Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 23.11.2016 Spenden für Hochwasseropfer Rottal-Inn Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie hoch ist die Gesamtsumme an Spenden, die für die Hochwasseropfer im Landkreis Rottal-Inn gesammelt wurden? a) Wird von den Spenden ein Teil für Bürokratie, Verwaltung etc. verwendet oder wird die komplette Spendensumme ausgeschüttet? 2. Welche Institutionen, Vereine etc. haben Spenden gesammelt ? 3. Wie viel wurde von den gesammelten Spenden bisher bereits an Hochwasseropfer ausgezahlt (insbesondere die Spenden vom Landkreis)? 4. Wenn Hochwasseropfer Spendengelder ausgezahlt bekommen, werden diese auf staatliche Entschädigungen angerechnet? 5. Warum dauert die Auszahlung der Spenden so lange? a) Würde es nicht Sinn machen, die Fälle in mehrere Kategorien einzuteilen (z. B. Härtefall = alles verloren bis hin zu leichten Schäden) und je nach Kategorie bestimmte Summen gleich auszuzahlen? 6. Warum muss beim Spendenantrag an das Landratsamt Rottal-Inn so umfangreich Auskunft gegeben bzw. die gesamten Vermögensverhältnisse offengelegt werden ? 7. Wie lange dauert es aktuell von der Beantragung der Gelder (Spenden) bis zur Auszahlung? 8. Inwiefern werden Rücklagen der Altersvorsorge, Elternzeit - oder Rentenansprüche bei der Einstufung vom Erhalt von Spendengeldern angerechnet? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30.01.2017 Die Schriftliche Anfrage wird entsprechend der Stellungnahme des Landratsamtes Rottal-Inn und im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (StMFLH) sowie dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) wie folgt beantwortet: 1. Wie hoch ist die Gesamtsumme an Spenden, die für die Hochwasseropfer im Landkreis Rottal-Inn gesammelt wurden? Bis zum 16.01.2017 sind insgesamt Spenden i. H. v. 7.087.000,00 Euro eingegangen. 1,4 Mio. Euro stehen beim Bistum Passau auf Abruf zur Verfügung. a) Wird von den Spenden ein Teil für Bürokratie, Verwaltung etc. verwendet oder wird die komplette Spendensumme ausgeschüttet? Die Spenden werden ausschließlich zur Unterstützung der Hochwasseropfer zweckgebunden verwendet und die Gesamtsumme ausgeschüttet. Von Spendengeldern wird kein Verwaltungsaufwand finanziert, dies wird streng getrennt. 2. Welche Institutionen, Vereine etc. haben Spenden gesammelt? Nach Mitteilung des Landkreises Rottal-Inn kann bei den eingezahlten Spenden nicht zwangsläufig unterschieden werden, ob es sich um die Einzahlung eines einzelnen Spenders oder einer sammelnden Institution etc. handelt. Überdies ist dem Staatsministerium nicht bekannt, ob das ausdrückliche Einverständnis zur Veröffentlichung der einzelnen Sammler vorliegt, sodass wir von dieser absehen, soweit die Sammler als solche ersichtlich sind. Im Übrigen verweisen wir auf den nachfolgenden Link des Landkreises Rottal-Inn, auf welchem eine Spenderliste veröffentlicht ist (vgl. „Hochwasserhilfe – Spendenliste 2016“ unter http:// www.rottal-inn.de/Hochwasser/Spendenkonto.aspx). 3. Wie viel wurde von den gesammelten Spenden bisher bereits an Hochwasseropfer ausgezahlt (insbesondere die Spenden vom Landkreis)? Wie viel von den gesammelten Spenden bisher insgesamt ausbezahlt wurde, kann nach Mitteilung des Landkreises Rottal-Inn nicht beziffert werden, da auch andere Organisationen gesammelt und selbst Auszahlungen vorgenommen haben, die der Landkreisverwaltung nicht gemeldet wurden. Von der Landkreisverwaltung wurden bisher 482.990,00 Euro (Stand 16.01.2017) ausbezahlt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.03.2017 17/15176 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15176 4. Wenn Hochwasseropfer Spendengelder ausgezahlt bekommen, werden diese auf staatliche Entschädigungen angerechnet? In den Hilfsprogrammen der einzelnen Ressorts ist die Anrechenbarkeit von Leistungen Dritter (u. a. Spenden) wie folgt geregelt: • Bei den Hilfsprogrammen des StMFLH, des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi), des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) und des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) für Forstwege werden Leistungen Dritter (Versicherungsleistungen und Spenden) im Ergebnis zunächst nur auf den Eigenanteil