Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Rosi Steinberger, Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.08.2016 Kontrolle der Düngemittellager in Bayern In Baden-Württemberg wurde aufgrund eines Fischsterbens in der Jagst nach dem Brand eines Düngemittellagers eine landesweite Überprüfung durchgeführt. Dabei zeigten sich erhebliche Defizite. Bei etwa der Hälfte der 307 überprüften Lager stellten die Behörden fest, dass eine Löschwasserrückhaltung notwendig ist. In Baden-Württemberg wussten die Wasserbehörden aufgrund alter Genehmigungsbescheide in vielen Fällen nicht von der Lagerung wassergefährdender Stoffe. Wir fragen die Staatsregierung: 1. Wie viele Düngemittellager gibt es in Bayern (bitte nach Regierungsbezirken aufgliedern)? 2. Wie viele dieser Düngemittellager sind nach der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS) verpflichtet, ihre Anlagen regelmäßig von Sachverständigen überprüfen zu lassen (bitte nach Regierungsbezirken aufgliedern)? 3. Werden die zuständigen Behörden über Mängel, die die Sachverständigen bei ihrer Überprüfung feststellen , informiert? 4. a) Wurde in Bayern eine systematische Kontrolle der Düngemittellager durch die zuständigen Überwachungsbehörden durchgeführt? b) Wenn ja, wann? c) Mit welchem Ergebnis? 5. a) Falls keine systematischen Kontrollen durchgeführt wurden, rechnet die Staatsregierung mit ähnlichen Ergebnissen wie bei der Kontrolle in Baden-Württemberg ? b) Beabsichtigt die Staatsregierung ausgehend von der erheblichen Gefahr für die Oberflächengewässer und aufgrund der Erfahrungen in Baden-Württemberg ebenfalls eine systematische Kontrolle der Düngemittellager ? c) Wenn nein, warum nicht? 6. a) Haben die staatlichen Stellen in Bayern davon Kenntnis , welche Düngemittellager über eine Löschwasserrückhaltung verfügen? b) Wenn ja, bei wie viel Prozent der Düngemittellager in Bayern ist eine Löschwasserrückhaltung eingerichtet? c) Bei wie vielen Löschwasserrückhaltungen ist eine Nachbesserung erforderlich, weil sie nicht ausreichend bemessen sind? 7. Wie viele Düngemittellager in Bayern lagern noch weitere wassergefährdende Stoffe wie Pestizide oder Treib- und Brennstoffe (bitte nach Regierungsbezirken aufgliedern)? 8. Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass die Wasserbehörden auch bei Düngemittellagern mit älteren Genehmigungen über die Lagerung wassergefährdender Stoffe informiert werden und diese überwachen können ? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 11.10.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr und dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Düngemittellager gibt es in Bayern (bitte nach Regierungsbezirken aufgliedern)? Bei Düngemittellagern kann es sich um sehr unterschiedliche Einrichtungen gewerblicher und privater Natur handeln, für die nur zum Teil eine Genehmigungs- oder Anzeigepflicht besteht. Zuständig sind die Kreisverwaltungsbehörden, eine zentrale Datenbank für Bayern existiert nicht. Die wasserwirtschaftlichen Behörden vor Ort (Wasserwirtschaftsämter, fachkundige Stellen an den Kreisverwaltungsbehörden) haben eine Vielzahl von Überwachungsaufgaben, die Überwachung von Düngemittellagern durch die fachkundige Stelle ist eine davon. Nach dem Prinzip der Subsidiarität handeln die Behörden vor Ort in hohem Maß eigenverantwortlich. In begründeten Fällen sowie anlassbezogen werden zentrale Abfragen zu einzelnen Überwachungsergebnissen erhoben und zentral dokumentiert. Eine vollständige zentrale Erhebung aller Überwachungsdaten der Behörden ist rechtlich nicht geregelt und auch nicht erforderlich. Daher wurde auf eine Abfrage bei den Kreisverwaltungsbehörden zur Beantwortung der Frage verzichtet. 