Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 10.11.2016 Teilzeitberufsausbildung – Vergütung und finanzielle Absicherung In der dualen Berufsausbildung ist jeder Betrieb gesetzlich verpflichtet, seinen Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu zahlen (§ 17 Berufsbildungsgesetz). Die Auswertung tariflicher Ausbildungsvergütungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) verzeichnet für das Jahr 2015 eine durchschnittliche tarifliche Ausbildungsvergütung in Höhe von 826 Euro pro Monat. Allerdings unterscheidet sich die Höhe der Ausbildungsvergütung deutlich in den verschiedenen Ausbildungsberufen sowie nach Re ergütung der Ausbildung schon jetzt im unteren Bereich dessen , was als gerade noch annehmbar erscheint bzw. an der Grenze zur Sittenwidrigkeit liegen kann. So wird die Ausbildungsvergütung für eine/n Maßschneider/in mit 275 Euro im ersten Lehrjahr angegeben, für eine/n Bäcker/in 430 Euro (www.ausbildung.de/berufe ). Wird ein Ausbildungsgehalt in diesem Vergütungsbereich im Rahmen einer Teilzeitausbildung noch anteilig gekürzt, stellt sich die Frage nach einer Sittenwidrigkeit der Ausbildungsvergütung. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Wie definiert die Staatsregierung konkret Sittenwidrigkeit in Zusammenhang mit Ausbildungsvergütungen? 1.1 Auf welcher Grundlage basiert diese Definition? 1.2 Ab welcher Höhe gilt eine Ausbildungsvergütung in Bayern, insbesondere im Raum München, nicht mehr als sittenwidrig? 2. Wer ist für die Überprüfung der Sittenwidrigkeit von Ausbildungsvergütungen zuständig (unterschieden nach der Art der Ausbildung)? 2.1 Wie setzt sich die Staatsregierung konkret dafür ein, dass Ausbildungsvergütungen im Rahmen einer Teilzeitausbildung nicht bis zur Sittenwidrigkeit gekürzt werden können? 3. Ist der Staatsregierung bekannt, dass der Bundesinnenminister die Bundesbehörden angewiesen hat, bei einer Teilzeitausbildung volle Ausbildungsvergütung zu bezahlen? 3.1 Gibt es eine derartige Anweisung auch auf bayerischer Landesebene? 3.2 Falls nicht, ist es geplant, die volle Vergütung der Teilzeitausbildung in den bayerischen Behörden auf dem gleichen Weg umzusetzen? 4. Erhalten Teilzeitauszubildende bei den der Staatsregierung unterstehenden Behörden volles Ausbildungsgehalt bzw. würden Teilzeitauszubildende volles Ausbildungsgehalt bekommen? 4.1 Welche Gesetzesänderungen sind notwendig, um eine volle Vergütung bei einer Teilzeitausbildung gesetzlich vorzuschreiben, und zwar im Rahmen von betrieblichen , schulischen und außerbetrieblichen Ausbildungen und Ausbildungen im öffentlichen Dienst auf deutscher, bayerischer und kommunaler Ebene? 5. Ist der Staatsregierung bekannt, dass die Deutsche Bahn und die Deutsche Telekom Teilzeitausbildung bei voller Ausbildungsvergütung durchführen? 5.1 Welche weiteren Unternehmen sind der Staatsregierung bekannt, die volle Ausbildungsvergütung bei einer Teilzeitausbildung bezahlen? 5.2 Wie beurteilt die die bayerische Staatsregierung die Tatsache, dass, wenn eine volle Ausbildungsvergütung bei einer Teilzeitausbildung nicht bezahlt wird, eine Aufstockung nach Sozialgesetzbuch (SGB) II zur Sicherung des Lebensunterhaltes nötig werden kann und damit aus Steuermitteln nicht die Sicherung des Lebensunterhaltes, sondern in allererster Linie eine Unterstützung des Ausbildungsprozesses erfolgt? 6. Welche unterstützenden Finanzierungsmöglichkeiten gibt es, um den Lebensunterhalt auch während einer Ausbildung zu sichern, beispielsweise über die Berufsausbildungsbeihilfe oder das Bundesbildungsförderungsgesetz (Bafög)? 6.1 Welche Arten von ergänzender Finanzierung stehen zur Verfügung (unterschieden nach der Art von Ausbildung )? 6.2 Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die ergänzende Finanzierung zu genehmigen (z. B. Eintrag in das Ausbildungsregister der Kammern)? 7. Welche staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhaltes bieten sich den Auszubildenden zur Überbrückung der entstehenden Finanzierungslücken? 7.1 Falls keine ergänzenden Finanzierungsmöglichkeiten für die Auszubildenden bestehen, welche Änderungen sind notwendig, um diese Lücken zu schließen (unterschieden nach gesetzlichen Regelungen, Verfahrensabläufen , evtl. Darlehensmöglichkeiten)? 7.2 In welcher Form plant die Staatsregierung diese Änderungen anzugehen? 8. Hält die Staatsregierung es für rechtlich zulässig, dass neben einer Teilzeitausbildung stundenweise im selben Betrieb gearbeitet wird, um so den Lebensunterhalt eigenständig zu sichern? 8.1 Inwieweit sieht die Staatregierung die Gefahr, dass bei einer Teilzeitausbildung in Verbindung mit einer zusätzlichen Tätigkeit im selben Betrieb keine saubere Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.05.2017 17/14965 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14965 Trennung der Ausbildung und des Nebenjobs erfolgt, sodass Arbeit unter dem Mindestlohn geleistet werden würde? 8.2 Unter welchen Voraussetzungen sieht die Staatsregierung die Bedingungen für eine Teilzeitausbildung auch für alleinerziehende Flüchtlingsmütter erfüllt? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 10.01.2017 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Kerstin Celina wird im Einver nehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet : 1. Wie definiert die Staatsregierung konkret Sittenwidrigkeit in Zusammenhang mit Ausbildungsvergütungen ? 1.1 Auf welcher Grundlage basiert diese Definition? 1.2 Ab welcher Höhe gilt eine Ausbildungsvergütung in Bayern, insbesondere im Raum München, nicht mehr als sittenwidrig? Eine Sittenwidrigkeit in Bezug zur Höhe einer Ausbildungsvergütung im Sinne des § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist durch die Schutzvorschrift des § 17 Abs. 1 Berufsbil dungsgesetz (BBiG) zur Angemessenheit einer Ausbildungsvergütung kaum vorstellbar. Die Vergütung der Ausbildung ist Bestandteil des Ausbildungsvertrags . Die Ausbildungs vergütung erfüllt nach geltender Rechtsprechung regelmäßig drei Funktionen. Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltspflichtigen Eltern bei der Bestreitung der Le benshaltung finanziell unterstützen , in ausreichender Zahl den Fachkräftenachwuchs akquirieren und zugleich eine „Entlohnung“ der Leistung des Auszubildenden darstellen. Ein Berufsausbildungsverhältnis ist, im Gegensatz zu einem Beschäftigungsverhältnis, nicht vorrangig auf die Erzielung von Arbeitseinkommen ausgerichtet und daher nicht geeignet, unmittelbar den Lebensunterhalt während der Ausbildungszeit zu sichern. Nach § 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz (MiLoG) unterliegt die Ausbildungsvergütung auch nicht den Regelungen zum Mindestlohn . Die Auszubildenden haben nach § 17 Abs. 1 BBiG Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung. Die Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und stellt auf keinen konkret zu benennenden Geldbetrag ab. Bezieht sich die Höhe der Mindes tentlohnung der Ausbildungsvergütung auf einschlägige tarifliche Vorschriften, so ist nach ständiger Rechtsprechung immer von einer angemessenen Vergütung auszuge hen. Abzustellen ist auf Tarifverträge , die in der jeweiligen Region für den fraglichen Per sonenkreis zur Anwendung kommen. Die Höhe der Ausbildungsvergütung unterscheidet sich in Abhängigkeit von Branche, Ausbildungsberuf, Ausbildungsdauer und regionalen Gegebenheiten. Im Fall fehlender Tarifbindung erfolgt die Festlegung der Ausbildungs vergütung in gegenseitigem Einvernehmen zwischen Ausbilder und Auszubildendem. Richtschnur für die Höhe der Vergütung kann hier ebenfalls der jeweils einschlägige Ta rifvertrag sein oder entsprechende Empfehlungen von Kammern oder Innungen. Eine Ausbildungsvergütung, die um mehr als 20 Prozent unter dem einschlägigen Tarif vertrag oder den entsprechenden Empfehlungen liegt, kann laut Urteil des Bundesar beitsgerichts vom 29. April 2015 (BAG-9 AZR 108/14) in der Regel nicht mehr als an gemessen bezeichnet werden. Zugrunde gelegt wurde hier eine Ausbildung in Vollzeit. Zur Ausbildungsvergütung bei Teilzeitberufsausbildung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BBiG gibt es keine gesetzlichen Regelungen . Eine anteilige Kürzung der Ausbildungsvergütung entsprechend der verkürzten wöchentlichen Ausbildungszeit ist vom Gesetzgeber nicht ausgeschlossen. 