17. Wahlperiode 23.03.2017 17/14988 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 07.12.2016 Bayern barrierefrei – Maßnahmen für Menschen mit einer Hörbehinderung Im Rahmen des Programms „Bayern barrierefrei“ hat sich die Staatsregierung das Ziel gesetzt, Barrieren für Menschen mit Behinderungen im gesamten öffentlichen Raum zu reduzieren. Gerade für Menschen mit Hörbehinderungen, denen man ihre Behinderung nicht sofort ansieht, existieren nach wie vor noch viele Barrieren, deren Abbau nicht nur zur Teilhabe, sondern auch zur Sicherheit von Menschen mit Hörbehinderungen beitragen könnte. Ein Beispiel ist das Überqueren von Straßen an Ampelanlagen . Für gehörlose und schwerhörige Menschen, die sich nur auf das Sehen verlassen können, ist es sehr gefährlich , vor allem wenn Rettungswägen die Ampelanlage überqueren. Die Gefahr wird größer bei ungünstigen Lichtund Verkehrsverhältnissen, dann sind die Rettungsfahrzeuge oft nur sehr schwer zu erkennen. Gehörlose Menschen sind Augenmenschen, sie können die Ampelanlage und auch den Rettungswagen erkennen. Die Rettungswagen sind aber oft so schnell, dass gehörlose und schwerhörige Menschen nicht genügend Zeit zum Reagieren haben. Die Gefahrensituation wird dadurch noch vergrößert, dass die Rettungsfahrzeuge oft die Gegenfahrbahn benutzen und diese dann nicht einsehbar ist, wenn größere Fahrzeuge wie z. B. Busse die Sicht versperren. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Warum enthält das Signet „Bayern barrierefrei“ kein Zeichen , das Hörbehinderungen symbolisiert? 1.1 Wie viele Einrichtungen und Projekte, die speziell Menschen mit Hörbehinderungen unterstützen, wurden schon mit dem Signet „Bayern barrierefrei“ ausgezeichnet ? 1.2 Wie viele Einrichtungen und Projekte wurden mit dem Signet ausgezeichnet, die keinerlei Maßnahmen für Menschen mit Hörbehinderungen umgesetzt haben? 2. Welche Maßnahmen der Staatsregierung in den letzten zehn Jahren hatten zum Ziel, die Teilhabe von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Raum zu verbessern? 2.1 Wie schätzt die Staatsregierung die Teilhabemöglichkeit von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Leben ein? 2.2 Was kann noch getan werden, um die gesellschaftliche Teilhabe hörbehinderter Menschen zu verbessern? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 3. Wie viele Unfälle unter Beteiligung von Hörbehinderten gab es in Bayern in den letzten zehn Jahren an Ampelanlagen ? 3.1 An wie vielen dieser Unfälle mit Hörbehinderten waren Rettungskräfte oder Polizei beteiligt? 3.2 Wie viele Todesfälle wurden durch solche Verkehrsunfälle in den letzten zehn Jahren verursacht? 4. Welche Maßnahmen der Staatsregierung in den letzten zehn Jahren hatten zum Ziel, die Sicherheit von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Raum zu fördern? 4.1 Wie schätzt die Staatsregierung die Sicherheit von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Leben ein? 4.2 Was kann noch getan werden, um die Sicherheit der Hörbehinderten zu verbessern? 5. An wie vielen Ampelanlagen in Bayern wurden bereits optische Signale angebracht, um die Verkehrssicherheit der Hörbehinderten zu verbessern (bitte mit Angabe, in welcher Gemeinde und Straße eine Ampelanlage mit einem optischen Signal für Hörbehinderte versehen wurde )? 5.1 Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Staatsregierung die Kommunen bei der Umsetzung von mehr Barrierefreiheit und Sicherheit für Hörbehinderte im Verkehr? 6. Fördert die Staatsregierung spezielle Maßnahmen zur Barrierefreiheit für Hörbehinderte im Wohnungsbau (z. B. Klingelanlagen mit optischen Signalen) 6.1. Welche konkreten Maßnahmen hat die „Beratungsstelle Barrierefreiheit“ der Bayerischen Architektenkammer, die vom Bayerischen Staat im Mai 2015 mit 360.000 Euro gefördert wurde, bereits umgesetzt, um barrierefreies Wohnen für hörbehinderte Menschen zu unterstützen? 6.2. Welche konkreten Ergebnisse wurden durch die Maßnahmen der Staatsregierung bereits erzielt, um barrierefreies Wohnen für hörbehinderte Menschen zu fördern ? 7. Wie sorgt die Staatsregierung dafür, dass Menschen mit einer Hörbehinderung auch einen Notruf tätigen können ? 7.1 Wie können Notrufe von Hörbehinderten in Zukunft von den Rettungsleitstellen und der Polizei besser entgegengenommen werden? 8. Wo sieht die Staatsregierung derzeit die größten Hindernisse und Barrieren für Hörbehinderte? 8.1 Wie möchte die Staatsregierung diese Hindernisse und Barrieren beseitigen? 8.2 Wie möchte die Staatsregierung private und staatliche Stellen dabei unterstützen? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14988 Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 12.01.2017 Die Schriftliche Anfrage wird unter Einbeziehung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet : 1. Warum enthält das Signet „Bayern barrierefrei” kein Zeichen, das Hörbe hinderungen symbolisiert? Das Signet .„Bayern barrierefrei“ zeigt mit seinen vier Symbolen auf farbigem Grund, für wen Barrierefreiheit wichtig ist. Barrierefrelheit ist nicht nur ein zentrales Anliegen von Menschen mit Behinderung. Sie nützt auch älteren Menschen oder Eltern, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind. Ziel des Signets ist daher, deutlich zu machen, dass Barrierefreiheit kein Sonderthema für Menschen mit Behinderung ist, sondern alle Menschen betrifft und alle Menschen von ihr profitieren. In diesem Sinne versteht die Staatsregierung auch das Programm „Bayern barrierefrei“ – dieses ist ein Programm für alle Bürgerinnen und Bürger des Freistaats Bayern. Die möglichst umfassende Darstellung aller vorhandenen Behinderungsarten war aus diesen Gründen nicht gewollt. Im Einzelnen haben die Elemente des Signets folgende Bedeutung: das gelbe Icon steht für Menschen mit einer Sinnesbehinderung oder einer kognitiven Einschränkung, für alle, die gemeinsam mit Menschen mit Behinderung etwas unternehmen möchten, für Menschen, die mit schweren Einkaufstaschen oder Gepäck unterwegs sind, und für Menschen , die in einer inklusiven Gesellschaft leben möchten, in der niemand durch Barrieren ausgegrenzt wird. Das blaue Icon symbolisiert Menschen mit einer Körperbehinderung, das rote ältere Menschen. Familien mit kleinen Kindern finden sich im grünen Icon wieder. Das gelbe Symbol steht daher auch für Menschen mit einer nicht sichtbaren Behinderung wie der Hörbehinderung. Da dieser Umstand nicht selbst erklärend ist, wird die Bedeutung des Signets im Rahmen der Öffentlichkeitskampagne der Bayerischen Staatsregierung intensiv kommuniziert. Umfassende Informationen zur Bedeutung des Signets und zu den Voraussetzungen seiner Vergabe finden sich auf dem Informationsportal der Bayerischen Staatsregierung zur Barrierefreiheit unter www.barrierefrei.bayern.de 1.1 Wie viele Einrichtungen und Projekte, die speziell Menschen mit Hörbehinderungen unterstützen. wurden schon mit dem Signet „Bayern barrierefrei” ausgezeichnet? 1.2 Wie viele Einrichtungen und Projekte wurden mit dem Signet ausgezeichnet, die keinerlei Maßnahmen für Menschen mit Hörbehinderungen umgesetzt haben? Das Signet „Bayern barrierefrei – Gefördert durch den Freistaat Bayern.“ findet überwiegend im Bereich der Förderung der Anschaffung von barrierefreien Linienbussen Verwendung. Gefördert werden nur Vorhaben, die die Belange von Menschen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität berücksichtigen und den Anforderungen an Barrierefreiheit möglichst weitreichend entsprechen. Dabei müssen optische und akustische Signale in Linienbussen dem Zwei-Sinne-Prinzip entsprechen, das sicherstellt, dass auch Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung alle wichtigen Informationen erhalten. Es genügt also im konkreten Fall nicht, dass der Busfahrer Informationen durchsagt. Die nächste Haltestelle muss angesagt und angezeigt werden. Im Rahmen des Programms „Bayern barrierefrei“ werden aber auch Projekte gefördert und mit dem Signet ausgezeichnet , die keine speziellen Angebote für Menschen mit Hörbehinderung umsetzen. Hierzu gehört beispielsweise die Stiftung Leben Pur mit dem Projekt „Toiletten für alle“, das sich dafür einsetzt, für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen die Grundvoraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch die Zurverfügungstellung geeigneter Toiletten zu ermöglichen. Das Signet „Bayern barrierefrei – Wir sind dabei!“ erhalten nichtstaatliche Dritte, die konkrete, beachtliche Beiträge zur Barrierefreiheit erbringen. So vielgestaltig wie die Anforderungen an eine barrierefreie Umwelt sind, so vielfältig sind die Beiträge, die dazu geleistet werden. Der vorgenannte konkrete und beachtliche Beitrag zur Barrierefreiheit kann in baulichen Maßnahmen (z. B. barrierefreier Zugang, Behindertentoilette , Aufzüge) bestehen, ebenso wie in erheblichen Beiträgen zur Bewusstseinsbildung oder in entsprechenden Angeboten an Dienstleistungen. Maßgeblich ist, dass Einzelmaßnahmen nicht ausreichen, vielmehr müssen Beiträge geleistet werden, die die Barrierefreiheit in dem jeweiligen Umfeld wesentlich und nachhaltig verbessern. Daher werden mit dem Signet sowohl Einrichtungen ausgezeichnet, die speziell Menschen mit Hörbehinderungen unterstützen, als auch solche, die keine Maßnahmen für Menschen mit Hörbehinderungen umgesetzt haben. Ohne Zusatz findet das Signet im staatlichen Bereich Verwendung. Voraussetzung ist auch hier, dass bei der jeweiligen Institution konkrete, beachtliche Beiträge zur Barrierefreiheit erbracht wurden. In quantitativer Hinsicht konnten die Fragen aufgrund der Kürze der Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht beantwortet werden. Wie bereits oben ausgeführt, kann der „konkrete beachtliche Beitrag zur Barrierefreiheit” in äußerst unterschiedlichen Maßnahmen bestehen. So vielgestaltig, wie die Anforderungen an eine barrierefreie Umwelt sind, so vielgestaltig sind die Beiträge, die dazu geleistet werden. Da deren Bewertung im Einzelfall erfolgt, wird bei der Vergabe des Signets nicht nach Einrichtungen und Projekten, die speziell Menschen mit Hörbehinderung unterstützen, und Einrichtungen und Projekten, die keinerlei Maßnahmen für Menschen mit Hörbehinderung umgesetzt haben, differenziert. 2. Welche Maßnahmen der Staatsregierung in den letzten zehn Jahren hatten zum Ziel, die Teilhabe von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Raum zu verbessern? Deutsche Gebärdensprache Mit der Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als eigenständige Sprache wurde ein wichtiges Zeichen gesetzt . Hörbehinderte Menschen haben seit Inkrafttreten des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes am 1. August 2003 das Recht, im Umgang mit Behörden in der Deutschen Gebärdensprache zu kommunizieren. Bayerische Kommunikationshilfeverordnung Aufgrund der Bayerischen Kommunikationshilfeverordnung von 2006 werden Kommunikationshilfekosten im Verwaltungsverfahren und für gehörlose Eltern hörender Kinder bei der Kommunikation mit Schulen und Kindertageseinrichtungen erstattet. Drucksache 17/14988 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Runder Tisch Hörbehinderung Im Februar 2010 wurde der „Runde Tisch Neuordnung der Politik für Menschen mit Hörbehinderung“ ins Leben gerufen . Der Name wurde inzwischen angepasst und lautet nun „Runder Tisch Hörbehinderung“. Seither treffen sich regelmäßig ein bis zwei Mal im Jahr alle in diesem Bereich Tätigen (Betroffenenverbände, die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Selbsthilfe, Verbände der freien Wohlfahrtspflege, weitere Institutionen, die mit dem Thema „Hörbehinderung “ befasst sind sowie Finanzierungsgeber), um sich in allen Belangen mit Menschen mit Hörbehinderung auszutauschen . Bei Bedarf werden auch andere Institutionen und Ressorts mit eingebunden. GIB-BLWG (Gesellschaft:lnktusion: Bildung Bayerischer Landesverband für die Wohlfahrt Hörgeschädigter e. V.} Das GIB-BLWG ist eine Bildungseinrichtung, die zu gleichen Teilen von den bayerischen Bezirken und dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) gefördert wird, um die Kommunikation zwischen hörbehinderten und hörenden Menschen in Bayern zu verbessern . Arbeitsschwerpunkte sind u. a. die Aus- und Fortbildung von Gebärdensprachdozenten, die Qualifizierung von Taubblindenassistenten und die Ausbildung von Schriftdolmetschem . Ausbildung Schriftdolmetscher Ende April 2015 startete beim GIB-BLWG der erste Ausbildungslehrgang für Schriftdolmetscher am Bayerischen Institut zur Kommunikationsförderung für Menschen mit Hörbehinderung in Nürnberg. Schriftdolmetscher unterstützen Menschen mit Hörbehinderung bei der Kommunikation in Ausbildung und Beruf, bei Veranstaltungen, Behördengängen , im Gesundheitsbereich, vor Gericht und in vielen weiteren Lebenssituationen. Studiengang Gebärdensprachdolmetschen Um dem hohen Bedarf an ausgebildeten Gebärdensprachdolmetschern zu begegnen, wurde an der Hochschule Landshut der neue Studiengang Gebärdensprachdolmetschen eingerichtet. Er startete zum Wintersemester 2015/2016. Überregionale Offene Behindertenarbeit In jedem Regierungsbezirk gibt es Beratungsdienste für hörbehinderte Menschen, die seit vielen Jahren im Rahmen der Offenen Behindertenarbeit (OBA) von den Bezirken und dem Sozialministerium gefördert werden. Angegliedert ist meist auch eine Dolmetschervermittlungsstelle. In den Jahren 2013 bis 2016 wurde darüber hinaus im Rahmen einer Modellförderung die Öffnung der Beratungsdienste für schwerhörige Menschen und Cl-Träger erprobt. Ab 2017 ist bayernweit eine Regelförderung möglich. Ein spezieller überregionaler OBA-Dienst, der