Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 10.11.2016 1. Wird das Ziel der in § 8 Abs. 3 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vorgeschriebenen vollständigen Barrierefreiheit für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 aus Sicht der Staatsregierung erreicht werden? a) Falls dies nicht der Fall ist, wo liegen die Probleme ? Die Staatsregierung geht gegenwärtig davon aus, dass das Ziel der in § 8 Abs. 3 PBefG vorgeschriebenen vollständigen Barrierefreiheit für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 erreicht wird. 2. Wie viele Haltepunkte des Linienbusverkehrs sind bereits barrierefrei? a) In Bayern? b) In Unterfranken? c) In den Landkreisen Aschaffenburg, Bad Kissingen, Haßberge, Kitzingen, Main-Spessart, Miltenberg, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt, Würzburg sowie den kreisfreien Städten Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg? Nach der Fragestellung sind auch Haltestellen im Linienverkehr an Straßen in kommunaler Baulast betroffen. Dazu liegen der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr keine Angaben zum Straßenbestand vor, weil diese Straßen in den eigenen Wirkungskreis der jeweiligen Baulastträger fallen. Auch für Bundes- und Staatsstraßen in staatlicher Verwaltung sind Haltestellen des Linienverkehrs im Straßenbestand nicht gesondert erfasst . 3. Welche weiteren Maßnahmen seitens der Staatsregierung wurden ergriffen, um Senioren die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu erleichtern? Die ÖPNV-Aufgabenträger (Landkreise, kreisfreie Gemeinden ) definieren im Rahmen ihrer Nahverkehrsplanung die vielfältigen Anforderungen, auch um geeignete Angebote zur Attraktivitätssteigerung für Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Einschränkungen an den ÖPNV zu machen. Diese Angebote müssen durch die kommunale Tarifstruktur finanziert werden. Der Freistaat unterstützt die ÖPNV-Aufgabenträger bei ihrer allgemeinen Aufgabenerfüllung zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und bei ihren Bemühungen für einen attraktiven ÖPNV im Rahmen der ÖPNV-Zuweisungen mit 51,3 Millionen € im Jahr. Daneben unterstützt der Freistaat im Rahmen der Busförderung die Verkehrsunternehmen, indem er gezielt die Anschaffung von barrierefreien Fahrzeugen mit einem erleichterten Einstieg im Umfang von 30 Millionen € im Jahr fördert. 17. Wahlperiode 13.01.2017 17/14326 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Günther Felbinger FREIE WÄHLER vom 27.09.2016 Senioren im öffentlichen Personennahverkehr Der demografische Wandel stellt auch eine Herausforderung für den ÖPNV dar. Beispielsweise werden im Landkreis Main-Spessart 2025 22 Prozent mehr Menschen, die 60 Jahre oder älter sind, den ÖPNV nutzen. Gleichzeitig wird die Nutzung des ÖPNV durch Schüler und Erwerbstätige voraussichtlich um etwa 30 Prozent sinken. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wird das Ziel der in § 8 Abs. 3 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vorgeschriebenen vollständigen Barrierefreiheit für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 aus Sicht der Staatsregierung erreicht werden? a) Falls dies nicht der Fall ist, wo liegen die Probleme? 2. Wie viele Haltepunkte des Linienbusverkehrs sind bereits barrierefrei? a) In Bayern? b) In Unterfranken? c) In den Landkreisen Aschaffenburg, Bad Kissingen, Haßberge, Kitzingen, Main-Spessart, Miltenberg, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt, Würzburg sowie den kreisfreien Städten Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg? 3. Welche weiteren Maßnahmen seitens der Staatsregierung wurden ergriffen, um Senioren die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu erleichtern ? a) Werden Schulungen für Busfahrer durchgeführt, die diese für die Bedürfnisse älterer Menschen sensibilisieren ? b) Wurden Maßnahmen seitens der Staatsregierung ergriffen , die Senioren über das Angebot des ÖPNV informieren und ihnen Hilfe bei der Orientierung geben? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14326 Damit unterstützt der Freistaat die Anschaffung von über 400 Bussen jährlich. Mit einem Anteil von 94 % (Quelle: Verband deutscher Verkehrsunternehmen e.V.) stellen barrierefreie Niederflurbusse im ÖPNV den weitaus überwiegenden Teil der Fahrzeugflotte und bieten allen Fahrgästen einen erleichterten Einstieg. Der Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/18 der Staatsregierung sieht eine Fortführung der Busförderung auf dem bisherigen Niveau vor. Mit dem Förderprogramm der Mobilität im ländlichen Raum werden seit dem Jahr 2012 bedarfsorientierte und flexible Bedienformen insbesondere im ländlichen Raum unterstützt. Es werden bzw. wurden 64 Projekte unterstützt, die