Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 18.07.2016 Universelles Leben Universelles Leben (UL) ist eine Organisation von etwa 2.000 bis 5.000 Anhängern, die sich als Glaubensgemeinschaft versteht und deren Anhänger auch unter der Bezeichnung „Christusfreunde“ bekannt sind. UL betreibt verschiedene kommerzielle Unternehmungen, u.a. einen Buchverlag und eine Ladenkette für vegetarische Lebensmittel. Als Prophetin und „Botschafterin Gottes“ gilt Gabriele Wittek. Die Tätigkeit konzentriert sich auf Bayern, die Organisation war aber auch in anderen Regionen Deutschlands sowie in Österreich , Italien, in der Schweiz und in Frankreich aktiv. In Unterfranken ist das „Gut Terra Nova“ bei Greußenheim als Wirkungsstätte der Organisation UL bekannt. Zudem ist UL durch die HG Naturklinik Michelrieth (Unterfranken) auf dem Gebiet der Alternativmedizin tätig. Auch Kindergärten und Schulen (Grund- und Hauptschule) werden von der UL betrieben . Neben den unternehmerischen Einkünften finanziert sich die Organisation UL auch durch Spenden. Der Verein Universelles Leben (Das Universelle Leben Aller Kulturen Weltweit e. V.) selbst hat rund 500 Mitglieder. Ich frage die Staatsregierung: 1. Auf welcher rechtlichen Grundlage darf sich das „Gut Terra Nova“ bei Greußenheim mit baulichen Maßnahmen (u.a. Zäunen, Schranken und Verbotsschildern) von der Außenwelt abschotten? 1.1 Inwieweit wird das Recht der Bürger nach Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung, den Wald zu betreten, durch diese Maßnahmen eingeschränkt? 2. Welches Ergebnis hatten die Maßnahmen, die von staatlicher bzw. kommunaler Seite aus unternommen wurden, um das Recht nach Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung zu gewährleisten? 2.1 Welche weiteren Handlungsmöglichkeiten stehen den staatlichen Stellen dazu zur Verfügung? 2.2 Mit welchem Ergebnis endeten Gerichtsverfahren zu dieser Thematik? 3. Gegen wen hat das „Gut Terra Nova“ bereits gerichtliche Verfahren geführt (bitte Gerichtsverfahren mit Urteilsdatum aufgeschlüsselt nach Verhandlungsgegner – staatliche Stellen oder private Prozessgegner – angeben )? 3.1 Welche Sachverhalte waren jeweils der Grund für die Verfahren? 3.2 Mit welchem Ausgang endeten diese Verfahren? 4. Welche Kenntnisse liegen der Staatsregierung über die Heillehre und die gesundheitliche Versorgung der Mitglieder des Universellen Lebens sowie über die Krankenhaus-Konzeption der Naturklinik Michelrieth vor? 4.1 Nimmt die Staatsregierung an, dass die Anwendung der Glaubensgrundsätze des UL zu gesundheitlichen Risiken für die Angehörigen der Glaubensgemeinschaft führen kann? 4.2 Sind der Staatsregierung Fälle bekannt, in denen die Anwendung der Glaubensgrundsätze des UL zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Angehörigen der Glaubensgemeinschaft geführt haben? 5. Wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene leben auf dem „Gut Terra Nova“ bei Greußenheim? 5.1 Inwieweit ist dafür gesorgt, dass die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen, die sich im Umfeld des UL befinden, ausreichend ist? 5.2 Wie viele Kinder und Jugendliche besuchen schulische Einrichtungen, die von dem UL betrieben werden? 6. Inwieweit wird von der Staatsregierung durch angemessene Kontrollen sichergestellt, dass die von UL in Bayern betriebenen Schulen sowie Kindergärten die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere die Zulassungsvoraussetzungen für einen Schulbetrieb erfüllen ? 6.1 Gibt es Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen? 6.2 Welche Eingriffsmöglichkeiten hätte die Staatsregierung in diesen Fällen? 7. Welche Kenntnisse über die Finanzierung, Wirtschaftsbeziehungen und Firmenbeteiligungen des UL liegen der Staatsregierung vor? 7.1 Wer sind die rechtlichen Vertreter der einzelnen Unternehmen der UL? 7.2 Liegen der Staatsregierung Kenntnisse über Umsatz und Gewinn der Unternehmen des UL bzw. Schätzungen hierzu vor? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.01.2017 17/14619 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14619 Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 30.11.2016 Die Anfrage beantwortet das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) unter Einbeziehung von Beiträgen der Bayerischen Staatsministerien • für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, • für Umwelt und Verbraucherschutz, • der Justiz, • für Gesundheit und Pflege, • des Innern, für Bau und Verkehr, • für Arbeit und Familie, Soziales und Integration und • der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt: Vorbemerkung: Das aus Art. 13 Abs. 2, 16 a Abs. 1 und 2 Satz 2 der Bayerischen Verfassung abgeleiteten Fragerecht der Abgeordneten findet in der parlamentarischen Kontrolle des Verwaltungshandelns der Staatsregierung seinen Grund. Dem korrespondiert eine Antwortpflicht der Staatsregierung für den Bereich, für den sie unmittelbar oder mittelbar zuständig ist (vgl. auch § 71 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag – BayLTGeschO). Das Handeln natürlicher oder juristischer Personen als Subjekte im privaten Rechtsverkehr unterliegt als solches grundsätzlich nicht der Kontrolle der Verwaltung. Dass die Verwaltung darüber Erkenntnisse haben oder erlangen kann, begründet für sich genommen keine Verantwortlichkeit der Staatsregierung für solche Vorgänge. Reine Sachverhalts- und Informationsabfragen ohne Bezug zu etwaigem Handeln der Staatsregierung sind demnach vom parlamentarischen Fragerecht nicht umfasst und unterliegen nicht der Beantwortungspflicht. Die Antworten zu den gestellten Fragen im Folgenden beschränken sich daher auf Vorgänge in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit staatlichem Handeln. Darüber hinaus hat die Staatsregierung bei ihren Antworten Grenzen des parlamentarischen Fragerechts zu beachten , wenn verfassungsrechtlich garantierte Rechte eines Dritten gegeben sind und wenn die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Abgeordneten und dem Geheimhaltungsinteresse des Dritten unter Berücksichtigung der Bedeutung des Fragerechts für die Funktionsfähigkeit des parlamentarischen Systems ein Überwiegen der Interessen des Dritten ergibt. Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen , ob durch die Art und Weise – insb. das „wie“ – der Antwort dem Interesse eines Dritten, dass bestimmte Informationen nicht ohne Weiteres in die Öffentlichkeit gelangen , Rechnung getragen werden kann. 1. Auf welcher rechtlichen Grundlage darf sich das „Gut Terra Nova“ bei Greußenheim mit baulichen Maßnahmen (u. a. Zäunen, Schranken und Verbotsschildern ) von der Außenwelt abschotten? Bauvorhaben eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs sind bauplanungsrechtlich im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) privilegiert zulässig, wenn und soweit sie dem Betrieb dienen und öffentliche Belange im Übrigen nicht entgegenstehen. Auch die Errichtung einer Einfriedung wie z. B. eines Zauns kann dementsprechend ein bauplanungsrechtlich privilegiertes Vorhaben sein. Dabei ist freilich zu beachten, dass solche bauliche nAnlagen nicht zu einer „Abschottung“ des Anwesens als Selbstzweck errichtet werden dürfen, sondern nur insoweit zulässig sind, als sie der Ausübung der jeweiligen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit objektiv dienlich im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs vor baulicher Inanspruchnahme bzw. aus dem Inhalt des Privilegierungstatbestandes. Bei bestehenden Zäunen um das „Gut Terra Nova“ wird diese bauplanungsrechtliche Privilegierung von der unteren Bauaufsichtsbehörde bejaht. Dies entspricht dem Ergebnis eines Rechtsstreits, der im Jahr 2007 durch einen Vergleich vor dem Verwaltungsgericht Würzburg beigelegt worden war (siehe hierzu insbesondere Ausführungen in der Antwort zu Frage 2.2). Im Zuge dieses Rechtsstreits hat das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen auch die Notwendigkeit von Wildschutzzäunen in Bezug auf eingefriedete Bereiche des „Guts Terra Nova“ bestätigt. Es wird davon ausgegangen, dass das Ergebnis dieses Rechtsstreits auch den heutigen „status quo“ darstellt. Über die Errichtung weiterer Zäune seither liegen keine Erkenntnisse vor. Nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b Bayerische Bauordnung (BayBO) sind im Außenbereich offene, sockellose Einfriedungen für den Erwerbsgartenbau und den Schutz von Forstkulturen verfahrensfrei, d. h. ohne Durchführung eines baurechtlichen Genehmigungsverfahrens möglich, wenn sie entsprechend den obigen Ausführungen der gartenbaulichen Erzeugung „dienen“. Der Erwerbsobstbau ist richtigerweise dem Erwerbsgartenbau zuzurechnen, wenn eine Anlage des Erwerbsobstbaus ohne eine Schutzvorrichtung gegen Wildverbiss wegen der regelmäßig nur geringen Stammhöhe der Obstbäume nicht auskommt und deshalb eine einfache, etwa einem Forstschutzzaun entsprechende Einfriedung den Interessen eines vernünftigen Unternehmers entspricht. Privilegiert sind auch Einfriedungen zum Schutz von Forstkulturen, solange und soweit ein Schutzbedürfnis tatsächlich besteht. Schranken und Verbotsschilder können verfahrensfreie Annexvorhaben darstellen, soweit sie in einem unmittelbaren räumlich-sachlich Zusammenhang zu den Einfriedungen stehen. Sie sind dann auch vom Tatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO umfasst. 1.1 Inwieweit wird das Recht der Bürger nach Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung, den Wald zu betreten, durch diese Maßnahmen eingeschränkt? Die Zäune, Schranken und Verbotsschilder um das „Gut Terra Nova“, die aufgrund ihrer natürlichen Sperrwirkung den Zugang zur freien Natur einschränken, müssen sich am Grundrecht der Allgemeinheit auf Naturgenuss und Erholung (Art. 141 Abs. 3 Bayerische Verfassung – BV) messen lassen. Dieses Grundrecht hat seine einfachgesetzliche Ausgestaltung in Art. 26 ff. Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) erfahren. Das Recht auf Naturgenuss und Erholung konkretisiert die Sozialpflichtigkeit des Eigentums und bestimmt den Eigentumsinhalt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Grundgesetz). Deshalb hat der Erholungsuchende auf Eigentümer und Nutzungsberechtigte Rücksicht zu nehmen (vgl. Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BayNatSchG). Unter gewissen Umständen hat der Grundstückseigentümer sogar ein berechtigtes Interesse, sein Eigentum vor einem Betreten durch die Allgemeinheit Drucksache 17/14619 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 zu schützen. So ist er berechtigt, der Allgemeinheit das Betreten seines Grundstückes in der freien Natur zu verwehren, wenn anderenfalls die zulässige Nutzung des Grundstücks nicht unerheblich behindert oder eingeschränkt würde (Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG). Bei Wohngrundstücken ist eine Beschränkung nur für den Wohnbereich zulässig (Art. 33 Nr. 2 BayNatSchG). Des Weiteren kommt eine kurzzeitige Sperre aus Gründen des Naturschutzes, zur Durchführung von landschaftspflegerischen Vorhaben oder forstwirtschaftlichen Maßnahmen, bei Jagden oder zur Vorbereitung und Durchführung sportlicher Wettkämpfe sowie aus anderen zwingenden Gründen des Gemeinwohls in Betracht (Art. 33 Nr. 3 BayNatschG). Im Baurecht wird dem Grundrecht der Allgemeinheit auf Naturgenuss und Erholung u. a. dadurch Rechnung getragen , dass verfahrensfreie Einfriedungen zu forstwirtschaftlichen Zwecken sich nach Umfang und Dauer auf das nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen erforderliche Maß beschränken müssen (s. o. die Antwort zu Frage 1.1). Die Errichtung der fraglichen Sperren um das „Gut Terra Nova“ bedurfte keiner baurechtlichen Genehmigung. Deshalb waren die Sperren bei der unteren Naturschutzbehörde lediglich anzuzeigen (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG). Dieser Anzeigepflicht wurde nach Auskunft der Regierung von Unterfranken nachgekommen. 2. Welches Ergebnis hatten die Maßnahmen, die von staatlicher bzw. kommunaler Seite aus unternommen wurden, um das Recht nach Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung zu gewährleisten? Ein naturschutzrechtlich veranlasstes Verfahren wurde gegen die Betreiber („Gut Greußenheim GmbH & Co. KG“ bzw. „Gut Terra Nova GmbH & Co. KG, Betriebs KG“) bisher nicht eingeleitet. Baurechtlich ist das Landratsamt Würzburg durch eine Beseitigungsanordnung im Jahr 2005 gegen die Errichtung zahlreicher im Außenbereich gelegener, nicht genehmigter Einfriedungen vorgegangen. Infolge des im anschließenden Klageverfahren geschlossenen Vergleichs vor dem Verwaltungsgericht Würzburg im Jahr 2007 mussten einige der bis dahin errichteten Zäune abgebaut werden (siehe hierzu Ausführungen bei der Beantwortung der Frage 2.2). 2.1 Welche weiteren Handlungsmöglichkeiten stehen den staatlichen Stellen dazu zur Verfügung? Sofern sich im Hinblick auf die bestehenden Zäune herausstellt , dass diese keinem privilegierten Zweck (mehr) dienen , müsste die untere Bauaufsichtsbehörde nach Art. 76 Satz 1 BayBO nach pflichtgemäßem Ermessen die Anordnung einer Beseitigung dieser Einfriedungen erwägen. Hierbei wäre der vor dem Verwaltungsgericht Würzburg im Jahr 2007 geschlossene Vergleich in Ansehung der sich (dann) darstellenden Sach- und Rechtslage entsprechend zu berücksichtigen . Nach Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG wäre es grundsätzlich möglich, eine naturschutzrechtliche Sperre nachträglich beseitigen zu lassen. Voraussetzung dafür ist, dass die Sperre den oben dargestellten Vorgaben des Art. 33 BayNatSchG widerspricht. Die Entscheidung, ob die Beseitigung angeordnet wird, steht im Ermessen der zuständigen unteren Naturschutzbehörde. 2.2 Mit welchem Ergebnis endeten Gerichtsverfahren zu dieser Thematik? Naturschutzrechtlich veranlasste Gerichtsverfahren wurden bislang nicht durchgeführt. Baurechtlich veranlasst hatten die Betreiber des Guts Greußenheim aufgrund einer Beseitigungsanordnung vom 10.08.2005 wegen Zäunen bzw. Einfriedungen einen Verwaltungsprozess gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt Würzburg, geführt. Dieses Verfahren betraf die Beseitigung einer ursprünglich als Forstschutzzaun genehmigten Einfriedung. Zunächst hatte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 02.12.2005 (Az. W 5 S 05.1272) die aufschiebende Wirkung der Klage der „Gut Greußenheim GmbH & Co. KG“ gegen die Beseitigungsanordnung in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 15.11.2005 wiederhergestellt . Das Gerichtsverfahren endete im Jahr 2007 mit einem Vergleich (Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 20.10.2007, Az. W 5 K 07.1179). Demnach durften bestimmte Forstflächen eingezäunt bleiben. 3. Gegen wen hat das „Gut Terra Nova“ bereits gerichtliche Verfahren geführt (bitte Gerichtsverfahren mit Urteilsdatum aufgeschlüsselt nach Verhandlungsgegner – staatliche Stellen oder private Prozessgegner – angeben)? 3.1 Welche Sachverhalte waren jeweils der Grund für die Verfahren? 