17. Wahlperiode 23.03.2017 17/14994 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 02.12.2016 Reichsbürger in Hemhof: Ermittlungsverfahren Bezug nehmend auf die Antwort der Staatsregierung auf meine Anfrage zum Plenum in der 47. Kalenderwoche 2016 zu den Hintergründen und Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit einer Veranstaltung von Anhängern der Reichsbürgerideologie am 15.12.2015 (Drs. 17/14451), frage ich die Staatsregierung: 1. a) Welche Art von Veranstaltung ging dem Polizeieinsatz am 15.12.2015 in Hemhof voraus? b) Handelte es sich um eine öffentliche Veranstaltung? c) Wie viele Personen nahmen an der Veranstaltung teil? 2. In welchen Fällen bestand, im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung, Anfangsverdacht wegen strafbarer Handlungen (bitte aufschlüsseln nach: Sachverhalt, Art der vermuteten strafbaren Handlung, Stand der Ermittlungen , gegebenenfalls Begründung für Einstellung und Einstellungsdatum mit eventuellen Auflagen)? 3. a) Wegen welcher Verdachtsmomente wurde wegen des Führens des unzutreffenden Kennzeichens ermittelt? b) Wurden dabei auch Ermittlungen wegen des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz, Kfz-Steuerhinterziehung oder Urkundenfälschung geführt? c) Wenn nein, warum nicht? 4. Wegen welcher Verdachtsmomente wurde wegen des Führens des „Fantasieführerscheins“ ermittelt? 5. a) Wegen welcher Verdachtsmomente wurde im Zusammenhang mit der Androhung der anwesenden Veranstaltungsteilnehmer , das Abschleppen des Pkw verhindern zu wollen, ermittelt? b) Wurden dabei auch Ermittlungen wegen Landfriedensbruch , Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geführt? c) Wenn nein, warum nicht? 6. Wie bewertet die Staatsregierung die Einstellung sämtlicher Verfahren oder Ermittlungen im Sinne der Generalprävention? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 10.01.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Art von Veranstaltung ging dem Polizeieinsatz am 15.12.2015 im Hemhof voraus? Laut Polizeipräsidium (PP) Oberbayern Süd lag eine versammlungsrechtliche Anzeige für die Veranstaltung nicht vor. Nach Einschätzung des PP Oberbayern Süd dürfte es sich um einen Stammtischabend gehandelt haben. b) Handelte es sich um eine öffentliche Veranstaltung ? Nach derzeit beim PP Oberbayern Süd vorliegenden Erkenntnissen konnte an dieser Veranstaltung jedermann teilnehmen . c) Wie viele Personen nahmen an der Veranstaltung teil? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 2. In welchen Fällen bestand, im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung, Anfangsverdacht wegen strafbarer Handlungen (bitte aufschlüsseln nach: Sachverhalt, Art der vermuteten strafbaren Handlung , Stand der Ermittlungen, gegebenenfalls Begründung für Einstellung und Einstellungsdatum mit eventuellen Auflagen)? 3. a) Wegen welcher Verdachtsmomente wurde wegen des Führens des unzutreffenden Kennzeichens ermittelt ? b) Wurden dabei auch Ermittlungen wegen des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz, Kfz-Steuerhinterziehung oder Urkundenfälschung geführt? c) Wenn nein, warum nicht? 4. Wegen welcher Verdachtsmomente wurde wegen des Führens des „Fantasieführerscheins“ ermittelt ? Gegen den Halter des festgestellten Fahrzeugs bestand aufgrund des angebrachten Fantasiekennzeichens und des Parkens im Verkehrsraum sowie wegen des aufgefundenen Fantasieführerscheins der Verdacht der Urkundenfälschung und des strafbaren Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz . Des Weiteren bestand der Verdacht einer Ord- Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14994 nungswidrigkeit nach der Abgabenordnung in Verbindung mit dem Kraftfahrzeugsteuergesetz und nach der Fahrzeugzulassungsverordnung . Vor der Gaststätte, in der die Veranstaltung stattgefunden hat, versammelten sich etwa 50 Personen, die sich solidarisierten und gegen die eingesetzten Polizeibeamten pöbelten. Nach Einschätzung der anwesenden Polizeibeamten des PP Oberbayern Süd wurde durch dieses Verhalten jedoch die Schwelle zur strafrechtlichen Relevanz noch nicht überschritten. Das Blockieren der Straße durch die etwa 50 Personen durch ihre bloße Anwesenheit stellt nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerfGE 92, 1) keine strafrechtlich relevante Nötigung dar. 5. a) Wegen welcher Verdachtsmomente wurde im Zusammenhang mit der Androhung der anwesenden Veranstaltungsteilnehmer, das Abschleppen des Pkw verhindern zu wollen, ermittelt? b) Wurden dabei auch Ermittlungen wegen Landfriedensbruch , Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geführt? c) Wenn nein, warum nicht? Es haben sich in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht einer Straftat ergeben (siehe Antwort zu Frage 2). 6. Wie bewertet die Staatsregierung die Einstellung sämtlicher Verfahren oder Ermittlungen im Sinne der Generalprävention? Die Staatsanwaltschaft kann nur dann Anklage erheben, wenn ein hinreichender Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht. Ist dies nicht der Fall, ist ein Ermittlungsverfahren einzustellen (vgl. § 170 Strafprozessordnung – StPO). Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Traunstein, das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung und des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz gem. § 170 Abs. 2 StPO einzustellen , beruhte darauf, dass keine Straftaten nachzuweisen waren. Insoweit handelt es sich um eine Einzelfallbewertung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles. Eine allgemeine Aussage, wie Dokumente und Kennzeichen , die durch sog. Reichsbürger verwendet werden, in strafrechtlicher Hinsicht zu behandeln sind, ist damit nicht verbunden.