Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 21.11.2016 Reichsbürger Georgensgmünd 2: Durchsuchung und Beschlagnahmung Infolge der waffenrechtlichen Überprüfung durch das zuständige Landratsamt wurden bei bayerischen Sicherheitsbehörden Erkenntnisse über Wolfgang P. abgefragt. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Behörden wurden bei dieser Abfrage mit einbezogen ? b) Welche Informationen lagen jeweils vor? c) Welche Erkenntnisse wurden an das Landratsamt übermittelt? 2. a) Auf welcher Grundlage wurden von Wolfgang P. waffenrechtliche Erlaubnisse beantragt und genehmigt? b) Welche Waffen wurden jeweils beantragt? c) Wann erfolgten die jeweiligen Genehmigungen? 3. a) Aufgrund welcher konkreter Vorgänge wurde die waffenrechtliche Überprüfung eingeleitet? b) Wie viele waffenrechtliche Erlaubnisse waren zum Tatzeitpunkt auf Wolfgang P. ausgestellt (bitte auflisten nach Art der Waffe, angeführte Begründung, Zeitpunkt des Antrags, Zeitpunkt der Genehmigung)? c) Wie viele Waffen wurden auf dem Grundstück von Wolfgang P. sichergestellt (Auflistung nach Art)? 4. a) Welche Menge und Art von Munition wurde sichergestellt ? b) Wurde Munition sichergestellt, die Wolfgang P. aufgrund seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse nicht besitzen dürfte? c) Wenn ja, welche? 5. a) Wurden Waffen sichergestellt, die sich aufgrund der waffenrechtlichen Erlaubnisse nicht im Besitz von Wolfgang P. befinden sollten? b) Wenn ja, welche? 6. a) Ist der Besitz von 30 waffenrechtlichen Erlaubnissen, nach Meinung der Staatsregierung, außergewöhnlich? b) Gibt es bei der Beantragung von waffenrechtlichen Erlaubnissen Obergrenzen, bei deren Erreichen waffenrechtliche Erlaubnisse verweigert werden, oder eine intensivere Prüfung des Antragstellers vorgenommen wird? c) Wenn ja, war das bei Wolfgang P. der Fall? 7. Wurden in der Wohnung verfassungsfeindliche Propagandamittel gefunden? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 08.01.2017 1. a) Welche Behörden wurden bei dieser Abfrage mit einbezogen? b) Welche Informationen lagen jeweils vor? c) Welche Erkenntnisse wurden an das Landratsamt übermittelt? Die Polizeiinspektion Roth informierte am 25.05.2016 das Landratsamt Roth als zuständige Waffenbehörde darüber, dass der Betroffene ein Aussteiger sei, der mit der Bundesrepublik Deutschland nichts zu tun haben und die geltenden Gesetze nicht anerkennen wolle. Daraufhin leitete die Waffenbehörde eine waffenrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfung ein. Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 des Waffengesetzes (WaffG) hat die Waffenbehörde dabei folgende Erkundigungen einzuholen: • die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister , • die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und • die Stellungnahme der Polizei, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen. Um zu gewährleisten, dass möglichst alle polizeilichen Erkenntnisse in die Prüfung einfließen, wurde in Bayern bereits im Jahr 2007 eine zentrale waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung beim Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) eingeführt. Das BLKA setzt nach einer Anfrage durch die Waffenbehörden ein weitgehend automatisiertes elektronisches Abgleichverfahren ein, das insgesamt fünf landes- und vier bundesweite polizeiliche Datenbestände umfasst. Ergibt der Abgleich keinen Treffer, übermittelt das BLKA dies an die anfragende Waffenbehörde. Bei mindestens einem Treffer übermittelt das BLKA dies grundsätzlich an die für den Sitz der anfragenden Waffenbehörde eingerichtete Bewertungsstelle, die im Regelfall bei den Kriminalpolizeiinspektionen des zuständigen Polizeipräsidiums angesiedelt sind. Ergeben sich aus der weiteren Bearbeitung, insbesondere unter Einbindung der Staatsschutzdienststellen , zuverlässigkeitsrelevante Sachverhalte, übermittelt die Bewertungsstelle einen Erkenntnisbericht an die anfragende Waffenbehörde. Im Fall des Betroffenen ergab die Auskunft aus dem Bundeszentralregister keinen Eintrag; die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister ergab drei Eintragungen, davon zwei Verfahrenseinstellungen gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) wegen fehlendem hinreichenden Tatverdacht. Darüber hinaus hat die Kriminalpolizeiinspektion Schwabach mit Schreiben vom 31.05.2016 über dort vorliegende Erkenntnisse berichtet. Zudem wurde auch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz durch die Waffenbehörde abgefragt. Erkenntnisse über den Betroffenen lagen dort nicht vor. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.03.2017 17/14973 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14973 2. a) Auf welcher Grundlage wurden von Wolfgang P. waffenrechtliche Erlaubnisse beantragt und genehmigt ? b) Welche Waffen wurden jeweils beantragt? c) Wann erfolgten die jeweiligen Genehmigungen? Der Betroffene verfügte über vier „grüne“ Waffenbesitzkarten , ausgestellt am 29.01.1991, 15.11.2002, 09.09.2008 und 11.10.2012. Für jede eintragungspflichtige Waffe muss der Antragsteller ein waffenrechtliches Bedürfnis, d.h. einen berechtigten Grund für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen , nachweisen. In diese vier Waffenbesitzkarten waren nach Antrag die folgenden Waffen bzw. wesentlichen Teile von Schusswaffen eingetragen (jeweils mit Erwerbsgrund und -datum): 1. halbautomatische Pistole (Sportschütze; 01.02.1991) 2. halbautomatische Pistole (Sportschütze; 25.01.2000) 3. halbautomatische Pistole (Sportschütze; 17.09.2001) 4. halbautomatische Pistole (Sportschütze; 24.09.2001) 5. Repetierbüchse (Sportschütze; 19.07.2002) 6. Unterhebelrepetierbüchse (Sportschütze; 11.06.2002) 7. Revolver (Sportschütze; 20.12.2002) 8. halbautomatische Pistole (Sportschütze; 16.06.2003) 9. Repetierbüchse (Sportschütze; 02.12.2002) 10. Repetierbüchse (Sportschütze; 15.11.2002) 11. halbautomatische Büchse (Sportschütze; 15.11.2002) 12. halbautomatische Flinte (Sportschütze; 15.11.2002) 13. Revolver (Sportschütze; 13.05.2004) 14. Wechselsystem für halbautomatische Pistole (Sportschütze ; 09.09.2008) 15. Wechselsystem für halbautomatische Pistole (Sportschütze ; 09.09.2008) 16. Wechselsystem für halbautomatische Pistole (Sportschütze ; 09.09.2008) 17. Wechselsystem für halbautomatische Pistole (Sportschütze ; 09.09.2008) 18. halbautomatische Pistole (Jäger; 11.10.2012) 19. Wechsellauf für halbautomatische Pistole (Jäger; 11.10.2012) 20. Repetierbüchse (Jäger; 19.10.2012) 21. halbautomatische Pistole (Jäger; 04.03.2016) 22. Wechselsystem für halbautomatische Pistole (Jäger; 04.03.2016) Daneben verfügte der Betroffene über zwei „gelbe“ Waffenbesitzkarten für Sportschützen nach § 14 Abs. 4 WaffG, ausgestellt am 03.06.2002 sowie am 10.05.2004; in diese beiden Waffenbesitzkarten waren die folgenden Waffen eingetragen : 1. Bockdoppelflinte (Sportschütze; 10.06.2002) 2. Bockdoppelflinte (Sportschütze; 09.09.2002) 3. Bockdoppelflinte (Sportschütze; 27.03.2003) 4. Einzellader Büchse (Sportschütze; 27.03.2003) 5. Unterhebelrepetierbüchse (Sportschütze; 19.05.2004) 6. Repetierbüchse (Sportschütze; 25.11.2005) 7. Doppelflinte (Sportschütze; 20.03.2006) 8. Repetierbüchse (Sportschütze; 15.12.2009) 9. Unterhebelrepetierbüchse (Sportschütze; 04.03.2016) Außerdem verfügte der Betroffene über einen Europäischen Feuerwaffenpass, ausgestellt am 15.03.2005, sowie über einen Kleinen Waffenschein, ausgestellt am 30.12.2003. Alle Erlaubnisse wurden vom Landratsamt Roth ausgestellt. 3. a) Aufgrund welcher konkreter Vorgänge wurde die waffenrechtliche Überprüfung eingeleitet? Am 25.05.2016 leistete die Polizeiinspektion Roth dem Hauptzollamt Regensburg Amtshilfe, da beim Betroffenen eine Pfändung durchgeführt werden sollte. An dessen Grundstück wurden die Beamten von drei Personen erwartet . Zwei Personen machten dabei Videoaufnahmen, der Betroffene „belehrte“ die Zöllner lautstark, dass diese nun sein Staatsgebiet betreten würden. Aus Sicht der Polizei war die Lage als bedrohlich einzustufen, sodass zur Vermeidung einer Eskalation die Pfändung abgebrochen wurde. Diese Erkenntnisse übermittelte die Polizeiinspektion Roth mit Schreiben vom 25.05.2016 an die Waffenbehörde. b) Wie viele waffenrechtliche Erlaubnisse waren zum Tatzeitpunkt auf Wolfgang P. ausgestellt (bitte auflisten nach Art der Waffe, angeführte Begründung, Zeitpunkt des Antrags, Zeitpunkt der Genehmigung )? Auf die Beantwortung der Fragen 2 a, b und c wird verwiesen . c) Wie viele Waffen wurden auf dem Grundstück von Wolfgang P. sichergestellt (Auflistung nach Art)? Zum derzeitigen Stand der Ermittlungen sind aus ermittlungstaktischen Gründen keine Aussagen zur gegenständlichen Fragestellung möglich. 