Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Arif Taşdelen SPD vom 13.10.2016 Islamischer Religionsunterricht als Prüfungsfach Der islamische Religionsunterricht läuft in Bayern seit 2009 als Modellversuch vorrangig an Grund- und Mittelschulen. Aufgrund des großen Erfolgs des islamischen Religionsunterrichts hat der Bayerische Ministerrat 2014 eine Verlängerung des Modellversuchs um weitere fünf Jahre beschlossen . Auch Experten sehen die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Religion als zentralen Schritt für eine gelingende Integration und wichtige Maßnahme zum Schutz vor Radikalisierung. Geplant ist deshalb eine Ausweitung des islamischen Religionsunterrichts auf über 400 Schulen in Bayern unter Schaffung von 38 zusätzlichen Vollzeitstellen bis September 2016. Gleichzeitig will das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) jedoch den islamischen Unterricht nicht mehr als Prüfungsfach für den qualifizierenden Mittelschulabschluss zulassen. Bislang hatten es einige Mittelschulen ihren Schülerinnen und Schülern ermöglicht, ihre Abschlussprüfungen auch im Fach islamischer Religionsunterricht abzulegen, obwohl dies bei Fächern eines Modellversuchs rechtlich nicht möglich ist. Diese jahrelange Praxis hat das StMBW laut eigener Aussage „im Interesse der Schülerinnen und Schüler“ geduldet (zitiert nach: Nürnberger Nachrichten, 27.07.2016). Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Warum wird der islamische Religionsunterricht gerade zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als Prüfungsfach zugelassen, obwohl diese Praxis vonseiten des Staatsministeriums jahrelang geduldet wurde? 1.2 Wie viele Schülerinnen und Schüler haben in Bayern eine Abschlussprüfung im Fach islamischer Religionsunterricht abgelegt? 1.3 Werden die bereits abgelegten Abschlussprüfungen weiterhin anerkannt? 2.1 Ist die geplante Ausweitung des islamischen Religionsunterrichts bereits erfolgt? 2.2 An wie vielen der geplanten über 400 Schulen in Bayern wird der islamische Religionsunterricht im Schuljahr 2016/17 angeboten? 2.3 Wie viele der 38 Vollzeitkapazitäten wurden bislang geschaffen? 3.1 An welchen Schulen in Bayern wird der islamische Religionsunterricht ab diesem Schuljahr als Schulfach angeboten (bitte Aufschlüsselung nach Name, Schulart und Ort der einzelnen Schulen)? 3.2 Wie viele Schülerinnen und Schüler werden von der Ausweitung des Unterrichts profitieren? 4.1 Bis zu welcher Jahrgangsstufe wird der islamische Religionsunterricht in Bayern aktuell als Schulfach angeboten ? 4.2 Ist in der Oberstufe an Gymnasien ein Wechsel vom islamischen Religionsunterricht auf das Fach Ethik ohne Auflagen möglich? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 08.11.2016 1.1 Warum wird der islamische Religionsunterricht gerade zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als Prüfungsfach zugelassen, obwohl diese Praxis vonseiten des Staatsministeriums jahrelang geduldet wurde? Islamischer Unterricht (IU) wird derzeit im Rahmen eines Modellversuchs gemäß Art. 81 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) durchgeführt. Die Laufzeit des Modellversuchs endet im Jahr 2019. Der IU ist kein von einer Religionsgemeinschaft autorisierter Religionsunterricht gemäß Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes und Art. 136 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung und rechtlich kein gleichwertiges Ersatzpflichtfach. Er ist auch nicht in der Liste der Prüfungsfächer für den qualifizierenden Abschluss der Mittelschule (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 der Mittelschulordnung – MSO) verzeichnet. Dennoch haben einige Schulen den IU als Prüfungsfach für den qualifizierenden Abschluss der Mittelschule angeboten. Da dies aber nicht zulasten der im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit angemeldeten 157 Prüflinge gehen durfte, wurde der Durchführung der besonderen Leistungsfeststellung in IU für diese Schülerinnen und Schüler sowie andere Bewerber im Jahr 2015 ausnahmsweise zugestimmt. Die Schülerinnen und Schüler können gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 MSO als Prüfungsfach grundsätzlich zwischen den Fächern Religionslehre, Ethik, Sport, Musik, Kunst, Informatik und Buchführung wählen. 