Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Müller FREIE WÄHLER vom 28.01.2014 Therapeutische Maßnahmen unter Einbeziehung methylphenidathaltiger Medikamente Methylphenidathaltige Arzneimittel sollen im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von ADS/ ADHS bei Kindern ab sechs Jahren eingesetzt werden. Wie bereits in der Drucksache 16/18303 vom 06.09.2013 zum Ausdruck kommt, soll die Therapie der Wahl mit Methylphenidat „sorgfältig eingestellt und in eine ganzheitliche, multimodale Therapie eingebettet“ werden. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie und mit welchen Methoden wird kontrolliert, dass mit einer Verschreibung von methylphenidathaltigen Mitteln auch eine ganzheitliche (Verhaltens-)Therapie einhergeht? 2. In wie viel Prozent der Fälle wird eine solche Therapie mit der Verschreibung von methylphenidathaltigen Präparaten gleichzeitig mitverordnet a) bei der Erstverordnung? b) bei Weiterverordnungen? 3. Wie viele therapeutische Maßnahmen nicht-medikamentöser Art wurden in Bayern seit 2006 aufgrund der Diagnose ADS/ADHS verordnet und von wem wurden diese bezahlt? a) Aufgeschlüsselt nach Landkreisen. b) Aufgeschlüsselt nach Gruppen- und Einzeltherapien. Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 26.03.2014 1. Wie und mit welchen Methoden wird kontrolliert, dass mit einer Verschreibung von methylphenidathaltigen Mitteln auch eine ganzheitliche (Verhaltens-) Therapie einhergeht? Im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie ist der Einsatz methylphenidathaltiger Arzneimittel zur Behandlung von ADHS für Kinder ab einem Alter von 6 Jahren indiziert. Eine ganzheitliche (Verhaltens-)Therapie kann, muss aber nicht zwingend Teil eines solchen Gesamtkonzepts sein. Häufig sind andere therapeutische oder pädagogische Maßnahmen im jeweiligen Einzelfall angezeigt. Es handelt sich stets um verantwortungsvolle ärztliche Einzelentscheidungen. Schematische Kontrollen sind insoweit nicht möglich. 2. In wie viel Prozent der Fälle wird eine solche Therapie mit der Verschreibung von methylphenidathaltigen Präparaten gleichzeitig mitverordnet a) bei der Erstverordnung? b) bei Weiterverordnungen? Grundsätzlich können nur Angaben über Verordnungen und Leistungen gemacht werden, die krankenkassenwirksam abgerechnet wurden. Daten zu Privatleistungen oder auch zu Maßnahmen im Rahmen von Kostenerstattungen direkt mit der Krankenkasse liegen nicht vor. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) ist eine vollständige Beantwortung nicht möglich. Nicht alle Therapieformen von ADHS/ADS, wie z. B. Ergotherapie , können abgebildet werden. Denn Ergotherapie wird als sog. „Heilmittel“ durch Ergotherapeuten erbracht und nicht über die Apothekenrechenzentren abgerechnet. Heilmittel werden über Heilmittelrechenzentren abgerechnet , deren Daten der KVB nur sehr lückenhaft vorliegen. Es wurden jeweils das dritte Quartal der Jahre 2013 und 2008 ausgewertet. Für die Patientenauswahl wurden die Diagnosen F90.– G nach ICD-10 GM (gesicherte hyperkinetische Störungen) verwendet. Das Alter der Patienten wurde auf zwischen größer gleich 6 und kleiner 18 eingeschränkt, da die zugelassenen Medikamente (Methylphenidat und Atomoxetin) erst ab einem Alter von 6 Jahren eingesetzt werden dürfen. Für das Quartal 3/2013 konnten ca. 33.600 Patienten identifiziert werden, bei denen die Diagnose F90.– G vorlag und bei denen auch mindestens eine über die KVB abrechenbare spezielle Leistung und/oder eine Verordnung von Methylphenidat/ Atomoxetin getätigt wurde. Nach denselben Kriterien wurden im Vergleich dazu für das Quartal 3/2008 39.400 Patienten identifiziert. Im Quartal 3/2013 erhielten 32,6 % (für Quartal 3/2008 33,8 %) der ausgewählten Patienten ausschließlich eine speziell abrechenbare Leistung nach den ausgewählten Gebüh- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.05.2014 17/1428 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1428 renordnungspositionen für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (GOP) und keine Verordnung von Methylphenidat oder Atomoxetin. 32,4 % der Patienten erhielten im Quartal 3/2013 (für Quartal 3/2008 23,4 %) neben der Diagnose ausschließlich eine Verordnung von Methylphenidat oder Atomoxetin und keine Leistung nach den ausgewählten GOPs. Dies kann unter anderem am Wegfall bestimmter abrechenbarer Leistungen (siehe GOP Qualifikation Psychosomatik) liegen. Für 35,0 % der Patienten im Quartal 3/2013 (für Quartal 3/2008 42,8 %) wurde mindestens eine Leistung nach ausgewählten GOPs erbracht und es erfolgte eine gleichzeitige Verordnung von Methylphenidat oder Atomoxetin. Etwa 1,5 % der Kinder wurden im Quartal 3/2013 im Rahmen einer Gruppentherapie (0,7 % in 3/2008) behandelt. 3. Wie viele therapeutische Maßnahmen nicht-medikamentöser Art wurden in Bayern seit 2006 auf- grund der Diagnose ADS/ADHS verordnet und von wem wurden diese bezahlt? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Weitere Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht vor. a) Aufgeschlüsselt nach Landkreisen. Eine Aufteilung nach Landkreisen kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erfolgen, da einzelne Landkreise weniger als 5 Kinder- und Jugendpsychiater aufweisen. b) Aufgeschlüsselt nach Gruppen- und Einzel- therapien. Nach Mitteilung der KVB ist eine Verlaufsdarstellung über alle Jahre seit 2006 nicht möglich, weil keine so weit zurückreichenden Daten mehr vorliegen. Weitere Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht vor.