Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 22.08.2016 Sonn- und Feiertagsarbeit in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. In wie vielen Betrieben im Freistaat wurde (in relativen und in absoluten Zahlen) in den vergangenen zehn Jahren Sonn- und Feiertagsarbeit geleistet (bitte nach Jahren und Anzahl der geleisteten Stunden differenzieren )? 2. Wie haben sich die Anzahl und der jeweilige Anteil der Betriebe mit Sonn- und Feiertagsarbeit in den vergangenen zehn Jahren pro Jahr in den einzelnen Branchen und Betriebsgrößen entwickelt? 3. Wie haben sich Anzahl und Anteil von Betrieben mit Sonn- und Feiertagsarbeit in den Bezirken (Landkreisen und Städten) in den letzten zehn Jahren entwickelt ? 4. a) Wie viele Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsverbot wurden in Bayern in den vergangenen zehn Jahren pro Jahr erteilt? b) Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruhten die jeweiligen Ausnahmegenehmigungen? 5. Wie verteilten sich die Ausnahmegenehmigungen in den vergangenen zehn Jahren auf Bezirke, Branchen und Betriebsgrößen? 6. Wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer waren pro Jahr im Freistaat (in relativen und in absoluten Zahlen) zu welchem Stundenvolumen in den vergangenen zehn Jahren von Sonn- und Feiertagsarbeit betroffen ? 7. Wie verteilten sich in den letzten zehn Jahren die jährliche Anzahl und der jährliche Anteil von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Sonn- und Feiertagsarbeit geleistet haben, regional sowie auf Branchen und Betriebsgrößen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 30.09.2016 Vorbemerkung: Die zulässige Sonn- und Feiertagsbeschäftigung beruht ganz überwiegend (zu mehr als 90 %) auf gesetzlichen und untergesetzlichen Ausnahmen, die ein Unternehmen bereits unmittelbar aufgrund der einschlägigen Gesetzes- und Verordnungslage ohne behördliche Bewilligung in Anspruch nehmen kann, sofern der Ausnahmetatbestand erfüllt ist (z. B. nach § 10 des Arbeitszeitgesetzes für Not- und Rettungsdienste , Hotels und Gaststätten, Krankenhäuser, Altenpflegeheime etc.). Der Unternehmer prüft dabei selbst, ob die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Auch die bayerische Bedürfnisgewerbeverordnung lässt Ausnahmen zu, die entsprechend dieser Systematik ohne behördliche Bewilligung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von den Unternehmen in Anspruch genommen werden können. Es besteht für die Betriebe (ca. 630.000 in Bayern) keine gesetzliche Verpflichtung zur Meldung von Sonn- und Feiertagsbeschäftigung an staatliche Institutionen. Die Pflicht zur Erteilung von Auskünften nach § 17 Abs. 4 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes erstreckt sich auf alle Vorgänge und Tatsachen , die die Aufsichtsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben (Anordnungen) benötigt. Von sich aus muss der Arbeitgeber keine Auskünfte erteilen; er kann auch nicht zur fortlaufenden Auskunftserteilung verpflichtet werden (vgl. Kommentar Anzinger /Koberski, Arbeitszeitgesetz, 4. Auflage, § 17 Rdn. 19). Die im Rahmen des Ladenschlussgesetzes zulässige Sonn- und Feiertagsbeschäftigung anlässlich „verkaufsoffener Sonn- und Feiertage“, z. B. auf der Grundlage der „sog. Markt-Sonntag- und Markt-Feiertag-Regelung“, kennt ebenfalls keine Meldeverpflichtung. Eine Datenerhebung wäre nur auf freiwilliger Basis bei den ca. 630.000 Betrieben in Bayern möglich. Der Verwaltungsaufwand wäre enorm, ebenso die bürokratische Belastung der ca. 630.000 Betriebe in Bayern, die über den Betrachtungszeitraum von zehn Jahren rückwirkend befragt werden müssten. Mangels gesetzlicher Verpflichtung ist zudem kein Rücklauf zu erwarten , der ein repräsentatives Ergebnis erbrächte. 