Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr SPD vom 05.01.2017 Nachhilfe im Regierungsbezirk Schwaben Ich frage die Staatsregierung, ob Kenntnisse zu folgenden Fragen vorliegen: 1. a) Wie viel Prozent der Schüler nehmen im Regierungsbezirk Nachhilfe (privat/schulisch) in Anspruch (bitte aufgeteilt nach privat oder schulisch, nach Landkreisen und kreisfreien Städten und nach Schultyp nennen)? b) Wie verteilen sich prozentual die Nachhilfeschüler auf die einzelnen Fächer? c) Welche Gründe sind für die Nachhilfe bekannt? 2. a) In welchen Jahrgangsstufen befinden sich die Nachhilfeschüler prozentual? b) Welche Noten haben die Nachhilfeschüler in ihren Nachhilfefächern? 3. a) Wie hoch ist dadurch die finanzielle Belastung der Eltern durchschnittlich? b) Wie hoch ist der Prozentsatz der von den Schulen finanzierten Nachhilfeangebote? 4. a) Welche Maßnahmen sind seitens der Schulleitungen bzw. seitens des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst bekannt, um Nachhilfebedarf nicht entstehen zu lassen? b) Gibt es an den Schulen eine institutionalisierte Qualitätsentwicklung ? 5. a) Ist die personelle Ausstattung der Schulen, um sozial oder familiär bedingten Leistungsabfall sowie gruppendynamisch bedingten Leistungsabfall (z. B. durch Mobbing) von Schülern durch sozialpädagogische Hilfe aufzufangen, ausreichend? b) Wenn nein, an welchen Schulen besteht ein Bedarf an einer Erhöhung der personellen Ausstattung? 6. a) Ist ein Zusammenhang zwischen Leistungsabfall und Stofffülle bzw. Lerntempo bekannt? b) Ist ein Zusammenhang zwischen Leistungsabfall und den durch das dreigliedrige Schulsystem bedingten Übertritten bekannt? 7. Gibt es systematische Beobachtungen, inwieweit Schüler aus wirtschaftlich schwachen Elternhäusern durch ein anderes Erwartungsumfeld in der Klasse/ durch den Lehrer demotiviert werden? 8. Wird eine Gemeinschaftsschule als Möglichkeit in Betracht gezogen, Probleme mit der Nachhilfe zu reduzieren ? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 08.02.2017 Vorbemerkung Unter Nachhilfe werden seitens des Staatsministeriums außerschulische und außerunterrichtliche Angebote verstanden , die von Schülerinnen und Schülern mit dem Ziel der Verbesserung schulischer Leistungen – meist temporär – in Anspruch genommen werden. Nachhilfe im klassischen Sinn dient dabei dem Schließen individueller Lernlücken in einzelnen Fächern. Darüber hinaus ist in den letzten Jahren der Trend erkennbar, Nachhilfe auch vermehrt zur Verbesserung bzw. Optimierung auch guter schulischer Leistungen in Anspruch zu nehmen. Zu unterscheiden ist diese – meist kommerzielle – Nachhilfe von zahlreichen schulartspezifischen Förderangeboten, die an den Schulen selbst vorgehalten werden (vgl. hierzu Antwort zu Frage 4 a). Die Gründe für die Inanspruchnahme von Nachhilfe sind multifaktoriell: Neben Anlässen, die mit der Schullaufbahn verbunden sind (z. B. Vorrückungsgefährdung, Erreichen der Voraussetzungen für die Aufnahme an einer bestimmten Schulart), gibt es insbesondere auch sog. schülerbezogene Gründe (z. B. krankheitsbedingte Fehlzeiten, temporäres Leistungstief) sowie berufs- bzw. arbeitsmarktbezogene Motive (Schaffen bestmöglicher Voraussetzungen für das Wunschstudium oder für das spätere Arbeitsleben). Die Leistungserwartungen der Eltern spielen ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle. 1. a) Wie viel Prozent der Schüler nehmen im Regierungsbezirk Nachhilfe (privat/schulisch) in Anspruch (bitte aufgeteilt nach privat oder schulisch, nach Landkreisen und kreisfreien Städten und nach Schultyp nennen)? b) Wie verteilen sich prozentual die Nachhilfeschüler auf die einzelnen Fächer? c) Welche Gründe sind für die Nachhilfe bekannt? 2. a) In welchen Jahrgangsstufen befinden sich die Nachhilfeschüler prozentual? b) Welche Noten haben die Nachhilfeschüler in ihren Nachhilfefächern? 