Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Alexandra Hiersemann SPD vom 19.12.2016 Sammelabschiebung durch bayerische Behörden Am 14. Dezember 2016 wurde die erste Sammelabschiebung von afghanischen Asylsuchenden unter Beteiligung bayerischer Behörden am Frankfurter Flughafen durchgeführt . Unter den Asylsuchenden befanden sich auch in Bayern wohnhafte afghanische Staatsbürger, von denen mindestens einer eine Petition im Bayerischen Landtag eingelegt hatte, über die zum Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht entschieden war. Die Abschiebung eines anderen afghanischen Staatsbürgers S. F. wurde mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.2016 ausgesetzt. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger waren zum Zeitpunkt der Abschiebung in Bayern wohnhaft? 2. Für wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger war zum Zeitpunkt der Abschiebung ein Petitions-, Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren in Bayern anhängig? 3. Wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger befanden sich zum Zeitpunkt der Abschiebung noch im Asylverfahren bzw. im Asylfolgeverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge? 4. Wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger waren erwerbstätig, gegebenenfalls seit wann? 5. a) Nach welchen Kriterien wurden die zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger ausgesucht (Aufenthaltsstatus, Aufenthaltsdauer, Alter, Geschlecht , Erwerbstätigkeit, etc.)? b) Auf welcher Rechtsgrundlage beruhen diese Kriterien ? c) Gab es hierzu Absprachen oder Vereinbarungen zwischen der Bayerischen Staatsregierung einerseits und der Bundesregierung und/oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge andererseits, gegebenenfalls welche? 6. a) Wie viele weitere Sammelabschiebungen von in Bayern wohnhaften Asylsuchenden sind geplant? b) Wann werden diese Sammelabschiebungen durchgeführt ? c) Wie viele Asylsuchende werden davon betroffen sein? 7. a) Mit welcher Begründung wurde der afghanische Staatsbürger S. F. zur Abschiebung vorgesehen? b) Welche Behörden waren an der geplanten Abschiebung beteiligt? c) Welche Prüfung erfolgte im Hinblick auf einen für S. F. noch möglichen Rechtsweg? 8. Mit welcher Begründung kamen die bayerischen Behörden zu einer Folgenabwägung, die im Widerspruch zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.2016 steht? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30.01.2017 1. Wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger waren zum Zeitpunkt der Abschiebung in Bayern wohnhaft? Durch bayerische Behörden wurden 21 vollziehbar ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige für diese Sammelabschiebung gemeldet. 2. Für wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger war zum Zeitpunkt der Abschiebung ein Petitions-, Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren in Bayern anhängig? Zum Zeitpunkt der Abschiebung waren in vier Fällen Eingaben zum Bayerischen Landtag anhängig. In drei Fällen wurde die Eingabe unmittelbar vor der Abschiebung eingelegt, in einem Fall geschah dies im November 2016. Petitionen entfalten keine aufschiebende Wirkung. Die Vorsitzende des Petitionsausschusses war über die beabsichtigten Abschiebungen informiert worden. Am Tag der Abschiebung wurde in zwei Fällen aufgrund einer Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt und in einem Fall erfolgte die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof . 3. Wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger befanden sich zum Zeitpunkt der Abschiebung noch im Asylverfahren bzw. im Asylfolgeverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge? Keiner. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.03.2017 17/15177 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15177 4. Wie viele der zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger waren erwerbstätig, gegebenenfalls seit wann? Von den zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsangehörigen gingen acht Personen im Laufe ihres Aufenthalts einer von der Ausländerbehörde zu genehmigenden Erwerbstätigkeit nach. Die ausgeübten Tätigkeiten wurden teilweise nur für einen kurzen Zeitraum, etwa einen Arbeitstag, ausgeübt, teilweise wurde das Arbeitsverhältnis durch den Ausländer gekündigt. Zum Zeitpunkt der Abschiebung ging keine Person einer durch die Ausländerbehörde genehmigten Erwerbstätigkeit nach. 5. a) Nach welchen Kriterien wurden die zur Abschiebung vorgesehenen afghanischen Staatsbürger ausgesucht (Aufenthaltsstatus, Aufenthaltsdauer, Alter, Geschlecht, Erwerbstätigkeit, etc.)? b) Auf welcher Rechtsgrundlage beruhen diese Kriterien ? Ausgewählt wurden allein reisende Männer, bei denen die Ausreisefrist abgelaufen war, die nach § 58 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vollziehbar ausreisepflichtig waren und bei denen keine Abschiebungshindernisse vorlagen. Ausländer, die sich in einer qualifizierten Berufsausbildung befanden, wurden ausgenommen. c) Gab es hierzu Absprachen oder Vereinbarungen zwischen der Bayerischen Staatsregierung einerseits und der Bundesregierung und/oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge andererseits, gegebenenfalls welche? Nein. 6. a) Wie viele weitere Sammelabschiebungen von in Bayern wohnhaften Asylsuchenden sind geplant? b) Wann werden diese Sammelabschiebungen durchgeführt ? c) Wie viele Asylsuchende werden davon betroffen sein? Asylsuchende werden nicht abgeschoben, weil diesen Personen zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet kraft Gesetzes nach § 55 Asylgesetz (AsylG) gestattet ist. Sammelabschiebungen für diesen Personenkreis sind daher nicht geplant. 7. a) Mit welcher Begründung wurde der afghanische Staatsbürger S. F. zur Abschiebung vorgesehen? Die Ausreisepflicht des S. F. war vollziehbar, die ihm gewährte Ausreisefrist war abgelaufen, ohne dass S. F. freiwillig aus Deutschland ausgereist ist. Die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht war nicht mehr zu erwarten, sodass aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach § 58 Abs. 1 AufenthG eine Überwachung seiner Ausreise erforderlich war. b) Welche Behörden waren an der geplanten Abschiebung beteiligt? Im Fall S. F. war an der Abschiebung die Ausländerbehörde des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, die Bayerische Polizei und die Bundespolizei beteiligt. c) Welche Prüfung erfolgte im Hinblick auf einen für S. F. noch möglichen Rechtsweg? Es wurde geprüft, ob die Abschiebungsandrohung vollziehbar war. Dies war der Fall, nachdem der Asylfolgeantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 09.12.2016 und ein Eilantrag gegen die Abschiebung mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 13.12.2016 abgelehnt worden waren. 8. Mit welcher Begründung kamen die bayerischen Behörden zu einer Folgenabwägung, die im Widerspruch zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.2016 steht? Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.2016, mit dem die Abschiebung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls bis zum 26.01.2017 ausgesetzt wurde, betrifft die im Beschluss des Verwaltungsgerichts vorgenommene Folgenabwägung im Hinblick auf die Ablehnung des Asylfolgeantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Insbesondere wirft das Bundesverfassungsgericht die Frage der Aktualität der Erkenntnismittel auf.