17. Wahlperiode 23.03.2017 17/15049 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 24.11.2016 Bienenwachsverfälschung – Belastetes Wachs muss vom Markt! Der Deutsche Imkerbund warnt vor verfälschtem Bienenwachs : In Rheinland-Pfalz ist Bienenwachs teils hochgradig mit diversen petrochemischen und pflanzlichen Ölen/Fetten (z. B. Paraffin) gestreckt bzw. mit Pflanzenschutzmitteln verunreinigt. Die Landesanstalt für Bienenkunde der deutschen Universität Hohenheim warnt vor „Fachhändlern“ in Deutschland und Frankreich, die Mittelwände verkaufen, die mit Paraffin verfälscht sind. Diese Mittelwände verunreinigen den Wachskreislauf über Jahre hinaus. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Sind aktuelle Fälle von verunreinigtem Bienenwachs in Form von angebotenen Mittelwänden auch in Bayern bekannt? b) Wenn ja, in welchem Umfang (bitte aufgeschlüsselt für die letzten 5 Jahre)? 2. Welche Folgen hat die Verwendung von mit diversen petrochemischen und pflanzlichen Ölen/Fetten (z. B. Paraffin) gestrecktem bzw. mit Pflanzenschutzmitteln verunreinigtem Bienenwachs a) für die Bienen und/oder b) die Verbraucher? 3. a) Sieht die Staatsregierung hierzu Handlungsbedarf? b) Wie steht sie zu kostenlosen Wachsuntersuchungen jeder angebotenen Charge? 4. Wie beurteilt die Staatsregierung den Vertrieb von vollständig synthetischem Wachs („Chinaplatte”)? 5. Wurden die bayerischen Imker über die verunreinigten oder falschen Bienenwachsprodukte aufgeklärt? 6. Was unternimmt die Staatsregierung, um das Naturprodukt „reines Bienenwachs“ zu schützen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 19.01.2017 Die o. g. Schriftliche Anfrage wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1. a) Sind aktuelle Fälle von verunreinigtem Bienenwachs in Form von angebotenen Mittelwänden auch in Bayern bekannt? Ja. b) Wenn ja, in welchem Umfang (bitte aufgeschlüsselt für die letzten 5 Jahre)? Beim Tiergesundheitsdienst Bayern e.V. sind 2016 insgesamt 12 Proben mit entsprechendem Verdacht eingetroffen. Aus den Jahren davor liegen uns keine Informationen vor. Von den 12 in 2016 eingesandten Wachsproben wurden in 8 Proben signifikante Beimischungen (über 10 Prozent) von Paraffinen, Stearin und Triglyceriden nachgewiesen. Bei den obigen Angaben ist zu berücksichtigen, dass 4 Proben auf die identische Mittelwandcharge zurückgehen (2 Proben vom geschädigten Imker, 2 vom Zwischenhändler). Diese 4 Proben bestanden fast ausschließlich aus Paraffin. Das Analyseergebnis dieser Proben war einer der ersten Hinweise darauf, dass gefälschtes Bienenwachs in Deutschland im Umlauf ist (Probeneingang Mitte August 2016). 2. Welche Folgen hat die Verwendung von mit diversen petrochemischen und pflanzlichen Ölen/Fetten (z. B. Paraffin) gestrecktem bzw. mit Pflanzenschutzmitteln verunreinigtem Bienenwachs a) für die Bienen? Folgen der Verunreinigung durch diverse petrochemische und pflanzliche Öle/Fette Die Verunreinigungen reichen von wenigen Prozent bis hin zu Mittelwänden mit 90 Prozent Paraffin-Anteil. Entsprechend sind die Auswirkungen auf das Bienenvolk unterschiedlich . Grundsätzlich sind Paraffin und Stearin nicht giftig für Bienen. Bienen meiden aber mit Stearin verunreinigte Mittelwände und bauen sie nur zögerlich aus. Bei hohem Gehalt sind die darauf aufgebauten Waben instabil und vor allem bei Einlagerung von Honig kommt es zum Zusammenbruch der Waben im Bienenvolk. Durch den auslaufenden Honig können die Bienen verkleben und sterben. Folgen der Verunreinigung durch andere als petrochemische Stoffe In einem Teil der mit Paraffin u. a. Fetten verunreinigten Bienenwachse wurden zusätzlich verschiedene Wirkstoffe (diverse Varroazide, Biozide und/oder Pflanzenschutzmittel) gefunden. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15049 Die gefundenen Wirkstoffzusammensetzungen bzw. -mengen können als Erklärung für das Absterben der in diesen Waben aufgezogenen Bienenbrut herangezogen werden. Allerdings sind auch Brutschäden festgestellt worden, die nicht mit den festgestellten Wirkstoffen in Zusammenhang gebracht werden können. Hier steht eine Klärung noch aus. b) für die Verbraucher? Lebensmittel können Bienenwachs als Zusatzstoff enthalten (E 901). Bienenwachs im Sinne des Zusatzstoffrechtes ist: „Gelbes Bienenwachs ist Wachs, das durch Schmelzen von Waben der Honigbiene Apis mellifera mit heißem Wasser und Entfernung von Fremdstoffen gewonnen wird. Weißes Bienenwachs wird durch Bleichen des gelben Bienenwachses erhalten.“ Bienenwachs darf keine Beimischungen von Paraffin, Ceresin, anderen Wachsen, Fetten und Seifen enthalten. Außerdem gibt es Vorgaben zum Schwermetallgehalt . Die Verantwortung, dass die in Verkehr gebrachten Lebensmittel den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, liegt beim Lebensmittelunternehmer. Die amtliche Lebensmittelüberwachung kontrolliert kontinuierlich , ob die Lebensmittelunternehmer ihrer Verantwortung nachkommen. Dazu wird z. B. Honig auf Verunreinigungen hin untersucht. In den Jahren 2011–2016 wurden 2.170 Honigproben untersucht, davon 277 auf Pflanzenschutzmittelrückstände . Lediglich 5 Proben lagen über dem Höchstgehalt für Pflanzenschutzmittelrückstände. Eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher bestand nicht. 3. a) Sieht die Staatsregierung hierzu Handlungsbedarf ? b) Wie steht sie zu kostenlosen Wachsuntersuchungen jeder angebotenen Charge? Grundsätzlich sind Imker verantwortlich für die von ihnen eingesetzten und erworbenen Betriebsmittel. Hochwertiges und möglichst unbelastetes Bienenwachs ist eine Grundvoraussetzung für Bienengesundheit und gute Honigqualität . Deshalb bietet der Tiergesundheitsdienst Bayern e. V. kostenlose Wachsuntersuchungen für Imker an – gefördert vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Aufgrund der aktuellen Vorkommnisse erhalten die bayerischen Imkerinnen und Imker im Jahr 2017 die Wahl zwischen einer geförderten Analyse Ihres Wachses hinsichtlich der Rückstände aus Pflanzenschutz- und Bienenarzneimitteln oder Wachsverfälschungen. Durch eine breite Kommunikation dieser Untersuchungen werden Eintragsquellen eher bekannt und können von den Imkern gemieden werden. 4. Wie beurteilt die Staatsregierung den Vertrieb von vollständig synthetischem Wachs („Chinaplatte“)? Grundsätzlich bauen Bienen ihre Waben nicht nur auf Mittelwänden aus reinem Bienenwachs, sondern hier können auch andere Materialien als Grundlage dienen. In anderen Ländern (z. B. USA) ist der Einsatz von Kunststoffmittelwänden als Grundlage für den Wabenbau weitverbreitet. Während bei der Verwendung von nicht einschmelzbaren Kunststoffmittelwänden kein Eintrag unerwünschter Stoffe in den Wachskreislauf zu befürchten ist, werden bei Verwendung synthetischer Wachse beim Einschmelzen diese mit dem von den Bienen gebauten Bienenwachswaben vermischt . Eine Kontamination des Bienenwachskreislaufes ist die Folge. 5. Wurden die bayerischen Imker über die verunreinigten oder falschen Bienenwachsprodukte aufgeklärt ? Die bayerischen Imker wurden vom Fachzentrum Bienen und der Fachberatung im gemeinsamen Infobrief der Bieneninstitute durch die Verbände und im Internet über die Wachsverfälschungen und entsprechende Handlungsempfehlungen seit Bekanntwerden der Verunreinigungen im August 2016 informiert. Aufgrund der eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen konnten Aussagen zu den Bezugsquellen der verfälschten Mittelwände allerdings nicht gemacht werden. 6. Was unternimmt die Staatsregierung, um das Naturprodukt „reines Bienenwachs“ zu schützen? Neben den oben genannten Angeboten zur kostenlosen Untersuchung von Bienenwachs und der laufenden Information der Imker und Verbände durch Fachzentrum und Fachberatung fördert die Staatsregierung die Neuanschaffung moderner Gerätschaften für die eigene Wachsverarbeitung. Durch eigene Wachsverarbeitung, z. B. auch innerhalb eines Imkervereins, kann der Eintrag von Verunreinigungen vermieden werden. Das Fachzentrum und die Fachberatung unterstützen die Imker beim Aufbau eigener Wachskreisläufe mit hohem Qualitätsstandard.