3. a) Wie hoch ist dadurch die finanzielle Belastung der Eltern durchschnittlich? Entsprechend dem Grundsatz der Datensparsamkeit dürfen die Schulen nur die zur Erfüllung der ihnen durch Rechtsvorschriften zugewiesenen Aufgaben erforderlichen Daten erheben, verarbeiten und nutzen (Art. 85 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen – BayEUG). Die (außerschulische) Nachhilfe gehört nicht zum Aufgabenbereich der Schule, folglich werden keine Daten erhoben. Eine Beantwortung der Fragen ist deshalb nicht möglich. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.04.2017 17/15356 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15356 b) Wie hoch ist der Prozentsatz der von den Schulen finanzierten Nachhilfeangebote? Unter Rückgriff auf die in der Vorbemerkung dargelegte Definition des Begriffes Nachhilfe wird darauf hingewiesen, dass es keine „von den Schulen finanzierten Nachhilfeangebote “ (vgl. Antwort zu Frage 3 b) gibt. Hingegen gibt es an allen Schularten spezifische unterrichtliche und/oder außerunterrichtliche Zusatz- und Förderangebote, die dazu dienen, Gelerntes zu festigen und zu vertiefen oder auch Lernlücken zu schließen (vgl. hierzu Antwort zu Frage 4 a). Von diesen schulischen Angeboten zu unterscheiden ist die von den Kommunen finanzierte Lernförderung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets nach Sozialgesetzbuch (SGB) II, SGB XII, Bundeskindergeldgesetz (BKGG), Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Zuständig dafür sind die Jobcenter bzw. kreisfreien Gemeinden und Landkreise . Hierzu liegen dem zuständigen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration jedoch keine entsprechenden Zahlen vor. Insbesondere enthält auch die von der Bundesagentur für Arbeit geführte amtliche Statistik dazu keine Angaben. 4. a) Welche Maßnahmen sind seitens der Schulleitungen bzw. seitens des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst bekannt , um Nachhilfebedarf nicht entstehen zu lassen ? Die bestmögliche Förderung aller Schülerinnen und Schüler ist ein Kernanliegen der Bayerischen Staatsregierung. Diese wird durch ein differenziertes begabungsgerechtes Bildungsangebot, das kontinuierlich weiterentwickelt wird, sowie durch eine ausreichende unterrichtliche Versorgung sichergestellt. Ergänzend wurden in den letzten Jahren an den verschiedenen bayerischen Schularten zahlreiche Instrumente zur individuellen Förderung verankert und/oder ausgebaut. Dies war und ist mit erheblichen finanziellen Ressourcen verbunden . Durch diese Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler auf eine möglichst passgenaue schulische Unterstützung zurückgreifen können, wenn ein Bedarf vorliegt. In den einzelnen Schularten zählen insbesondere folgende Maßnahmen dazu: Grundschule: Die im LehrplanPLUS der Grundschulen ausgewiesenen Kompetenzerwartungen und Inhalte beziehen sich auf etwa 26 Unterrichtswochen. Die verbleibende Zeit von etwa zwölf Unterrichtswochen bietet den Schulen ausreichend Zeit und Möglichkeit, gezielt Unterrichtsinhalte zu vertiefen, ergänzend zu üben und die Schülerinnen und Schüler in ihrem Lernprozess individuell zu unterstützen. Darüber hinaus weist die Stundentafel der Grundschule in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 insgesamt fünf Unterrichtsstunden zur flexiblen Förderung als Pflichtunterricht aus. Diese Stunden sollen gezielt für Fördermaßnahmen durch die Klassenlehrkraft eingesetzt werden, um insbesondere die Basiskompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik zu verbessern. Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens erhalten zudem gezielte Unterstützung durch entsprechenden Förderunterricht. Bayernweit sind an den Grund- und Mittelschulen darüber hinaus rund 1.600 Förderlehrkräfte mit dem Ziel der differenzierenden individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler tätig. Auch die zahlreichen Arbeitsgemeinschaften, die jährlich an den bayerischen Grundschulen angeboten und von den Schulen inhaltlich verantwortet werden, können u. a. für eine gezielte zusätzliche Förderung in einzelnen Lernbereichen eingerichtet werden. Schließlich sieht das Konzept der Flexiblen Grundschule, das im Schuljahr 2016/2017 bereits 216 Grundschulen umsetzen , die Möglichkeit einer individuellen Verweildauer in der Eingangsstufe vor. Damit erhält jedes Kind die Lernzeit, die es benötigt, um die im Lehrplan ausgewiesenen Kompetenzerwartungen zu erwerben. Auch an allen weiterführenden Schularten gibt es ein ausgeprägtes System entsprechender Förderangebote: Mittelschule: Insbesondere durch das Klassenlehrerprinzip können individuelle Defizite einzelner Schülerinnen und Schüler von der Lehrkraft schnell und zielgerichtet diagnostiziert werden. In Kooperation mit dem vielfältigen Unterstützersystem an der Mittelschule (z. B. Mobiler Sonderpädagogischer Dienst, Förderlehrkräfte, Beratungslehrkräfte und Schulpsychologen ) können die Schülerinnen und Schüler individuell und ganzheitlich gefördert werden. In den Jahrgangsstufen 5 und 6 ist zudem jeweils eine zusätzliche Stunde Förderunterricht eingerichtet, die zur Intensivierungsstunde ausgebaut werden kann. Des Weiteren erfolgt in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch eine modulare/individuelle Förderung , die in den Jahrgangsstufen 5 und 6 verpflichtend ist. In diesem Rahmen wird – ausgehend von einer gezielten Ermittlung der individuellen Fähigkeiten – mit differenzierten Lernangeboten auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus gearbeitet. Durch die individuelle bzw. modulare Förderung besteht die Möglichkeit, alle Schülerinnen und Schüler bereits frühzeitig entsprechend ihrem Leistungsvermögen zu fördern. Die Praxisklasse ist ein Modell der Förderung von Schülerinnen und Schülern der Mittelschule mit großen Lern- und Leistungsrückständen, die durch eine spezifische Vorgehensweise zu einer positiven Lern- und Arbeitshaltung geführt und durch die Kooperation mit Betrieben (Praktika) in das Berufsleben begleitet werden. Anliegen ist auch, die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler zu stabilisieren, die wesentlichen Defizite im Bereich der Kulturtechniken zu beheben und Grundwissen und -fertigkeiten vor allem in Deutsch und Mathematik zu festigen. Es liegt in der Verantwortung der einzelnen Schule, für Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen zusätzliche Förderangebote in Form von Arbeitsgemeinschaften, beispielsweise in Deutsch und Mathematik, einzurichten. Für Kinder mit Migrationshintergrund werden spezielle Angebote vorgehalten: Neben Maßnahmen der inneren Differenzierung innerhalb des Klassenverbandes gibt es Deutschförderklassen, in denen die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen in ausgewählten Fächern den Unterricht getrennt von ihrer Stammklasse erhalten. In Übergangsklassen werden Schüler durch stark differenzierte Unterrichtsformen besonders in der deutschen Sprache gefordert und gefördert und bei entsprechendem Lernfortschritt in die korrespondierende Jahrgangsstufe der Regelklasse überführt. Eine weitere Maßnahme zur engen Unterstützung des Einzelnen stellt die Möglichkeit der Teilung einer Klasse bei Drucksache 17/15356 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 einem Migrationshintergrund von mehr als 50 Prozent ab einer Höchstzahl von 25 Schülerinnen und Schülern dar. Realschule: An bayerischen Realschulen werden die Schülerinnen und Schüler bei Lern- bzw. Leistungsschwierigkeiten auch außerhalb des Regelunterrichts gezielt unterstützt. In den Jahrgangsstufen 5 und 6 bieten die Realschulen bedarfsorientiert Ergänzungsunterricht in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch an. In diesem Unterricht werden leistungsschwache Schülerinnen und Schüler in dem Maße gefördert (durch Übungen, Wiederholungen), dass sie den Anschluss zum regulären Fachunterricht nicht verlieren. Ab dem Zwischenzeugnis (Februar) besteht die Möglichkeit , den eingerichteten Ergänzungsunterricht bedarfsorientiert in einen gezielten Förderunterricht umzuwandeln. Auch sonstige im zweiten Halbjahr frei werdende Lehrerkapazitäten können hierfür verwendet werden. Förderunterricht in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik, Physik und Betriebswirtschaftslehre/Rechnungswesen wird auch gezielt für Realschülerinnen und Realschüler der Jahrgangsstufen 7 bis 9 angeboten, deren Vorrücken gefährdet ist. Er ist selbstverständlich auch geeignet , bei einem Wechsel der Schulart die Eingliederung in die Realschule zu erleichtern. Förderunterricht kann klassenübergreifend erteilt werden und orientiert sich gezielt an den Defiziten der Schülerinnen und Schüler. Gymnasium: An den bayerischen Gymnasien gibt es vielfältige Maßnahmen zur individuellen Förderung. Neben Intensivierungsstunden , die der vertieften Behandlung bzw. dem Einüben von Unterrichtsinhalten in Schülergruppen dienen, die in der Regel die Hälfte des regulären Klassenverbandes umfassen , ist hier vor allem auch das Modell der Individuellen Lernzeit zu nennen: Dieses richtet sich mit seinen Fördermöglichkeiten an die Schülerinnen und Schüler in der Mittelstufe . Hier differenzieren sich die Begabungsprofile weiter aus, entwicklungsbedingt ist in dieser Altersgruppe auch der individuelle Förderbedarf am größten. Der einzelne Schüler kann im Rahmen der Individuellen Lernzeit seine Begabungen vertiefen, seine Grundlagen mit Blick auf die Oberstufe festigen oder seine Lernrückstände aufholen. Auch der Ausbau von Ganztagsangeboten (offene und gebundene Form) an bayerischen Gymnasien erweitert die Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung und den Umfang bzw. die Intensität der individuellen Förderung für Schülerinnen und Schüler erheblich. Spezielle Schwerpunkte im Bereich der individuellen schulischen Lernförderung oder der Vertiefung von individuellen Neigungen und Begabungen sind integrativer Bestandteil von Ganztagsangeboten. An verschiedenen Gymnasien gibt es über die institutionellen Angebote hinaus Schülerprojekte bzw. Initiativen der Schülermitverantwortung, in deren Rahmen Schülerinnen und Schüler anderen Schülern schulintern (kostengünstige) Nachhilfe erteilen („Schüler helfen Schülern“) oder als „Lerncoaches “ und Mentoren zur Seite stehen. Diese Angebote haben allesamt einen mehrfachen pädagogischen Effekt und tragen auch dazu bei, den Bedarf an Nachhilfe bei professionellen Nachhilfeinstituten zu verringern. Wirtschaftsschule: Schülerinnen und Schüler in der Jahrgangsstufe 7 der vierstufigen Wirtschaftsschule werden in den Fächern Deutsch und Mathematik jeweils eine Wochenstunde gezielt und individuell gefördert. In diesem Unterricht sind Vertiefungen, Übungen und Wiederholungen von Inhalten des regulären Fachunterrichts möglich. Im Rahmen des den Schulen zur Verfügung stehenden Budgets werden im Pflichtunterricht auch Teilungsstunden zur Differenzierung bzw. Individualisierung eingerichtet. Die gleiche Zielrichtung verfolgt die Einrichtung von Teamteaching-Stunden. Die unterrichtliche Präsenz von zwei Lehrkräften in einer Klasse erhöht – wie bei Klassenteilungen – ebenfalls die Möglichkeit der intensiveren Betreuung von Schülerinnen und Schülern. Auch an der Wirtschaftsschule kann durch den Ausbau des Ganztagsangebotes außerunterrichtlicher Nachhilfebedarf reduziert werden. Insbesondere die gebundene Form des Ganztags mit einem verpflichtenden und durchorganisierten Nachmittagsunterricht, der eine Hausaufgabenbetreuung einschließt, ermöglicht eine individuelle