Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 02.12.2016 Sogenannte Malta-Masche von Anhängern der Reichsbürgerideologie Anhänger der Reichsbürgerideologie erheben gegen Repräsentantinnen und Repräsentanten des Staates oft erfundene Schuldforderungen. Bei dieser sogenannten Malta-Masche werden fiktive Schulden von Anhängern der Reichsbürgerideologie beim amerikanischen Online-Schuldenregister „Uniform Commercial Code“ (UCC) angezeigt und anschließend über eine Inkassofirma in Malta zur Eintreibung geltend gemacht. Der so beklagte Staatsbedienstete soll nun innerhalb von 30 Tagen persönlich in Malta die Forderung anfechten, da ansonsten das Urteil vollstreckbar sei. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Fälle sind der Staatsregierung bekannt, bei denen staatliche oder kommunale Angestellte oder Bedienstete von dieser sogenannten Malta-Masche betroffen waren (bitte auflisten nach Jahr, Regierungsbezirk, Höhe der gestellten Forderung)? 2. Wie unterstützt die Staatsregierung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaats oder der Kommunen, die von der Malta-Masche betroffen sind? 3. In welcher Form werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaats oder der Kommunen über die Malta-Masche und den Umgang mit dieser informiert? 4. Sind der Staatsregierung weitere Vorgehensweisen bekannt , mit denen in ähnlicher Weise auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaats oder der Kommunen durch Anhänger der Reichsbürgerideologie Druck ausgeübt wird? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 07.02.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit der Staatskanzlei sowie dem Staatsministerium der Justiz, dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration und dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. Welche Fälle sind der Staatsregierung bekannt, bei denen staatliche oder kommunale Angestellte oder Bedienstete von dieser sogenannten Malta-Masche betroffen waren (bitte auflisten nach Jahr, Regierungsbezirk , Höhe der gestellten Forderung)? 2. Wie unterstützt die Staatsregierung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaats oder der Kommunen, die von der Malta-Masche betroffen sind? Im Hinblick auf die zeitnahe Beantwortung der Schriftlichen Anfrage wurde auf eine Abfrage aller staatlichen und kommunalen Behörden verzichtet und nur auf vorhandene Bestandsdaten in den jeweiligen Ressorts zugegriffen. Demnach sind bislang nur aus dem Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz zwei Fälle von Zustellungsversuchen nach der EG-Zustellungsverordnung aus Malta aus dem Jahr 2016 bekannt. Betroffen waren Justizbedienstete aus Nürnberg und Landshut, die mit den zuzustellenden Schriftstücken jeweils aufgefordert werden sollten, bestimmte Dokumente vorzulegen. In beiden Fällen wurden die Zustellungen in Absprache mit dem Bundesamt für Justiz, dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Auswärtigen Amt abgelehnt und die Ersuchen unerledigt zurückgeleitet. Zur Unterstützung seiner Bediensteten gewährt der Freistaat Bayern gem. Abschnitt 12 Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (VV-BeamtR) vom 13.07.2009 unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsschutz. Das gilt insbesondere für den Fall, dass Bedienstete vor Zivilgerichten verklagt werden. Die Entscheidung über die Gewährung von Rechtsschutz trifft grundsätzlich die jeweilige oberste Dienstbehörde. 3. In welcher Form werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaats oder der Kommunen über die Malta-Masche und den Umgang mit dieser informiert? Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) bietet über das gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit betriebene Internetportal www. bayern-gegen-rechtsextremismus.bayern.de umfassende Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.04.2017 17/15384 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15384 Informationen zur sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ an. In dem Internetportal publiziert die BIGE auch Hinweise und Tipps zum Umgang mit Schreiben sogenannter „Reichsbürger “. Neben einer rechtlichen Betrachtung werden auch Handlungsempfehlungen gegeben. Für den Bereich der Bayerischen Polizei steht in den internen Medien, z. B. im Intrapol der Bayerischen Polizei, in dem Magazin „Bayerns Polizei“ und auch in den Mitarbeiterzeitschriften der Polizeipräsidien, ein umfangreiches Informationsangebot zur Thematik „Reichsbürger“ für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit, um sie für die Thematik weiter zu sensibilisieren. Die Beamtinnen und Beamten der Bayerischen Polizei werden außerdem im Rahmen des polizeilichen Informationsaustausches in Staatsschutzangelegenheiten (z. B. anhand der täglichen polizeilichen Staatsschutzlage Bayern, durch die IVS-Berichte, WE-Meldungen (WE = wichtige Ereignisse ) und Lagebilder) in ihren Arbeitsbereichen über das Phänomen der „Malta-Masche“ informiert und sensibilisiert. Die Thematik wird ferner in den Staatsschutzlehrgängen des Fortbildungsinstitutes der Bayerischen Polizei behandelt . Darüber hinaus wird die sogenannte „Malta-Masche“ in Dienstbesprechungen, insbesondere auf Ebene der in der Regel betroffenen Führungskräfte (z. B. bei Dienststellenleiterbesprechungen ), thematisiert. Das Staatsministerium der Justiz hat die gerichtliche Praxis seines Geschäftsbereichs mit Schreiben vom 19.03.2015 ausführlich speziell über die „Malta-Masche“ sowie die mögliche Eintragung fingierter Forderungen im US-amerikanischen Register zum Uniform Commercial Code (UCC) des Staates Washington informiert. Eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des Staatsministeriums der Justiz unter Beteiligung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr, des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration und des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie Vertretern der Gerichtsbarkeiten , der Staatsanwaltschaften und der Gerichtsvollzieher hat im Jahr 2016 eine umfassende Aktualisierung der bereits seit 2012 bestehenden, erst im Jahr 2015 fortgeschriebenen internen Hinweise zum Umgang mit schwierigen Verfahrensbeteiligten ausgearbeitet. Gemeinsames Ziel ist es, die Hinweise in ganz Bayern allen Gerichten und Behörden zur Verfügung zu stellen, sodass alle mit einer gemeinsamen Strategie und nach den gleichen Grundsätzen gegen schwierige Verfahrensbeteiligte vorgehen können. Die Hinweise widmen sich eingehend dem Phänomen der sog. „Reichsbürger“ und ihren spezifischen Störstrategien. Sie wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Gerichten und Behörden für die Thematik sensibilisieren und ihnen für typische Fallkonstellationen rechtliche und praktische Hilfestellungen im Umgang mit solchen Situationen geben. Ein Punkt hierbei ist auch das Verhalten bei Behauptung und Geltendmachung von vermeintlichen Schadensersatzansprüchen im gerichtlichen Mahnverfahren, bei der Eintragung fingierter Forderungen im UCC-Register sowie bei Zustellungsversuchen im Rahmen der „Malta-Masche“. Eine weitere Aktualisierung der Hinweise infolge des brutalen Angriffes in Georgensgmünd ist bereits in Arbeit. Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter grundsätzlich über das Thema „Reichsbürgerbewegung“ in Bayern informiert, zuletzt durch die Weiterleitung der Schreiben des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.11.2016 und vom 11.11.2016. Zudem wurden beim Zentrum Bayern Familie und Soziales und an den Gerichten die internen Hinweise zum Umgang mit schwierigen Verfahrensbeteiligten des Staatsministeriums der Justiz verteilt. Zum Teil wurde – unter Übersendung des entsprechenden Formblatts – auf die Möglichkeit, bei den Meldeämtern eine Auskunftssperre zu beantragen, hingewiesen, sodass ein Vordringen in das private Umfeld der Mitarbeiter (bspw. durch Mahnbescheide) erschwert wird. Die Führungskräfte des Geschäftsbereichs sind zudem anlässlich dieser Umfrage nochmals für das Thema „Malta-Masche“ sensibilisiert worden. Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen , für Landesentwicklung und Heimat wurden vorsorglich insbesondere die von entsprechenden unlauteren Praktiken wie der „Malta-Masche“ am ehesten tangierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Steuerverwaltung gezielt unterrichtet . Im Übrigen steht das Justiziariat im Landesamt für Finanzen beratend zur Seite. 4. Sind der Staatsregierung weitere Vorgehensweisen bekannt, mit denen in ähnlicher Weise auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaats oder der Kommunen durch Anhänger der Reichsbürgerideologie Druck ausgeübt wird? Ende 2015 sind dem Staatsministerium der Justiz Ersuchen aus der Schweiz bekannt geworden, mit denen um die Zustellung verfahrenseinleitender und anderer gerichtlicher Schriftstücke aus Verfahren ersucht wurde, die Repräsentanten einer Gruppierung der sogenannten „Reichsbürger“ vor schweizerischen Gerichten gegen Justizbedienstete aus Coburg angestrebt haben. Die auf das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HZÜ) gestützten Ersuchen wurden auf Veranlassung des Staatsministeriums der Justiz abgelehnt, da die vermeintlichen Ansprüche nicht dem Zivil- oder Handelsrecht zuzuordnen sind und damit nicht dem Anwendungsbereich des HZÜ unterfallen. Darüber hinaus wurde in den genannten Fällen von schweizerischen Gerichten versucht, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar per Post als Einschreiben mit Rückschein zuzustellen. Diesen Sachverhalt hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz dem Eidgenössischen Polizei- und Justizdepartement zur Kenntnis gegeben und hierbei darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland ebenso wie die Schweizerische Eidgenossenschaft einen Widerspruch gegen Art. 10 Buchst. a des HZÜ, der die Postzustellung zulässt, eingelegt hat. Das Eidgenössische Polizei- und Justizdepartement wurde gebeten, dafür zu sorgen, dass die Schweizer Stellen für Zustellungen gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in der Bundesrepublik Deutschland künftig konsequent den im HZÜ und in der Deutsch-Schweizerischen Zusatzvereinbarung vom 30.04.1919 beschriebenen Weg nutzen. Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration ist einer Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Nürnberg die Zustimmung zu einem privaten, kommerziellen Pfandrecht in Höhe von 30.000 Euro unterstellt worden. Das Schreiben ging im Rahmen des Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahrens nach § 120a der Zivilprozessordnung (ZPO) ein. Eine Eintragung im Register Uniform Commercial Code (UCC) erfolgte nicht (Stand 20.12.2016). Die Rechtspflegerin hat inzwischen die bisher Drucksache 17/15384 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 ratenlose Prozesskostenhilfe abgeändert und Monatsraten in Höhe von 100 Euro angeordnet. Den Beschluss hat die Klägerin nicht angefochten. Die weitere Kostenbehandlung (Rateneinzug, evtl. -beitreibung) wird in Absprache mit dem Direktor des Arbeitsgerichts Nürnberg erfolgen, damit dieser ggf. Abwehrmaßnahmen ergreifen kann. Ferner hat beim Arbeitsgericht Weiden im Jahr 2014 ein Kläger einem Richter 25.500 Feinunzen aus reinem Silber in Rechnung gestellt. Damals wurde das Betreuungsgericht eingeschaltet; zu einer Betreuung kam es nicht. Der Kläger hat keine weiteren Maßnahmen mehr ergriffen.