen Rheumatologen nach den derzei tigen Vorgaben der BPI-Rl eine Unter-Arztgruppe der Arztgruppe der fachärztlich tä tigen Internisten dar, in der u. a. auch Kardiologen, Gastroenterologen und Nephrologen beplant werden. Neurologen und Psychiater sind Unter- Arztgruppen der Arzt gruppe der Nervenärzte. Die heterogene Zusammensetzung dieser Arztgruppen hat zur Folge, dass sich in offenen, also nicht wegen Überversorgung gesperrten, Planungsbereichen grund sätzlich jede der bestehenden Unter-Arztgruppen auf einem freien Sitz niederlassen kann, ohne dass insoweit eine Steuerungsmöglichkeit der Zulassungsausschüsse besteht. Dies kann dazu führen, dass sich der Anteil bestimmter Unter- Arztgruppen schleichend verringert. Beispiel hierfür ist in Bayern die Unter-Arztgruppe der Rheu matologen. So gibt es bayernweit in der Arztgruppe der fachärztlich tätigen Internis ten 1.887 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte (Zählung nach Köpfen). Lediglich 86 (5 %) dieser Ärzte sind als Rheumatologen zugelassen (Quel le: Versorgungsatlas der KVB, Stand: Februar 2016). Auch dieser Umstand trägt da zu bei, dass die Nachfrage der Patienten bei Unter-Arztgruppen mit relativ geringen Arztzahlen vergleichsweise hoch ist und so bei den verbliebenen Ärzten ein erhöhter Termindruck entsteht. Vor diesem Hintergrund hat sich auch der Landesgesundheitsrat in einer Resolution vom 29.09.2014 unter Mitwirkung des Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) für eine Stärkung der rheumatologi schen Versorgung in Bayern ausgesprochen. In der Arztgruppe der Nervenärzte, in der Neurologen und Psychiater sowie Nerven ärzte, die sowohl neurologisch als auch psychiatrisch weitergebildet sind, zusam mengefasst sind, gibt es einzelne Planungsbereiche mit jeweils deutlichen Überge wichten in der einen oder anderen Subdisziplin. Dies dürfte eine wesentliche Mitur sache für die Inanspruchnahme der Terminservicestelle für Termine bei Neurologen und Psychiatern sein. Diese Problematik wird aktuell im Rahmen der Neufassung der BPI-RI erörtert (vgl. Antwort zu Frage 6). 3. Welche konkreten Konsequenzen zieht die Staats regierung aus der Inanspruchnahme der Termin servicestelle hinsichtlich der Häufigkeit der Anfragen und der Verteilung auf die einzelnen Arztgruppen im Sinne einer Optimierung? Sowohl die prozentualen als auch die absoluten Zahlen zur Inanspruchnahme der Terminservicestelle zeigen, dass die Nachfrage und damit wohl auch der Bedarf für eine solche Vermittlung in Bayern gering, aber in bestimmten Konstellationen vor handen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für die Vermittlung eines Facharzttermins durch die Terminservicestelle der KVB nicht Voraussetzung ist, dass sich der Versicherte zuvor selbst erfolglos um einen Facharzttermin bemüht hat. Es ist daher davon aus zugehen, dass ein gewisser Anteil der Patienten, die ihren Termin von der Terminservicestelle vermittelt bekommen haben, diesen bei eigenen Bemühungen – ohne entsprechende Vermittlung – ebenfalls zeitnah erhalten hätten. Vor dem Hintergrund des bislang geringen Anwendungsbereichs der Terminservice stelle erscheint es daher offen, ob die mit verhältnismäßig hohen bürokratischen und finanziellen Aufwendungen verbundene Terminservicestelle zur Gewährleistungzeit naher Facharzttermine angemessen bzw. zwingend erforderlich ist. Die Staatsregierung hatte bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum GKV- VSG der zwingenden Einführung von Terminservicestellen zurückhaltend bis kritisch gegenübergestanden. Deshalb hatte sie über einen Bundesratsantrag – leider erfolg los – versucht, anstelle zwingender Terminservicestellen auch regional angepasste Lösungsmodelle zu ermöglichen. Als politischen Kompromiss auf Bundesebene hat die Staatsregierung die Einführung der Terminservicestellen letztlich aber gleichwohl mitgetragen. Da zur Beantwortung dieser Anfrage lediglich Daten aus dem ersten Halbjahr seit Einführung der Terminservicestelle zur Verfügung stehen, ist eine endgültige Bewer tung ihrer Notwendigkeit und Auswirkung naturgemäß noch nicht möglich . Die im GKV-VSG enthaltene gesetzliche Regelung zur Einführung der Terminservicestelle sieht in § 75 Abs.1 a Satz 15 f. SGB V deren Evaluierung vor. Diesbezüglich soll die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) jährlich – erstmals zum 30. Juni 2017 – berichten. Die entsprechenden Er gebnisse bleiben abzuwarten. Sollte sich bis zu diesem Zeitpunkt die Inanspruchnahme der Terminservicestelle in Bayern auf dem bislang vergleichsweise geringen Niveau einpendeln oder gar noch weiter zurückgehen, so wäre aus Sicht der Staatsregierung auf Bun desebene nochmals generell über den Fortbestand von verpflichtenden Terminser vicestellen oder zumindest Drucksache 17/13174 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 über die seitens der Staatsregierung im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens angeregte regionale Öffnungsklausel nachzudenken. Auch wenn Mechanismen zur zeitnahen Terminvergabe in Bedarfsfällen sehr sinnvoll er scheinen, spräche für eine Möglichkeit zur Schaffung gleich wirksamer Maßnahmen auf regionaler Ebene (statt oder neben dem Institut der Terminservicestelle) auch, dass so Lösungen mit einem ggf. deutlich geringeren organisatorischen und finanzi ellen Aufwand ermöglicht würden. Die Frage hinsichtlich einer Optimierung der Terminservicestelle im Hinblick auf be stimmte Arztgruppen wird aufgrund des engen Sachzusammenhangs gemeinsam mit Frage 6 beantwortet (siehe dort). 4. Wie haben sich die Wartezeiten der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf ei nen Arzttermin in den vergangenen fünf Jahren ent wickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Arztgruppen) und wie sieht diese Entwicklung bei den Versicherten in der privaten Krankenversicherung (PKV) aus? Aufgrund des im deutschen Gesundheitssystem geltenden Grundsatzes der Selbst verwaltung von Ärzten und Krankenkassen liegen dem StMGP zur Frage der Ent wicklung der Wartezeiten auf Arzttermine keine eigenen Daten vor. Es wurden daher Anfragen bei der KVB, der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bay ern sowie dem Verband der Privaten Krankenversicherung gestellt. Umfragen einzelner Krankenkassen haben in den letzten Jahren immer wieder be stätigt, dass die Wartezeiten auf einen Arzttermin in Bayern mit am kürzesten sind und regelmäßig unter dem Bundesdurchschnitt liegen. So ergab eine Umfrage der Betriebskrankenkassen aus dem Jahr 2011, dass bei den Befragten aus Bayern nicht nur die durchschnittliche Wartezeit zwischen Terminvereinbarung und Termin am kürzesten war, sondern auch die Zeit im Wartezimmer . Auch eine Auswertung der KBV von Mitte 2013 kam zu dem Ergebnis, dass Bayern in puncto Wartezeit auf einen Arzttermin in der Spitzengruppe liegt. Auf Nachfrage teilten die KVB, der Verband der Ersatzkassen , der Landesverband der Betriebskrankenkassen sowie die AOK Bayern mit, dass ihnen zur Entwicklung der Wartezeiten aktuell keine Erkenntnisse vorliegen. Aus Sicht des Verbands der Privaten Krankenversicherung sind bestehende Unter schiede für gesetzlich Versicherte im Vergleiche zu Privatversicherten relativ gering. Zudem stellten sie weniger einen Indikator für eine geringere Versorgungsqualität als vielmehr einen „Komfortindikator“ dar. Zu den diesbezüglichen Auswirkungen der Terminservicestelle liegen aufgrund der Kürze der Zeit noch keine Erkenntnisse vor. Insoweit bleibt insbesondere die o. g. Evaluation abzuwarten. 5. Wie beurteilt die Staatsregierung die geplante Aus weitung der Terminservicestelle auf die Vermittlung von Terminen bei ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten? Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Regelungen zur Terminservicestelle nicht generell auf sämtliche psychotherapeutischen Behandlungen Anwendung fin den werden, sondern lediglich auf die im Rahmen der Novellierung der Psychothera pie-Richtlinie zum 01.04.2017 einzuführenden psychotherapeutischen Sprechstun den (laut Psychotherapie -Richtlinie maximal 150 Minuten, wobei die Mindestdauer einer Sitzung 25 Minuten betragen muss), sowie für eine sich hieran ggf. anschlie ßende psychotherapeutische Akutbehandlung (maximal 600 Minuten; Mindestdauer einer Sitzung ebenfalls 25 Minuten). Vor dem Hintergrund vergleichsweise langer Wartezeiten und dem Umstand, dass einige Patienten bereits durch eine „Kurzinter vention“ von einer deutlichen Minderung ihres Leidensdrucks berichten , erscheint die Erstreckung der Terminservicestelle auf diesen Teilbereich der psychotherapeuti schen Versorgung aus Sicht der Staatsregierung sinnvoll. Letztlich werden die Aus wirkungen der mit der Novellierung der Psychotherapie- Richtlinie eingeführten Neue rungen aber erst nach einem gewissen Zeitablauf beurteilt werden können. 