Unterstützung einzelner Schülerinnen und Schüler. Berufliche Oberschule: Die Berufliche Oberschule bietet, je nach schulischer und beruflicher Vorbildung der Schülerinnen und Schüler, eigene Kurse und Klassen als Übergangshilfe an. Die FOS- bzw. BOS-Vorklasse bereitet im Vollzeitunterricht mit intensivem Unterricht in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik sowie Grundlagen in weiteren Fächern auf den Besuch der Jahrgangsstufe 11 FOS bzw. der Jahrgangsstufe 12 BOS vor. Der FOS- bzw. BOS-Vorkurs bereitet die Schülerinnen und Schüler, noch während die Zubringerschule besucht wird bzw. die Ausbildung noch läuft – wahlweise nachmittags , abends oder samstags –, auf die Anforderungen der Jahrgangsstufe 11 FOS bzw. Jahrgangsstufe 12 BOS vor. Hier findet eine intensive Vorbereitung in den Fächern Mathematik , Deutsch und Englisch statt. Des Weiteren wird bis zum Ende der Probezeit in der Jahrgangsstufe 11 intensiv klassenübergreifender Förderunterricht in einzelnen Fächern angeboten. Zur Intensivierung des Unterrichts in den Fächern mit Abschlussprüfung kann in allen Jahrgangsstufen zusätzlicher Ergänzungsunterricht eingerichtet werden. An vielen Schulen werden die neu eingetretenen Schülerinnen und Schüler durch Tutoren unterstützt. An allen Schulen stehen zudem Beratungslehrkräfte als Ansprechpartner bei Fragen zur Verfügung, die das richtige Lernen und die weitere Schullaufbahn betreffen. b) Gibt es an den Schulen eine institutionalisierte Qualitätsentwicklung? Seit 2008 ist im Bayerischen Gesetz über das Erziehungsund Unterrichtswesen (Art. 113 c BayEUG) die Evaluation allen staatlichen Schulen verbindlich vorgegeben. Das Konzept beruht auf einem Zusammenspiel von externer und interner Evaluation. Die externe Evaluation, eine auf weitgehend objektive Daten gestützte Methode zur Qualitätssicherung und -entwicklung, gibt der Schule regelmäßige und systematische Rückmeldungen über Stärken und Schwächen , insbesondere über die Qualität von Unterrichtsprozessen . Sie wird von sehr qualifizierten Lehrkräften der jeweiligen Schulart in Zusammenarbeit mit einem ehrenamtlichen Evaluator aus der Wirtschaft oder Elternschaft durchgeführt. Die externe Evaluation liefert wertvolle Hinweise und Anregungen zur Weiterentwicklung und Verbesserung und mündet in verbindliche Ziel- und Handlungsvereinbarungen zwischen Schule und Schulaufsicht, die den anschließenden Prozess der Qualitätsentwicklung begleitet. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15356 Die Überprüfung des Fortschritts der in den Ziel- und Handlungsvereinbarungen getroffenen Maßnahmen erfolgt im Prozess durch die Schule selbst im Rahmen einer internen Evaluation, die insofern die vorangegangene externe Evaluation ergänzt und die nächste externe Evaluation vorbereitet . Dieses System soll sicherstellen, dass alle Beteiligten Klarheit über die Effektivität von Prozessen und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen erlangen. Darüber hinaus kann die Schule nach eigener Schwerpunktsetzung auch weitere Entwicklungen intern evaluieren. Ergänzend dazu nehmen die Schulen fächerspezifisch an Jahrgangsstufentests und Vergleichsarbeiten in verschiedenen Jahrgangsstufen teil, die wertvolle Aufschlüsse über die Leistungen der einzelnen Schulen und Klassen zum Zweck der Unterrichtsentwicklung liefern. Die Qualitätsentwicklung ist zudem regelmäßiger Bestandteil schulaufsichtlicher Maßnahmen, die durch die Schulämter, Regierungen und Ministerialbeauftragten durchgeführt werden. So ist die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung an den Schulen zum Beispiel verbindlicher Gesprächsinhalt bei Schulbesuchen durch die jeweilige Schulaufsicht im Rahmen der dienstlichen Beurteilung der Schulleiterinnen und Schulleiter. 