1.2 Wie viele Schülerinnen und Schüler haben in Bayern eine Abschlussprüfung im Fach islamischer Religionsunterricht abgelegt? Siehe Antwort zu Frage 1.1. 1.3 Werden die bereits abgelegten Abschlussprüfungen weiterhin anerkannt? Siehe Antwort zu Frage 1.1. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.02.2017 | berichtigt* 10.02.2017 17/14163 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14163 2.1 Ist die geplante Ausweitung des islamischen Religionsunterrichts bereits erfolgt: Mit dem Nachtragshaushalt 2016 wurden zusätzliche Kapazitäten für die Ausweitung des Modellversuchs „Islamischer Unterricht“ bereitgestellt. Der Bayerische Ministerrat hat am 20.05.2014 beschlossen, den Modellversuch „Islamischer Unterricht“ um fünf Jahre zu verlängern und inhaltlich weiterzuentwickeln . Mit den für die Ausweitung des Modellversuchs vorgesehenen Kapazitäten sollten an den Grund- und Mittelschulen in einem ersten Schritt zum Schulhalbjahr 2015/2016 weitere Lehrkräfte in folgendem Umfang beschäftigt werden: Oberbayern 1 Niederbayern 1 Oberpfalz 2 Oberfranken 2 Mittelfranken 4 Unterfranken 3 Schwaben 2,5 gesamt 15,5 Eine weitere Tranche wurde zu Beginn des Schuljahres 2016/2017 bereitgestellt: Oberbayern 6 Niederbayern 2 Oberpfalz 1 Oberfranken 1 Mittelfranken 4 Unterfranken 2 Schwaben 3,5 gesamt 19,5 2.2 An wie vielen der geplanten über 400 Schulen in Bayern wird der islamische Religionsunterricht im Schuljahr 2016/17 angeboten? Hierzu liegen dem Staatsministerium noch keine plausibilisierten Daten vor. Diese könnten vorab nur über eine äußerst aufwendige Einzelerhebung an den Schulen ermittelt werden. Hiervon wurde zur Vermeidung unverhältnismäßigen Aufwands bei den Schulen Abstand genommen. 2.3 Wie viele der 38 Vollzeitkapazitäten wurden bislang geschaffen? Den Grund- und Mittelschulen stehen im Schuljahr 2016/2017 rund 88 Vollzeitkapazitäten für den IU zur Verfügung , das sind 35 Vollzeitkapazitäten mehr als im Vorjahr. Der Aufwuchs der genannten Kapazitäten wurde vollumfänglich zu Schuljahresbeginn zur Verfügung gestellt. 3.1 An welchen Schulen in Bayern wird der islamische Religionsunterricht ab diesem Schuljahr als Schulfach angeboten (bitte Aufschlüsselung nach Name, Schulart und Ort der einzelnen Schulen)? 3.2 Wie viele Schülerinnen und Schüler werden von der Ausweitung des Unterrichts profitieren? Dem Staatsministerium liegen hierüber noch keine plausibilisierten Daten vor. Diese könnten vorab nur über eine äußerst aufwendige Einzelerhebung an den Schulen ermittelt werden. Hiervon wurde zur Vermeidung unverhältnismäßigen Aufwands bei den Schulen Abstand genommen. 4.1 Bis zu welcher Jahrgangsstufe wird der islamische Religionsunterricht in Bayern aktuell als Schulfach angeboten? Nach den Vorgaben des Schulversuchs (siehe Antwort zu 1.1) kann an Grundschulen in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 sowie an Mittelschulen in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 IU angeboten werden. Im Schuljahr 2015/2016 wurde zudem an vier Realschulen im Rahmen des Modellversuchs in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 „Islamischer Unterricht“ angeboten. Auch an zwei staatlichen Gymnasien wurde im vorgenannten Schuljahr das Unterrichtsangebot „Islamischer Unterricht“ vorgehalten; am Dürer-Gymnasium in Nürnberg bis einschließlich Jahrgangsstufe 10, am Pirckheimer-Gymnasium in Nürnberg bis einschließlich Jahrgangsstufe 8 (im aktuellen Schuljahr bis Jahrgangsstufe 9). Im Anschluss können die Schülerinnen und Schüler ohne Feststellungsprüfung in den Ethikunterricht wechseln und in diesem Fach das Abitur absolvieren. 4.2 Ist in der Oberstufe an Gymnasien ein Wechsel vom islamischen Religionsunterricht auf das Fach Ethik ohne Auflagen möglich? Siehe Antwort zu Frage 4.1. *) Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit