17. Wahlperiode 23.03.2017 17/14983 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 02.12.2016 Reichsbürger: Disziplinarverfahren gegen Polizeibeamte Nach Auskunft der Staatsregierung auf meine Anfrage zum Plenum aus der 47. Kalenderwoche 2016 zum Thema „Reichsbürger in Hemhof“ Drs. 17/14451 werden derzeit, nach Auskunft der Staatsregierung, gegen mindestens elf Polizeibeamte des Freistaats Bayern Disziplinarverfahren durchgeführt. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Von wie vielen Polizeibeamten hat die Staatsregierung mittlerweile Kenntnis, dass diese Anhänger der Reichsbürgerideologie sind? b) Gegen wie viele dieser Beamten werden aktuell Disziplinarverfahren wegen einer Nähe zur Reichsbürgerideologie durchgeführt? 2. a) Aufgrund welcher jeweiligen Erkenntnisse werden die Disziplinarverfahren durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach: Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens, Funktion , Polizeipräsidium, konkreter Vorwurf, Verbot der Führung der Dienstgeschäfte – ja oder nein)? b) Stehen einzelne der Polizeibeamten im Zusammenhang mit der Reichsbürgerideologie in Kontakt zueinander ? c) Zu welchen Gruppierungen der Reichsbürgerideologie haben die unter Frage 1 a abgefragten Beamten Kontakt ? 3. a) Nach welchen Kriterien wird darüber entschieden, ob einem Polizeibeamten, der im Verdacht steht, verfassungsfeindlichen Ideologien – wie der Reichsbürgerideologie – anzuhängen, die Führung der Dienstgeschäfte verboten wird? b) Warum wurde bisher nur gegen vier der elf Polizeibeamten ein Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen? c) Wenn gegen einzelne Beamte, trotz ihrer Nähe zur Reichsbürgerideologie, kein Disziplinarverfahren geführt wird, warum geschieht dies nicht? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 12.01.2017 Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf dem Erkenntnisstand bis einschließlich 12.12.2016 hinsichtlich aktiver Polizeibeamtinnen und -beamten. 1. a) Von wie vielen Polizeibeamten hat die Staatsregierung mittlerweile Kenntnis, dass diese Anhänger der Reichsbürgerideologie sind? b) Gegen wie viele dieser Beamten werden aktuell Disziplinarverfahren wegen einer Nähe zur Reichsbürgerideologie durchgeführt? Die Staatsregierung hat Kenntnis von insgesamt zwölf Polizeibeamtinnen und -beamten, die im Verdacht stehen, Anhänger der Reichsbürgerideologie zu sein. Sobald ein solcher Verdacht vorliegt, wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet , folglich sind also zwölf Verfahren anhängig. 2. a) Aufgrund welcher jeweiligen Erkenntnisse werden die Disziplinarverfahren durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach: Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens, Funktion, Polizeipräsidium, konkreter Vorwurf, Verbot der Führung der Dienstgeschäfte – ja oder nein)? Zeitpunkt 19.02.2016 Funktion 3. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Bereitschaftspolizei Vorwurf Verbreitung der Reichsbürgerideologie Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ja Zeitpunkt 08.07.2016 Funktion 3. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Oberbayern Süd Vorwurf Staatsangehörigkeitsausweis beantragt Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nein Zeitpunkt 08.07.2016 Funktion 2. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Oberbayern Süd Vorwurf Verbreitung der Reichsbürgerideologie Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ja Zeitpunkt 21.10.2016 Funktion 2. Qualifikationsebene Polizeipräsidium München Vorwurf Verbreitung der Reichsbürgerideologie Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ja Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14983 Zeitpunkt 26.10.2016 Funktion 3. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Oberbayern Süd Vorwurf Staatsangehörigkeitsausweis beantragt Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nein Zeitpunkt 28.10.2016 Funktion 2. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Schwaben Nord Vorwurf Verbreitung der Reichsbürgerideologie Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ja Zeitpunkt 04.11.2016 Funktion 2. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Schwaben Nord Vorwurf Staatsangehörigkeitsausweis beantragt Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nein Zeitpunkt 09.11.2016 Funktion 2. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Unterfranken Vorwurf Staatsangehörigkeitsausweis beantragt Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ja Zeitpunkt 09.11.2016 Funktion 3. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Mittelfranken Vorwurf Staatsangehörigkeitsausweis beantragt Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nein Zeitpunkt 23.11.2016 Funktion 3. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Mittelfranken Vorwurf Enger Kontakt zu Reichsbürgern, die einer schweren Straftat verdächtigt werden. Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ja Zeitpunkt 23.11.2016 Funktion 3. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Mittelfranken Vorwurf Enger Kontakt zu Reichsbürgern, die einer schweren Straftat verdächtigt werden. Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ja Zeitpunkt 24.11.2016 Funktion 2. Qualifikationsebene Polizeipräsidium Oberbayern Nord Vorwurf Staatsangehörigkeitsausweis beantragt Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nein b) Stehen einzelne der Polizeibeamten im Zusammenhang mit der Reichsbürgerideologie in Kontakt zueinander? Nach derzeitigen Erkenntnissen stehen einzelne der Polizeibeamtinnen und -beamten im Zusammenhang mit der Reichsbürgerideologie in Kontakt zueinander. c) Zu welchen Gruppierungen der Reichsbürgerideologie haben die unter Frage 1 a abgefragten Beamten Kontakt? In einem Fall handelt es sich um die „Heimatgemeinde Chiemgau“, in den übrigen Fällen dauern die disziplinarrechtlichen Ermittlungen dahingehend noch an. 3. a) Nach welchen Kriterien wird darüber entschieden , ob einem Polizeibeamten, der im Verdacht steht, verfassungsfeindlichen Ideologien – wie der Reichsbürgerideologie – anzuhängen, die Führung der Dienstgeschäfte verboten wird? b) Warum wurde bisher nur gegen vier der elf Polizeibeamten ein Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen? Im Regelfall sind es Anträge auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG), Stand 1913, die zu einem Anfangsverdacht führen. Wenn sich unmittelbar oder im Zuge der disziplinarrechtlichen Ermittlungen der Verdacht erhärtet , Beamtinnen und Beamte stehen der Reichsbürgerideologie aus Überzeugung nahe oder verbreiten diese sogar, erfolgt auf der Grundlage von § 39 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte. Dies war bislang in sieben Fällen veranlasst. c) Wenn gegen einzelne Beamte, trotz ihrer Nähe zur Reichsbürgerideologie, kein Disziplinarverfahren geführt wird, warum geschieht dies nicht? Siehe Antwort zu Frage 1 a und b.