5. a) Ist die personelle Ausstattung der Schulen, um sozial oder familiär bedingten Leistungsabfall sowie gruppendynamisch bedingten Leistungsabfall (z. B. durch Mobbing) von Schülern durch sozialpädagogische Hilfe aufzufangen, ausreichend? b) Wenn nein, an welchen Schulen besteht ein Bedarf an einer Erhöhung der personellen Ausstattung? Die bayerischen Schulen bieten verstärkt Unterstützungsmöglichkeiten unterschiedlichster Art für alle Schülerinnen und Schüler sowie deren Erziehungsberechtigte und Lehrkräfte bei diversen Problemstellungen, wie z. B. Leistungsabfall , an: Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, Beratungslehrkräfte und Verbindungslehrkräfte sind für alle Schülerinnen und Schüler bei Beratungsbedarf erste Ansprechpartner ihres Vertrauens an den Schulen vor Ort. Darüber hinaus verfügt jeder Regierungsbezirk über eine Staatliche Schulberatungsstelle (Sonderfall: drei in Oberbayern), in der besonders erfahrene Schulpsychologinnen und Schulpsychologen sowie Beratungslehrkräfte den Erziehungsberechtigten sowie Schülerinnen und Schülern bei Fragen und Problemen zur Seite stehen. Darüber hinaus kommt der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe besondere Bedeutung zu. Dabei stellt die Jugendsozialarbeit an Schulen die intensivste Form der Zusammenarbeit dar. Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration engagiert sich in diesem Feld seit 2002 nachhaltig für sozial benachteiligte junge Menschen mit dem staatlichen Förderprogramm „Jugendsozialarbeit an Schulen – JaS“. Das JaS-Programm ist bundesweites Beispiel guter Praxis. JaS als nachhaltige Jugendhilfemaßnahme auf der Grundlage von § 13 SGB VIII unterstützt und fördert Kinder und Jugendliche in ihrer Persönlichkeitsentwicklung . Jungen Menschen aus schwierigen sozialen und familiären Verhältnissen sollen dadurch Chancen auf eine eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Lebensgestaltung eröffnet und verbessert werden. Zum Stand 01.01.2017 sind an 1.089 Mittel-, Förder-, Berufs- und Grundschulen in Bayern sozialpädagogische JaS-Fachkräfte mit einem Umfang von 810 geförderten Stellen im Einsatz. Ziel ist der Ausbau auf 1.000 JaS-Stellen in Bayern bis 2018. Gemäß dem gesetzlichen Auftrag nach § 13 SGB VIII kommt Jugendsozialarbeit jedoch nur dort zum Tragen, wo ein entsprechender Bedarf vorliegt, der vom Jugendamt im Rahmen seiner Jugendhilfeplanung festgestellt wurde. Das schulimmanente System bietet die vorgenannten Unterstützungsmöglichkeiten und ist vorrangig einzusetzen. Zudem werden die jungen Menschen durch bewährte Maßnahmen zur Prävention von und ggf. Intervention bei Gewalt und Mobbing in der Entwicklung eines positiven Selbstbildes unterstützt, das der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit zuträglich ist. Der Bereich der Primärprävention setzt in erster Linie auf eine Stärkung der Selbstwahrnehmung und Selbstbehauptung der Kinder und Jugendlichen und konkretisiert sich nicht nur in der Lehrerausbildung, Lehrerfortbildung und Kooperation mit der Polizei sowie weiteren schulexternen Partnern und Verbänden, Sport und Jugendarbeit, sondern auch in sogenannten Lebenskompetenzprogrammen: In Ergänzung zum Unterricht stehen den bayerischen Schulen landesweit vielfältige Präventionsprogramme zur Verfügung, die von der Schulaufsicht z. T. personell und konzeptionell unterstützt werden. Schulische Präventionsprogramme werden besonders wirksam im Rahmen eines schulischen Gesamtkonzepts zur Werteerziehung. Als herausragende Programme zur Stärkung der Persönlichkeit können genannt werden: „PIT – Prävention im Team“ (ein Programm, das in Kooperation mit der Polizei durchgeführt wird), Lions-Quest „Erwachsen werden“, „Faustlos“, „Klasse 2000“, „Mit mir nicht“, „ALF – Allgemeine Lebenskompetenzen und Fertigkeiten“ und „Achtsamkeit und Anerkennung “. Über die dargelegten Maßnahmen und Programme zur allgemeinen Gewaltprävention hinaus sind zudem spezielle Maßnahmen zur Mobbingprävention und -intervention eingerichtet . Bereits im Jahr 2009 hat das Kultusministerium die Initiative „Schule als Lebensraum – ohne Mobbing!