3.2 Mit welchem Ausgang endeten diese Verfahren? Zu gerichtlichen Verfahren wird auf die nach Geschäftsbereichen der Staatsregierung geordneten Darstellungen in den Berichten des StMBW verwiesen, die turnusmäßig dem Bayerischen Landtag in Vollzug der Landtagsbeschlüsse (Drs. 13/7320, 13/4645, 13/4646 und 10/9388) zu Sekten und Weltanschauungsgruppen, die in Bayern aktiv gewesen sind, erstattet werden (vgl. die Berichte vom 13.10.2008, 25.01.2011 und 17.02.2014). Ein weiterer Bericht für den Zeitraum 2014 bis 2016 ist derzeit in Vorbereitung und wird turnusgemäß dem Landtag vsl. zum 01.02.2017 erstattet. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Antwort des StMBW zur Schriftlichen Anfrage des Herrn Abgeordneten Florian Streibl „Tätigkeit von Sekten und Weltanschauungsgruppen in Bayern“ (Drs. 17/11153) Bezug genommen. Im Übrigen kann Folgendes mitgeteilt werden: Ordentliche Gerichtsbarkeit: Nach den verfügbaren Daten ist nicht feststellbar, dass die „Gut Terra Nova GmbH & Co. Betriebs-KG“ im Zeitraum seit dem 01.07.2006 vor bayerischen Zivilgerichten ein Verfahren gegen staatliche Stellen geführt hätte. Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit: Das „Gut Terra Nova“ führte bisher keine Verfahren an bayerischen Arbeits- und Sozialgerichten. Finanzgerichtsbarkeit: Gegenstand eines finanzgerichtlichen Verfahrens der Firma „Gut Terra Nova GmbH & Co. KG“, Greußenheim, könnten nur steuerliche Sachverhalte sein. Ein finanzgerichtliches Klage- oder Beschlussverfahren setzt das steuerliche Verwaltungsverfahren fort. Die Klage- oder Antragsumstände würden deshalb außerhalb von öffentlichen Gerichtsverhandlungen ebenso vollumfänglich dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung (AO) unterliegen. Dieses zu wahren, ist aufgrund des in Art. 100, 101 BV verankerten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geboten. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14619 Hinweise, dass Fragen bezüglich der Klage- oder Antragsumstände gerichtlicher Verfahren im zwingenden öffentlichen Interesse liegen, sind nicht erkennbar. Verwaltungsgerichtsbarkeit: Vor den bayerischen Verwaltungsgerichten hat das „Gut Terra Nova“ seit dem 01.07.2006 insgesamt 25 Verfahren geführt. Dabei entfallen sieben Verfahren auf den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und 18 Verfahren auf das Verwaltungsgericht Würzburg. In sämtlichen Verfahren war Verfahrensgegner der Freistaat Bayern. Angaben zu den den Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalten und zum jeweiligen Verfahrensausgang können anhand der zur Verfügung stehenden statistischen Auswertungsmethoden nicht gemacht werden. 4. Welche Kenntnisse liegen der Staatsregierung über die Heillehre und die gesundheitlichen Versorgung der Mitglieder des Universellen Lebens sowie über die Krankenhaus-Konzeption der Naturklinik Michelrieth vor? Die Naturklinik Michelrieth besitzt eine Konzession als private Krankenanstalt nach § 30 der Gewerbeordnung durch das zuständige Landratsamt Main-Spessart. Die Klinik ist nicht in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen und hat auch keinen Versorgungsvertrag für akutstationäre Behandlung nach § 108 des Sozialgesetzbuchs , Fünftes Buch – SGB V. Eine akutstationäre Behandlung gesetzlich Versicherter ist daher nicht möglich. Es besteht aber ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V mit den gesetzlichen Krankenkassen, in dessen Rahmen gesetzlich Versicherte stationäre Vorsorgemaßnahmen in Anspruch nehmen können. 