Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Schuster SPD vom 23.09.2016 Mobbing und Burnout im beruflichen Schulwesen Psychosozial und psychosomatisch vorbelastete Jugendli che und Auszubildende sowie Flüchtlinge mit Sprachprob lemen und einer hohen AnalphabetenQuote erfordern eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Beschäftigten der Berufsschulen. Lehrkräfte im Beamtenver hältnis arbeiten mit angestellten Lehrkräften und Sozialpäd agogen privater Träger zusammen. Es gilt sicherzustellen, dass es aufgrund der unterschiedlichen Anstellungs und Beschäftigungsverhältnisse nicht zu soziale Verwerfungen im Kollegium kommt. Eine Häufung von Krankheitsfällen und eine hohe Personalfluktuation können Hinweise auf eine übermäßig starke Belastung, sowie Mobbing und Burn out sein. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Gibt es Einrichtungen bzw. Personalverantwortliche im Bereich des beruflichen Schulwesens, die sich den Themen Mobbing und Burnout in besonderer Weise annehmen? b) Gibt es konkrete Maßnahmen zur Vermeidung von und zum Umgang mit Mobbing und Burnout beim Personal beruflicher Schulen? 2. a) Wie viele Abgänge und Zugänge hatte das Personal mittleren Alters der einzelnen staatlichen Berufsschu len in Bayern jeweils in den letzten 5 Jahren (bitte ohne Berufsanfänger und Pensionierungen)? b) Gibt es signifikante Krankheitshäufungen an einzelnen beruflichen Schulen in Bayern, die im Besonderen auf Burnout und Mobbing an einzelnen Schulstandorten hinweisen? c) Wenn ja: An welchen Schulen? 3. Wie wird im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Schulevaluation Mobbing und Burnout erfasst? 4. a) An welchen beruflichen Schulen in Bayern existiert kein Personalrat? b) Werden die Personalräte der beruflichen Schulen re gelmäßig hinsichtlich der Mobbing und BurnoutVer meidung befragt? c) In wie vielen Fällen wurde der Personalrat bayerischer beruflicher Schulen hinsichtlich Mobbing oder Burnout in den letzten 5 Jahren jeweils aktiv? 5. a) Wie wird bei MobbingSituationen innerhalb des Per sonals an beruflichen Schulen verwaltungstechnisch verfahren? b) Wie häufig wurden in diesem Zusammenhang in den letzten fünf Jahren Konflikte beobachtet und nachsor gende bzw. vorsorgende Maßnahmen eingeleitet? c) Hat sich aufgrund der Belastungszunahme ein erhöh ter Handlungsbedarf hinsichtlich Mobbing und Burn outVermeidung ergeben? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 07.11.2016 1. a) Gibt es Einrichtungen bzw. Personalverantwortliche im Bereich des beruflichen Schulwesens, die sich den Themen Mobbing und Burnout in besonderer Weise annehmen? b) Gibt es konkrete Maßnahmen zur Vermeidung von und zum Umgang mit Mobbing und Burnout beim Personal beruflicher Schulen? An den neun Staatlichen Schulberatungsstellen in Bayern stehen Beauftragte für Lehrergesundheit (i. d. R. staatliche Schulpsychologinnen und Schulpsychologen) mit ihren Teams aus Schulpsychologen undBeratungslehrkräften allen Lehrkräften schulartübergreifend zur Verfügung. Um psychosomatischen Erkrankungen vorzubeugen, stärken sie die persönlichen Ressourcen der Lehrkräfte durch Fort bildungen (z. B. AGIL – Präventionsprogramm für Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf) und spezielle Kompetenztrai nings (z. B. zum Umgang mit Konflikten und schwierigen Ge sprächssituationen). Die Beauftragten für Lehrergesundheit bieten darüber hinaus Supervision und kollegiale Fallbera tung für Lehrkräfte aller Beschäftigungsverhältnisse sowie Coaching für Schulleitungen an. Innerhalb der o. g. Teams erhalten im Schuljahr 2016/2017 bayernweit 13 staatliche Schulpsychologinnen bzw. Schulpsychologen und Bera tungslehrkräfte aus beruflichen Schulen für diese Aufgaben Anrechnungsstunden. Ihre Tätigkeiten vor Ort werden von der jeweils zuständigen Staatlichen Schulberatungsstelle koordiniert. Seit dem Schuljahr 2010/2011 wird das Projekt „Schule als Lebensraum – ohne Mobbing!