Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 03.11.2016 1. a) Wie ist die medizinische Versorgung in den bayerischen Vollzugsanstalten organisiert? Die Gesundheitsfürsorge in den bayerischen Justizvollzugsanstalten richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG), des Bayerischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes und des Bayerischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes. Danach haben die Gefangenen einen Anspruch auf Krankenbehandlung , wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Gefangene haben ferner Anspruch auf ärztliche Behandlung und – soweit notwendig – Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie auf ärztliche Gesundheitsuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten. Der Umfang des Behandlungsanspruchs richtet sich im Wesentlichen nach den entsprechenden Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Kosten für die medizinisch notwendige Behandlung einschließlich der medizinisch notwendigen Medikation übernimmt grundsätzlich der Justizvollzug. In jeder Justizvollzugsanstalt ist eine ausreichende, zweckmäßige und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit entsprechende medizinische Grundversorgung sichergestellt . Dies wird durch die Beschäftigung von Ärzten einschließlich des erforderlichen Pflegepersonals gewährleistet . Neben den hauptamtlich beschäftigten Ärzten ist eine Vielzahl von externen Fachärzten (Internisten, Orthopäden, Zahnärzte usw.) vertraglich zu Sprechstunden in den Justizvollzugsanstalten verpflichtet. Zur stationären Behandlung sind in den größeren Anstalten Krankenabteilungen eingerichtet, in die auch Gefangene aus kleineren Anstalten, die über solche Abteilungen nicht verfügen, verlegt werden können. Darüber hinaus verfügen die Justizvollzugsanstalten Straubing und Würzburg über jeweils eine spezielle psychiatrische Abteilung für Akutbehandlungsmaßnahmen . In der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth ist zudem eine Tbc-Abteilung eingerichtet , in welcher auch Gefangene aus den Geschäftsbereichen anderer Landesjustizverwaltungen behandelt werden können. Soweit die ärztliche Behandlung nicht im Rahmen der ambulanten Arztsprechstunden beziehungsweise innerhalb speziell eingerichteter Krankenabteilungen möglich ist, können Inhaftierte bei Bedarf auch zu externen Ärzten oder in Krankenhäuser ausgeführt werden, um dort die notwendige ärztliche Behandlung zu erhalten. Inwieweit in den Krankenabteilungen die medizinische Behandlung durchgeführt werden kann oder der Gefangene vorübergehend in ein externes Krankenhaus überstellt oder verlegt werden muss, richtet sich sowohl nach der Ausstattung der jeweili- 17. Wahlperiode 13.01.2017 17/14048 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 30.09.2016 Medizinische Versorgung in den bayerischen Justizvollzugsanstalten Inhaftierte Personen haben den gleichen Anspruch auf ausreichende medizinische Versorgung wie nicht inhaftierte Menschen in unserer Gesellschaft. Um die Objektivität der ärztlichen Versorgung zu gewährleisten, müssen verbindliche Qualitätsstandards die Basis der Vollzugsmedizin bilden. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie ist die medizinische Versorgung in den bayerischen Vollzugsanstalten organisiert? b) Wie viele Pflegekräfte und Ärzte sind für wie viele Gefangene zuständig (bitte Aufstellung des Personalschlüssels für die Jahre 2012–2016)? c) Wie häufig und über welchen Zeitraum mussten in den Jahren 2012–2016 Stellen von Ärzten und Pflegepersonal in den JVAs unbesetzt bleiben? 2. Wird die medizinische Ausstattung und der Personalschlüssel in den JVAs als ausreichend eingestuft? 3. Können Transporte zu Fachärzten immer zeitnah erfolgen ? 4. Welche medizinischen Kontrollen greifen im Fall von chronischen Krankheiten? 5. Sind für Gefangene, die drei Jahre und länger in Haft sind, die medizinisch angezeigten regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen sichergestellt? 