“ auf den Weg gebracht. In jedem Regierungsbezirk stehen dazu ca. drei Koordinatoren und bis zu 20 Multiplikatoren (speziell ausgebildete Lehrkräfte, insbesondere Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, die an die Staatlichen Schulberatungsstellen angebunden sind) zur Verfügung, um passgenaue Lösungen zur Mobbingprävention und -intervention an Schulen zu entwickeln. Im Zusammenhang damit wird seit dem Schuljahr 2011/2012 die bayernweite Aktion „Mobbingfreie Schule – gemeinsam Klasse sein“ durchgeführt. Dabei werden u. a. sog. „Anti-Mobbing-Koffer“ eingesetzt, die umfangreiches Material für die Projektarbeit zur Mobbingprävention enthalten. 6. a) Ist ein Zusammenhang zwischen Leistungsabfall und Stofffülle bzw. Lerntempo bekannt? Über allgemeine pädagogische und didaktische Grundsätze hinaus liegen dem Staatsministerium hierzu keine Erkenntnisse vor. b) Ist ein Zusammenhang zwischen Leistungsabfall und den durch das dreigliedrige Schulsystem bedingten Übertritten bekannt? Wissenschaftliche Forschungsergebnisse zur Beantwortung dieser Frage sind nicht bekannt. Ziel des differenzier- Drucksache 17/15356 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 ten bayerischen Schulsystems ist es, alle Schülerinnen und Schüler entsprechend ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen möglichst optimal zu fördern. Das kind- und begabungsgerechte bayerische Übertrittsverfahren ist dabei ein wichtiger Baustein, um dieses Ziel zu erreichen und Über- sowie Unterforderung zu vermeiden. Die Vielzahl an Anschlussmöglichkeiten stellt sicher, dass eine einmal getroffene Schullaufbahnentscheidung bei entsprechender Entwicklung des Kindes auch revidiert werden kann. Das überdurchschnittliche Abschneiden bayerischer Schülerinnen und Schüler aller Schularten bei nationalen und internationalen Vergleichsstudien belegt die hohe Leistungsfähigkeit des differenzierten bayerischen Schulsystems . 7. Gibt es systematische Beobachtungen, inwieweit Schüler aus wirtschaftlich schwachen Elternhäusern durch ein anderes Erwartungsumfeld in der Klasse/durch den Lehrer demotiviert werden? Nationale und internationale Schulleistungsstudien dokumentieren deutschlandweit und weltweit einen Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status des Elternhauses und den bei den Leistungstests gezeigten Kompetenzen des Kindes. Dieser sog. Soziale Gradient ist aber laut IQB*-Bildungstrend 2015, in dem die sprachlichen Kompetenzen geprüft wurden, in Bayern im Fach Deutsch unter dem deutschen Mittelwert, d. h., dass hier die Förderung sozial Benachteiligter besser gelingt als im Bundesdurchschnitt . Im Vergleich zu 2009 zeigt der Trend einen Rückgang der Kopplung zwischen sozioökonomischer Herkunft und der Kompetenzentwicklung. 8. Wird eine Gemeinschaftsschule als Möglichkeit in Betracht gezogen, Probleme mit der Nachhilfe zu reduzieren? Die Gemeinschaftsschule hat eine andere Konzeption als eine bestehende weiterführende Schule und würde dementsprechend eine neue Schulart darstellen. Aus strukturellen und pädagogischen Gründen stellt die Gemeinschaftsschule aus Sicht des Staatsministeriums keine überzeugende Ergänzung des differenzierten bayerischen Schulsystems im 21. Jahrhundert dar. Das bayerische Schulsystem ist hoch leistungsfähig und bietet für jeden Schüler passende Bildungsangebote. Es findet bei Eltern und Erziehungsberechtigten positiven Rückhalt. Dementsprechend sind keine Gründe ersichtlich, inwieweit Gemeinschaftsschulen besser zu einer Reduzierung des Nachhilfebedarfs einzelner Schülerinnen und Schüler beitragen könnten. *) IQB = Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen