Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Reinhold Strobl SPD vom 02.12.2016 Netzausbau Ostbayernring und Südostlink durch die Oberpfalz Offenbar sieht der Bayerische Bauernverband den Ausbau der Netze, zum Beispiel den „Ostbayernring“ und die geplante Gleichstromtrasse „Südostlink“, sehr kritisch. Die Belange der Landwirtschaft kämen, laut Aussage des Bayerischen Bauernverbandes/Bezirksverband Oberpfalz, zu kurz. Dabei verliefen die geplanten Leitungen weitgehend auf privaten und forstwirtschaftlichen Grundstücken und beträfen damit sehr viele Landwirte und Grundeigentümer aus der Oberpfalz. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die, von den Landwirten befürchteten, dauerhaften Beeinträchtigungen aufgrund von Freileitungen und erdgebundenen Versorgungsleitungen hinsichtlich der Bewirtschaftung von Grund und Boden und alles, was auf ihm wächst? 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Zerstörung der Bodenstruktur hinsichtlich sogenannter dauerhaft verlegter erdgebundener Leitungen auch im Hinblick auf die Bodenerwärmung und/oder auf die Beeinträchtigung durch sichtbare Bauwerke, z. B. Wartungsschächte an der Erdoberfläche? 3. a) Hält die Staatsregierung den Netzausbau für unabänderlich notwendig? b) Hat die Staatsregierung geprüft, ob es nicht ebenso effiziente Alternativen gibt, wie durch dezentral regionale Initiativen zur Stromerzeugung und Speicherung der regionale Strombedarf gedeckt werden könnte? 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Alternative, nicht nur regenerative Energie von den Windkraftanlagen und Braunkohlestrom aus dem Norden nach Bayern zu holen, sondern insbesondere eine Wertschöpfung durch Photovoltaik-, Biogas und Windkraftanlagen auch vor Ort zu erzielen? b) Welcher Zuwachs an regenerativen Energien in Bayern ist in den letzten zwei Jahren zu verzeichnen? 5. a) Welcher Flächenverbrauch an land- und forstwirtschaftlicher Nutzfläche ist nach derzeitigem Kenntnisstand der Staatsregierung durch den geplanten Netzausbau zu erwarten? b) Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um den voraussichtlichen Flächenverbrauch, der durch die Erdverkabelung entstehen wird, zu minimieren? 6. a) Welche Bodenschutzkonzepte plant die Staatsregierung bei der Umsetzung der Projekte für erdverkabelte Leitungen? b) Plant die Staatsregierung den Einsatz von unabhängigen Sachverständigen, um die Bodenschutzkonzepte zu begleiten? 7. Wie will die Staatsregierung die Entschädigungskonzepte für die hauptsächlich betroffenen Grundstückseigentümer anders gestalten, als sie mit einem einmaligen geringen Entschädigungsbetrag abzufinden, während, nach Meinung des Bayerischen Bauernverbandes , die privaten Netzbetreiber und die Gemeinden mit beachtlichen Vergütungen ausgestattet werden sollen? 8. Plant die Staatsregierung eine Änderung der gängigen Entschädigungspraxis hin zu wiederkehrenden Leistungen , um eine Benachteiligung der Grundstückseigentümer und Landwirte auszugleichen? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 24.01.2017 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die, von den Landwirten befürchteten, dauerhaften Beeinträchtigungen aufgrund von Freileitungen und erdgebundenen Versorgungsleitungen hinsichtlich der Bewirtschaftung von Grund und Boden und alles, was auf ihm wächst? Bei Freileitungen kann mit Ausnahme der Maststandorte eine dauerhafte Beeinträchtigung in erster Linie durch Höheneinschränkungen für Landmaschinen bestehen. Daher ist ein ausreichender Abstand zwischen dem Boden und den Leiterseilen sicherzustellen. Auch bei der fachgerechten Verlegung von Erdkabeln können die Flächen nach Abschluss der Bauarbeiten wieder landwirtschaftlich genutzt werden, sodass im Regelfall keine dauerhaften Beeinträchtigungen zu erwarten sind. 