Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.11.2016 Vollzug der Wohnsitzzuweisung In der Oktoberausgabe des Blattes Bayern Sozial wird die Wohnsitzzuweisung als „Meilenstein der Asylpolitik“ bezeichnet . Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie häufig wurde seither anerkannten Asylbewerbern und Bleibeberechtigten ein Wohnsitz zugewiesen (Angaben bitte getrennt nach Regierungsbezirken)? 2.1 Um welche Art von Wohnsitzen handelte es sich wie häufig (bitte aufgliedern nach Gemeinschaftsunterkünften , Notunterkünften, von der Regierung angemietete Wohnungen, von Kommunen angemietete Wohnungen, Immobilien des Freistaats Bayern, Immobilien des Bundes, Sonstiges und Angaben getrennt nach Regierungsbezirken)? 2.2 Wer ist nach der Wohnsitzzuweisung für die Migrationsberatung zuständig? 3. Inwiefern wird bei der Wohnsitzzuweisung strikt darauf geachtet, dass alleinstehende Frauen mit oder ohne Kinder nicht zusammen mit Männern einem Objekt zugewiesen werden? 4. Inwiefern wird bei der Umverteilung von Flüchtlingen im Verfahren strikt darauf geachtet, dass alleinstehende Frauen mit oder ohne Kinder nicht zusammen mit Männern einem Objekt zugeteilt werden? 5. Wie viele auszugsberechtigte anerkannte Asylbewerber und Bleibeberechtigte wurden anderen Bundesländern zugeteilt, wie viele von welchen Bundesländern rücküberwiesen? 6. Wie viele auszugsberechtigte anerkannte Asylbewerber und Bleibeberechtigte leben aktuell in Gemeinschaftsunterkünften (GU) (Angaben bitte getrennt nach Regierungsbezirken)? 7. Wie verfährt die Staatsregierung, wenn ein Familienmitglied hier anerkannt ist und andere Familienmitglieder noch im Verfahren sind und in GU leben, wie verhindert die Staatsregierung, dass Familienmitglieder nicht länger als nötig voneinander getrennt leben müssen? 8. Inwieweit wird bei der Wohnsitzzuweisung das Vorhandensein von Sprachkurs- und Arbeitsintegrationsangeboten berücksichtigt, inwieweit wird berücksichtigt , wenn Kinder schon mit Erfolg in eine bestimmte Schule eingeschult wurden und sich dort integriert haben ? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 09.01.2017 1. Wie häufig wurde seither anerkannten Asylbewerbern und Bleibeberechtigten ein Wohnsitz zugewiesen (Angaben bitte getrennt nach Regierungsbezirken )? Eine Abfrage bei den Reglerungen hat ergeben, dass bayernweit insgesamt 349 Zuwei sungsbescheide ergangen sind (Stichtag 9. Dezember 2016): Regierungsbezirk Anzahl Zuweisungsbescheide Oberbayern 20 Niederbayern 47 Oberpfalz 127 Oberfranken 19 Mittelfranken 19 Unterfranken 94 Schwaben 23 Gesamtergebnis 349 2.1 Um welche Art von Wohnsitzen handelte es sich wie häufig (bitte aufgliedern nach Gemeinschaftsunterkünften , Notunterkünften, von der Regierung angemietete Wohnungen, von Kommunen angemietete Wohnungen, Immobilien des Freistaats Bayern, Immobilien des Bundes, Sonstiges und Angaben getrennt nach Regierungsbezirken)? Im Freistaat Bayern erfolgt die Wohnsitzzuweisung durch die Regierungen auf einen be stimmten Landkreis/kreisfreie Stadt; nicht in eine bestimmte Gemeinde oder Unterkunft. Anerkannte Asylbewerber und dauerhaft Bleibeberechtigte sind – ebenso wie Einheimi sche – dafür verantwortlich, für sich und die Angehörigen privaten Wohnraum zu finden. Sofern bis zum Zeitpunkt der Zuweisungsentscheidung privat kein Wohnraum innerhalb des zugewiesenen Landkreises/ kreisfreien Stadt gefunden wurde, wurde den Betroffenen ein Angebot zur vorübergehenden Wohnsitznahme in einer staatlichen Unterkunft unterbreitet. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.04.2017 17/14964 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14964 Der u. g. Tabelle lässt sich jeweils die Personen zahl entnehmen , die nach Erlass der Zu weisungsentscheidung ihren Wohnsitz in der jeweiligen Unterkunftsart genommen haben (Stichtag 9. Dezember 2016): Regierungsbezirk Gemeinschaftsunter - kunft Dezentrale Unterkunft Private Wohnsitznahme Oberbayern 7 24 2 Niederbayern 35 1 11 Oberpfalz 105 126 22 Oberfranken 26 0 6 Mittelfranken 0 34 4 Unterfranken 0 94 9 Schwaben 15 36 18 Gesamtergebnis 188 315 72 2.2 Wer ist nach der Wohnsitzzuweisung für die Migrationsberatung zuständig? Die Migrationsberatung ist ein flächendeckendes Beratungsangebot der Freien Wohl fahrtspflege für dauerhaft und rechtmäßig ln Deutschland lebende Menschen mit Migrationshintergrund . Der Zugang zu den Migrationsberatungen bleibt auch nach einer Wohn sitzzuweisung für jeden Anerkannten offen. Der Betroffene kann sich jederzeit an die für ihn örtlich zuständige Migrationsberatung wenden, wobei es ihm auch frei steht, die bisher für ihn zuständige Migrationsberatung weiterhin in Anspruch zu nehmen. Durch die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer soll in Ergänzung zum Inte grationskurs ein individuelles Beratungsangebot für dauerhaft bleibeberechtigte Neuzuwanderer zur Verfügung gestellt werden. Die Zuwanderer sollen dadurch zu selbstständi gem Handeln in allen Bereichen des täglichen Lebens befähigt werden. Über eine geziel te Einzelfallbegleitung können die Potenziale der Zuwanderer ermittelt sowie darauf zu geschnittene Integrationsmaßnahmen zusammengestellt und in einem Förderplan fest geschrieben werden. Die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer wird primär von der Bundesregierung finanziert. Zuständig für die Förderung und das Verfahren ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. In Bayern ergänzt die Staatsregierung die Migrationsberatung des Bundes. 3. Inwiefern wird bei der Wohnsitzzuweisung strikt darauf geachtet, dass alleinstehende Frauen mit oder ohne Kinder nicht zusammen mit Männern einem Objekt zugewiesen werden? Im Freistaat Bayern erfolgt keine Zuweisung der Anerkannten und dauerhaft Bleibebe rechtigten in staatliche Unterkünfte. Die Zuweisungsentscheidung enthält allein die Ver pflichtung, seinen Wohnsitz in einem/r bestimmten Landkreis /kreisfreien Stadt zu neh men.Innerhalb des/r zugewiesenen Landkreises/kreisfreien Stadt haben sich Anerkannte und dauerhaft Bleibeberechtigte grundsätzlich zunächst selbst mit Wohnraum zu versor gen. Lediglich ergänzend wird den Anerkannten und dauerhaft Bleibeberechtigten das Angebot unterbreitet, vorübergehend für die Dauer der Wohnungssuche den Wohnsitz in einer staatlichen Unterkunft im zugewiesenen Gebiet nehmen zu dürfen. 4. Inwiefern wird bei der Umverteilung von Flüchtlingen im Verfahren strikt darauf geachtet, dass alleinstehende Frauen mit oder ohne Kinder nicht zusammen mit Männern einem Objekt zugeteilt werden? Bei der Verteilung von Asylbewerbern im Rahmen der Anschlussunterbringung besteht eine Reihe an Kriterien, die im Rahmen vorhandener Kapazitäten seitens der Regierungen und der staatlichen Landratsämter Berücksichtigung finden. Eines dieser Kriterien ist auch allein reisende Frauen mit oder ohne Kinder nicht gemeinsam mit allein reisenden Männern unterzubringen. 5. Wie viele auszugsberechtigte anerkannte Asylbewerber und Bleibeberechtigte wurden anderen Bundesländern zugeteilt, wie viele von welchen Bundesländern rücküberwiesen? Eine Abfrage bei den Regierungen hat folgendes Zahlenmaterial ergeben: Regierungsbezirk Rücküberweisung von anderen Bundesländern nach Bayern Rücküberweisung aus Bayern in andere Bundesländer Oberbayern 30 49 Niederbayern 0 0 Oberpfalz 80 (max. 95) 210 Oberfranken 0 0 Mittelfranken 66 (geschätzt) 2 (geschätzt) Unterfranken 23 10 Schwaben 85 32 Gesamtergebnis 284 303 6. Wie viele auszugsberechtigte anerkannte Asylbewerber und Bleibeberechtigte leben aktuell in Gemeinschaftsunterkünften (GU) (Angaben bitte getrennt nach Regierungsbezirken)? Die Anzahl der auszugsberechtigten Anerkannten und Bleibeberechtigten in Gemein schaftsunterkünften zum Stand 30. November 2016 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen : Regierungsbezirk Anzahl der auszugsberechtigten Anerkannten und Bleibeberechtigten Oberbayern 1.127 Niederbayern 715 Oberpfalz 758 Oberfranken 433 Mittelfranken 987 Unterfranken 831 Schwaben 1.028 Gesamtergebnis 5.879 7. Wie verfährt die Staatsregierung, wenn ein Familienmitglied hier anerkannt ist und andere Familienmitglieder noch im Verfahren sind und in GU leben, wie verhindert die Staatsregierung, dass Familienmitglieder nicht länger als nötig voneinander getrennt leben müssen? Nach der Regelung des Art. 4 Absatz 6 Satz 1 des Aufnahmegesetzes (AufnG) kann die zuständige Regierung in begründeten Ausnahmefällen den Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft gestatten. Ein solcher begründeter Ausnahmefall liegt nach Art. 4 Ab satz 6 Satz 2 Nr. 4 AufnG insbesondere vor, wenn Ehepartner oder Eltern und ihre min derjährigen Kinder über unterschiedlichen ausländer- Drucksache 17/14964 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 rechtlichen Status verfügen und min destens eine Person auf Grund ihres Aufenthaltsstatus zum Auszug aus der Gemein schaftsunterkunft berechtigt ist. In diesen Fällen kann den sich nochim Verfahren befindlichen und in einer Gemein schaftsunterkunft lebenden Familienangehörigen unter den Voraussetzungen des Art. 4 Absatz 6 AufnG der Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft gestattet werden. · Im Rahmen der Verteilung innerhalb Bayerns während des Asylverfahrens wird auf die Familienzugehörigkeit geachtet und Familen grundsätzlich gemeinsam einer Unterkunft zugewiesen. Daran anschließend besteht die Möglichkeit der Auszugsgestattung, vgl. insofern die Antwort zu Frage 7.1. Im Rahmen der Wohnsitzregelung des §12a (AufenthG) ist die Wohnsitzzuweisung oder Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 Nr. 2 b AufenthG auf Antrag des Ausländers aufzuheben, wenn der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner oder minderjährige ledige Kinder an einem anderenWohnort leben. 8. Inwieweit wird bei der Wohnsitzzuweisung das Vorhandensein von Sprachkurs- und Arbeitsintegrationsangeboten berücksichtigt, inwieweit wird berücksichtigt, wenn Kinder schon mit Erfolg in eine bestimmte Schule eingeschult wurden und sich dort integriert haben? Sowohl bei der Wohnsitzzuweisung nach § 12a Absatz 2 Aufenth G als auch nach § 12a Absatz 3 AufenthG ist die Förderung der nachhaltigen Integration in die Lebensverhält nisse der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen.Zu den integrationspolitisch relevanten Kriterien zählen insbesondere neben der Versorgung mit angemessenem Wohnraum auch der Erwerb der deutschen Sprache sowie die Aussichten der Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. In § 12a Absatz 3 AufenthG werden die Erleichterung des Erwerbs hinreichender mündli cher Deutschkenntnisse Im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Re ferenzrahmens für Sprachen und die Erleichterung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der örtlichen Lage am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt überdies explizit genannt. Diese Kriterien sind grundsätzlich flächendeckend im Freistaat Bayern erfüllt. Die Zuweisungsentscheidung der Regierung nach § 12a Absätze 2 und 3 AufenthG, die die Wohnsitzbeschränkung auf eine/n bestimmte/n Landkreis/kreisfreie Stadt enthält, erfolgt stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls . Sofern Kinder bereits eingeschult sind und sich dort integriert haben, wird eine Wohnsitzbeschränkung auf den/ die Landkreis/kreisfreie Stadt angestrebt, in dem/r das Kind die Schule besucht.