Fachdienst Integration Taubblinder Menschen (ITM) in München, engagiert sich zudem bayernweit für die Belange taubblinder Menschen. Blindengeld für taubblinde Menschen Das zum 01.01.2013 eingeführte doppelte Blindengeld für taubblinde Menschen leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe gehörloser Menschen. Das Blindengeld für taubblinde Menschen beträgt derzeit 1.158 Euro monatlich. Es dient dem Ausgleich behinderungsbedingter Mehraufwen dungen und wird an etwa 300 taubblinde Menschen gezahlt. Verkehr In den letzten Jahren wurde bei Ausschreibungen und Förderungen verstärkt darauf geachtet, dass in Stationen und Fahrzeugen des Nah- und Fernverkehrs auch optische Anzeigen zum Einsatz kommen. Beispielsweise werden im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und des Schienenpersonennahverkehrs Fahrgastinformationssysteme gefördert, die den (hörbehinderten) Fahrgast mit Informationen (z. B. Linienverlauf, je nach Ausführung Umsteigebeziehungen mit Liniennummer, Ziel und Abfahrts- (lst)zeit) sowie aktuellen Störungsmeldungen und sonstigen relevanten Verkehrsinformationen versorgen. Unter anderem kann (als Alternative zu Lautsprecherdurchsagen} über die Fahrgastinformationssysteme mittels Schrifttext auch vor Zügen gewarnt werden, die die jeweilige Bahnstation mit hoher Geschwindigkeit durchfahren. Für Flughäfen stellt die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität eine wichtige Grundlage für umfassende Passagierrechte mit eingeschränkter Mobilität dar. Menschen mit Hörbehinderung sind hierbei erfasst . Mit dieser Regelung wird eine auf Dauer zuverlässige und barrierefreie Mobilität für diese Flugreisenden ermöglicht . Dies wird durch europaweit geltende Informations- und Betreuungspflichten sichergestellt, die Luftfahrtunternehmen und Flughäfen zu erbringen haben. Insbesondere sind die Luftfahrtunternehmen während des Fluges verpflichtet, bestimmte für den Passagier kostenfreie Betreuungspflichten zu erbringen. Staatlicher Hochbau Die in der Anfrage aufgezeigten Beispielsituationen beziehen sich auf Teilhabe- und Sicherheitsaspekte von Menschen mit Hörbehinderung im Bereich der öffentlichen Straßen , Wege und Plätze. Im Rahmen der Initiative „Bayern barrierefrei“ der Bayerischen Staatsregierung werden jedoch über die allgemeine Definition des öffentlichen Raums hinaus die Zuwegung, die unmittelbare Zugangssituation und der dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienende Teil von öffentlich zugänglichen staatlichen Gebäuden mit betrachtet. Daher wird zusam menfassend zu den Ziffern 2, 4 und 8 auch auf den Staatlichen Hochbau eingegangen. In der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und um insbesondere dem Gedanken der Inklusion, also der vollen gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung , gerecht zu werden, hat die Staatsregierung bereits im Oktober 2011 für den gesamten Bereich der Staatsbauverwaltung verbindlich das „Audit – Barrierefreies Bauen“ eingeführt. Den staatlichen Dienststellen wurden über ein spezifisches Schulungsangebot hinaus umfassende Arbeitsleitfäden und Arbeitshilfen zur Verfügung gestellt. Im Bereich des Staatlichen Hochbaues ist das Audit für den Bereich der RLBau für alle Neubau-, Um- oder Erweiterungsbauten und Sanierungsmaßnahmen im Bereich der großen und kleinen Baumaßnahmen anzuwenden. Die Herstellung der Barrierefreiheit muss sich dabei auf verschiedene mögliche Behinderungen ausrichten, auf motorische ebenso wie auf sensorische. Erhebungen zu Art, Anzahl und Umfang von Maßnahmen, welche die Teilhabe oder die Sicherheit von Menschen mit Hörbehinderung im öffentlichen Raum Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14988 im Bereich der öffentlich zugänglichen staatlichen Gebäude fördern oder verbessern, sind aufgrund der Verbindlichkeit des Audits und der damit verbundenen Anwendungsbreite nicht angezeigt und liegen daher nicht vor. Über diese verbindlichen allgemeinen Planungsgrundlagen des Audits hinaus erfahren die Belange von Menschen mit Hörbehinderung durch den Landtagsbeschluss vom 12.12.2001 (Drs. 14/8286) zur Verbesserung der Kommunikation von Hörgeschädigten und gehörlosen Menschen seit Langem eine besondere Berücksichtigung im Staatlichen Hochbau. Die Oberste Baubehörde im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) hat in der Umsetzung dieses Landtagsbeschlusses die nachgeordneten Behörden angewiesen, bei Neubau-, Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen staatlicher und staatlich geförderter Gebäude, in die Lautsprecheranlagen fest installiert werden, grundsätzlich Induktionsleitungen für hörbehinderte Menschen mit einzubauen. Seither wurden (zuletzt mit Stand Juni 2015) 209 Induktionsanlagen installiert. In Bezug auf detaillierte Angaben hierzu verweisen wir auf das Schreiben des StMI an den Bayerischen Landtag vom 19.06.2015 1121-4090- 005/14 zur Drs. 17/5262 vom 11.02.2015. Zusätzlich wurde im Jahr 2011 von der Obersten Baubehörde gemeinsam mit dem Verband der Schwerhörigen und Ertaubten die „Planungsrichtlinie für induktive Höranlagen“ eingeführt, welche den Staatlichen Bauämtern in der zuletzt aktualisierten Form vom März 2015 als Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt wurde. Diese Planungshilfe ist besonders praxisorientiert und wird daher auch vom Verband der Schwerhörigen und Ertaubten an interessierte Personen und Institutionen weiterverteilt . Städtebauförderung Die Barrierefreiheit von öffentlichen Räumen und öffentlichen Gebäuden ist ein übergreifendes Ziel der Städtebauförderung , damit alle Menschen – unabhängig vom Alter und körperlichen Einschränkungen – öffentliche Gebäude, Straßen, Wege und Plätze selbstständig und uneingeschränkt nutzen können. Die Planung obliegt den Städten und Gemeinden als Träger der kommunalen Planungshoheit , die sich bei derartigen Vorhaben insbesondere auch mit dem Behindertenbeirat abstimmen. Da sich die Maßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit entsprechend der örtlichen Anforderungen zusammensetzen, liegen entsprechende Daten zu Fördermitteln für die speziellen Belange Hörbehinderter nicht vor. Eine Erhebung müsste durch die Gemeinden durchgeführt werden und ist aufgrund des unverhältnismäßig hohen Aufwands nicht darstellbar. 2.1 Wie schätzt die Staatsregierung die Teilhabemöglichkeit von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Leben ein? Politik für hörbehinderte Menschen hat seit jeher hohen Stellenwert in Bayern. Ein wichtiger Schwerpunkt dieser Politik ist der Ausbau der barrierefreien Kommunikation. Dieser Gedanke findet sich auch in der UN-Behindertenrechtskonvention und wird von Bayern nachhaltig unterstützt. Seit Jahren arbeitet das StMAS daher gemeinsam mit allen Akteuren aus dem Bereich von Menschen mit Hörbehinderung aktiv an der stetigen Verbesserung der Teilhabechancen. Dazu wurden, wie in der Antwort zu Frage 2 dargestellt, die unterschiedlichsten Maßnahmen ergriffen. Ein bedeutendes Teilhabegremium ist der Runde Tisch Hörbehinderung, bei dem wichtige Anliegen der Betroffenen unmittelbar an die Staatsregierung herangetragen werden können. 2.2 Was kann noch getan werden, um die gesellschaftliche Teilhabe hörbehinderter Menschen zu verbessern ? Bei der Beeinträchtigung des Gehörs handelt es sich um eine zunächst unsichtbare Behinderung. Allerdings wirkt sich diese Behinderung unmittelbar im Alltagsgeschehen aus, da bereits das alltägliche Gespräch, der Austausch mit den Mitmenschen, nur mit Unterstützung durch Kommunikationshilfen gelingen kann. Mit der Implementierung des Studiengangs Gebärdensprachdolmetschen an der Hochschule Landshut unterstützt die Bayerische Staatsregierung die berufliche Ausbildung von Gebärdensprachdolmetschern. Es ist davon auszugehen , dass die derzeit noch bestehende Angebotslücke bei Gebärdensprachdolmetschern durch die jährlich abgehenden Absolventen des Studiengangs allmählich geschlossen werden kann. Zusätzlich bietet das vom Freistaat und den Bezirken geförderte GIB-BLWG (Gesellschaft:lnklusion:Bildung) in Nürnberg entsprechende Fort- und Weiterbildungen für Gebärdensprachdolmetscher wie auch für Gebärdensprachdozenten an. Für die Vermittlung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern besteht ein bayemweites Netz an staatlich geförderten Dolmetschervermittlungsstellen. 3. Wie viele Unfälle unter Beteiligung von Hörbehinderten gab es in Bayern in den letzten zehn Jahren an Ampelanlagen? 3.1 An wie vielen dieser Unfälle mit Hörbehinderten waren Rettungskräfte oder Polizei beteiligt? 3.2 Wie viele Todesfälle wurden durch solche Verkehrsunfälle in den letzten zehn Jahren verursacht? Der Inhalt der von der Polizei für Statistikzwecke zu erhebenden Daten wurde vom Statistischen Bundesamt einheitlich vorgegeben. Eigene Datenfelder zur Erfassung der Hörbehinderung sind hierbei nicht vorgesehen, weshalb der Polizei zu den Fragen 3., 3.1 und 3.2 keine statistisch auswertbaren Daten vorliegen. Eine statistische Erfassung von Unfällen an Ampelanlagen unter Beteiligung von Hörbehinderten liegt auch im Bereich des Rettungsdienstes nicht vor. 4. Welche Maßnahmen der Staatsregierung in den letzten zehn Jahren hatten zum Ziel, die Sicherheit von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Raum zu fördern? 