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Zerstörung der Bodenstruktur hinsichtlich sogenannter dauerhaft verlegter erdgebundener Leitungen auch im Hinblick auf die Bodenerwärmung und/oder auf die Beeinträchtigung durch sichtbare Bauwerke, z. B. Wartungsschächte an der Erdoberfläche? Durch fachgerechten, nach Schichten getrennten Aushub, Lagerung und Wiedereinbau des Bodens kann die ursprüngliche Bodenstruktur weitgehend wiederhergestellt werden. Dies wird durch eine bodenkundliche Baubegleitung sicher- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.03.2017 17/15065 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15065 gestellt, die im Planfeststellungsbeschluss angeordnet werden kann (siehe Antwort zu Frage 6). Die Bodenerwärmung kann durch eine ausreichende Tiefe der Kabelgräben und ausreichenden Abstand zwischen den einzelnen Kabeln begrenzt werden. In Pilotversuchen konnten bislang nach ersten Einschätzungen keine erheblichen Auswirkungen auf die Ertragsfähigkeit festgestellt werden. Nach den hier bekannten Planungen sind Wartungsschächte lediglich in größeren Abständen erforderlich und können flächenschonend beispielsweise an Straßen- oder Wegesrändern positioniert werden. Die Staatsregierung geht daher davon aus, dass sich bei fachgerechtem Wiedereinbau des Bodens die natürliche Bodenstruktur nach kurzer Zeit wieder einstellt. 3. a) Hält die Staatsregierung den Netzausbau für unabänderlich notwendig? Die Staatsregierung hält den im Bundesbedarfsplangesetz festgelegten Umfang des Übertragungsnetzausbaubedarfs unter Maßgabe der in den energiepolitischen Vereinbarungen der Spitzen der Koalition am 1. Juli 2015 beschlossenen Veränderungen grundsätzlich für plausibel. b) Hat die Staatsregierung geprüft, ob es nicht ebenso effiziente Alternativen gibt, wie durch dezentral regionale Initiativen zur Stromerzeugung und Speicherung der regionale Strombedarf gedeckt werden könnte? 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Alternative, nicht nur regenerative Energie von den Windkraftanlagen und Braunkohlestrom aus dem Norden nach Bayern zu holen, sondern insbesondere eine Wertschöpfung durch Photovoltaik-, Biogas und Windkraftanlagen auch vor Ort zu erzielen? Der Erhalt der Versorgungssicherheit ist für die Verbraucher und den Industriestandort Bayern von zentraler Bedeutung . Die durch die Energiewende entstehenden Herausforderungen zur Gewährleistung einer 100prozentigen Versorgungssicherheit genießen daher oberste Priorität. Die bayerische Energiepolitik setzt daher auf einen ausgewogenen Mix unterschiedlicher Maßnahmen: Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort ist der Ausbau des Übertragungs- und Verteilnetzes sowie flexibler, konventioneller Erzeugungsanlagen (wie bspw. Gaskraftwerke) unverzichtbar. Dies haben auch die umfangreichen Analysen und Fachgespräche im Rahmen des vom Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie durchgeführten Energiedialogs Bayern ergeben. Um den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien vor Ort zu fördern , hat Bayern bspw. im Rahmen der EEG-Novelle 2016 (EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz) dafür gesorgt, dass die Bioenergie als mit Abstand bedeutendste grundlastfähige erneuerbare Energiequelle auch in Zukunft einen großen Beitrag zur Effizienz des Gesamtsystems leisten kann. Daneben setzt sich Bayern auch für die Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen für Energiespeicher ein und fördert auch in Zukunft die weitere Erforschung verschiedener Speichertechnologien. b) Welcher Zuwachs an regenerativen Energien in Bayern ist in den letzten zwei Jahren zu verzeichnen ? Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung in Bayern ist von 2013 bis 2015 von 34,8 Prozent auf 39,6 Prozent gestiegen. 