1. In wie vielen Betrieben im Freistaat wurde (in relativen und in absoluten Zahlen) in den vergangenen zehn Jahren Sonn- und Feiertagsarbeit geleistet (bitte nach Jahren und Anzahl der geleisteten Stunden differenzieren)? 2. Wie haben sich die Anzahl und der jeweilige Anteil der Betriebe mit Sonn- und Feiertagsarbeit in den vergangenen zehn Jahren pro Jahr in den einzelnen Branchen und Betriebsgrößen entwickelt? 3. Wie haben sich Anzahl und Anteil von Betrieben mit Sonn- und Feiertagsarbeit in den Bezirken Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.11.2016 17/13280 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13280 (Landkreisen und Städten) in den letzten zehn Jahren entwickelt? Es besteht für die Betriebe (ca. 630.000 in Bayern) keine gesetzliche Verpflichtung zur Meldung von Sonn- und Feiertagsbeschäftigung an staatliche Institutionen. Weder den Gewerbeaufsichtsämtern noch den Landratsämtern liegen deshalb entsprechende Zahlen vor. 4. a) Wie viele Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsverbot wurden in Bayern in den vergangenen zehn Jahren pro Jahr erteilt? Hierzu ist anzumerken, dass der überwiegende Anteil (mehr als 90 %) der zulässigen Sonn- und Feiertagsbeschäftigung auf gesetzlichen und untergesetzlichen Ausnahmen, die ein Unternehmen bereits unmittelbar aufgrund der einschlägigen Gesetzes- und Verordnungslage ohne behördliche Bewilligung in Anspruch nehmen kann, sofern der Ausnahmetatbestand erfüllt ist, beruht. In dem kleinen Anteil der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung, der dem Genehmigungsvorbehalt der Verwaltungsbehörden unterliegt (weniger als 10 %), ist ein wesentlicher Teil der Anträge auf Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsbeschäftigungsverbot bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zu genehmigen . Das ist beispielsweise immer dann der Fall, wenn im Ausland sonn- und feiertägliche Produktion zulässig ist und Konkurrenzbetriebe durch die längere Nutzung ihrer Produktionsstätten einen unzumutbaren Wettbewerbsvorteil haben. In diesen Fällen gibt es keinen Ermessensspielraum (,, Die Aufsichtsbehörde hat ... zu bewilligen, wenn...“). Nur bei einem geringen Teil an Anträgen auf Sonn- und Feiertagsbeschäftigung lässt die gesetzliche Grundlage eine „pflichtgemäße Ermessensausübung“ zu, beispielsweise wenn sonn- und feiertägliche Arbeiten im öffentlichen Interesse dringend nötig werden (,,Die Aufsichtsbehörde kann ... zulassen,... „). Von diesem Ermessen wird in Bayern mit Blick auf den verfassungsrechtlich gebotenen Sonn- und Feiertagsschutz restriktiv Gebrauch gemacht. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl aller arbeitszeitrechtlich durch die Bayerische Gewerbeaufsicht erteilten Genehmigungen, Erlaubnisse, Zulassungen, Ausnahmen und Ermächtigungen wie folgt entwickelt: Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 Erteilte Genehmigungen , Erlaubnisse , Zulassungen, Ausnahmen und Ermächtigungen 6.771 8.509 7.012 5.939 7.985 Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 Erteilte Genehmigungen , Erlaubnisse , Zulassungen, Ausnahmen und Ermächtigungen 8.405 7.756 8.606 8.535 7.540 Die Werte wurden den jeweiligen Jahresberichten