4.1 Nimmt die Staatsregierung an, dass die Anwendung der Glaubensgrundsätze des UL zu gesundheitlichen Risiken für die Angehörigen der Glaubensgemeinschaft führen kann? 4.2 Sind der Staatsregierung Fälle bekannt, in denen die Anwendung der Glaubensgrundsätze des UL zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Angehörigen der Glaubensgemeinschaft geführt haben ? Über die gesundheitlichen Folgen der Glaubensgrundsätzedes UL für seine Mitglieder und deren Kinder liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene leben auf dem „Gut Terra Nova“ bei Greußenheim? Die zuständige Meldebehörde wurde gebeten, die Zahl der im Melderegister erfassten Kinder (0-13 Jahre), Jugendlichen (14–17 Jahre) und Erwachsenen auf dem sog. Gut Terra Nova in Greußenheim anzugeben. Zur Wahrung datenschutzrechtlicher Belange wurde die Meldebehörde gebeten, keine personenbezogenen Daten zu übermitteln. Datenschutzrechtlich ist bei der Übermittlung von Zahlen von Personen die sog. Gruppenanonymität gewahrt, wenn die Gruppe, welcher die betreffende Person zugerechnet wird, fünf oder mehr Mitglieder hat. Hätte eine Gruppe weniger Mitglieder, würde durch die Mitteilung der Zahl der Gruppenmitglieder hingegen ein personenbezogenes Datum übermittelt. Die Meldebehörde wurde daher gebeten, keine Zahl zu nennen und lediglich „Fehlanzeige“ anzugeben, wenn die jeweilige Gruppe (Kinder – Jugendliche – Erwachsene) weniger als fünf Gruppenmitglieder aufweist. Nach Angaben der zuständigen Meldebehörde sind im Melderegister für das Gut Terra Nova, Greußenheim, erfasst : Kinder: Fehlanzeige Jugendliche: Fehlanzeige Erwachsene: 16 5.1 Inwieweit ist dafür gesorgt, dass die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen, die sich im Umfeld des UL befinden, ausreichend ist? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 5.2 Wie viele Kinder und Jugendliche besuchen schulische Einrichtungen, die von dem UL betrieben werden? Das Universelle Leben betreibt in Unterfranken die staatlich anerkannte Priv. Volksschule „Lern‘ mit mir im Universellen Leben“ – Grund- und Mittelschule – Esselbach des Schulvereins „Ich helfe Dir e.V.“. Im Schuljahr 2016/2017 wird die Grundschule nach Auskunft der Regierung von Unterfranken als zuständiger Schulaufsichtsbehörde von 69 Schülerinnen und Schülern und die Mittelschule von 112 Schülerinnen und Schülern besucht. 6. Inwieweit wird von der Staatsregierung durch angemessene Kontrollen sichergestellt, dass die von UL in Bayern betriebenen Schulen sowie Kindergärten die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere die Zulassungsvoraussetzungen für einen Schulbetrieb erfüllen? Kindergarten: Eine Kontrolle der von Universelles Leben in Bayern betriebenen Kindertageseinrichtung erfolgt im Rahmen der Betriebserlaubnis (§ 45 SGB VIII) bzw. der Bewilligung von Fördermitteln nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG). Das Universelle Leben betreibt nach Angaben des Landratsamts Main-Spessart in Marktheidenfeld einen Kindergarten und eine Kinderkrippe. Die Betriebserlaubnis wurde im Jahr 1990 erteilt. Beide Einrichtungen gehören dem „Kindergartenland e.V.“ an und befinden sich in der Hirtengartenstr . 9, Marktheidenfeld-Altfeld. Um sicherstellen zu können, dass die von Universelles Leben betriebenen Kindertageseinrichtungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, finden in regelmäßigen Abständen Begehungen durch Vertreter des zuständigen Landratsamtes Main-Spessart statt. Sofern bei der Begehung Beanstandungen erfolgen, werden diese vom Träger regelmäßig problemlos und unverzüglich beseitigt. Schule: Die Schulaufsicht obliegt der Regierung von Unterfranken, die hierbei vom Staatlichen Schulamt im Landkreis Main- Spessart unterstützt wird. Die Lehrkräfte, die an der Schule eingestellt werden, werden der Regierung mit den erforderlichen Unterlagen gemeldet und schulaufsichtlich genehmigt. Probleme bezüglich der Klassenbildung und Schulstatistik sind der Regierung von Unterfranken nicht bekannt. Drucksache 17/14619 