Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Gote, Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.12.2016 Verleihung des Exportpreises Bayern an Oskar Tropitzsch Bayerns Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie Ilse Aigner hat kürzlich u. a. Oskar Tropitzsch mit dem Exportpreis Bayern ausgezeichnet. Oskar Tropitzsch hat als ehemaliger Vorstand der Chemischen Fabrik Marktredwitz Verantwortung für einen der größten Umweltskandale bundesweit zu tragen. In einem Spiegel-Artikel heißt es dazu u. a.: „Die Aussage eines anderen Zeugen, des von 1978 bis 1981 in der ‚Chemischen‘ tätigen Betriebsarztes Hans Wieding, erlaubt Rückschlüsse auf die Tatsache, dass es in der Firma eine Reihe nie aufgeklärter Todesfälle und schwerer Erkrankungen gegeben hat. Der Arzt: Die Quecksilberwerte der Arbeiter waren immer erschreckend hoch, zum Teil um das Hundertfache der erlaubten Menge. Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft waren immer über die Werte informiert. Aber wir haben oft alle Augen zugedrückt, um die Arbeitsplätze nicht zu gefährden.“ Weiter heißt es: „Ein Beispiel dafür, wie sich die Aufsicht an der Nase herumführen ließ, steht in der Anklage gegen die Tropitzsch-Vettern. Da räumt der mitangeklagte Betriebsleiter Köllner offenherzig ein, dass eine von der Behörde vorgeschriebene Abluftreinigungsanlage für die Produktion von Saatbeize nur unvollständig installiert wurde; die Luftsäuberung sei, so Köllner, ‚nicht mehr nötig‘ gewesen, weil das quecksilberhaltige Beizmittel seit 1982 in der Bundesrepublik verboten ist. Was Köllner verschwieg: Die CFM produzierte dennoch die Beize weiter – für den Export.“ Die Sanierungskosten wurden komplett aus Steuermitteln finanziert, nachdem Oskar Tropitzsch das Grundstück hatte herrenlos gehen lassen und der Freistaat Bayern hatte einspringen müssen. In diesem Zusammenhang fragen wir die Staatsregierung: 1. Aus welchen Gründen hat Oskar Tropitzsch den Exportpreis Bayern erhalten? 2. Welche Verdienste wurden damit ausgezeichnet? 3. a) Wie hoch waren die Gesamtkosten für die Sanierung der durch die Chemische Fabrik Marktredwitz verursachten Umweltschäden? b) Wie hoch waren die zusätzlichen Gesundheits- und staatlichen Unterstützungsleistungen für die durch Quecksilberexposition geschädigten ehemaligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der CFM? 4. Hat sich Oskar Tropitzsch an den Kosten beteiligt, wenn ja, in welcher Höhe, wenn nein, weshalb nicht? 5. a) Wie ist in die Entscheidung der Staatsregierung über die Auszeichnung mit dem Exportpreis eingeflossen, dass der Landtag in seinem Schlussbericht des Untersuchungsausschusses „Chemische Fabrik Marktredwitz “ (Drucksache 11/17677) feststellte, dass Oskar Tropitzsch und seine Mitunternehmer „die Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und für die Umwelt sehr häufig vernachlässigt haben und die außerdem , teilweise mit einem beträchtlichen Einsatz an krimineller Energie, nahezu sämtliche beteiligten Behörden getäuscht haben. Ein Teil dieser Aktivitäten hat zu den vom Landgericht Hof verhängten Strafen geführt “, und dass Oskar Tropitzsch darüber hinaus Vergehen der fahrlässigen Tötung sowie der fahrlässigen Körperverletzung zur Last gelegt wurden und diese nur wegen Verjährung bzw. gemäß § 154 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurden? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 02.02.2017 Die Schriftliche Anfrage wird nach Abfrage bei den Staatsministerien für Umwelt und Verbraucherschutz, für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, für Gesundheit und Pflege sowie des Innern, für Bau und Verkehr zu den Fragen 3 und 4 wie folgt beantwortet: 1. Aus welchen Gründen hat Oskar Tropitzsch den Exportpreis Bayern erhalten? 2. Welche Verdienste wurden damit ausgezeichnet? Der Exportpreis Bayern wird seit dem Jahr 2007 jährlich vom Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie gemeinsam mit dem Bayerischen Industrie - und Handelskammertag, der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern und in Zusammenarbeit mit Bayern International GmbH an kleine und mittlere Unternehmen mit maximal 50 Mitarbeitern, die erfolgreich in Auslandsmärkten aktiv sind, verliehen. Gewürdigt werden Unternehmen, die sich in besonderer Weise mit Mut und Erfolg den Veränderungen in der globalisierten Welt gestellt und die Chancen der Globalisierung genutzt und durch Qualität den Ruf bayerischer Produkte und Dienstleistungen im Ausland gestärkt haben. Gleichzeitig sollen die Preisträger Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.04.2017 17/15273 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15273 als Best-Practice-Beispiele andere kleine und mittlere Unternehmen , die noch nicht im internationalen Geschäft tätig sind, animieren, ebenfalls ihre Chancen zu erkunden und neue Märkte zu erschließen. Der Exportpreis Bayern wird in den Kategorien Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistung verliehen. Die Preisträger werden von einer Jury ausgewählt, die die Bewerbungen in erster Linie nach den besonderen unternehmerischen Leistungen im internationalen Geschäft bewerten . Dabei spielen vor allem die Exportstrategie sowie außergewöhnliche Ideen und Exportinitiativen eine wesentliche Rolle. Im Jahr 2016 hat die Jury in der Kategorie Dienstleistung die im Jahr 1985 als