4.1 Wie schätzt die Staatsregierung die Sicherheit von Menschen mit Hörbehinderungen im öffentlichen Leben ein? 4.2 Was kann noch getan werden, um die Sicherheit der Hörbehinderten zu verbessern? Seit Januar 2014 ist es gelungen, in allen Einsatzzentralen der Bayerischen Polizei eine Möglichkeit zum Empfang von „SMS-to-Fax“ Nachrichten einzurichten. Bei den Integrierten Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst in Bayern steht dieser Dienst ebenfalls zur Verfügung . Näheres zu den Möglichkeiten für Menschen mit einer Hörbehinderung, einen Notruf abzusetzen, siehe Antwort zu Frage 7. Zu den Maßnahmen der Staatsregierung, die die Sicherheit von Menschen mit einer Hörbehinderung in den Berei- Drucksache 17/14988 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 chen Verkehr und staatlicher Hochbau fördern, siehe Antworten zu den Fragen 2 und 5. Für die Sicherheit als sehr wesentlich wird die Möglichkeit angesehen, Notrufe zuverlässig absetzen zu können. Bis die bundeseinheitlichen Vorgaben greifen können (siehe Antwort zu Frage 7), werden die Entwicklungen in diesem Bereich auch im Rahmen des Runden Tisches Hörbehinderung laufend mit den betroffenen Verbänden und Institutionen beobachtet sowie Zwischenlösungen und technische Weiterentwicklungen diskutiert. Mit allen geschilderten Maßnahmen , den Fortschritten bei der Barrierefreiheit insgesamt sowie der allgemeinen technischen Weiterentwicklung ist die Staatsregierung zuversichtlich, dass die Sicherheit von Menschen mit Hörbehinderung im öffentlichen Leben kontinuierlich weiter verbessert werden kann. 5. An wie vielen Ampelanlagen in Bayern wurden bereits optische Signale angebracht, um die Verkehrssicherheit der Hörbehinderten zu verbessern (bitte mit Angabe, in welcher Gemeinde und Straße eine Ampelanlage mit einem optischen Signal für Hörbehinderte versehen wurde)? Eine Ausstattung mit Zusatzeinrichtungen hat sich an den Vorgaben der derzeit gültigen Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) zu orientieren. Ziff. 6.2.8 der RiLSA sieht nur akustische und taktile Signalgeber vor. Bei den akustischen Signalgebern unterscheidet man zwischen dem Orientierungs - und dem Freigabesignal. Die taktilen Signalgeber werden in der Regel mit Anforderungstaster kombiniert, indem an deren Unterseite eine während der Freigabezeit vibrierende Platte angebracht wird. Die RiLSA wurde erst 2015 neu aufgelegt und von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung einer Vielzahl von Spezialisten erarbeitet. In Bezug auf optische Signale ist eine Initiative aus dem Raum Unterfranken bekannt. Hierbei soll an Lichtzeichenanlagen ein zusätzliches Warnsignal angebracht werden, das aufleuchten soll, wenn sich ein Fahrzeug mit Martinshorn nähert. Da hier technisch in die Lichtsignalsteuerung eingegriffen wird, müsste dieses System eine Bauartzulassung haben. Eine solche liegt nach unserem Kenntnisstand derzeit allerdings nicht vor. 5.1 Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Staatsregierung die Kommunen bei der Umsetzung von mehr Barrierefreiheit und Sicherheit für Hörbehinderte im Verkehr? Die Staatsregierung stellt den Kommunen eine Vielzahl von Regelwerken und Informationsmaterial, das auch in enger Abstimmung mit den Fachverbänden wie etwa dem Deutschen Gehörlosen-Bund e. V. meist unter der Leitung der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV) erarbeitet wurde, zur Verfügung. Hiermit soll erreicht werden, dass die Fachvorgaben für die Barrierefreiheit auch den Kommunen jederzeit zur Verfügung stehen und von diesen bei der baulichen Gestaltung des Straßenraums oder der verkehrstechnischen Verkehrsausstattung zielorientiert angewandt werden können. 6. Fördert die Staatsregierung spezielle Maßnahmen zur Barrierefreiheit für Hörbehinderte im Wohnungsbau (z. B. Klingelanlagen mit optischen Signalen)? Im Rahmen der Wohnraumförderung unterstützt der Freistaat Bayern die behindertengerechte Anpassung von bestehendem Eigen- und Mietwohnraum an die Belange von Menschen mit Behinderung im Bayerischen Wohnungsbauprogramm mit einem leistungsfreien Baudarlehen von bis zu 10.000 Euro. Dabei können auch Maßnahmen für die speziellen Belange Hörbehinderter gefördert werden. Voraussetzung für eine Förderung ist unter anderem die Einhaltung von bestimmten Einkommensgrenzen. 