2. Wie viele dieser Düngemittellager sind nach der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS) verpflichtet, ihre Anlagen regelmäßig von Sachverständigen überprüfen zu lassen (bitte nach Regierungsbezirken aufgliedern)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.12.2016 17/13385 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13385 Für Anlagen mit festen wassergefährdenden Stoffen, zu welchen ammoniumnitrathaltige Düngemittel gehören, besteht nach VAwS keine regelmäßige Prüfpflicht. Auch in Baden-Württemberg resultierte die Prüfpflicht der kontrollierten Düngemittellager nicht aus der Anwesenheit von festen Düngemitteln, sondern aus der zusätzlichen Lagerung von flüssigen Düngemitteln und (flüssigen) Pflanzenschutzmitteln der Wassergefährdungsklasse 3. Bei flüssigen wassergefährdenden Stoffen sind wiederkehrende Prüfungen durch Sachverständige ab folgenden Wassergefährdungsklassen (WGK) notwendig: WGK 1 ab mehr als 1.000 m³, WGK 2 ab 10 m³ und WGK 3 ab 1 m³. Flüssigdünger sind in der Regel in WGK 1 eingestuft . Unterirdische Anlagen sind generell prüfpflichtig. Eine zentrale Dokumentation über die Prüfpflicht konkreter Anlagen ist gesetzlich nicht vorgesehen. 3. Werden die zuständigen Behörden über Mängel, die die Sachverständigen bei ihrer Überprüfung feststellen, informiert? Die Vorgehensweise bei der Prüfung von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist in § 19 VAwS geregelt . Die Sachverständigen haben gemäß Abs. 5 Satz 2 spätestens innerhalb eines Monats über jede durchgeführte Prüfung der Kreisverwaltungsbehörde einen Prüfbericht vorzulegen . Bei erheblichen Mängeln wird vom Sachverständigen im Prüfbericht eine Frist zur Beseitigung vorgeschlagen, die die Kreisverwaltungsbehörde im Regelfall gegenüber dem Betreiber bestätigt. Im Rahmen einer Nachprüfung überzeugt sich der Sachverständige von der Beseitigung der Mängel und informiert die Kreisverwaltungsbehörde erneut durch Übersendung des Prüfberichts. 4. a) Wurde in Bayern eine systematische Kontrolle der Düngemittellager durch die zuständigen Überwachungsbehörden durchgeführt? b) Wenn ja, wann? c) Mit welchem Ergebnis? Die Kontrolle von Düngemittellagern findet, soweit gesetzliche Anforderungen bestehen, anlass- und objektbezogen , nach pflichtgemäßem Ermessen und stichprobenartig statt. 5. a) Falls keine systematischen Kontrollen durchgeführt wurden, rechnet die Staatsregierung mit ähnlichen Ergebnissen wie bei der Kontrolle in Baden- Württemberg? Die Ergebnisse der Kontrolle gewerblicher Düngemittellager in Baden-Württemberg sind im Einzelnen nicht bekannt. Laut Pressemitteilungen ist ein Großteil der Mängel geringfügiger Art und bereits mit Abschluss der Kontrollaktion beseitigt worden. In einzelnen Fällen seien Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet oder Zwangsgeld angedroht worden. Als Konsequenz aus der Kontrollaktion solle daher geprüft werden, wie die Betreiber künftig besser über ihre bestehenden Pflichten informiert und auf bestehende Risiken hingewiesen werden können. Die im gesetzlich vorgesehenen Rahmen durchgeführten Kontrollen durch die zuständigen Behörden werden in Bayern daher durch Beratungsangebote für die Anlagenbetreiber flankiert. b) Beabsichtigt die Staatsregierung ausgehend von der erheblichen Gefahr für die Oberflächengewässer und aufgrund der Erfahrungen in Baden-Württemberg ebenfalls eine systematische Kontrolle der Düngemittellager? c) Wenn nein, warum nicht? Das Konzept der anlass- und objektbezogenen, stichprobenartigen Anlagenüberwachung hat sich in Bayern grundsätzlich bewährt. Ein Anlass zu verstärkter Überwachung von Düngemittellagern besteht nicht. Auch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg verweist in seiner Pressemitteilung darauf, dass es zahlreiche andere Anlagen, beispielsweise Kunststofflager, mit vergleichbarem Schadenspotenzial gibt. Eine Konzentration der Überwachung auf einen einzigen Anlagentyp ist daher nicht gerechtfertigt. 