Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.10.2016 Förderung der Rüstungsindustrie in Bayern Laut der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Doris Wagner et al. vom 30.09.2016 (BT-Drs. 18/9875) stammen mehr als die Hälfte der deutschen Rüstungsexporte mittlerweile von bayerischen Unternehmen. Im vergangenen Jahr wurden rund 55 Prozent aller Einzel- und 65 Prozent aller Sammelgenehmigungen für Rüstungsexporte an Unternehmen aus dem Freistaat erteilt. Im Vergleich zu 2014 haben die Lieferanten aus Bayern ihren Anteil jeweils mehr als verdoppelt. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums haben die bayerischen Lieferungen mit Einzelgenehmigungen im vergangenen Jahr einen Wert von rund 4,3 Milliarden Euro, mit Sammelgenehmigungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro erreicht. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Wie viele Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, d. h. sogenannte Dual Use Produkte herstellen, sind in Bayern ansässig? 2. Inwieweit wird kontrolliert, ob wirtschaftspolitische Fördermaßnahmen einem rein zivilen Zweck dienen? 3. Waren bayerische Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, seit 2010 an internationalen Messeauftritten beteiligt, die vom Freistaat finanziell unterstützt wurden? a) Wenn ja, welche Messeauftritte waren dies? 4. Sind bayerische Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, am aktuellen EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ beteiligt ? a) Wenn ja, an welchen konkreten Projekten? 5. Sind bayerische Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, an Förderprogrammen des Bundes und der EU aktuell beteiligt? a) Wenn ja, an welchen konkreten Programmen und Projekten ? 6. Sieht die Staatsregierung einen Widerspruch zwischen steigenden Rüstungsexporten und dem Ziel, Fluchtursachen in den Ländern zu bekämpfen? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 10.01.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit der Bayerischen Staatskanzlei wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, d. h. sogenannte Dual Use Produkte herstellen, sind in Bayern ansässig? Die Rüstungsindustrie (auch Sicherheits- und Verteidigungsindustrie oder wehrtechnische Industrie genannt) ist statistisch nicht definiert. Eine abschließende Unternehmensliste liegt der Bayerischen Staatsregierung daher nicht vor. Insbesondere liegen auch keine statistischen Daten vor, wie viele und welche Unternehmen ganz oder teilweise der Rüstungsindustrie zuzurechnen sind. Im Rahmen der Statistiken des Verarbeitenden Gewerbes wird die Sicherheitsund Verteidigungsindustrie grundsätzlich nicht eigenständig erfasst. Im Rahmen einer Sondererhebung „Wehrgüterproduktion “ werden lediglich bei wenigen ausgewählten Unternehmen in Bayern Produktionsdaten zu Wehrgütern erhoben . Diese Daten sind für die Beantwortung der Anfrage nicht geeignet und zudem als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dürfen nicht veröffentlicht werden. Anmerkung: Der Beantwortung der weiteren Fragen wird die Mitgliederliste des Bundesverbands der Deutschen Verteidigungs - und Sicherheitsindustrie (siehe http://www.bdsv.eu/ de/ueber-uns/mitglieder.html) zugrunde gelegt. 2. Inwieweit wird kontrolliert, ob wirtschaftspolitische Fördermaßnahmen einem rein zivilen Zweck dienen? Die Technologieförderung der Staatsregierung dient ausschließlich der Erforschung rein ziviler Inhalte. Die Überprüfung der wirtschaftspolitischen Zielerreichung erfolgt im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung. 3. Waren bayerische Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, seit 2010 an internationalen Messeauftritten beteiligt , die vom Freistaat finanziell unterstützt wurden ? a) Wenn ja, welche Messeauftritte waren dies? Im Rahmen des Bayerischen Messebeteiligungsprogramms werden keine Messebeteiligungen mit Schwerpunkt Rüstungsindustrie bzw. für die Rüstungsindustrie durchgeführt. Die „Allgemeinen Teilnahmebedingungen für Bayerische Messebeteiligungen…“ enthalten unter Punkt 10, Ausstellungsgüter , 10.5 folgenden Hinweis: „10.5 Güter, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) unterliegen, sowie deren Modelle oder sonstige Darstellungen dürfen nicht aus- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.03.2017 17/14977 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14977 gestellt werden. Bei der Ausstellung der Zivilversion von Gütern, die nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder der Außenwirtschaftsverordnung ausfuhrgenehmigungspflichtig sind, sowie deren Modellen oder sonstigen Darstellungen dürfen keinerlei Hinweise auf eine militärische Verwendbarkeit erfolgen. In begründeten Ausnahmefällen kann der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie eine Ausnahme vom Ausstellungsverbot erteilen. Entsprechende Anträge sind über die Durchführungsgesellschaft an ihn zu richten. Sie müssen eine genaue Bezeichnung der vorgesehenen Ausstellungsgüter enthalten.“ Es ist kein Fall bekannt, bei dem ein Unternehmen einen entsprechenden Antrag an die Durchführungsgesellschaft gestellt hat. 4. Sind bayerische Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, am aktuellen EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ beteiligt? a) Wenn ja, an welchen konkreten Projekten? 5. Sind bayerische Unternehmen, die ganz oder partiell der Rüstungsindustrie zuzuordnen sind, an Förderprogrammen des Bundes und der EU aktuell beteiligt? a) Wenn ja, an welchen konkreten Programmen und Projekten? Die Fragen können seitens der Bayerischen Staatsregierung nicht beantwortet werden, da dieser keine gesonderten Daten zu nationalen bzw. supranationalen Programmen vorliegen , die eine entsprechende Auswertung zulassen. Die Fragen sind daher an die Bundesregierung bzw. die Europäische Kommission zu richten. 6. Sieht die Staatsregierung einen Widerspruch zwischen steigenden Rüstungsexporten und dem Ziel Fluchtursachen in den Ländern zu bekämpfen? Der Export von Wehrtechnik ist eine Bundesangelegenheit. Jeder Export erfordert eine Ausfuhrgenehmigung, der eine sorgfältige Prüfung des zuständigen Bundesressorts, des Bundessicherheitsrates oder des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vorangegangen ist. Die Ursachen von Flucht und Vertreibung sind vielfältig. Bewaffnete Auseinandersetzungen sind ein Faktor unter vielen. Wirtschaftliche Armut, Hunger, Wassermangel, Klimaveränderungen , schlechte Staatsführung, ethnische und/ oder religiöse Konflikte sind nur einige Beispiele für fluchtbegründende Faktoren. Mit dem zweijährigen Sonderprogramm „Perspektiven für Flüchtlinge in ihren Heimatländern“ will die Staatsregierung ihre Flüchtlingspolitik um einen neuen, eigenständigen Baustein erweitern. Ziel ist es, neben den umfangreichen Maßnahmen für Flüchtlinge und Migranten im Inland in vier ausgewählten Ländern Afrikas und des Nahen Ostens Zukunfts- und Bleibeperspektiven der Bevölkerung zu verbessern . Nach dem aktuellen Rüstungsexportbericht der Bundesregierung (10/2016) gehört keines der Länder, in denen sich Bayern besonders engagieren wird – Nord-Irak, Libanon, Senegal und Tunesien –, zu den TOP20-Bestimmungsländern (1. HJ 2016), sodass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Widerspruch zu erkennen ist.