6.1 Welche konkreten Maßnahmen hat die „Beratungsstelle Barrierefreiheit“ der Bayerischen Architektenkammer , die vom Bayerischen Staat im Mai 2015 mit 360.000 Euro gefördert wurde, bereits umgesetzt, um barrierefreies Wohnen für hörbehinderte Menschen zu unterstützen? Die Experten der Beratungsstelle Barrierefreiheit beraten alle Ratsuchenden in allgemeinen und spezifischen Fragen für ein barrierefreies Leben. An inzwischen 18 Standorten bietet die staatlich geförderte Beratungsstelle bayemweit kostenfreie Erstberatungen zu allen Fragen der Barrierefreiheit an. Ratsuchende können direkt über die Geschäftsstelle der Beratungsstelle telefonisch, per Mail oder über ein Kontaktformular auf der Homepage der Beratungsstelle (www.byakbarrierefreiheit.de) einen Beratungstermin vereinbaren . Beratungsinhalte und -intensität der Erstberatungen richten sich nach dem jeweiligen Bedarf und den individuellen Bedürfnissen der Anfragenden. Selbstverständlich gehört die Beratung zu Anforderungen der DIN 18040 Teil 1 bis 3 (öffentlich zugängliche Gebäude, Wohnungen, Verkehrs- und Freiraum) mit dem „Zwei-Sinne- Prinzip“ zu den Beratungsschwerpunkten der Beratungsstelle . Demnach sollen bei barrierefreien Wohnungen alle notwendigen Informationen und funktionalen Anforderungen so umgesetzt werden, dass sie über zwei unterschiedliche Sinne wahrgenommen werden können. Die Belange von Menschen mit Hörbehinderung werden unter Bezugnahme auf das Zwei-Sinne-Prinzip bei den Beratungen regelmäßig thematisiert. Um hier bestmöglich und praxisnah zu beraten , steht die Beratungsstelle u. a. auch mit Experten und Betroffenenverbänden im ständigen Austausch. Auch im Bereich der barrierefreien Kommunikation (digitale Medien, leichte Sprache) finden inzwischen Schwerpunktberatungen unter Berücksichtigung des Zwei-Sinne-Prinzips statt. Hier wurden die Berater der Beratungsstelle gesondert von den Experten der Stiftung Pfennigparade geschult. Regelmäßig beraten die Experten der Beratungsstelle Architekten, Ingenieure, Investoren, Bauträger, private und kommunale Wohnungsbauunternehmen sowie Handwerker hinsichtlich der Anforderungen an die Barrierefreiheit im Wohnungsbau. Insbesondere im Gebäudebestand sind oftmals Kompromisslösungen gefragt, um das bestmögliche aus der jeweiligen Situation im Rahmen der normativen Möglichkeiten umzusetzen. Hier unterstützen die Beraterinnen und Berater aktiv bei der Entwicklung von Lösungen und verweisen im Einzelfall auch an weitere Ansprechpartner (z. B. Wohnberatungsstellen), die dann die Umsetzung von Maßnahmen begleiten. Beim voraussichtlich im Frühjahr 2017 fertiggestellten Leitfaden zur DIN 18040-3 (Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum ) war es besonderes Anliegen, die Fachmeinung der Betroffenenverbände (u. a. des Netzwerks Hörbehinderung Bayern) in die Erstellung des Leitfadens einzubinden. Der Entwurf des Leitfadens wurde auch mit den Mitgliedern des Landesbehindertenrats diskutiert, sodass die Interessen der Betroffenen einfließen konnten. Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14988 Die Beratungsstelle Barrierefreiheit berät neutral und im Interesse aller. Die Neutralität bedeutet aber auch, dass nicht die Interessen einzelner Betroffenengruppen, sondern ein ausgewogenes Spektrum aller Interessen von Menschen mit Einschränkungen im Fokus der Beratungen steht. Vor diesem Hintergrund darf allein die inhaltliche Ausweitung des Angebots auf alle Fragen der Barrierefreiheit , die Regionalisierung der Standorte und die Steigerung der Beratungen von ca. 1.900 Std. im Jahr 2014 auf ca. 3.700 Std. im Jahr 2016 auch als eine gezielte Unterstützung der Belange von Menschen mit Hörbehinderung verstanden werden. 6.2 Welche konkreten Ergebnisse wurden durch die Maßnahmen der Staatsregierung bereits erzielt, um barrierefreies Wohnen für hörbehinderte Menschen zu fördern? In den letzten fünf Jahren (2011 bis 2015) wurden im Bayerischen Wohnungsbauprogramm insgesamt 8.007 bauliche Anpassungsmaßnahmen an Miet- und Eigenwohnungen mit einem Mittelvolumen von 66,0 Mio. Euro gefördert. Über die Art der Maßnahmen wird keine Statistik geführt, sodass eine Aussage, wie viele der geförderten Maßnahmen hörbehinderten Menschen zugutekommen, nicht möglich ist. 7. Wie sorgt die Staatsregierung dafür, dass Menschen mit einer Hörbehinderung auch einen Notruf tätigen können? 