“ landesweit durchgeführt. An jede Staatliche Schulberatungsstelle sind ca. drei schul artübergreifend agierende Koordinatoren angebunden, die den Einsatz schulartspezifischer Multiplikatoren (insgesamt rund 30 aus dem Bereich der beruflichen Schulen) koordi nieren. Diese speziell ausgebildeten Lehrkräfte, insbeson dere Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, können von den Schulen im jeweiligen Zuständigkeitsbezirk bei Bedarf angefordert werden, um passgenaue Lösungen zur Mobbingprävention und intervention vor Ort zu entwickeln Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.01.2017 17/14094 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14094 und bei Bedarf das Sozialgefüge an der Schule zu verbes sern. 2. a) Wie viele Abgänge und Zugänge hatte das Personal mittleren Alters der einzelnen staatlichen Berufsschulen in Bayern jeweils in den letzten 5 Jahren (bitte ohne Berufsanfänger und Pensionierungen )? Hinsichtlich der Abgänge und Zugänge an den beruflichen Schulen in Bayern ergibt sich bei einer Auslegung der Ziel gruppe „mittleres Alter“ als Altersgruppe zwischen 45 und 55 Jahren folgende Statistik: Schuljahr Anzahl der Abgänge Anzahl der Zugänge 2012/2013 14 74 2013/2014 19 41 2014/2015 13 43 2015/2016 16 47 Daten für Schuljahre, die mehr als vier Jahre zurücklie gen, stehen aus technischen Gründen für eine statistische Auswertung nicht mehr zur Verfügung. Als Gründe für den Abgang wurden erfasst: Auflösungsvertrag, Ende des Ar beitsvertrages, Ende des Zeitvertrags, Dienstunfähigkeit, Entlassung durch Verwaltungsakt, ordentliche Kündigung, Entlassung kraft Gesetzes und Tod. Aufgrund des kontinuierlichen Ausbaus der Flüchtlings klassen an den beruflichen Schulen wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Lehrkräfte jeweils im Rahmen befristeter Arbeitsverträge eingestellt. b) Gibt es signifikante Krankheitshäufungen an einzelnen beruflichen Schulen in Bayern, die im Besonderen auf Burnout und Mobbing an einzelnen Schulstandorten hinweisen? c) Wenn ja: An welchen Schulen? Nach Erkenntnis des Staatsministeriums existieren für das staatliche Lehrpersonal keine signifikanten Krankheitshäu fungen an einzelnen beruflichen Schulen und deshalb auch keine, die Anhaltspunkte für Burnout und Mobbing an ein zelnen Schulstandorten bieten. Zu den Krankheitsursachen von verbeamteten Lehrkräften werden jedoch keine Statis tiken geführt; Krankmeldungen für Lehrkräfte im Beschäfti gungsverhältnis werden direkt von der Schule an das Lan desamt für Finanzen übersandt. 3. Wie wird im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Schulevaluation Mobbing und Burnout erfasst ? Die externe Evaluation berücksichtigt keine Einzelfälle, son dern Prozesse und Abläufe. Grundsätzlich ist bezüglich der Fragestellung zwischen den Personengruppen „Lehrkräfte“ und „Schüler“ zu unterscheiden. Zwei Kriterien des Quali tätstableaus befassen sich mit diesem Aspekt (S1 und S9). 1. Bei dem Kriterium S1 „Unterstützende Personalfüh rung“ bildet die Anforderung „Es gibt etablierte Ver fahren zur Vorbeugung und Lösung von Problemen“ die zugrunde liegende Fragestellung nach Mobbing und Burnout ab. Die Anforderung überprüft das Vor handensein konkreter Verfahrensweisen, die im Be darfsfall zum Einsatz kommen und das Handeln be stimmen. Die Anforderung zielt auf die Gruppe der Lehrkräfte ab. Indikatoren in diesem Kontext sind beispielsweise: 1.1 Das Vorhandensein von „Unterstützungssystemen bei berufsbedingten Problemen“, wie z. B. kollegiale Bera tung, Coaching, Supervision u. a. 1.2 Die Bekanntheit von eingeführten „Konfliktlösungsver fahren“, wie z. B. etablierte Mediationsverfahren 1.3 Das Vorhandensein eines festgelegten Weges (Ab laufplan) zur Einbeziehung Dritter bei Konflikten 1.4 Regelmäßige (institutionalisierte) Besprechungen der Schulleitung mit dem Personalrat 2. Das Kriterium S9 „Achtung der Beteiligten“ betrachtet in der Anforderung „Die an der Schule Beteiligten wer den in ihrer Individualität geachtet“ ebenfalls den an gesprochenen Sachverhalt, fokussiert jedoch auf die Gruppe der Schüler. Besonders die Indikatoren „keine Bloßstellung Einzelner“, „Alle Beteiligten fühlen sich respektiert“ und „geringe Zahl an Disziplinarfällen we gen Mobbing“ bilden den angefragten Sachverhalt ab. 4. a) An welchen beruflichen Schulen in Bayern existiert kein Personalrat? An folgenden beruflichen