Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Verena Osgyan BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 18.08.2016 Anwesenheitspflicht an der Universität Regensburg An der Universität Regensburg (UR) wurde im vergangenen Semester wieder verstärkt über Anwesenheitspflichten diskutiert . Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1.1 In wie vielen Studien- und Prüfungsordnungen der UR wurde in den letzten fünf Jahren eine Anwesenheitspflicht festgeschrieben? 1.2 Wie wurden diese Anwesenheitspflichten im Einzelnen begründet? 1.3 Welche Voten hat die Vertretung der Studierenden zu den einzelnen Anwesenheitspflichten abgegeben? 2.1 In welchen Kursformaten besteht eine Anwesenheitspflicht an der UR? 2.2 Wie wird diese aus wissenschaftlicher Perspektive begründet ? 3.1 Sind noch weitere Festschreibungen von Anwesenheitspflichten in Studien- und Prüfungsordnungen an der UR in den nächsten Jahren geplant? 3.2 Sollten noch weitere Festschreibungen von Anwesenheitspflichten geplant sein, wie werden diese begründet ? 3.3 Welche Studiengänge sind davon betroffen? 4.1 Plant die UR, eine allgemeine Anwesenheitspflicht fachübergreifend einzuführen? 4.2 Sollte die Einführung einer allgemeinen Anwesenheitspflicht geplant sein, wie wird diese begründet? 4.3 Ab wann soll sie gelten? 5. Kann die UR einen Zusammenhang zwischen dem Bestehen einer Anwesenheitspflicht und Lernerfolgen der Studierenden wissenschaftlich fundiert nachweisen ? 6. Plant die UR neben der Einführung von Anwesenheitspflichten Anreize für Studierende zu schaffen, um die Anwesenheit und Beteiligung bei Veranstaltungen zu erhöhen? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 13.10.2016 1.1 In wie vielen Studien- und Prüfungsordnungen der UR wurde in den letzten fünf Jahren eine Anwesenheitspflicht festgeschrieben? Seit 2012 wurden 64 Studien- und Prüfungsordnungen (Bachelorstudiengänge , Masterstudiengänge, Staatsexamensstudiengänge , Magister Katholische Theologie) neu gefasst oder überarbeitet. Dabei wurden in insgesamt 18 Ordnungen Anwesenheitspflichten festgeschrieben. 1.2 Wie wurden diese Anwesenheitspflichten im Einzelnen begründet? Alle Anwesenheitspflichten werden im Hinblick auf die im jeweiligen Modul oder in der jeweiligen Veranstaltung zu erwerbenden Kompetenzen begründet. Beispielsweise kann die erfolgreiche Vermittlung der in Übungen und Praktika im Bereich der Naturwissenschaften zu erwerbenden fachlichen, methodischen und kommunikativen Kompetenzen eine regelmäßige Mitwirkung der Studierenden voraussetzen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Fähigkeiten nur in Kursräumen oder Laboratorien erworben werden können oder die Anwesenheit eines Betreuers erforderlich ist. Daher kann für Übungen mit praktischem Bezug, Praktika und Exkursionen in bestimmten Modulen eine regelmäßige Teilnahme verpflichtend sein. Studierende des Bachelorstudiengangs Erziehungswissenschaft etwa sollen in ihrem Studium Kompetenzen erwerben , die in der Auseinandersetzung und im Umgang mit Menschen eingesetzt werden. Diese Kompetenzen, wie beispielsweise Fähigkeiten zur Beratung von Personen und Organisationen oder die Gestaltung und Umsetzung von Lernumgebungen, können nur in der aktiven Auseinandersetzung der Studierenden miteinander und durch die Begleitung von Dozenten und Dozentinnen gelernt werden. Auch im Bereich der Humanmedizin ist eine regelmäßige Teilnahme erforderlich, um sicherzustellen, dass Fallbeispiele eigenständig und sachgerecht bearbeitet werden können (vgl. § 2 der Approbationsordnung für Ärzte). 1.3 Welche Voten hat die Vertretung der Studierenden zu den einzelnen Anwesenheitspflichten abgegeben ? Die Abstimmungen in den Hochschulgremien, etwa im Senat , erfolgen nicht namentlich. Gefasste Beschlüsse werden auch im Protokoll nicht personen- oder gruppenbezogen festgehalten. Daher kann keine Auskunft über das jeweilige Abstimmungsverhalten einzelner Personen beziehungsweise einzelner Gruppen gegeben werden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.12.2016 17/13387 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/13387 2.1 In welchen Kursformaten besteht eine Anwesenheitspflicht an der UR? In Vorlesungen besteht keine Anwesenheitspflicht. Lehrveranstaltungsformen , in denen eine Anwesenheitspflicht – je nach Fach – festgeschrieben sein kann, sind: Seminare, Projektseminare, Praktika (auch Laborpraktika), Übungen und Exkursionen. 2.2 Wie wird diese aus wissenschaftlicher Perspektive begründet? Eine Anwesenheitspflicht wird aus dem jeweiligen Kompetenzerwerb im Rahmen einer speziellen Veranstaltungsart heraus begründet und ist im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf notwendige Fälle reduziert. 3.1 Sind noch weitere Festschreibungen von Anwesenheitspflichten in Studien- und Prüfungsordnungen an der UR in den nächsten Jahren geplant? 3.2 Sollten noch weitere Festschreibungen von Anwesenheitspflichten geplant sein, wie werden diese begründet? 3.3 Welche Studiengänge sind davon betroffen? Derzeit bestehen diesbezüglich keine konkreten Planungen. Sollten auch künftig Anwesenheitspflichten in den Studienund Prüfungsordnungen verankert werden, so werden diese so ausgestaltet, dass die Anwesenheitspflicht unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ihren Grund in der jeweils zu erwerbenden Kompetenz hat, also geeignet, erforderlich und angemessen ist, um ein besonderes Qualifikationsziel des Moduls zu erreichen. 4.1 Plant die UR, eine allgemeine Anwesenheitspflicht fachübergreifend einzuführen? 4.2 Sollte die Einführung einer allgemeinen Anwesenheitspflicht geplant sein, wie wird diese begründet ? 4.3 Ab wann soll sie gelten? Eine allgemeine Anwesenheitspflicht ist nicht geplant und wäre in dieser Form auch nicht zulässig. Anwesenheitspflichten haben Ausnahmecharakter für einzelne Veranstaltungen und müssen jeweils bezogen auf die konkreten Veranstaltungen kompetenzorientiert begründet sein (s. Antwort zu Frage 3). 5. Kann die UR einen Zusammenhang zwischen dem Bestehen einer Anwesenheitspflicht und Lernerfolgen der Studierenden wissenschaftlich fundiert nachweisen? Wissenschaftliche Untersuchungen hierzu liegen nicht vor und sind insofern auch kritisch zu sehen, als sie eine Ausweitung sensibler Daten der teilnehmenden Prüflinge erfordern würden. Zudem kommt es bei der Festlegung einer Anwesenheitspflicht – wie bei Frage 3 erläutert – allein darauf an, dass diese notwendig ist, um ein bestimmtes Qualifikationsziel zu erreichen. Dabei kann ein höherer Lernerfolg in Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht ein möglicher Nebeneffekt sein, ist aber bei der Frage der Zulässigkeit der Anwesenheitspflicht nicht ausschlaggebend. 6. Plant die UR, neben der Einführung von Anwesenheitspflichten Anreize für Studierende zu schaffen, um die Anwesenheit und Beteiligung bei Veranstaltungen zu erhöhen? Es ist in diesem Bereich nichts geplant.