Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Andreas Lotte, Natascha Kohnen SPD vom 28.10.2016 Berücksichtigung von Integrationsunternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Wir fragen die Staatsregierung: 1. a) Wie groß ist der Anteil der Aufträge an Integrationsunternehmen – gemessen am Finanzvolumen und an der Anzahl – bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach Vder ergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)? b) Wie groß ist der Anteil der Aufträge an Integrationsunternehmen – gemessen am Finanzvolumen und an der Anzahl – bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL)? 2. Wie beurteilt die Staatsregierung den Anteil der Integrationsunternehmen vor dem Hintergrund, dass die Durchführungsverordnungen nach VOB und VOL bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch die Berücksichtigung beruflicher Teilhabe und Inklusion am Arbeitsmarkt benachteiligter Personen vorsehen? 3. Inwiefern haben öffentliche Auftraggeber bei der Ausschreibung von Aufträgen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, soziale Kriterien zu berücksichtigen? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 01.12.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit der Staatskanzlei und den übrigen Ressorts wie folgt beantwortet : Für die Beantwortung der schriftlichen Anfrage wurde davon ausgegangen, dass der Sachverhalt im Bereich der staatlichen Behörden zu eruieren ist. 1. a) Wie groß ist der Anteil der Aufträge an Integrationsunternehmen – gemessen am Finanzvolumen und an der Anzahl – bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach Vder ergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)? b) Wie groß ist der Anteil der Aufträge an Integrationsunternehmen – gemessen am Finanzvolumen und an der Anzahl – bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL)? Statistische Meldungen über Anzahl und Volumen der Auftragsvergabe an Integrationsunternehmen im Sinne des § 132 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) Neuntes Buch (IX) (in Abgrenzung zu Werkstätten für behinderte Menschen nach §§ 136 ff. SGB IX) werden in beiden Bereichen nicht erhoben. Bieter sind zur Vermeidung einer Belastung mit Auskunftspflichten auch nicht allgemein gehalten, anzugeben und nachzuweisen, ob sie ein Integrationsunternehmen betreiben oder nicht. Integrationsunternehmen sind nach der gesetzlichen Konzeption gerade als im normalen Wettbewerb stehende Unternehmen des ersten Arbeitsmarktes angelegt und treten als solche auch sonst am Markt zum Teil auf, ohne auf ihre Eigenschaft als Integrationsunternehmen ausdrücklich hinzuweisen. Umfassende Zahlen zum Gegenstand der Anfrage liegen daher nicht vor. Durch Nachfrage bei den Ressorts konnte ermittelt werden , dass Auftragsvergaben an Integrationsunternehmen in geeigneten Fällen erfolgen. Die Bestimmung eines Anteils entsprechender Aufträge an der gesamten staatlichen Beschaffungstätigkeit ist aufgrund des Fehlens einer umfassenden Statistik jedoch nicht möglich. Ferner besteht zur Vermeidung übermäßigen Verwaltungsaufwandes auch im Übrigen keine Statistik- oder Berichtspflicht über Art, Volumen oder sonstige detaillierte Einzelheiten aller öffentlichen Auftragsvergaben, sodass auch aus diesem Grund die Bestimmung eines Anteils bestimmter Aufträge an der gesamten staatlichen Beschaffungstätigkeit nicht möglich ist. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.01.2017 17/14605 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14605 2. Wie beurteilt die Staatsregierung den Anteil der Integrationsunternehmen vor dem Hintergrund, dass die Durchführungsverordnungen nach VOB und VOL bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch die Berücksichtigung beruflicher Teilhabe und Inklusion am Arbeitsmarkt benachteiligter Personen vorsehen ? Angesichts fehlender aussagekräftiger Daten über die Anteile ist deren Beurteilung nicht möglich. Die Staatsregierung geht davon aus, dass die zum 18. April 2016 eingeführte Möglichkeit zum Vorbehalt von Aufträgen nach § 118 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die nach derzeitigem Stand auch in das neue bundeseinheitliche Vergaberechtsregime für den Unterschwellenbereich übernommen werden soll, zu einer Ausweitung der Auftragsvergabe an Integrationsunternehmen führen wird. 3. Inwiefern haben öffentliche Auftraggeber bei der Ausschreibung von Aufträgen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, soziale Kriterien zu berücksichtigen ? Die Behörden des Freistaats beachten bei ihren Beschaffungen insbesondere die Bekanntmachung vom 29. April 2008 zur Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit sowie die Bevorzugten Richtlinien (öABevR) und achten auf die Einhaltung allgemein geltender Verpflichtungen, etwa nach dem Mindestlohngesetz sowie allgemein verbindlicher Tarifverträge. Die darüber hinausgehende Berücksichtigung sozialer Kriterien obliegt grundsätzlich den Vergabestellen in eigener Verantwortung. Welche Kriterien in welcher Weise berücksichtigt werden, ist dabei vom Einzelfall und insbesondere vom konkreten Auftragsgegenstand abhängig. Zum Teil wurde die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei geeigneten Auftragsgegenständen beispielsweise durch die Vorgabe von Umwelt- und Gütesiegeln wie dem Fair Trade Siegel oder dem Blauen Engel erreicht, die mitunter auch Vorgaben zu Arbeitsbedingungen enthalten. Bei der Prüfung der Angemessenheit von Angebotspreisen nach § 16 Abs. 6 VOL/A 1. Abschnitt und § 17 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A wurde gegebenenfalls auch die Auskömmlichkeit im Hinblick auf die gezahlten Löhne berücksichtigt. In geeigneten Fällen wurde beispielsweise auch nach § 128 Abs. 2 GWB als Ausführungsbestimmung der Nachweis verlangt , dass mindestens ein schwerbehinderter (oder diesen gleichgestellter) Mensch bei der Ausführung des Auftrages beschäftigt wird, der Zuschlag maßgeblich von monetären und sonstigen Anreizen für das mit der Auftragsausführung betraute Personal abhängig gemacht oder bei der Bestimmung des Auftragsgegenstandes für Bewachungsleistungen durch die Vorgabe der Werkschutzprüfung II bzw. III für das eingesetzte Personal die Anwendbarkeit eines höheren Tariflohns bewirkt.