zum einen überhaupt ein ÖPNV-Angebot als Alternative zum motorisierten Individualverkehr ermöglichen oder bestehende Angebote im Linienverkehr räumlich und/oder zeitlich ergänzen. Daneben bieten die flexiblen Bedienformen durch die regelmäßig kleineren Fahrzeuge bessere Möglichkeiten zur Unterstützung des einzelnen Fahrgasts. Die Staatsregierung sieht in ihrem Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/18 eine Fortführung des Förderprogramms vor, um gerade den ÖPNV im ländlichen Raum weiter zu stärken. Die Verkehrsunternehmen und Verbünde bieten in der Regel umfassende Informationen auch für besondere Zielgruppen an. Diese Informationen sind meist noch nicht in die elektronische Verbindungsauskunft integriert, sondern basieren auf einer persönlichen Betreuung per Telefon oder in Kundencentern. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die im Auftrag des Freistaats den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) plant, bestellt und überwacht, arbeitet daran, die Verbindungsauskunft „Bayern-Fahrplan“ um entsprechende Informationen zu erweitern. Hierfür sind umfangreiche Daten erforderlich, die bisher noch nicht für alle Verkehrsunternehmen und Verbünde vorliegen. Ein weiterer Baustein neben der Information zur Barrierefreiheit ist der barrierefreie Zugang zur Information. Die BEG bietet den Bayern-Fahrplan auch als Textversion an, die zum Beispiel für Vorlesegeräte von Blinden und Sehbehinderten geeignet ist. a) Werden Schulungen für Busfahrer durchgeführt, die diese für die Bedürfnisse älterer Menschen sensibilisieren? b) Wurden Maßnahmen seitens der Staatsregierung ergriffen, die Senioren über das Angebot des ÖPNV informieren und ihnen Hilfe bei der Orientierung geben? Seit Jahrzehnten schulen Busunternehmen betriebsintern regelmäßig ihr Fahrpersonal auch im Hinblick auf den Umgang mit den Fahrgästen und besonders sensiblen Fahrgastgruppen (Schülerbeförderung, Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen, Beförderung von älteren Menschen, Beförderung von Kindern, Beförderung von Familien mit Kinderwägen u.a.). Die Unternehmensverbände halten hierfür einen entsprechenden betrieblichen Leitfaden für die Mitglieder bereit. Zudem sind seit Inkrafttreten des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes und der damit verbundenen Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung regelmäßige Schulungen für alle Fahrer/-innen, die gewerbsmäßig Personen befördern, verpflichtend (Weiterbildung/ Ziffer 95 im Führerschein). Folgende Kenntnisbereiche sind dabei regelmäßig in einem Zeitraum von mindestens fünf Jahren und insgesamt 35 Stunden abzudecken: • Verhalten und Umgang mit Fahrgästen • Fahrphysik, sicheres und fahrgastfreundliches Verhalten • Rationelles Fahrverhalten (Optimierung des Kraftstoffverbrauchs ) • Kenntnis der sozialrechtlichen Vorschriften (Lenk- und Ruhezeiten) • Gesundheit, Verkehrs- und Umweltsicherheit, Notfallmanagement Ein Schwerpunkt der in der Berufskraftfahrer-Qualifikations- Verordnung näher beschriebenen Kenntnisbereiche liegt auch in der Schulung des Fahrpersonals im Umgang mit den Fahrgästen und Besonderheiten der Beförderung bestimmter Fahrgastgruppen (z. B. Behinderte, Kinder). Speziell in Unterfranken wurden folgende Initiativen ergriffen : In den Landkreisen Aschaffenburg und Miltenberg sowie der Stadt Aschaffenburg bieten die Verkehrsunternehmen den Gemeinden bzw. den örtlichen Senioreninstitutionen sog. Mobilitätstrainings für ältere Menschen an. Hierbei werden die Teilnehmer mit den Einrichtungen des Fahrzeugs vertraut gemacht und das richtige Ein- und Aussteigen mit Rollator und ein sicherer Halt im Fahrzeug geübt. Im Landkreis Würzburg organisieren teilweise die Seniorenvertreter in den einzelnen Gemeinden „betreute“ Schnupperfahrten mit dem ÖPNV, um Senioren an den ÖPNV heranzuführen . Außerdem versucht der Landkreis Würzburg einen engen Kontakt zu den örtlichen Seniorenbeauftragten zu pflegen, um Wünsche und Anregungen frühzeitig in die Planungen aufnehmen zu können. Die Verkehrsunternehmen im Landkreis Bad Kissingen führen in Zusammenarbeit mit der Kreisverkehrswacht Bad Kissingen Schulungen für Senioren, die auf Rollatoren angewiesen sind, durch. Dabei wird das Ein- und Aussteigen und die Handhabung des Rollators in den Bussen geübt. Der Verkehrsbetrieb der Stadtwerke Schweinfurt GmbH beteiligt sich seit Jahren an den „Schweinfurter Seniorenwochen“. In diesem Rahmen werden Tipps und Hinweise gegeben, wie Fahrgäste sich am besten im ÖPNV verhalten, wenn sie nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs sind oder bereits auf eine Gehhilfe angewiesen sind (Rollator-Training). Aus Subsidiaritätsgründen sind keine zusätzlichen Maßnahmen der Staatsregierung erforderlich.