6. Hat sich die Staatsregierung auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass bei der anstehenden Überarbeitung der Bedarfsplanung bayerische Interessen angemes sen berücksichtigt werden, beispielsweise bei der stärkeren Berücksichtigung regionaler Besonderhei ten oder der Trennung gemeinsam beplanter Berufs gruppen? Wenn ja, durch welche Maßnahmen? Nicht nur im Bereich der Gesundheitspolitik ist es seit Langem gefestigte Auffassung der Staatsregierung, dass nicht alle Fragen zentral von Berlin aus und mit bundesweiter Geltung entschieden werden sollten. Vielmehr steht die Staatsre gierung auf dem Standpunkt, dass gerade eine Betrachtung der jeweiligen regiona len und lokalen Verhältnisse die Chance für passgenaue Lösungen deutlich erhöht. So ist es maßgeblich dem diesbezüglichen Einsatz der Staatsregierung zu verdanken, dass mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen GKV -Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) die Vorschrift des § 99 Abs.1 Satz 3 SGB V eingeführt wurde . Diese ermöglicht es den Selbstverwaltungspartnern auf regionaler Ebene, von den grundsätzlich bundesweiten Vorgaben der BPI-RI abweichen zu können. Anwendungsbereich dieser Norm ist u. a. der räumliche Zuschnitt von Pla nungsbereichen. So war mitunter zu beobachten, dass einzelne Planungsbereiche aufgrund der vorhandenen Arztsitze zwar insgesamt als überversorgt gelten, gleichwohl aber eine räumliche Ungleichverteilung von Ärzten besteht. Aufgrund der Vorschrift des § 99 Abs. 1 Satz 3 SGB V ist es den regionalen Selbstverwal tungspartnern nun möglich, derartige Planungsbereiche weiter zu unterteilen. In Bayern hat der Gemeinsame Landesausschuss im hausärztlichen Bereich von dieser Befugnis bereits regen Gebrauch gemacht und zahlreiche Mittelbereiche in zwei bis fünf Planungsregionen unterteilt. Somit findet die hausärztliche Bedarfspla nung in Bayern aktuell – statt ursprünglich auf der Ebene von 137 Mittelbereichen – nunmehr kleinräumiger in 199 Mittelbereichen bzw. Planungsregionen statt. Dies er möglicht eine deutlich kleinräumigere und damit stärker auf die örtlichen Verhältnisse abstellende Bedarfsplanung . Insbesondere kann hierdurch nun erstmals auf regiona ler Ebene einer räumlichen Ungleichverteilung von Ärzten innerhalb einzelner Pla nungsregionen entgegengewirkt werden. Die Staatsregierung wirbt dafür, dass die regionalen Selbstverwaltungs partner von der eingeräumten gesetzlichen Befugnis, wo sinnvoll und erforderlich, auch im Bereich der allgemeinen fachärztlichen Versorgung Gebrauch machen sollten. Ein diesbezügliches Weisungsrecht der Staatsregierung besteht vor dem Hinter grund des Selbstverwaltungsgrundsatzes aber nicht. Hinsichtlich der in der Antwort zu Frage 2 angesprochenen Problematik der bisheri gen einheitlichen Bedarfs- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13174 planung unterschiedlicher Subdisziplinen in einer zusammengefassten Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung handelt es sich allerdings um keine Frage, die als regionale Besonderheit dem Anwendungsbereich von § 99 Abs. 1 Satz 3 SGB V unterfallen könnte. Aktuell wird jedoch auf Ebene des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über eine getrennte Beplanung bestimmter Arztgruppen bzw. die Schaffung von Subquoten oder im Rahmen von Nachbesetzungsverfahren zum Tragen kommende Versorgungsschwerpunkte diskutiert. Im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten setzt sich die Staatsregierung dabei für eine, den bayerischen Patienten zugutekommende, passgenauere Beplanung dieser Arztgruppen ein, wie sie durch die o. g. Maßnahmen erreicht werden könnte. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Länder im Rahmen der Beratungen des G-BA lediglich ein Antrags- und Mitbera tungsrecht, nicht jedoch ein Mitentscheidungsrecht besitzen. Auch erfolgt eine offizi elle Positionierung der Ländervertretung im Rahmen der Beratungen nur dann, so fern es im Vorfeld gelingt, unter den Ländern eine einheitliche Position abzustimmen.