4. a) Welche Menge und Art von Munition wurde sichergestellt ? Zu Art und Menge der aufgefundenen Munition kann aufgrund der andauernden Auswertung noch keine abschließende Aussage getroffen werden. b) Wurde Munition sichergestellt, die Wolfgang P. aufgrund seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse nicht besitzen dürfte? c) Wenn ja, welche? Die bis zum jetzigen Zeitpunkt ausgewertete Munition war von den waffenrechtlichen Erlaubnissen des Beschuldigten abgedeckt. 5. a) Wurden Waffen sichergestellt, die sich aufgrund der waffenrechtlichen Erlaubnisse nicht im Besitz von Wolfgang P. befinden sollten? b) Wenn ja, welche? Es wurde ein Pistolen-Griffstück sichergestellt. Gemäß dem Waffengesetz handelt es sich dabei um ein „wesentliches Waffenteil“, das waffenrechtlich einer erlaubnispflichtigen Waffe gleichzustellen ist. 6. a) Ist der Besitz von 30 waffenrechtlichen Erlaubnissen , nach Meinung der Staatsregierung, außergewöhnlich ? b) Gibt es bei der Beantragung von waffenrechtlichen Erlaubnissen Obergrenzen, bei deren Erreichen waffenrechtliche Erlaubnisse verweigert werden, oder eine intensivere Prüfung des Antragstellers vorgenommen wird? c) Wenn ja, war das bei Wolfgang P. der Fall? Im Waffenrecht existieren keine gesetzlichen Obergrenzen für Waffenerlaubnisse. Für Sportschützen gilt aber ein sog. Grundkontingent, wonach ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von drei halbautomatischen Langwaffen und zwei Drucksache 17/14973 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 mehrschüssigen Kurzwaffen regelmäßig anerkannt ist. Will ein Sportschütze darüber hinaus weitere Sportwaffen besitzen , erfordert dies die Glaubhaftmachung, dass diese erforderlich sind. Der Schießsportverband des Antragstellers muss bestätigen, dass die Waffe zur Ausübung weiterer Sportdisziplinen benötigt wird oder zur Ausübung des Wettkampfsports erforderlich ist und der Antragsteller regelmäßig an Schießsportwettkämpfen teilgenommen hat. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 WaffG dürfen einschränkend innerhalb von sechs Monaten in der Regel nicht mehr als zwei Schusswaffen erworben werden. Dieses sog. Erwerbsstreckungsgebot trat im Rahmen der Waffenrechtsnovelle 2003 in Kraft, um zu verhindern, dass unter dem Deckmantel des Sportschützenbedarfs Waffen angehäuft werden, ohne dass diese konkret für das sportliche Schießen benötigt werden Für die Eintragung in die sog. „gelbe“ Waffenbesitzkarte, in die Einzellader mit glatten und gezogenen Läufen, Repetierlangwaffen mit gezogenen Läufen, einläufige Einzellader -Kurzwaffen für Patronenmunition und mehrschüssige Kurz- und Langwaffen mit Zündhütchenzündung (Perkussionswaffen ) eingetragen werden können, gibt es keine zahlenmäßige Beschränkung hinsichtlich der zu erwerbenden Waffen. Diese Waffen gelten als deliktsunspezifisch, d. h. als Waffen, die wegen ihres Ladesystems zu Straftaten mit Waffen kaum geeignet sind. Für Jäger gilt, dass die Inhaber eines Jahresjagdscheins so viele Langwaffen erwerben und besitzen dürfen, wie sie zur Jagd benötigen; zudem wird Jägern ein Grundkontingent von zwei Kurzwaffen als Fangschusswaffen erlaubt. Weitere Kurzwaffen dürfen nur erworben werden, wenn hierfür jeweils ein begründetes Bedürfnis vorliegt. Nach Aktenlage hat das Landratsamt Roth die Erlaubnisse des Wolfgang P. jeweils erteilt, nachdem er ein Bedürfnis für die jeweiligen Waffen dargelegt hatte. 7. Wurden in der Wohnung verfassungsfeindliche Propagandamittel gefunden? Es wurden keine verfassungsfeindlichen Propagandamittel in der Wohnung des Betroffenen gefunden.