des Geschädigten angerechnet . Auf den Zuschuss erfolgt eine Anrechnung nur zur Vermeidung einer Überkompensation (100-%-Klausel ). Beispiel 1 (für 80%ige Förderung im Landkreis Rottal- Inn): Förderfähige Schadensumme: 100.000 Euro davon Eigenanteil: 20.000 Euro angenommene Höhe von Spenden/Versicherungsleistungen : 45.000 Euro --> Reduktion der Förderung auf 55.000 Euro (statt 80.000 Euro) Beispiel 2 (für 80%ige Förderung im Landkreis Rottal- Inn): Förderfähige Schadensumme: 100.000 Euro davon Eigenanteil: 20.000 Euro angenommene Höhe von Spenden/Versicherungsleistungen : 15.000 Euro --> Keine Reduktion der Förderung (Eigenanteil: 5.000 Euro, Förderung: 80.000 Euro) • Bei dem Programm des StMI zur Wiederherstellung der Infrastruktur in den Gemeinden kommt dies jedoch nur bei der Förderung von Infrastruktureinrichtungen in nicht-kommunaler Trägerschaft zum Tragen. Bei Infrastruktureinrichtungen in öffentlicher und sonstiger Trägerschaft stellt sich dieses Problem nicht, da hier die Förderung bis zu 100 Prozent der förderfähigen Kosten beträgt. Hier werden Versicherungsleistungen und Spenden zur Vermeidung einer Überkompensation auf die Förderung angerechnet. • Nach der Richtlinie des StMELF zur Gewährung von Zuwendungen zum teilw. Ausgleich von Schäden in Landwirtschaft , Binnenfischerei und Aquakultur werden Spenden /Versicherungsleistungen in einem ersten Schritt vom Gesamtschaden abgezogen und darauf in einem zweiten Schritt der Fördersatz angewendet. Dieses Vorgehen ist durch die „Nationale Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse“ des Bundes, auf der die bayerische Richtlinie beruht, zwingend vorgegeben. 5. Warum dauert die Auszahlung der Spenden so lange ? Sobald die Antragsunterlagen für eine Spende vollständig sind und die technische Prüfung abgeschlossen ist, wird nach Mitteilung des Landkreises Rottal-Inn innerhalb von 14 Tagen nach den Vorgaben der Spendenkommission ausbezahlt . a) Würde es nicht Sinn machen, die Fälle in mehrere Kategorien einzuteilen (z. B. Härtefall = alles verloren bis hin zu leichten Schäden) und je nach Kategorie bestimmte Summen gleich auszuzahlen? Eine zeitliche Staffelung innerhalb der 14-Tages-Frist ist nach den Spendenkriterien (vgl. Anlage) nicht vorgesehen. 6. Warum muss beim Spendenantrag an das Landratsamt Rottal-Inn so umfangreich Auskunft gegeben bzw. die gesamten Vermögensverhältnisse offengelegt werden? Wie in Deggendorf und Passau hat sich die Spendenkommission des Landkreises Rottal-Inn dafür entschieden, die Vermögens- und Einkommenssituation vor der Spendenauszahlung zu prüfen (vgl. Spendenkriterien lt. Anlage). 7. Wie lange dauert es aktuell von der Beantragung der Gelder (Spenden) bis zur Auszahlung? Vgl. Antwort zu Frage 5. 8. Inwiefern werden Rücklagen der Altersvorsorge, Elternzeit- oder Rentenansprüche bei der Einstufung vom Erhalt von Spendengeldern angerechnet ? Nach Mitteilung des Landkreises Rottal-Inn wird das zu bewertende Nettovermögen bereinigt abzüglich der Schulden und Verbindlichkeiten. Die Spendenkommission des Landkreises Rottal-Inn hat beschlossen, dass das Nettovermögen nach Schadensbegleichung zu bewerten ist und Altersvorsorgeaufwendungen hier außer Betracht bleiben. Als Altersvorsorgeaufwendungen werden Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen abgesetzt. Hierzu gehören u. a. Beiträge zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind, oder zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind. Die für die staatliche Altersvorsorge (Riester-Renten) aufgewendeten Beträge können z. B. abgesetzt werden. Drucksache 17/15176 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Dokumenten -ID: Revisionsdatum: Dateiname: Sachverhalte für Spendenauszahlungen D.1.003.02 21.11.2016  1  Sachverhalte für Spendenauszahlungen Landkreis Rottal-Inn 1. Für alle Spendenauszahlungen der nachfolgenden Ziffern 2 bis 7 gilt: 1.1 Das Nettovermögen (nach Schadensbegleichung, ohne Abbruchprojekt und ohne Altersvorsorge) des Haushaltes muss unter 50.000 Euro (bei Wohngebäudeschäden) bzw. unter 5.000 Euro (bei Hausratschäden) liegen. 