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 6.1 Gibt es Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen? Nein. 6.2 Welche Eingriffsmöglichkeiten hätte die Staatsregierung in diesen Fällen? Kindergarten: Tauchen im Rahmen des Betriebs einer Kindertageseinrichtung Anhaltspunkte auf, die auf eine Sektenzugehörigkeit schließen lassen und werden dadurch Rechtsvorschriften verletzt, dann besteht zum einen nach § 45 SGB VIII die Möglichkeit, eine bereits erteilte Betriebserlaubnis wieder zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung gefährdet ist und der Träger der Einrichtung nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Die Betriebserlaubnis kann ggf. auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Auflagen aufrechterhalten bleiben. Zu prüfen wäre zum anderen auch eine Streichung oder Kürzung der staatlichen bzw. kommunalen Förderung. Fördervoraussetzung ist insbesondere, dass der Träger der Einrichtung der pädagogischen Konzeption die Grundsätze der Bildungs- und Erziehungsarbeit und die Bildungs- und Erziehungsziele (Art. 13 BayKiBiG) zugrunde legt, vgl. Art. 19 Ziffer 3 BayKiBiG. Dies wäre z. B. nicht der Fall, wenn der Träger in der Konzeption Positionen vertreten würde, die sich gegen das Wertesystem des Grundgesetzes richten. Vielmehr muss in der Praxis sichergestellt werden, dass die Kindertageseinrichtung freiheitlich-demokratische und soziale Werthaltungen zur Bildung der Gesamtpersönlichkeit der Kinder fördert. Schule: Die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb einer Schule sind in Art. 92 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen geregelt. Falls beim Betrieb der privaten Grund- und Mittelschule die Voraussetzungen für die Genehmigung nach Art. 92 ff. BayEUG nicht mehr vorliegen würden, könnte dies von der Regierung von Unterfranken als Schulaufsichtsbehörde beanstandet werden . Falls erforderlich könnte auch die Genehmigung für den Betrieb der Schule zurückgenommen werden. 7. Welche Kenntnisse über die Finanzierung, Wirtschaftsbeziehungen und Firmenbeteiligungen des UL liegen der Staatsregierung vor? 7.1 Wer sind die rechtlichen Vertreter der einzelnen Unternehmen der UL? 7.2 Liegen der Staatsregierung Kenntnisse über Umsatz und Gewinn der Unternehmen des UL bzw. Schätzungen hierzu vor? Diese Fragen lassen keinen Bezug zu einem Handeln der Staatsregierung erkennen, weder aus der Formulierung der Fragen noch aus dem Kontext mit dem Vorspruch zur Anfrage . Insoweit wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung zur Antwort verwiesen. Darüber hinaus liegen den Finanzbehörden zwar die für die Durchführung des Besteuerungsverfahrens nötigen Informationen aufgrund der allgemeinen Steuerklärungspflichten vor. Soweit die Fragen jedoch steuerliche Informationen betreffen, steht der Beantwortung das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse, die in einem steuerlichen Verwaltungsverfahren bekannt geworden sind, unterliegen vollumfänglich dem Steuergeheimnis nach § 30 AO. Dieses zu wahren, ist aufgrund des in Art. 100, 101 BV verankerten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geboten. Hinweise, dass die Frage nach den wirtschaftlichen Verhältnissen im zwingenden öffentlichen Interesse liegt, sind nicht erkennbar. Die rechtlichen Vertreter der einzelnen Unternehmen sind namentlich zum jeweiligen örtlichen Vereins- oder Handelsregister anzumelden und darin einzutragen. Diese Register und ihre Eintragungen sind öffentlich. Die eingetragenen Personendaten sind für jedermann im Wege der Einsichtnahme in das Vereinsregister oder in das Unternehmensregister zu Informationszwecken zugänglich (§ 79 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB, § 9 Handelsgesetzbuch – HGB).