17. Wahlperiode 23.03.2017 17/15023 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Eberhard Rotter CSU vom 19.12.2016 Entsorgung von Dämmplatten aus Polystyrol – Thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen Bisher konnten Müllverbrennungsanlagen Polystyrol-Dämmplatten mit anderem Abfall zusammen verbrennen. Künftig müssen sie ihn gesondert verbrennen und benötigen dafür eine spezielle Genehmigung, nach Angaben aus der Branche „ähnlich aufwendig wie eine komplette Neugenehmigung , womöglich sogar mit Bürgerbeteiligung“. Weil dieses Verfahren vielen Unternehmen zu aufwendig ist, und die Müllverbrennungsanlagen ohnehin ausgelastet sind, nehmen die meisten Firmen Styropor schlicht nicht mehr an. Dazu gezwungen werden können sie nicht. Ich frage die Staatsregierung: 1. Gelten Polystyrol-Dämmstoffe mit dem Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) künftig als „gefährlicher Abfall“, wodurch nur eine gesonderte thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen mit gesonderter Zulassung gestattet ist? 2. Wie hoch ist der Prozentsatz bei Wärmedämmplatten, die mit dem Flammschutzmittel HBCD versetzt sind? 3. Wie wird künftig die Entsorgung des anfallenden Mischmülls bei Gebäudeabrissen für Privatpersonen und Unternehmen sichergestellt? 4. Welche Voraussetzungen müssen Müllverbrennungsanlagen erfüllen, um künftig Polystyrol-Dämmstoffe mit dem Flammschutzmittel HBCD thermisch verwerten zu können ? 5. Welche Möglichkeiten zur fachgerechten Entsorgung von Polystyrol-Dämmstoffen mit dem Flammschutzmittel HBCD gibt es derzeit und welche durchschnittlichen Kosten werden pro Tonne berechnet? 6. Bedarf es bei der Entsorgung einer Trennung von Polystyrol und sämtlichen anderen Baustoffen? 7. Was rät die Staatsregierung den Bauherrn und Bauunternehmen , die keinen Entsorger für Polystyrol-Dämmplatten finden, da die meisten Firmen Styropor, angesichts des aufwendigen Verfahrens und der hohen Kosten, nicht mehr annehmen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 8. Hat die Staatsregierung dem Beschluss des Bundesrates zur Änderung der Abfallordnung zugestimmt, wonach mit HBCD versetzte Polystyrol-Dämmstoffe als „gefährlicher Abfall“ gelten, was waren gegebenenfalls die Gründe hierfür und wäre sie bereit, eine Initiative zur Rückkehr zur alten Regelung im Bundesrat zu ergreifen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 19.01.2017 Vorbemerkung: Dämmplatten aus Polystyrol können etwa bis zum Herstellungsjahr 2015 das Flammschutzmittel HBCD (Hexabromcyclododecan ) enthalten. Dieser Stoff muss nach der europäischen Verordnung über persistente organische Schadstoffe ab 30. September 2016 aus dem Stoffkreislauf ausgeschleust und endgültig zerstört werden. 1. Gelten Polystyrol-Dämmstoffe mit dem Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) künftig als „gefährlicher Abfall“, wodurch nur eine gesonderte thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen mit gesonderter Zulassung gestattet ist? Mit der Änderung der Abfallverzeichnisverordnung vom 22. Dezember 2016 (BGBl I S. 3103, 27. Dezember 2016) wird die Einstufung dieser Dämmstoffe als gefährlicher Abfall für ein Jahr ausgesetzt. Bis dahin ist eine Entsorgung als nicht gefährlicher Abfall möglich. Unabhängig von der abfallrechtlichen Einstufung der HBCD-haltigen Dämmstoffe erfüllen alle bayerischen Müllverbrennungsanlagen die technischen und genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen, die Abfälle sicher zu entsorgen. 