1.2 Das monatliche Netto-Haushaltseinkommen darf bei Einzelpersonen nicht mehr als 2.100 Euro betragen. Für jede weitere zum Schadenszeitpunkt gemeldete und im Haushalt lebende Person (z. B. Ehegatte, Lebenspartner, Kinder, Eltern, Großeltern, etc.) erhöht sich der Betrag jeweils um 700 Euro. 1.3 Vorrangig vor einer Spendenauszahlung sind immer die staatlichen Zuschüsse nach den Zuschussprogrammen des Freistaates Bayern auszuschöpfen (auch unter Ausschöpfung der Härtefallregelung). 1.4 Durch die Spende darf es nicht zu Überkompensationen kommen. 2. Spenden zu Mietausgaben Wenn eigen genutzte Wohnhäuser bzw. Wohnungen inkl. eingeräumtem Nießbrauchrecht, bedingt durch das Hochwasser, nicht (mehr) bewohnbar sind, können Spenden für Mietausgaben wie folgt gewährt werden: 2.1 Kaltmieten an Dritte, auch an Hotels, unabhängig davon, ob es sich beim eigen genutzten Wohnraum um ein Sanierungs- oder um ein Abbruchprojekt handelt. 2.2 Die monatlichen Kaltmieten für eine angemessene Unterkunft können wie folgt angesetzt werden: - für 1 Person bis 310,00 Euro - für 2 Personen bis 350,00 Euro - für 3 Personen 358,00 bis 395,00 Euro Spenden für Mietausgaben werden für maximal zwölf Monate gewährt. Mietausgaben, die von dritter Seite ersetzt werden, können bei den Spenden nicht berücksichtigt werden. 2.3 Im Falle der Unterbringung in einem Hotel erfolgt ein Abzug für Speisen und Nebenkosten (bis zur Kaltmiete, siehe 2.1 und 2.2). 2.4 Bei der Unterbringung bei Bekannten/Freunden/Verwandten während der Sanierung bzw. Wiederherstellung des geschädigten Objekts wird eine pauschale Spende in Höhe von 200 Euro pro Monat gewährt. Die Aufenthaltszeit dort muss mindestens vier Wochen betragen. Maximal wird in diesen Fällen eine Spende von 2.400 Euro gewährt (also für max. zwölf Monate). 3. Spenden für Wohngebäudeschäden Betroffene, die an einem eigen genutzten Gebäude/einer eigen genutzten Wohnung einen Schaden erlitten haben, nicht (ausreichend) versichert sind und daher durch staatliche Fördergelder, Versicherungsgelder oder andere Spenden den anerkannten Schaden nicht zu 100 Prozent ersetzt erhalten, bekommen 30 Prozent der noch bestehenden finanziellen Deckungslücke bis zur Höhe des anerkannten Schadens. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15176 Dokumenten -ID: Revisionsdatum: Dateiname: Sachverhalte für Spendenauszahlungen D.1.003.02 21.11.2016  2  4. Spenden für Hausratschäden Betroffene, die einen Hausratschaden erlitten haben, nicht (ausreichend) versichert sind und daher durch staatliche Fördergelder, Versicherungsgelder oder andere Spenden den anerkannten Schaden nicht zu 100 Prozent ersetzt erhalten, bekommen 30 Prozent der noch bestehenden finanziellen Deckungslücke bis zur Höhe des anerkannten Schadens. 5. Spendennachzahlung Bereits ausgezahlte Spenden werden nach dieser Regelung vom 21.11.2016 neu berechnet und der sich ergebende Differenzbetrag wird nachgezahlt, ohne dass eine erneute Antragstellung erforderlich ist. 6. Spenden für allgemeine Härtefälle Betroffene, die über keinen der möglichen staatlichen Fördertöpfe Gelder erhalten, die aufgrund von Unwetterereignissen im Zeitraum vom 02.06.2016 bis 26.06.2016 einen auf die Wetterereignisse zurückführbaren Schaden erlitten haben, und dadurch eine unbillige Härte erleiden, sind im Rahmen einer Einzelfallprüfung festzustellen. Die Höhe einer Spende ist im Einzelfall festzulegen. 7. Härtefälle für Betriebe 7.1 Betroffene Betriebe, die über keinen der möglichen Fördertöpfe Gelder erhalten, die aufgrund von Unwetterereignissen im Zeitraum vom 02.06.2016 bis 26.06.2016 einen auf die Wetterereignisse zurückführbaren Schaden erlitten haben und dadurch eine unbillige Härte erleiden, sind im Rahmen einer Einzelfallprüfung festzustellen. Die Höhe einer Spende ist im Einzelfall festzulegen. 7.2 Härtefälle für Betriebe, sofern für diese eine 100%ige Förderung nicht möglich ist; die Entscheidung über die Gewährung von Geldern aus den Spendentöpfen erfolgt in jedem Einzelfall. 8. Spendenausschluss Keine Spenden erhalten Antragsteller, die im Zusammenhang mit dem Erhalt von staatlichen Fördergeldern betrügerische Angaben getätigt haben, weil sie z. B. zu Unrecht oder mehrfach Sofortgeld oder Soforthilfe bezogen. Pfarrkirchen, 21.11.2016 Michael Fahmüller Landrat für die Spendenkommission des Landkreises Rottal-Inn