Dienstleistungsunternehmen gegründete Cfm Oskar Tropitzsch GmbH als Preisträger ausgewählt. Das Unternehmen unterstützt die chemische, pharmazeutische und biotechnologische Industrie bei der Beschaffung und der Produktion von chemischen Spezialitäten. Die einzigartige Dienstleistung des Unternehmens besteht darin, die Kunden mit exakt den Produkten zu beliefern, welche benötigt werden, wobei diese Produkte sehr häufig noch gar nicht existieren. Durch ihr großes Know-how ist die Firma in der Lage, zu analysieren, wie die neuen Substanzen hergestellt werden müssen. Eine besondere Spezialität besteht darin, Stoffe zu beschaffen, die in der Natur vorkommen, aber sehr schwer zu besorgen sind, wie z. B. das Gift des Knollenblätterpilzes, das für die Krebsforschung sehr wichtig ist. Durch einen neuartigen Fermentationsprozess konnte das Forschungsmolekül in größerer Menge als bisher hergestellt werden mit der Folge, dass durch den deutlich niedrigeren Preis für diese Substanz die weltweite Krebsforschung auch von Forschungseinrichtungen mit geringerem Budget vorangebracht werden kann. Ausgezeichnet mit dem Exportpreis Bayern wurde die Cfm Oskar Tropitzsch GmbH mit insgesamt nur 11 Mitarbeitern für die erfolgreiche Internationalisierung seines hoch spezialisierten und teilweise weltweit einzigartigen Dienstleistungsangebotes . Mittlerweile liegt der Exportanteil des Unternehmens bei über 50 Prozent. Das Unternehmen hat hierfür u.a. über die Teilnahme an Messen und Konferenzen (auch über die bayerische Außenwirtschaftsförderung) in den vergangenen Jahren ein weltweites Netzwerk mit 600 Universitäten, Krebsforschungszentren und Pharmaunternehmen aufgebaut. Um schnell und zuverlässig Kundenwünsche erfüllen zu können, arbeitet das Unternehmen eng mit ausgewählten Partnerunternehmen in Europa, Amerika, aber auch in Argentinien oder Indien zusammen. Gleichzeitig erfolgt eine enge Kooperation mit Bioanalytik-Unternehmen in der Region Oberfranken/Oberpfalz. 3. a) Wie hoch waren die Gesamtkosten für die Sanierung der durch die Chemische Fabrik Marktredwitz verursachten Umweltschäden? Die Gesamtkosten wurden nach Beendigung der Sanierung 1996 mit 175 Millionen DM angegeben. b) Wie hoch waren die zusätzlichen Gesundheitsund staatlichen Unterstützungsleistungen für die durch Quecksilberexposition geschädigten ehemaligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der CFM? Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da der Staatsregierung weder personenbezogene Daten der gesetzlichen Krankenkassen noch der vertragsärztlichen Versorgung, soweit überhaupt dort eine Zuständigkeit für die Versorgung arbeitsplatzbezogener Gesundheitsschäden bestehen sollte , und – unter dem Gesichtspunkt der gesetzlichen Unfallversicherung – Daten der zuständigen Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Heidelberg, die der Bundesaufsicht untersteht, vorliegen. 4. Hat sich Oskar Tropitzsch an den Kosten beteiligt , wenn ja, in welcher Höhe, wenn nein, weshalb nicht? Die Kosten für die Altlastensanierung wurden vom Freistaat Bayern, dem Landkreis Wunsiedel, der Stadt Marktredwitz und der Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH (GAB) übernommen, da die Chemische Marktredwitz AG 1985 Konkurs anmeldete und somit nicht mehr belangt werden konnte. Oskar Tropitzsch als damaliger Vorstand der AG hat sich an diesen Kosten nicht beteiligt. 5. a) Wie ist in die Entscheidung der Staatsregierung über die Auszeichnung mit dem Exportpreis eingeflossen , dass der Landtag in seinem Schlussbericht des Untersuchungsausschusses „Chemische Fabrik Marktredwitz“ (Drucksache 11/17677) feststellte, dass Oskar Tropitzsch und seine Mitunternehmer „die Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und für die Umwelt sehr häufig vernachlässigt haben und die außerdem, teilweise mit einem beträchtlichen Einsatz an krimineller Energie, nahezu sämtliche beteiligten Behörden getäuscht haben. Ein Teil dieser Aktivitäten hat zu den vom Landgericht Hof verhängten Strafen geführt “, und dass Oskar Tropitzsch darüber hinaus Vergehen der fahrlässigen Tötung sowie der fahrlässigen Körperverletzung zur Last gelegt wurden und diese nur wegen Verjährung bzw. gemäß § 154 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurden? Zunächst kurz zum Entscheidungsfindungsprozess allgemein : Die Preisträger des Exportpreises Bayern werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die aus Vertretern der Wirtschaftspresse, der Kammerorganisationen und Unternehmern aus den Bereichen Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistung besteht. Das Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) ist in der Jury nicht vertreten. Unterstützt wird die Jury zum Exportpreis auf Arbeitsebene von Mitarbeitern der Kammern, von Bayern International wie auch aus dem Wirtschaftsministerium . Die Arbeitsebene prüft die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der auszuzeichnenden Unternehmen . Das StMWi wird prüfen, wie mit vertretbarem Aufwand sichergestellt werden kann, dass über das auszuzeichnende Unternehmen hinaus auch die Geschäftsführer die persönlichen Voraussetzungen für die jeweilige Auszeichnung erfüllen. Eine absolute Sicherheit, auch Jahrzehnte zurückliegende Verfehlungen lückenlos aufzudecken, kann es in diesem Zusammenhang jedoch bereits aufgrund der gesetzlichen Löschfristen nicht geben.