2. Wer ist für die Überprüfung der Sittenwidrigkeit von Ausbildungsvergütungen zuständig (unterschieden nach der Art der Ausbildung)? Die zuständigen Stellen haben nach § 34 Abs. 1 BBiG für anerkannte Ausbildungsberufe ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzurichten und zu führen, in das der Berufsausbildungsvertrag einzutragen ist. Diese sind je nach Ausbildungsberuf die Handwerkskammern, die Industrie - und Handelskammern und die jeweiligen Kammern der freien Berufe. Die zuständige Stelle überwacht die Durchführung der Berufsausbil dung und fördert diese durch Beratung der an der Berufsbildung beteiligten Personen (§ 76 Abs. 1 BBiG). Insoweit beinhaltet der Aufgabenbereich der zuständigen Stelle auch die Beurteilung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung. Eine Überprüfung der Angemessenheit kann zudem durch die Arbeitsgerichte im Wege der Klageerhebung erfolgen. 2.1 Wie setzt sich die Staatsregierung konkret dafür ein, dass Ausbildungsvergütungen im Rahmen einer Teilzeitausbildung nicht bis zur Sittenwidrigkeit gekürzt werden können? Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration hat beim Bundesministerium für Bildung und Forschung angeregt, bei der nächsten Ände rung des Berufsbildungsgesetzes eine entsprechende gesetzliche Regelung zur vollen Ausbildungsvergütung für Teilzeitauszubildende mit aufzunehmen. 3. Ist der Staatsregierung bekannt, dass der Bundesinnenminister die Bundesbehörden angewiesen hat, bei einer Teilzeitausbildung volle Ausbildungsvergütung zu bezahlen? 3.1 Gibt es eine derartige Anweisung auch auf bayerischer Landesebene? 3.2 Falls nicht, ist es geplant, die volle Vergütung der Teilzeitausbildung in den bayerischen Behörden auf dem gleichen Weg umzusetzen? Das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 13. April 2015 zur Bemes sung des Ausbildungsentgelts bei Teilzeitausbildung ist bekannt. Danach wird bei einer Teilzeitausbildung das Ausbildungsentgelt im Rahmen einer übertariflichen Maßnahme in vollem Umfang gezahlt. Voraussetzung für die Bewilligung der übertariflichen Maßnahme ist u. a., dass die wöchentliche Mindestausbildungszeit 25 Stunden nicht unterschreitet und die/der Auszubildende ein berechtigtes Interesse an einer Teilzeitausbildung nachweist (z. B. Betreuung eines eigenen Kindes oder eines pflegebedürftigen Angehörigen oder Vorliegen vergleichbarer Drucksache 17/14965 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 schwerwiegender Gründe). Zudem ist eine positive Prognose dahingehend abzugeben, dass das Ausbildungsziel auch in der verkürzten tägli chen oder wöchentlichen Ausbildungszeit erreicht werden kann. Auf bayerischer Landesebene gibt es keine vergleichbare Regelung. Eine entsprechende Regelung ist nicht beabsichtigt . Entsprechende Forderungen wurden bislang auch nicht an das hierfür zuständige Staatsministerium der Finanzen, für Landesent wicklung und Heimat herangetragen. 4. Erhalten Teilzeitauszubildende bei den der Staatsregierung unterstehenden Behörden volles Ausbildungsgehalt bzw. würden Teilzeitauszubildende volles Ausbildungsgehalt bekommen? Teilzeitauszubildende bei den staatlichen Behörden erhalten anteiliges Ausbildungsent gelt. In den anderen Ländern wird, wie eine kürzlich erfolgte Länderumfrage gezeigt hat, entsprechend verfahren. Eine der übertariflichen Regelung des Bundes entsprechende Regelung wurde bislang auch in den anderen Ländern nicht getroffen. 4.1 Welche Gesetzesänderungen sind notwendig, um eine volle Vergütung bei einer Teilzeitausbildung gesetzlich vorzuschreiben, und zwar im Rahmen von betrieblichen, schulischen und außerbetrieblichen Ausbildungen und Ausbildungen im öffentlichen Dienst auf deutscher, bayerischer und kommunaler Ebene? Die Höhe der Vergütung der Auszubildenden im öffentlichen Dienst ist im Tarifvertrag für die Auszubildenden der Länder in Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz (TVA-L BBiG) und im Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD) geregelt. Die Zahlung des vollen Ausbildungsentgelts bei einer Teilzeitausbildung könnte zum einen in den jeweiligen Tarifverträgen, zum anderen aber auch im Berufsbildungsgesetz geregelt werden. 5. Ist der Staatsregierung bekannt, dass die Deutsche Bahn und die Deutsche Telekom Teilzeitausbildung bei voller Ausbildungsvergütung durchführen ? 5.1 Welche weiteren Unternehmen sind der Staatsregierung bekannt, die volle Ausbildungsvergütung bei einer Teilzeitausbildung bezahlen? Grundsätzlich hat die Staatsregierung keine Kenntnisse über die Höhe der Ausbildungsvergütungen bei Teilzeitausbildungen , die von den jeweiligen Ausbildungs betrieben geleistet werden. Es gibt hierzu keine statistischen Erhebungen. Die Regelung der Deutschen Telekom ist jedoch bekannt. 5.2 Wie beurteilt die die Staatsregierung die Tatsache, dass, wenn eine volle Ausbildungsvergütung bei einer Teilzeitausbildung nicht bezahlt wird, eine Aufstockung nach Sozialgesetzbuch (SGB) II zur Sicherung des Lebensunterhaltes nötig werden kann und damit aus Steuermitteln nicht die Sicherung des Lebensunterhaltes, sondern in allererster Linie eine Unterstützung des Ausbildungsprozesses erfolgt? Die Ausbildungsvergütung ist auch bei einer Vollzeitausbildung nicht geeignet, vollstän dig für die Bestreitung des Lebensunterhalts des Auszubildenden aufzukommen, sondern stellt nur eine unterstützende Finanzierungsmöglichkeit dar. Am 1. August 2016 ist – mit Zustimmung der Staatsregierung – das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) – Rechtsvereinfachung – sowie zur vo rübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 (BGBI I S. 1824) in Kraft getreten. Dadurch wurde auch die Schnittstelle zwischen Ausbildungsförderung und Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II neu geordnet, und die bisherigen, stringenten Leistungsausschlüsse des SGB II wurden ge lockert. Damit wurden die finanziellen Rahmenbedingungen auch mit Wirkung für junge Menschen in Ausbildung deutlich verbessert. Für Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen und für Auszubildende in anerkannten Ausbildungsberufen sind grundsätzlich Leistungen des SGB II möglich, sowohl ersetzend als auch ergänzend neben Förderleistungen nach dem Dritten Buch des Sozialgesetz buchs (SGB III). Der bis zum 31. Juli 2016 geltende allgemeine Leistungsausschluss für den Ausbildungsbereich wurde durch das SGB-II-Änderungsgesetz weitgehend aufgeho ben. Wenn eine Aufstockung nach SGB II erfolgt, dient diese immer der Sicherung des Le bensunterhaltes und unterstützt genau dadurch den Ausbildungsprozess. Die Staatsregierung begrüßt, dass das SGB II diese Möglichkeit vorsieht. 6. Welche unterstützenden Finanzierungsmöglichkeiten gibt es, um den Lebensunterhalt auch während einer Ausbildung zu sichern, beispielsweise über die Berufsausbildungsbeihilfe oder das Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög)? 6.1 Welche Arten von ergänzender Finanzierung stehen zur Verfügung (unterschieden nach der Art von Ausbildung)? 6.2 Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die ergänzende Finanzierung zu genehmigen (z. B. Eintrag in das Ausbildungsregister der Kammern)? Auszubildende, die eine anerkannte betriebliche oder außerbetriebliche duale Ausbildung absolvieren, haben grundsätzlich Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III. Zuständige Auskunftsstelle hierzu ist die Bundesagentur für Arbeit. Auszubildende in schulischer Ausbildung haben grundsätzlich Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG. Die Antragstellung erfolgt in der Regel bei den zuständigen Ämtern für Ausbildungsförderung. Weitere Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung sind die Beantragung von Wohn geld bei den kommunalen Wohngeldstellen, die Geltendmachung eigener Unterhaltsan sprüche gegenüber dritten Personen, sowie die Übertragung eines eigenen Anspruchs auf Kindergeld. Sofern Auszubildende in einer Bedarfsgemeinschaft mit weiteren Perso nen leben, sind auch die Ansprüche der weiteren Personen zur Finanzierung des ge meinsamen Lebensunterhalts einzubringen. Im Fall einer alleinerziehenden Auszubildenden in Teilzeit sind dies grundsätzlich auch Leistungen für die Kinder (z. B. eigene Unterhaltsansprüche gegenüber dem Kindsvater, Übernahme der Betreuungskosten durch das Jugendamt, etc.). Weitergehende Auskünfte über Anspruchsvoraussetzungen , Antragsverfahren und Höhe der Leistungen sind bei den zuständigen Vollzugsbehörden zu erhalten. 7. Welche staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhaltes bieten sich den Auszubildenden zur Überbrückung der entstehenden Finanzierungslücken? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14965 Bisher waren Anspruchsberechtigte nach dem SGB III oder dem BAföG grundsätzlich von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Durch die Neuregelung des SGB II kam es zu einer deutlichen Verbesserung bei der Überbrückung von Finanzie rungslücken. Für Studiengänge an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen bleibt es zwar grundsätzlich beim Vorrang der Förderung nach dem BAföG und beim Leistungsausschluss im SGB II. Für Studenten, die bei den Eltern leben und tatsächlich Leistungen nach dem BAföG beziehen oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen nicht beziehen, sind aber nun aufstockende oder ersetzende SGB-II-Leistungen möglich. Auch für Studenten, die bei den Eltern leben und über deren Antrag auf BAföG-Leistungen noch nicht entschieden wurde, sind übergangsweise erset zende SGB-II-Leistungen zulässig; diese Leistung erfolgt nicht darlehensweise, sondern als Zuschuss; werden nachträglich BAföG-Leistungen zuerkannt, kann der SGB-11-Leistungsträger vom BAföG- Amt Erstattung verlangen (§ 40a SGB II). Personen in dualer Ausbildung stehen aufgrund der Gesetzesänderung nun neben För derleistungen nach dem SGB III auch grundsätzlich ergänzende oder ersetzende Leistungen nach dem SGB II zu. Finanzierungslücken beim Leistungsübergang sind somit regelmäßig vermeidbar. 7.1 Falls keine ergänzenden Finanzierungsmöglichkeiten für die Auszubildenden bestehen, welche Änderungen sind notwendig, um diese Lücken zu schließen (unterschieden nach gesetzlichen Regelungen , Verfahrensabläufen, evtl. Darlehensmöglichkeiten )? 7.2 In welcher Form plant die Staatsregierung diese Änderungen anzugehen? Durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 (BGBI I S. 1824) wurde dem Ansinnen Bayerns Rechnung ge tragen. Auszubildenden stehen nunmehr grundsätzlich ergänzende Leistungen nach dem SGB II zu. Eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für Auszubilden de, insbesondere auch im Hinblick auf die Teilzeitausbildung, kann hierdurch erzielt wer den. Weitere gesetzliche Neuregelungen oder Änderungen sind nicht notwendig. 8. Hält die Staatsregierung es für rechtlich zulässig, dass neben einer Teilzeitausbildung stundenweise im selben Betrieb gearbeitet wird, um so den Lebensunterhalt eigenständig zu sichern? 8.1 Inwieweit sieht die Staatregierung die Gefahr, dass bei einer Teilzeitausbildung in Verbindung mit einer zusätzlichen Tätigkeit im selben Betrieb keine saubere Trennung der Ausbildung und des Nebenjobs erfolgt, so dass Arbeit unter dem Mindestlohn geleistet werden würde? Seit dem Jahr 2005 ist die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung in § 8 Absatz 1 Satz 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) verankert. Demnach hat die zuständige Stelle auf gemeinsamen Antrag der/des Auszubildenden und der/des Ausbildenden die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit zu kürzen, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt und zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird. Ein berechtigtes Interesse ist zu bejahen, wenn die Auszubildenden eigene Kinder betreuen oder die Pflege von Angehörigen übernehmen und sie deshalb aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen und der sich hieraus ergebenen zeitlichen Gründen nicht in der Lage sind, eine Ausbildung in Vollzeit zu absolvieren. Wenn ein/e Auszubildende/r in der Lage ist, neben der Ausbildung eine Teilzeittätigkeit zu absolvieren, erscheint es zweifelhaft, ob überhaupt ein berechtigtes Interesse für eine Teilzeitausbildung vorliegt. In diesem Falle sollte regelmäßig eine Vollzeitausbildung Vor rang haben gegenüber einer Teilzeittätigkeit. Damit stellt sich die Frage des Mindest lohns regelmäßig nicht. 8.2 Unter welchen Voraussetzungen sieht die Staatsregierung die Bedingungen für eine Teilzeitausbildung auch für alleinerziehende Flüchtlingsmütter erfüllt? Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BBiG ist eine Teilzeitausbildung bei berechtigtem Interesse der/des Auszubildenden möglich. Dies gilt grundsätzlich auch für alleinerziehende Flüchtlingsmütter . Allerdings müssen bei Flüchtlingsmüttern, wie bei jedem anderen Flüchtling auch, die aufenthaltsrechtlichen und sonstigen Voraussetzungen für die Aufnahme einer Ausbildung erfüllt sein.