Schulen in Bayern existiert derzeit kein Personalrat: – Staatliche Berufsschule Fürth I – Staatliche Berufsschule Roth – Staatliche Wirtschaftsschule Waldmünchen – Staatliche Berufs und Berufsfachschule Mittenwald – Staatliche Berufsfachschule für Holzbildhauer Oberam mergau – Staatliches Berufliches Schulzentrum für Gesundheits berufe in München (zum 1. August 2016 neu gegründet, Wahl konnte noch nicht stattfinden) – Staatliche Fachschule für Blumenkunst Weihenstephan Bei den Schulen in Mittenwald, Oberammergau und Frei singWeihenstephan handelt es sich um sehr kleine Schu len. An der Staatlichen Berufsfachschule Fürth I sowie an der Staatlichen Berufsfachschule Roth war keine Lehrkraft bereit, sich für eine Personalratstätigkeit zur Verfügung zu stellen. Die Staatliche Wirtschaftsschule Waldmünchen wur de 2016 in das staatliche Berufliche Schulzentrum Cham eingegliedert. Es wurde kein eigener örtlicher Personalrat mehr gewählt, da die Schule am Standort Waldmünchen in naher Zukunft aufgelöst werden soll. Die Lehrkräfte dieser Schulen werden jedoch, wie auch die Lehrkräfte der übrigen staatlichen beruflichen Schulen, von der Gruppe „Lehrer an beruflichen Schulen“ des Bezirkspersonalrats der Regie rung vertreten. b) Werden die Personalräte der beruflichen Schulen regelmäßig hinsichtlich der Mobbing- und Burnout -Vermeidung befragt? Für die örtlichen Personalräte an den Schulen ist der Be zirkspersonalrat, Gruppe der „Lehrer an beruflichen Schu len“, der zuständige Ansprechpartner. Probleme hinsichtlich der Mobbing und BurnoutVermeidung wären zwischen Bezirkspersonalrat und Regierung zu besprechen. Aktuell wurde an die Regierungen seitens der Bezirkspersonalräte nichts herangetragen. c) In wie vielen Fällen wurde der Personalrat bayerischer beruflicher Schulen hinsichtlich Mobbing oder Burnout in den letzten 5 Jahren jeweils aktiv? Drucksache 17/14094 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Dem Staatsministerium liegen nur für die Regierungsbezirke Oberbayern und Oberpfalz diesbezüglich Erkenntnisse vor: Nach freiwilliger Auskunft der Gruppe „Lehrer an beruflichen Schulen“ des Bezirkspersonalrats der Regierung der Ober pfalz wurde dieser in den letzten 5 Jahren nur einmal im Zu sammenhang mit Mobbing bzw. Burnout aktiv, d. h. es kam zu einer Anfrage vonseiten der Lehrkräfte. Auch in Oberbay ern gab es einige wenige Fälle von Mobbing bzw. Burnout, bei denen der Bezirkspersonalrat von Oberbayern einge bunden war, eine Statistik hierzu wird jedoch nicht geführt. 5. a) Wie wird bei Mobbing-Situationen innerhalb des Personals an beruflichen Schulen verwaltungstechnisch verfahren? In der Praxis werden MobbingVerdachtsfälle so gehand habt, dass zunächst die Schulleitung in Gesprächen mit den Beteiligten und ggf. unter Hinzuziehung des örtlichen Personalrats eine Konfliktlösung zu erreichen sucht. Zudem treten bei Bekanntwerden eines Falls die Regierungen oder der Ministerialbeauftragte mit der zuständigen Schulleitung schriftlich und persönlich in Kontakt; Bezirkspersonalrat, Gleichstellungsbeauftragter und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten werden je nach Lagerung des Falls mit eingebunden. Falls notwendig, würden einzelne oder meh rere Lehrkräfte an andere Schulen versetzt und die Mob bingTat ggf. disziplinarisch oder arbeitsrechtlich geahndet. b) Wie häufig wurden in diesem Zusammenhang in den letzten fünf Jahren Konflikte beobachtet und nachsorgende bzw. vorsorgende Maßnahmen eingeleitet ? c) Hat sich aufgrund der Belastungszunahme ein erhöhter Handlungsbedarf hinsichtlich Mobbingund Burnout-Vermeidung ergeben? Dem Staatsministerium liegen keine Erkenntnisse dahinge hend vor, dass es im staatlichen Bereich zwischen verbe amteten Lehrkräften und solchen, die sich in tarifvertraglich geregelten Arbeitsverhältnissen befinden, zu „sozialen Ver werfungen“ gekommen wäre. Zudem lassen sich weder eine Häufung von Krankheitsfällen oder eine hohe Personalfluk tuation noch im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbeschu lung Mobbingfälle oder eine Mehrung von BurnoutFällen bestätigen. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14094