17. Wahlperiode 24.02.2017 17/14930 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 22.11.2016 Projektspezifische Verkehrsuntersuchungen Ich frage die Staatsregierung: 1. Was sind laut dem Staatministerium des Innern, für Bau und Verkehrprojektspezifische Verkehrsuntersuchungen ? a) Wie unterscheiden sich von den allgemeinen Verkehrszählungen (Kfz und Schwerlastverkehr)? 2. Gibt es in Bayern für projektspezifische Verkehrsuntersuchungen , die für die weiteren Planungszwecke von Straßenverkehrsprojekten geeignet sein sollen, Vorschriften bzw. Empfehlungen bezüglich der Zähl- und Befragungszeiten an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen ? a) Wenn ja, in welchem Zeitraum sollte vormittags bzw. nachmittags an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen gezählt bzw. befragt werden? b) Sollten die Zeiträume an Vor- und Nachmittagen gleich lang sein? 3. Wie viele projektspezifische Verkehrsuntersuchungen hat es in den Jahren 2014 bis 2016 am bayerischen Untermain für geplante Straßenbauprojekte gegeben (bitte das jeweilige Projekt nennen)? a) Wie waren hier jeweils die Zähl- und Befragungszeiten ? 4. In welchen Zeiträumen ist nach Auswertung der bayernweit erfolgten projektspezifischen Verkehrsuntersuchungen bzw. anderer Verkehrssimulationsprogramme der Anteil des Durchgangsverkehrs am Gesamtverkehr (jeweils vor- bzw. nachmittags) an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen am höchsten? a) Gibt es solche Informationen auch für den bayerischen Untermain und sind diese identisch? 5. Wie hoch sollte die Befragungsquote einer projektspezifischen Verkehrsuntersuchung mindestens sein, damit der Anteil des Durchgangsverkehrs am Gesamtverkehr an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen aussagekräftig ermittelt werden kann? 6. Müssen die Verkehrszählung und die zugehörige Verkehrsbefragung am gleichen Tag erfolgen? a) Wenn nein, wie groß darf der zeitliche Abstand der beiden Untersuchungen höchstens sein, um die Ergebnisse gemeinsam verwenden zu können? b) Gibt es hierfür behördliche Vorgaben bzw. Richtlinien? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 7. Müssen sich die Befragungsstellen für den einfahrenden Verkehr jeweils an den Ortseingängen befinden oder genügt eine Befragungsstelle innerorts (in beiden Richtungen), um aussagekräftige Ergebnisse bzgl. des Anteils des Zielverkehrs am Gesamtverkehr zu erhalten ? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.12.2016 1. Was sind laut dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr projektspezifische Verkehrsuntersuchungen ? Der Begriff „projektspezifische Verkehrsuntersuchung“ ist kein feststehender Begriff, sondern hat sich im Straßenbau für Verkehrsuntersuchungen eingebürgert, die für ein bestimmtes Vorhaben z. B. den Bau einer Ortsumgehung oder den Ausbau einer vorhandenen Straße o. Ä. erstellt werden. Um maßnahmenbezogene Aussagen z. B. auch lokale Verkehrsverhältnisse treffen zu können, sind basierend auf Erhebungen (z. B. Zählungen, Befragungen) einmalige Anpassungen des Modells notwendig. Damit können individuelle Aussagen über die verkehrlichen Auswirkungen eines geplanten Projektes gemacht und Parameter abgeleitet werden , wie bspw. die Verkehrsanlage dimensioniert oder der erforderliche Lärmschutz bemessen werden kann. a) Wie unterscheiden sie sich von den allgemeinen Verkehrszählungen (Kfz und Schwerlastverkehr)? In Verkehrsuntersuchungen werden die tatsächlichen und/ oder prognostizierten Verkehrsverhältnisse theoretisch modelliert , um damit die Wirkung verschiedener Varianten bzw. unterschiedlicher Szenarien (Analysefall, Bezugsfall, Planfall ) zu untersuchen. Im Gegensatz dazu wird mit einer Verkehrszählung das tatsächlich vorhandene Verkehrsaufkommen sowie die Verkehrszusammensetzung erfasst. Verkehrszählungen finden anlassbezogen, z. B. für eine sogenannte projektspezifische Verkehrsuntersuchung, aber auch regelmäßig statt. Bei den regelmäßigen Verkehrszählungen ist insbesondere die Straßenverkehrszählung (SVZ) zu nennen. Die bundesweite Straßenverkehrszählung findet zur Beobachtung der Verkehrsentwicklung und zur Ermittlung der Verkehrsstärken auf dem qualifizierten Straßennetz regelmäßig, üblicherweise im Fünfjahresturnus , statt. Die Zählungen erstrecken sich neben den Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) in Bayern auch auf die Staatsstraßen sowie den Großteil der Kreisstraßen. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14930 2. Gibt es in Bayern für projektspezifische Verkehrsuntersuchungen , die für die weiteren Planungszwecke von Straßenverkehrsprojekten geeignet sein sollen, Vorschriften bzw. Empfehlungen bezüglich der Zähl- und Befragungszeiten an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen? a) Wenn ja, in welchem Zeitraum sollte vormittags bzw. nachmittags an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen gezählt bzw. befragt werden? b) Sollten die Zeiträume an Vor- und Nachmittagen gleich lang sein? Grundlage für die Durchführung von Zählungen und Befragungen bilden einschlägige Fachveröffentlichungen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), hier insbesondere die Empfehlungen für Verkehrserhebungen (EVE). Es handelt sich um allgemeingültige Vorgaben. Bezogen auf Befragungen im Verkehrssystem ist es wünschenswert , die Befragung über den ganzen Tag und beide Fahrtrichtungen durchzuführen. Wo dies nicht möglich ist, kommt es zu einer Einschränkung auf jeweils nur eine Fahrtrichtung am Vormittag und Nachmittag. Eine Übersicht über die empfohlenen Zählzeiten für die verschiedenen Zählungen ergibt sich gemäß EVE wie folgt: Drucksache 17/14930 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 - 2 - 3. Wie viele projektspezifische Verkehrsuntersuchungen hat es in den Jahren 2014 bis 2016 am bayerischen Untermain für geplante Straßenbauprojekte gegeben (bitte das jeweilige Projekt nennen)? a) Wie waren hier jeweils die Zähl- und Befragungszeiten ? Im Zuständigkeitsbereich der Staatsbauverwaltung wurden in den Jahren 2014 bis 2016 folgende projektspezifischen Verkehrsuntersuchungen am bayerischen Untermain durchgeführt . Die Zähl- und Befragungszeiten gehen ebenfalls aus der Tabelle hervor: Projekt Zähltage Zählzeit Knotenpunkt St 2307/AB 4 25.–27.03.2014 06:00–10:00 15:00–19:00 Anschlussstelle Aschaffenburg Ost BAB A3 / B 26 08.12.2014 19.01.2015 11.07.2016 18.07.2016 06:30–08:30 16:00–18:00 06:30–08:30 16:00–18:00 16:00–18:00 Knotenpunkt St 2306/AB 12 15.07.2014 16:15–17:15 Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14930 Projekt Zähltage Zählzeit St 2309 OU Sulzbach Querschnittszählung 20.–21.05.2016 06:00–20:00 Knotenpunktzählung , Verkehrsbefragung 20.–21.05.2016 06:00–09:00 11:00–13:00 16:00–19:00 Knotenpunkt St 2309/ MIL 39 16.–22.09.2016 00:00–24:00 Verkehrserhebung Südspessart OU Stadtprozelten St 2315/L 2310 Querschnittszählung 23.–29.09.2016 00:00–24:00 Knotenpunktzählung 27.09.2016 00:00–24:00 Verkehrsbefragung 20.10.2016 07:00–09:00 15:00–19:00 OU = Ortsumfahrung 4. In welchen Zeiträumen ist nach Auswertung der bayernweit erfolgten projektspezifischen Verkehrsuntersuchungen bzw. anderer Verkehrssimulationsprogramme der Anteil des Durchgangsverkehrs am Gesamtverkehr (jeweils vor- bzw. nachmittags) an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen am höchsten? a) Gibt es solche Informationen auch für den bayerischen Untermain und sind diese identisch? Eine derartige Auswertung liegt nicht vor. 5. Wie hoch sollte die Befragungsquote einer projektspezifischen Verkehrsuntersuchung mindestens sein, damit der Anteil des Durchgangsverkehrs am Gesamtverkehr an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen aussagekräftig ermittelt werden kann? Grundlage bilden auch hierfür einschlägige Fachveröffentlichungen der FGSV, hier insbesondere die EVE. Das Vorgehen hängt jedoch im Einzelfall von der Charakteristik des Projekts ab und muss jeweils, insbesondere hinsichtlich der Befragungsdauer, angepasst werden. Die Festlegung des notwendigen Stichprobenumfangs erfolgt unter Beachtung folgender grundlegender Gesichtspunkte: • Erwartung an die Stichprobe, • mathematischer Zusammenhang zwischen Stichprobengröße und gewünschter Genauigkeit, • Bestimmung der zu messenden Merkmale, • Kosten Die Stichprobengröße kann gemäß statistischer Methodenlehre abhängig von der tolerierbaren Fehlerspanne berechnet werden. Die erzielbare Befragungsquote hängt auch von der Verkehrsbelastung ab, da an stark belasteten Abschnitten aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht jedes Fahrzeug angehalten und der Fahrer befragt werden kann. 6. Müssen die Verkehrszählung und die zugehörige Verkehrsbefragung am gleichen Tag erfolgen? Die Zählung und Befragung sollten generell zeitgleich stattfinden . a) Wenn nein, wie groß darf der zeitliche Abstand der beiden Untersuchungen höchstens sein, um die Ergebnisse gemeinsam verwenden zu können? Falls dies nicht möglich ist, ist weniger der zeitliche Abstand entscheidend, sondern primär die Vergleichbarkeit des Tagestyps , an dem die Erhebungen durchgeführt werden. Auch sollten sich Zeitraum der Befragung und der Zählung nicht durch singuläre Ereignisse wie Baustellen oder Unfälle unterscheiden. Der zeitliche Abstand sollte generell so gering wie möglich sein. b) Gibt es hierfür behördliche Vorgaben bzw. Richtlinien ? Für die Durchführung der Erhebung sind folgende Vorgaben bzw. Richtlinien einschlägig: • EVE • Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) • Leitfaden für Verkehrsuntersuchungen 7. Müssen sich die Befragungsstellen für den einfahrenden Verkehr jeweils an den Ortseingängen befinden oder genügt eine Befragungsstelle innerorts (in beiden Richtungen), um aussagekräftige Ergebnisse bzgl. des Anteils des Zielverkehrs am Gesamtverkehr zu erhalten? Soll der einfahrende Verkehr erhoben werden, so müssen sich die Befragungsstellen konsequenterweise an der Ortseinfahrt befinden. Eine Befragung innerorts ist dann nicht ausreichend, wenn sich das Ziel auch im Verkehrsstrom vor der Befragungsstelle befinden kann.