Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 02.09.2016 Großveranstaltungen und die Auswirkungen der Sicherheitslage Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist der Staatsregierung bewusst, dass durch die Vorkommnisse der letzten Zeit (Amoklauf München, Anschlag Ansbach etc.) viele Großveranstaltungen, insbesondere Volksfeste, erhebliche Einbußen aufgrund geringerer Besucherzahlen hinnehmen mussten? a) Wenn ja, gibt es darüber bereits Informationen, in welchem Größenrahmen sich der Besucherrückgang etc. bewegt? 2. Ist der Staatsregierung bekannt, dass Kommunen aufgrund der Sicherheitslage bereits Veranstaltungen abgesagt haben? a) Wenn ja, welche und wie viele? b) Wenn ja, gibt es in solchen Fällen Möglichkeiten für finanzielle Entschädigungen für die Vertragspartner (z. B. Konzertveranstalter, Bands, Schausteller etc.)? 3. Aus welchen Gründen kann eine Kommune eine Großveranstaltung kurzfristig absagen? a) Gibt es bestimmte offizielle Alarmstufen hinsichtlich der Sicherheitslage, an denen sich Kommunen und Veranstalter orientieren können? 4. Ist der Staatsregierung bekannt, ob Kommunen aufgrund der Sicherheitslage zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie z. B. mehr eigene Sicherheitskräfte vonseiten der Veranstalter, beteiligten Betriebe etc. fordern? 5. Inwiefern sind zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen bei Großveranstaltungen vonseiten der Kommunen und inwieweit von den Veranstaltern bzw. teilnehmenden Betrieben (z. B. Schausteller etc.) selbst zu erbringen? 6. In wie fern wird die Staatsregierung aufgrund der geänderten Sicherheitslage künftig mehr Polizeikräfte bei solchen Großveranstaltungen einsetzen, damit die Veranstalter nicht durch zusätzliche Kosten für mehr Sicherheitspersonal belastet werden? 7. Sind vonseiten der Staatsregierung angesichts der geänderten Sicherheitslage und der damit verbundenen Probleme auch wirtschaftspolitische Maßnahmen geplant , um die Existenz insbesondere langjähriger traditioneller Großveranstaltungen in Bayern zu schützen? a) Wenn ja, um welche Maßnahmen handelt es sich? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 10.10.2016 Die Schriftliche Anfrage wird unter Beteiligung des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt beantwortet: 1. Ist der Staatsregierung bewusst, dass durch die Vorkommnisse der letzten Zeit (Amoklauf München , Anschlag Ansbach etc.) viele Großveranstaltungen , insbesondere Volksfeste, erhebliche Einbußen aufgrund geringerer Besucherzahlen hinnehmen mussten? a) Wenn ja, gibt es darüber bereits Informationen, in welchem Größenrahmen sich der Besucherrückgang etc. bewegt? Dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) wie auch dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) liegt ein Schreiben der Münchner Schausteller vor. In diesem wird von „erheblichen Verdienstausfällen“, wegen den temporären Absagen der Volksfeste in der Trauerwoche nach dem Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München, berichtet. Genaue Zahlen zum Besucherrückgang, wie auch zu den wirtschaftlichen Einbußen, wurden hierbei jedoch nicht genannt und liegen nicht vor. 2. Ist der Staatsregierung bekannt, dass Kommunen aufgrund der Sicherheitslage bereits Veranstaltungen abgesagt haben? a) Wenn ja, welche und wie viele? Es liegen weder dem StMWi noch dem StMI Erkenntnisse über abgesagte Veranstaltungen vor. Eine weitergehende Beantwortung der Fragestellung könnte nur mit einem erheblichen Arbeitsaufwand geleistet werden, der sich innerhalb der für die Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht bewerkstelligen lässt. b) Wenn ja, gibt es in solchen Fällen Möglichkeiten für finanzielle Entschädigungen für die Vertragspartner (z. B. Konzertveranstalter, Bands, Schausteller etc.)? Siehe Antwort zu Frage 2 a. 3. Aus welchen Gründen kann eine Kommune eine Großveranstaltung kurzfristig absagen? Die Gemeinden sind allgemeine Sicherheitsbehörden nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG). Als solchen obliegt es ihnen, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Eine abschließende Aufzählung von Gründen, wann eine Gemeinde eine Großveranstaltung kurzfristig absagen kann, besteht nicht und ist nicht möglich. Vielmehr ist maßgeblich, ob eine konkrete Gefahrenlage be- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.12.2016 17/13383 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13383 steht. Das LStVG enthält nähere Regelungen über die Veranstaltung „öffentlicher Vergnügungen“ (z. B. Volksfeste). Bei konkreten Gefahren für Leben, Gesundheit, Sachgüter und weitere im Gesetz genannte Schutzgüter kann die Gemeinde für die Durchführung der Veranstaltung Anordnungen für den Einzelfall erlassen, um Gefahren abzuwehren (Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG). Welchen Inhalt solche Anordnungen haben, liegt im Ermessen der gemeindlichen Sicherheitsbehörde. Das Gesetz bestimmt zudem ausdrücklich, dass eine Veranstaltung untersagt werden kann, wenn Einzelfallanordnungen zur Gefahrenabwehr nicht ausreichen (Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG). Bei erlaubnispflichtigen Veranstaltungen (d. h. insbesondere solche, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden sollen und für die mehr als eintausend Besucher zugleich zugelassen werden sollen) ist zudem bereits im Vorfeld die Erlaubnis zu versagen, wenn einer Gefahrenlage nicht auf andere Weise begegnet werden kann (vgl. Art. 19 Abs. 4 LStVG). Auch wenn eine Erlaubnis bereits erteilt wurde , können bei entsprechender Gefahrenlage Einzelfallanordnungen oder erforderlichenfalls eine (nachträgliche) Untersagung ausgesprochen werden. a) Gibt es bestimmte offizielle Alarmstufen hinsichtlich der Sicherheitslage, an denen sich Kommunen und Veranstalter orientieren können? Rechtlich vorgegebene „Alarmstufen“ gibt es für den Bereich des allgemeinen Sicherheitsrechts nicht. Die Gemeinden befinden sich jedoch regelmäßig im engen Austausch mit der Polizei und berücksichtigen die dortige Bewertung der Sicherheitslage. 4. Ist der Staatsregierung bekannt, ob Kommunen aufgrund der Sicherheitslage zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie z. B. mehr eigene Sicherheitskräfte vonseiten der Veranstalter, beteiligten Betriebe etc. fordern? Wie am Beispiel des Münchner Oktoberfests ersichtlich ist, wurde das Konzept zur Sicherung des Festgeländes durch die Landeshauptstadt München den aktuellen sicherheitsspezifischen Anforderungen angepasst. So wurde das Festgelände beispielsweise vollumfänglich eingezäunt. An den Zugängen zur Festwiese fanden zudem verstärkte Kontrollen der Festbesucher durch private Sicherheitsdienste statt. Neben der Landeshauptstadt München haben auch andere Kommunen die Sicherheitskonzepte von Veranstaltungen einer Überprüfung unterzogen. Erkenntnisse zu Art und Umfang sowie den Ergebnissen der Überprüfungen liegen hier nicht vor. Eine weitergehende Beantwortung der Fragestellung für ganz Bayern könnte nur mit einem erheblichen Arbeitsaufwand geleistet werden, der sich innerhalb der für die Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht bewerkstelligen lässt. 5. Inwiefern sind zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen bei Großveranstaltungen vonseiten der Kommunen und in wie weit von den Veranstaltern bzw. teilnehmenden Betrieben (z. B. Schausteller etc.) selbst zu erbringen? Welche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr getroffen werden , liegt grundsätzlich im Ermessen der gemeindlichen Sicherheitsbehörden . Die gilt auch für die Frage, wer für Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Anspruch genommen wird. Regelmäßig werden die Sicherheitsbehörden, insbesondere bei Großveranstaltungen , vom Veranstalter besondere Maßnahmen einfordern, um die Sicherheit der Veranstaltung zu gewährleisten . Dabei wird häufig ein sog. Sicherheitskonzept vom Veranstalter gefordert, in welchem dieser die geplanten Sicherheitsmaßnahmen im Einzelnen darstellt. Die Gemeinde prüft ein solches Sicherheitskonzept (auch in Abstimmung mit der Polizei) und kann erforderlichenfalls weitere, über das vorgelegte Sicherheitskonzept hinausgehende Maßnahmen vom Veranstalter verlangen. 6. Inwiefern wird die Staatsregierung aufgrund der geänderten Sicherheitslage künftig mehr Polizeikräfte bei solchen Großveranstaltungen einsetzen, damit die Veranstalter nicht durch zusätzliche Kosten für mehr Sicherheitspersonal belastet werden? Umfang und Durchführung eines polizeilichen Einsatzes – und damit auch die Anzahl eingesetzter Kräfte – wird durch die Polizeibehörden anlass- und lagebezogen individuell festgelegt. Bei den Planungen werden Kriterien, wie z. B. die Art der Veranstaltung, die erwartete Gesamtbesucherzahl, etc. stets mit einbezogen. Darüber hinaus bleibt jedoch festzuhalten, dass Veranstalter einer Großveranstaltung verpflichtet sind, die Sicherheit durch eigenes Sicherheitspersonal (z. B. Ordner) zu gewährleisten. 7. Sind vonseiten der Staatsregierung angesichts der geänderten Sicherheitslage und der damit verbundenen Probleme auch wirtschaftspolitische Maßnahmen geplant, um die Existenz insbesondere langjähriger traditioneller Großveranstaltungen in Bayern zu schützen? a) Wenn ja, um welche Maßnahmen handelt es sich? Nach Darstellung des StMWi sind in diesem Kontext keine wirtschaftspolitischen Maßnahmen geplant.