Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Johann Häusler FREIE WÄHLER vom 26.09.2016 Rechtssicherheit bei Auswahlverfahren von Personal bei Städten, Landkreisen und Kommunen durch zuständige (Personal-)Ausschüsse Die Städte, Landkreise und Kommunen haben als öffentliche Arbeitgeber aufgrund höchstrichterlicher Bundesarbeitsgerichtsrechtsprechung (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19.05.2015 – 9 AZR 837/13) bestimmte Kriterien im Einstellungsverfahren zu beachten. Insbesondere gilt es, den sog. Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) zu berücksichtigen. Dieser besagt, dass jede/r Bewerber/-in ein subjektives Recht auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren zusteht. Im Sinne des Prinzips der Bestenauslese bestehen die Auswahlkriterien dabei in Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Aus diesen gesetzlichen Maßgaben resultiert das Erfordernis , ein detailscharfes Anforderungsprofil für die je zu besetzende Stelle zu erstellen und die Leistungsbewertungen sowie wesentliche Auswahlkriterien schriftlich darzulegen. Für die Einstellungspraxis bedeutet dies, dass in einem Auswahlverfahren , bei dem aus Gründen der Zuständigkeit ein Gremium beteiligt ist, zukünftig auch sichergestellt werden muss, dass bei der Vorstellung der Bewerber/-innen im Gremium die oben genannten Kriterien erfüllt sind. Per Sitzungsvorlage vom 16/0121 zur Personalausschussitzung vom 20.06.2016 wurde den Mitgliedern des Kreistages im Landkreis Augsburg vorgeschlagen, vor diesem Hintergrund sämtliche Personalzuständigkeiten bis zur Besoldungsgruppe A14/Entgeltgruppe E14 dem Landrat zu übertragen, um den vorbeschriebenen Kriterien gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Kann trotz der höchstrichterlichen Bundesarbeitsgerichtsrechtsprechung vom 19.05.2015 (AZR 837/13) an der bisherigen Praxis einer Personalentscheidung durch Mehrheitsentscheid der hierfür geschaffenen kommunalen Gremien festgehalten werden? 2. Welche Verfahrenshinweise sind in diesem Fall zu beachten , um eine rechtssichere Stellenbesetzung zu gewähreisten ? 3. Wie gehen die bayerischen Städte, Landkreise und Kommunen in ihrer täglichen Praxis mit dieser Herausforderung um? 4. Bis zu welcher Besoldungsgruppe/Entgeltgruppe liegt die Personalzuständigkeit in den weiteren schwäbischen Landkreisen beim Landrat? 5. Wie viele Klagen gegen die formale Rechtmäßigkeit von Einstellungsverfahren durch Personalausschüsse in bayerischen Städten, Landkreisen und Kommunen waren im Verlauf der aktuellen Wahlperiode anhängig und wie viele erfolgreich? 6. Inwieweit erwuchsen aus den unter Frage 5 genannten Rechtsstreitigkeiten negative Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit der beteiligten Verwaltungsstrukturen ? 7. Welche Empfehlung gibt die Staatsregierung den bayerischen Städten, Landkreisen und Kommunen zum Umgang mit der beschriebenen Thematik? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 31.10.2016 1. Kann trotz der höchstrichterlichen Bundesarbeitsgerichtsrechtsprechung vom 19.05.2015 (AZR 837/13) an der bisherigen Praxis einer Personalentscheidung durch Mehrheitsentscheid der hierfür geschaffenen kommunalen Gremien festgehalten werden? Ja. Ob für die Einstellung von Personal in die Kommunalverwaltung das jeweilige Kollegialorgan (Gemeinderat/Kreistag bzw. Personalausschuss) oder der Erste Bürgermeister bzw. Landrat zuständig ist, richtet sich in Bayern nach Art. 43 Abs. 1 und 2 Gemeindeordnung (GO) bzw. Art. 38 Abs. 1 und 2 Landkreisordnung (LKrO). Das BAG-Urteil vom 19.05.2015 hat hinsichtlich dieser Zuständigkeitsregelungen keine Auswirkungen. Die Gerichtsentscheidung befasst sich vielmehr mit dem – auf Grundlage des Art. 91 e GG – gesetzlich geregelten Sonderfall der Mischverwaltung in den sogenannten gemeinsamen Einrichtungen (Art. 44 b SGB II). Nachdem diese kein eigenes Personal haben, sondern die zu erfüllenden Aufgaben dem Personal der beiden Träger (Bundesagentur für Arbeit einerseits und kreisfreie Stadt bzw. Landkreis andererseits) zugewiesen werden, war vom Gericht zu klären, gegen welchen der beiden Träger sich der Bewerbungsverfahrensanspruch richtet. Im vorliegenden Fall war dies der kommunale Träger, der die Stelle ausgeschrieben hatte. Nicht Gegenstand der Gerichtsentscheidung war, welches Organ des kommunalen Trägers für die Personalauswahl zuständig war. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.12.2016 17/14059 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14059 2. Welche Verfahrenshinweise sind in diesem Fall zu beachten, um eine rechtssichere Stellenbesetzung zu gewähreisten? Unabhängig davon, ob bei einem kommunalen Dienstherrn bzw. Arbeitgeber das Kollegialorgan oder der jeweilige Erste Bürgermeister oder Landrat für die Einstellung eines Bewerbers zuständig ist, muss stets das subjektive Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren beachtet werden. Die Auswahlentscheidung ist in jedem Fall nach dem Prinzip der Bestenauslese unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. 3. Wie gehen die bayerischen Städte, Landkreise und Kommunen in ihrer täglichen Praxis mit dieser Herausforderung um? Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr geht davon aus, dass die Kommunen den Anforderungen der Bestenauslese gerecht werden. Gegenteilige Erkenntnisse liegen nicht vor. 4. Bis zu welcher Besoldungsgruppe/Entgeltgruppe liegt die Personalzuständigkeit in den weiteren schwäbischen Landkreisen beim Landrat? Eine Umfrage der Regierung von Schwaben hat ergeben, dass dem Landrat für personalrechtliche Entscheidungen nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 LKrO die Zuständigkeit wie folgt übertragen wurde: Landkreis bei Beamten bis zu BesGr bei Arbeitnehmern bis zu Entgeltgruppe Aichach-Friedberg A10 10 bzw. (im Sozialund Erziehungsdienst ) S16 Augsburg A10 10 Dillingen a. d. Donau A10 10 bzw. (im Sozialund Erziehungsdienst ) S15 Donau-Ries A10 10 Günzburg A14 14 Lindau a. Bodensee A13 (3. Qualifikati-onsebene) 12 Neu-Ulm A14 14 Oberallgäu A12 11 Ostallgäu A11 11 Unterallgäu A11 9 5. Wie viele Klagen gegen die formale Rechtmäßigkeit von Einstellungsverfahren durch Personalausschüsse in bayerischen Städten, Landkreisen und Kommunen waren im Verlauf der aktuellen Wahlperiode anhängig und wie viele erfolgreich? Hierzu liegen dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr keine Erkenntnisse vor. 6. Inwieweit erwuchsen aus den unter Frage 5 genannten Rechtsstreitigkeiten negative Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit der beteiligten Verwaltungsstrukturen ? Entfällt. 7. Welche Empfehlung gibt die Staatsregierung den bayerischen Städten, Landkreisen und Kommunen zum Umgang mit der beschriebenen Thematik? Es wird derzeit kein Handlungsbedarf für Empfehlungen gesehen .