Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Martina Fehlner SPD vom 12.12.2016 Kahlschläge im Wald des Grafen zu Erbach-Erbach im Landkreis Miltenberg Der Bund Naturschutz kritisiert in einer aktuellen Pressemitteilung die erneuten „Kahlschläge im Spessart“. Konkret wird dabei die Bewirtschaftung in den Wäldern des Grafen zu Erbach-Erbach bei Eschau im Landkreis Miltenberg beanstandet . Offenbar wurden beispielsweise im Aubachtal bei Eschau alte Buchenwälder abgeholzt und überwiegend durch Anpflanzungen mit Fichten und Douglasien in Nadelholzforste umgewandelt. Besonders kritisch zu sehen sei dies, weil davon auch Waldgebiete in Wasserschutzgebieten betroffen seien. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Hatte die Staatsregierung Kenntnis davon, wann mit den Kahlschlägen im Wald des Grafen zu Erbach-Erbach begonnen wurde? 2. Gab es hierzu im Vorfeld Gespräche mit Vertretern des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten oder des Landratsamts Miltenberg? 3. Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, aus welchem Grund die 150 Jahre alten Buchen in diesem Waldgebiet gefällt wurden? 4. Nachdem laut Bayerischem Waldgesetz (BayWaldG) bei Neuanpflanzungen in Wäldern eine „angemessene Beteiligung heimischer Baumarten“ (also z. B. Buchen und Eichen ) vorgesehen ist, frage ich die Staatsregierung, liegt in der Bepflanzung durch Fichten und Douglasien in den gerodeten Waldgebieten eventuell ein Verstoß gegen das Bayerische Waldgesetz vor? 5. Liegt bei der Fällung von Biotopbäumen auch ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz vor? 6. Welche juristischen Konsequenzen drohen Waldbesitzern bei einem Verstoß bzw. mit Bußgeldern in welcher Höhe wäre zu rechnen? 7. Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, welche bedrohten Tierarten in dem betroffenen Gebiet leben (mit Bitte um Angaben in bedrohte/hoch bedrohte Pflanzen- und Tierarten und Populationsgebiete)? 8. Gibt es Pläne der Staatsregierung, Kahlschläge beziehungsweise Kahlhiebe in einer Novellierung des Bayerischen Waldgesetzes ab einer bestimmten Größe allgemein zu untersagen und eine genaue Definition (§9 BayWaldG) aufzunehmen, wie es in anderen Bundesländern bereits der Fall ist? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.02.2017 1. Hatte die Staatsregierung Kenntnis davon, wann mit den Kahlschlägen im Wald des Grafen zu Erbach-Erbach begonnen wurde? Über den jeweiligen Beginn der verschiedenen durchgeführten Hiebe hat die Staatsregierung keine detaillierte Kenntnis . Auf der Grundlage aktueller Luftbilder hat das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt (AELF) 8 Flächen mit geringer Überschirmung identifiziert und forstaufsichtlich geprüft. Im Dezember 2016 fand eine gemeinsame Ortsbesichtigung der Flächen durch Vertreter der zuständigen Behörden und den Forstleuten des Grafen Erbach statt. Im Zuge der Ortsbesichtigung konnten keine Kahlflächen ohne Naturverjüngung oder Kulturmaßnahmen festgestellt werden. 2. Gab es hierzu im Vorfeld Gespräche mit Vertretern des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten oder des Landratsamts Miltenberg? Nach Auskunft der Behörden gab es im Vorfeld keine Gespräche des Waldbesitzers oder seiner Vertreter mit den genannten Behörden zu den Hieben auf den betroffenen Flächen. 3. Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, aus welchem Grund die 150 Jahre alten Buchen in diesem Waldgebiet gefällt wurden? Die betreffenden licht bestockten Flächen bzw. Waldverjüngungsflächen liegen in einem Waldgebiet, das zugleich als Wild- und Jagdgatter bewirtschaftet wird. Ein Teil davon sind Altbestände über 150 Jahre, die nach der forstlichen Planung zur Verjüngung vorgesehen sind. Durch Entnahme hiebsreifer Bäume wurde die Waldverjüngung eingeleitet. Auf Teilflächen ist aber auch erkennbar, dass Altbuchen unplanmäßig durch Sturmereignisse umgeworfen und Bestandsreste entnommen wurden, um weitere Sturmwürfe zu vermeiden. Andere Teilflächen wurden im Kahlschlagsverfahren geräumt und mit Nadelholz- oder Mischkulturen wiederaufgeforstet. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 31.03.2017 17/15313 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15313 4. Nachdem laut Bayerischem Waldgesetz (BayWaldG) bei Neuanpflanzungen in Wäldern eine „angemessene Beteiligung heimischer Baumarten“ (also z. B. Buchen und Eichen) vorgesehen ist, frage ich die Staatsregierung, liegt in der Bepflanzung durch Fichten und Douglasien in den gerodeten Waldgebieten eventuell ein Verstoß gegen das Bayerische Waldgesetz vor? Bei der Prüfung der fraglichen 8 Teilflächen ergab sich ein differenziertes Bild. Auf den meisten Flächen findet sich ein Buchenanteil in der Waldverjüngung zwischen 20 und 30 Prozent, teilweise bis zu 60 Prozent, bei einzelnen Teilflächen fehlt ein Buchenanteil. Eine Douglasienpflanzung wurde nur auf einer Teilfläche vorgefunden, auf den übrigen Flächen erfolgten Fichtenpflanzungen. Inwieweit Verstöße gegen das Waldgesetz für Bayern vorliegen könnten, wird aktuell vom zuständigen Amt für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten Karlstadt geprüft. 5. Liegt bei der Fällung von Biotopbäumen auch ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz vor? Bei den Waldbegängen konnte eine Fällung von Biotopbäumen nicht festgestellt werden. Die fraglichen Hiebsmaßnahmen liegen bis zu 8 Jahre zurück. Bei den aktuellen Baumfällungen wurden Entnahmen von Biotopbäumen nicht beobachtet. 6. Welche juristischen Konsequenzen drohen Waldbesitzern bei einem Verstoß bzw. mit Bußgeldern in welcher Höhe wäre zu rechnen? Der Wald ist nach Art. 14 BayWaldG sachgemäß zu bewirtschaften und vor Schäden zu bewahren. Gemäß Abs. 1 Nr. 6 sind Kahlhiebe im Hochwald zu vermeiden. Lediglich in nach Art. 10 Abs. 1 BayWaldG ausgewiesenen Schutzwäldern bedarf ein Kahlhieb der Erlaubnis. Bei Verstößen gegen die Bewirtschaftungsvorschriften des Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 mit 6 BayWaldG sind Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht vorgesehen. Allerdings kann die Untere Forstbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, wenn der Waldbesitzer seinen waldrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt und die Maßnahmen unter wirtschaftlich vertretbaren und zumutbaren Bedingungen durchgeführt werden können (Art. 41 Abs. 1 BayWaldG). Die Forstbehörde hat im Rahmen der Forstaufsicht nach Art. 26 BayWaldG die Aufgabe, die sachgemäße Waldbewirtschaftung zu sichern und darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Waldgesetzes und anderer, der Erhaltung des Waldbestands und der Sicherung der Forstwirtschaft dienenden Rechtsvorschriften beachtet werden. Werden die Grenzen zur sachgemäßen Waldbewirtschaftung überschritten , hat die Forstbehörde die Möglichkeit, einzuschreiten , die Hiebsmaßnahmen gegebenenfalls einzustellen und weitere Handlungen zu unterbinden. 7. Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, welche bedrohten Tierarten in dem betroffenen Gebiet leben (mit Bitte um Angaben in bedrohte/hoch bedrohte Pflanzen- und Tierarten und Populationsgebiete)? Im Wild- und Jagdgatter sind nach Aussage der Unteren Naturschutzbehörde keine Vorkommen geschützter oder bedrohter Pflanzen- und Tierarten oder Populationsgebiete bekannt. 8. Gibt es Pläne der Staatsregierung, Kahlschläge beziehungsweise Kahlhiebe in einer Novellierung des Bayerischen Waldgesetzes ab einer bestimmten Größe allgemein zu untersagen und eine genaue Definition (§ 9 BayWaldG) aufzunehmen, wie es in anderen Bundesländern bereits der Fall ist? Das BayWaldG enthält bereits jetzt eine Legaldefinition für den Begriff des Kahlhiebs in Art. 4 Nr. 4 („Flächige Nutzungen ohne ausreichende und gesicherte Verjüngung, die auf der Fläche Freilandklima schaffen“). Damit sind die rechtlichen Kriterien klar festgelegt. Erforderlich bleibt eine Einzelfallbeurteilung , die insbesondere die standörtlichen und waldbaulichen Gegebenheiten einbezieht. Starre Definitionen erscheinen hier nicht sinnvoll. Darüber hinaus hat das Waldgesetz für Bayern schon jetzt ein Kahlhiebsvermeidungsgebot verankert. Grundsätzlich sind Kahlhiebe zu vermeiden, jedoch nicht pauschal abzulehnen und können im Zuge einer sachgemäßen Waldbewirtschaftung im Einzelfall auch sinnvoll sein (z. B. Verjüngung der lichtbedürftigen Eiche). Die aktuelle Gesetzeslage ist somit ausreichend, um dem Gesetzeszweck gem. Art. 1 BayWaldG ausreichend Rechnung zu tragen.