7.1 Wie können Notrufe von Hörbehinderten in Zukunft von den Rettungsleitstellen und der Polizei besser entgegengenommen werden? Die Bearbeitung von Notrufen – auch für gehörlose Menschen -wurde in der Vergangenheit kontinuierlich verbessert. Seit dem Jahr 2013 haben die Integrierten Leitstellen für Feuerwehr und Rettungsdienst (JLS) den Dienst „SMS-to- Fax“ in Betrieb genommen, der neben den gesetzlich geforderten Notrufübertragungswegen per Sprache bzw. Telefax eine weitere Möglichkeit für das Absenden bzw. Empfangen von Notrufen darstellt. In den zehn Einsatzzentralen der Bayerischen Polizei existiert der Dienst „SMS-to-Fax“ seit Januar 2014. Dieser Dienst wird jedoch nicht (mehr) von allen Mobilfunkanbietern angeboten. Bei der „SIVIS to Fax“-Lösung handelt es sich um eine Übergangslösung, bis die technischen Möglichkeiten für einen völlig diskriminierungsfreien, einheitlichen bundesweiten Notruf auch für hör- und sprachbehinderte Mitbürger zur Verfügung stehen. Derzeit erlaubt die bestehende Notrufverordnung lediglich Notrufverbindungen über Sprache und Telefax. Die Gesetzgebungszuständigkeit für Telekommunikation liegt beim Bund. Rechtliche Fragen des Notrufes sind im Telekommunikationsgesetz sowie in der Notrufverordnung geregelt . Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist auf Bundesebene für die Belange des bundesweiten Notrufes 110/112 zuständig und hat sich zum Ziel gesetzt, den Notruf zu digitalisieren. Dazu wurde unterhalb der Innenministerkonferenz eine Arbeitsgruppe mit der Bezeichnung „Zukunft des Notrufs“ mit den Bundesländern und den betroffenen Bundesressorts eingerichtet, um unter anderem neben den bewährten Notrufmöglichkeiten auch neue Zugangswege über mobile Anwendungen, wie z. B. Apps, zu prüfen. Im Rahmen der von der Telekom für das Jahr 2018 avisierten Umstellung auf digital vermittelte Notrufverbindungen (IP) ist mit einer Anpassung der Gesetzes-, Verordnungsund Richtlinienlage zu rechnen. Sobald diese Vorgaben verbindlich feststehen, werden wir auch auf Landesebene in die Lage versetzt, neue Notruf- bzw. Nothilfedienste wie z. B. Datenapps in unsere bestehenden Systeme einzubinden. 8. Wo sieht die Staatsregierung derzeit die größten Hindernisse und Barrieren für Hörbehinderte? Die Hindernisse und Barrieren für Menschen mit Hörbehinderung bestehen wie bereits dargelegt in den fehlenden Möglichkeiten zur Kommunikation in allen Lebensbereichen (siehe Antwort zu Frage 2.2). 8.1 Wie möchte die Staatsregierung diese Hindernisse und Barrieren beseitigen? Siehe Antwort zu Frage 2.2. Was Hindernisse und Barrieren für Menschen mit Hörbehinderung im Arbeitsleben betrifft, haben die bayerischen Integrationsfachdienste (IFD) in den letzten Monaten unter fachlicher Mitwirkung des Bayerischen Sozialministeriums ein Netz von Beratungsstellen für hörgeschädigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgebaut. Ausgangspunkt hierzu war eine Initiative des Arbeitskreises „hörbehinderte Menschen im Arbeitsleben“, die von Herrn Abgeordneten Joachim Unterländer, MdL, unterstützt worden ist. Nach Angaben der Landesarbeitsgemeinschaft ifd Bayern e.V. (LAG ifd) befanden sich mit Stand September 2016 225 hörbehinderte/gehörlose Menschen in Bayern in der Beruflichen Sicherung der IFD und 79 hörbehinderten/gehörlosen Menschen hilft der IFD im Bereich der Vermittlung. In allen sieben Regierungsbezirken stehen nach Mitteilung der LAG ifd mittlerweile gebärdenkompetente Integrationsberater und Integrationsberaterinnen (IB) zur Verfügung: – in Oberbayern arbeiten fünf IB, eine weitere Stelle ist dort geplant, – in Niederbayern befindet sich eine Mitarbeiterin in Ausbildung , IB, ferner besteht eine Kooperation mit dem Bayeri schen Landesverband für die Wohlfahrt Gehörgeschädigter (BLWG), – in Oberfranken besteht eine Kooperation mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband (über die genaue Stellenanzahl liegen uns keine Informationen vor), – in Mittelfranken stehen 7 IB zur Verfügung, – In Unterfranken sind 6 IB beschäftigt, – in Schwaben ist 1 IB tätig, eine weitere Einstellung ist dort geplant. Somit ist die seinerzeitige Forderung des Arbeitskreises, zwei zentrale Anlaufstellen in Bayern zu schaffen, deutlich übertroffen worden. In allen Landesteilen stehen gebärdenkompetente IB für hörgeschädigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Verfügung. 8.2 Wie möchte die Staatsregierung private und staatliche Stellen dabei unterstützen? Im Rahmen des Runden Tisches Hörbehinderung werden wichtige Anliegen der Menschen mit Hörbehinderung zur Sprache gebracht. Gemeinsam wird nach Lösungen gesucht oder werden geeignete Ansprechpartner vermittelt.