6. a) Haben die staatlichen Stellen in Bayern davon Kenntnis, welche Düngemittellager über eine Löschwasserrückhaltung verfügen? b) Wenn ja, bei wie viel Prozent der Düngemittellager in Bayern ist eine Löschwasserrückhaltung eingerichtet ? c) Bei wie vielen Löschwasserrückhaltungen ist eine Nachbesserung erforderlich, weil sie nicht ausreichend bemessen sind? Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat die Richtlinie zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern von wassergefährdenden Stoffen in der Liste der als Technische Baubestimmungen eingeführten technischen Regeln bekannt gemacht. Die Richtlinie ist damit bauordnungsrechtlich zwingend zu beachten. In der Anlage 3.4/1 der Bekanntmachung wird u. a. geregelt, dass sich das Erfordernis der Rückhaltung verunreinigten Löschwassers ausschließlich aus dem Besorgnisgrundsatz des Wasserrechts (§ 19g Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes – WHG alte Fassung, seit 01.03.2010 § 62 Abs. 1) in Verbindung mit der Regelung des § 3 Nr. 4 Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung – VAwS) ergibt. Danach muss im Schadensfall anfallendes Löschwasser, das mit ausgetretenen wassergefährdenden Stoffen verunreinigt sein kann, zurückgehalten und ordnungsgemäß entsorgt werden können. Die Richtlinie regelt ausschließlich die Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe. Eine Löschwasser-Rückhalteanlage ist nicht erforderlich, wenn wassergefährdende Stoffe unterhalb der Schwellenwerte nach Abschnitt 2.1 der Richtlinie gelagert werden. Der Nachweis ausreichend bemessener Löschwasser-Rückhalteanlagen ist durch den Bauherrn zu erbringen. Dieser ist auch für die Angaben zu den Lagermengen und zur Wassergefährdungsklasse der gelagerten Stoffe verantwortlich; eine bauaufsichtliche Prüfung dieser Angaben findet nicht statt. Den Bauaufsichtsbehörden liegen folglich keine Zahlen vor, welche Düngemittellager über Löschwasser-Rückhalteanlagen verfügen und wie diese bemessen sind. 7. Wie viele Düngemittellager in Bayern lagern noch weitere wassergefährdende Stoffe wie Pestizide oder Treib- und Brennstoffe (bitte nach Regierungsbezirken aufgliedern)? Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 511 „Ammoniumnitrat “ verbieten eine Zusammenlagerung von ammoniumnitrathaltigen Düngemitteln u. a. mit Treib-, Brenn-, Schmierstoffen sowie ätzenden, giftigen und sehr giftigen Gefahrstoffen. Drucksache 17/13385 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Zuständig für eine evtl. Zusammenlagerung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln sind die Kreisverwaltungsbehörden , eine zentrale Datenbank für Bayern existiert nicht. Daher wurde auf eine Abfrage bei den Kreisverwaltungsbehörden zur Beantwortung der Frage verzichtet. 8. Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass die Wasserbehörden auch bei Düngemittellagern mit älteren Genehmigungen über die Lagerung wassergefährdender Stoffe informiert werden und diese überwachen können? Düngemittellager sind nur in Ausnahmefällen immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig. Ggf. wurde der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in der Baugenehmigung behandelt. Bis 28.02.2010 verlangte Art. 37 des Bayer. Wassergesetzes (BayWG) eine Anzeige der Errichtung und wesentlichen Änderung von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, sofern es nach anderen Vorschriften keiner sonstigen vorherigen Anzeige, Genehmigung oder Zulassung für die Anlage bedurfte. Das neue BayWG (seit 01.03.2010) enthält keine Anzeigepflicht , da diese in der seit Langem erwarteten Bundes- Anlagenverordnung (AwSV) geregelt werden soll. Diese sieht in §§ 40, 46 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Anlage 5 und 6 eine Anzeige der Errichtung und wesentlichen Änderung von Anlagen zum Umgang mit festen wassergefährdenden Stoffen mit mehr als 1.000 t Lagermenge vor.