5. a) Welcher Flächenverbrauch an land- und forstwirtschaftlicher Nutzfläche ist nach derzeitigem Kenntnisstand der Staatsregierung durch den geplanten Netzausbau zu erwarten? Sowohl beim Bau von Freileitungen als auch bei der Verlegung von Erdkabeln können die Flächen nach Abschluss der Bauarbeiten wieder landwirtschaftlich genutzt werden, sodass nur ein geringer direkter Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzflächen zu erwarten ist. Davon ausgenommen sind Maststandorte bei Freileitungen, Muffenverbindungen bei Erdverkabelungen, wenn es bis an die Oberfläche reichende Muffenbauwerke gibt, und aus technischen Gründen tief wurzelnde land- und forstwirtschaftliche Kulturen und Nutzungen auf den Kabeltrassen. b) Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um den voraussichtlichen Flächenverbrauch, der durch die Erdverkabelung entstehen wird, zu minimieren ? Eine wirkungsvolle Minimierung des voraussichtlichen Flächenverbrauchs wird in erster Linie im Rahmen der Trassierung der Erdverkabelung sowie der Bauausführung der Erdverkabelung zu erreichen sein. Um im Rahmen der naturschutzrechtlichen und waldrechtlichen Ausgleichserfordernisse möglichst wenig Fläche in Anspruch zu nehmen, erarbeitet das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz derzeit Vollzugshinweise zur Anwendung der Bayerischen Kompensationsverordnung (BayKompV) bei der Erdverkabelung von Hochspannungs-Gleichstrom- Übertragungsleitungen und das Staatsministerium für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten erarbeitet Vollzugshinweise zur Anwendung des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG). 6. a) Welche Bodenschutzkonzepte plant die Staatsregierung bei der Umsetzung der Projekte für erdverkabelte Leitungen? b) Plant die Staatsregierung den Einsatz von unabhängigen Sachverständigen, um die Bodenschutzkonzepte zu begleiten? Der Bodenschutz ist in Deutschland gesetzlich im Bundes- Bodenschutzgesetz (BBodSchG) verankert und ist sowohl bei der Genehmigung als auch der Verlegung von Erdkabelleitungen zu berücksichtigen. So ist das Schutzgut Boden ein im Rahmen der Bundesfachplanung und Planfeststellung zu berücksichtigender öffentlicher Belang. Die bodenkundliche Baubegleitung zur Vermeidung nachhaltiger Bodenbeschädigungen während der Bauphase ist auch aus Sicht der Staatsregierung äußerst sinnvoll. Sie wird zu den Mindestanforderungen im Planfeststellungsbeschluss gehören, um das Risiko irreversibler Bodenschäden durch Bau und Betrieb von Erdkabelleitungen möglichst auszuschließen. 7. Wie will die Staatsregierung die Entschädigungskonzepte für die hauptsächlich betroffenen Grundstückseigentümer anders gestalten, als sie mit einem einmaligen geringen Entschädigungsbetrag abzufinden, während, nach Meinung des Bayerischen Bauernverbandes, die privaten Netzbetreiber und die Gemeinden mit beachtlichen Vergütungen ausgestattet werden sollen? Die Staatsregierung spricht sich für eine angemessene Entschädigung der betroffenen Grundstückseigentümer aus. Drucksache 17/15065 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Derzeit liegt die übliche Entschädigungshöhe für die Eintragung des Leitungsrechts als Dienstbarkeit bei Erdkabeln bei 20 bis 30 Prozent des Verkehrswerts. Ernteausfälle wegen der Bauzeiten sowie Aufwuchsschäden infolge von Bauarbeiten werden zusätzlich entschädigt. Sollten später zusätzliche Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit auftreten, werden auch diese zusätzlich entschädigt. 8. Plant die Staatsregierung eine Änderung der gängigen Entschädigungspraxis hin zu wiederkehrenden Leistungen, um eine Benachteiligung der Grundstückseigentümer und Landwirte auszugleichen ? Die Staatsregierung setzt sich für einen vollständigen Ausgleich der den Grundstückseigentümern tatsächlich entstehenden Vermögensnachteile ein.