2. Wie hoch ist der Prozentsatz bei Wärmedämmplatten, die mit dem Flammschutzmittel HBCD versetzt sind? Laut Angaben der Branche können die vor 2015 verbauten Wärmedämmsysteme in der Regel das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) enthalten. Genauere Daten liegen nicht vor. 3. Wie wird künftig die Entsorgung des anfallenden Mischmülls bei Gebäudeabrissen für Privatpersonen und Unternehmen sichergestellt? Bis zum Ende der Übergangsfrist können Baumischabfälle, die auch HBCD-haltige Dämmmaterialien enthalten, wie bis- Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15023 her als nicht gefährlich eingestufte Abfälle entsorgt werden. Die Übergangsfrist soll insbesondere den Unternehmen Zeit gewähren, ihre Entsorgungsstrukturen anzupassen. Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz unterstützt dies ausdrücklich und steht mit den bayerischen Fachverbänden in Kontakt. 4. Welche Voraussetzungen müssen Müllverbrennungsanlagen erfüllen, um künftig Polystyrol-Dämmstoffe mit dem Flammschutzmittel HBCD thermisch verwerten zu können? Die Müllverbrennungsanlagen müssen technisch in der Lage sein, diesen Abfall schadlos zu entsorgen, sowie für dessen Einsatz rechtlich zugelassen sein. Alle bayerischen Müllverbrennungsanlagen erfüllen diese Voraussetzungen. Eine entsprechende Studie an der Müllverbrennungsanlage Würzburg bestätigt dies. 5. Welche Möglichkeiten zur fachgerechten Entsorgung von Polystyrol-Dämmstoffen mit dem Flammschutzmittel HBCD gibt es derzeit und welche durchschnittlichen Kosten werden pro Tonne berechnet? Gemäß europäischer Vorgaben ist der Schadstoff HBCD endgültig zu zerstören und aus dem Stoffkreislauf auszuschleusen . Eine fachgerechte Entsorgung ist bislang nur über die Verbrennung möglich. Angaben über spezifische Entsorgungskosten liegen nicht vor, da die Entsorgung von HBCD-haltigen Dämmstoffen als Abfälle zur Verwertung dem freien Markt obliegt. 6. Bedarf es bei der Entsorgung einer Trennung von Polystyrol und sämtlichen anderen Baustoffen? Vgl. hierzu die Antwort zu Frage 3 bezüglich Baumischabfälle . 7. Was rät die Staatsregierung den Bauherrn und Bauunternehmen , die keinen Entsorger für Polystyrol- Dämmplatten finden, da die meisten Firmen Styropor, angesichts des aufwendigen Verfahrens und der hohen Kosten, nicht mehr annehmen? Durch die Übergangsfrist von einem Jahr sollte sich die Entsorgungssituation für HBCD-haltige Dämmstoffabfälle wieder entspannen. Zugleich haben Bauherrn und Bauunternehmen Zeit, mit den Entsorgern die künftigen Entsorgungswege abzustimmen. 8. Hat die Staatsregierung dem Beschluss des Bundesrates zur Änderung der Abfallordnung zugestimmt, wonach mit HBCD versetzte Polystyrol-Dämmstoffe als „gefährlicher Abfall“ gelten, was waren gegebenenfalls die Gründe hierfür und wäre sie bereit, eine Initiative zur Rückkehr zur alten Regelung im Bundesrat zu ergreifen? Die Staatsregierung hat dem ursprünglichen Beschlussvorschlag zur Änderung der Abfallverzeichnisverordnung und der damit verbundenen Einstufung als gefährlicher Abfall im Bundesrat nicht zugestimmt. Hintergrund war, dass HBCD-haltige Dämmstoffe auch bisher schon sicher und zielgerichtet in den bayerischen Müllverbrennungsanlagen entsorgt wurden. Mit der aktuellen Änderung der Abfallverzeichnisverordnung , der Bayern im Bundesrat am 16. Dezember 2016 zugestimmt hat, können Bund und Länder mit Beteiligung der betroffenen Verbände eine bundeseinheitliche Struktur vorbereiten und die Rahmenbedingungen mit den Akteuren der Entsorgungswirtschaft abstimmen. Dies wird Bayern aktiv begleiten.