6. Wie viel Geld gibt z. B. die JVA Landsberg pro Jahr für medizinische Versorgung aus? 7. Wie oft musste ein Untersuchungszwang gegenüber Gefangenen durchgesetzt werden (bitte aufschlüsseln nach Anlass für die Jahre 2012–2016)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14048 gen Krankenabteilung als auch nach der Art der medizinisch notwendigen Behandlung. b) Wie viele Pflegekräfte und Ärzte sind für wie viele Gefangene zuständig (bitte Aufstellung des Pflegeschlüssels für die Jahre 2012–2016)? Die nachfolgende Tabelle gibt Auskunft über die Anzahl der Pflegekräfte und Ärzte im Verhältnis zum Gefangenenbestand für die Jahre 2012–2016 (Stichtag jeweils 1. Januar): Jahr Gefangenenstand Anzahl Ärzte Anzahl Pflegekräfte 2012 11.646 41 204 2013 10.810 42 201 2014 10.815 39 212 2015 10.634 41 212 2016 10.696 42 214 c) Wie häufig und über welchen Zeitraum mussten in den Jahren 2012–2016 Stellen von Ärzten und Pflegepersonal in den JVAs unbesetzt bleiben? In den Jahren 2012–2016 sind (soweit noch nachweisbar) folgende Stellen für den jeweils folgenden Zeitraum unbesetzt geblieben: 1. Ärzte • 2 Arztstellen für jeweils 1 Monat • 2 Arztstellen für jeweils 6 Monate • 1 Arztstelle für 8 Monate • 1 Arztstelle für 9 Monate • 1 Arztstelle für 1 Jahr 1 Monat • 1 Arztstelle für 1 Jahr 7 Monate • 2 Arztstellen für 2 Jahre • 1,25 Arztstellen für 3 Jahre 9 Monate • 1 Arztstelle für 3 Jahre 11 Monate • 1 Arztstelle für 4 Jahre 3 Monate 2. Pflegepersonal • 1 Stelle Krankenpfleger für 2 Monate • 6 Stellen Krankenpfleger für 3 Monate • 7 Stellen Krankenpfleger für 4 Monate • 5 Stellen Krankenpfleger für 5 Monate • 2 Stellen Krankenpfleger für 6 Monate • 1 Stelle Krankenpfleger für 7 Monate 2. Wird die medizinische Ausstattung und der Personalschlüssel in den JVAs als ausreichend eingestuft ? Ja. 3. Können Transporte zu Fachärzten immer zeitnah erfolgen? Ja. 4. Welche medizinischen Kontrollen greifen im Fall von chronischen Krankheiten? Insofern darf auf die Antworten zu den Fragen 1 a und 5 verwiesen werden. Prävention und Behandlung chronischer Krankheiten richten sich nach den dort dargestellten Grundsätzen . Angesichts der Vielzahl von in Betracht kommenden chronischen Erkrankungen und möglicher Ausprägungen beim betroffenen Gefangenen kann nicht auf jeden denkbaren Einzelfall eingegangen werden. Beispielhaft darf jedoch auf die Antwort zur Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Ruth Müller vom 25. Januar 2016 betreffend Diabetes in bayerischen Justizvollzugsanstalten Bezug genommen werden (LT-Drs. 17/10219). Dort werden ausführlich die Maßnahmen des bayerischen Justizvollzugs zur Prävention und Behandlung von Diabetes-Erkrankungen bei Gefangenen dargestellt. 5. Sind für Gefangene, die drei Jahre und länger in Haft sind, die medizinisch angezeigten regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen sichergestellt? Ansprüche der Gefangenen auf ärztliche Gesundheitsuntersuchungen und auf medizinische Vorsorgeleistungen ergeben sich insbesondere aus Art. 59 und Art. 151 Abs. 2 BayStVollzG sowie den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften . Die Haftdauer spielt dabei nur insofern eine Rolle, als die vom Gesetz vorgesehenen Untersuchungsintervalle zu berücksichtigen sind. Wenn nach den gesetzlichen Vorgaben ein Anspruch besteht und Gefangene, die von der Anstalt auf die Möglichkeit von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten hinzuweisen sind, eine Vorsorgeuntersuchung beantragen, wird deren Durchführung sichergestellt. Ergänzend darf darauf hingewiesen werden, dass die in § 57 Abs. 3 Nr. 4 Strafvollzugsgesetz des Bundes enthaltene Einschränkung, wonach entsprechende Untersuchungen nur durchgeführt werden müssen, wenn genügend Ärzte und Einrichtungen vorhanden sind, bei der Schaffung des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes vom Gesetzgeber bewusst nicht übernommen wurde. 6. Wie viel Geld gibt z. B. die JVA Landsberg pro Jahr für medizinische Versorgung aus? Im Haushaltsjahr 2015 wurden von der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech für die medizinische Versorgung der Inhaftierten (ärztliche und zahnärztliche Versorgung der Gefangenen, Medikamente sowie andere Verbrauchsmittel und Kleingeräte für ärztliche und zahnärztliche Versorgung ) 593.628,21 € verausgabt (2014: 460.397,68 € , 2013: 672.366,06 €). Personalkosten sind nicht enthalten. Die Ausgaben hängen in hohem Maße von kostenintensiven Einzelfällen (HIV-C-Patienten etc.) ab. 7. Wie oft musste ein Untersuchungszwang gegenüber Gefangenen durchgesetzt werden (bitte aufschlüsseln nach Anlass für die Jahre 2012–2016)? Statistisch auswertbare Erhebungen zu der Frage, wie oft etwa bei der Durchführung der ärztlichen Zugangsuntersuchung gemäß Art. 7 Abs. 3 BayStVollzG oder bei anderen ärztlichen Untersuchungen Zwangsmaßnahmen erfolgen mussten, liegen nicht vor. Eine nachträgliche Auswertung sämtlicher Gesundheitsakten der im genannten Zeitraum inhaftierten Gefangenen wäre mit einem unvertretbar hohen Aufwand verbunden. Erfahrungsgemäß dürfte es sich aber um Ausnahmefälle handeln.