der Gewerbeaufsicht entnommen. Sie finden sich jeweils in der Tabelle 4. Ausdrücklich wird betont, dass die der Tabelle 4 zugrunde liegende statistische Erhebung Ausnahmen für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung nicht gesondert erfasst. Die o. g. Werte setzen sich folglich aus werk-, sonn- und feiertäglichen Ausnahmen zusammen. Ferner ist anzumerken, dass Betriebe zum Teil mehrere Anträge stellen und somit die o. g. Werte nicht mit der Anzahl der Betriebe gleichzusetzen sind. Zudem gilt die Ausnahmebewilligung meist nur für einen bestimmten Teilbereich des Betriebs und somit nicht für die Gesamtanzahl der Beschäftigten. Weitere Zahlenerhebungen nach Ladenschlussgesetz oder bayerischer Bedürfnisgewerbeverordnung liegen nicht vor. b) Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruhten die jeweiligen Ausnahmegenehmigungen? 5. Wie verteilten sich die Ausnahmegenehmigungen in den vergangenen zehn Jahren auf Bezirke, Branchen und Betriebsgrößen? Hierzu liegen keine Zahlenerhebungen vor (siehe Antwort zu Frage 4 a und Vorbemerkung). 6. Wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer waren pro Jahr im Freistaat (in relativen und in absoluten Zahlen) zu welchem Stundenvolumen in den vergangenen zehn Jahren von Sonn- und Feiertagsarbeit betroffen? 7. Wie verteilten sich in den letzten zehn Jahren die jährliche Anzahl und der jährliche Anteil von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Sonnund Feiertagsarbeit geleistet haben, regional sowie auf Branchen und Betriebsgrößen? Der Betrachtungszeitraum von zehn Jahren rückwirkend kann nicht durchgehend abgebildet werden, da nur für einzelne Jahre und auch nur teilweise entsprechende Zahlen bzw. Branchenerhebungen vorliegen. Für den „Datenreport: Soziale Lage in Bayern 2013“ des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration erfolgte durch das Bayerische Landesamt für Statistik eine Sonderauswertung des Mikrozensus 2012 für Bayern. Gemäß dieser Sonderauswertung leisteten im Jahr 2012 von den 5,51 Mio. abhängig Beschäftigten (ohne Auszubildende ) o rund 711.000 (12,7 %) ständig bzw. regelmäßig Sonnund /oder Feiertagsarbeit, o rund 672.000 (12,2 %) gelegentlich (d. h. unregelmäßig an einigen Arbeitstagen) Sonn- und/oder Feiertagsarbeit. Differenziert nach Wirtschaftsbereichen ist festzuhalten, dass prozentual nach den Angaben der abhängig Beschäftigten • in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei mit 41,4 % am häufigsten an Sonn- und/oder Feiertagen gearbeitet wird (bei 29.000 Erwerbstätigen), • im Bereich der öffentlichen und privaten Dienstleistungen (ohne öffentliche Verwaltung) zu 40,9 % an Sonn- und/ oder Feiertagen gearbeitet wird (bei 1,195 Mio. Erwerbstätigen ), • gefolgt von Handel, Kfz, Gastgewerbe mit 29,0 % (bei 917.000 Erwerbstätigen) und Verkehr, Lagerei, Kommunikation mit 27,0 % (bei 434.000 Erwerbstätigen). Die im Rahmen des Mikrozensus 2012 ermittelten Zahlen zeigen allerdings auch, dass Bayern mit seinen abhängig Beschäftigten, die ständig oder regelmäßig an Wochenenden arbeiten müssen, im Bundesvergleich mit rund 23 % neben Hamburg und Baden-Württemberg an letzter Stelle liegt, also die geringste Quote an abhängig Beschäftigten mit Wochenendarbeit aufweist; bezogen nur auf Sonn- und Feiertage arbeiten 12,7 % der abhängig Beschäftigten in Bayern ständig bzw. regelmäßig. Im Ländervergleich liegt Bayern damit bei der Sonn- und Feiertagsarbeit nach Baden -Württemberg an vorletzter Stelle.