17. Wahlperiode 13.04.2017 17/15395 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Rosenthal SPD vom 09.01.2017 Wohnen mit Bleiberecht Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele „Fehlbeleger“, d. h. Asylbewerber, die anerkannt sind und weiterhin in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, gibt es derzeit in Bayern (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen/kreisfreien Städten in Prozent der Bewohner der jeweiligen Gemeinschaftsunterkunft )? 2. Wie hat sich die Zahl der „Fehlbeleger“ seit 2015 entwickelt (mit Bitte um Aufgliederung wie in Frage 1, Veränderungsdelta in Prozent)? 3.1 Trifft es zu, dass einer Anmietung von privatem Wohnraum durch die Kommunen zur Minderung der „Fehlbelegerzahlen “ eine Direktive der Bezirksregierungen entgegensteht? 3.2 Falls ja, in welchen Bezirken existiert eine solche Weisung der Bezirksregierungen? 3.3 Falls ja, mit welcher Begründung besteht eine solche Weisung? 4. Wie hoch sind die Gebühren, die die „Fehlbeleger“ für ihre Unterbringung zum 01.01.2017 zu entrichten haben (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen/kreisfreie Städte pro Person)? 5. Wie hat sich die Höhe dieser Gebühren für „Fehlbeleger“ seit 2015 entwickelt (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen/kreisfreien Städten pro Person, Veränderungsdelta in Prozent)? 6. Wie viele mobile Unterkünfte (Traglufthallen, Container, etc.) werden weiterhin in Bayern betrieben (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen/kreisfreie Städte)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 10.02.2017 1. Wie viele „Fehlbeleger“, d. h. Asylbewerber, die anerkannt sind und weiterhin in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, gibt es derzeit in Bayern (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen/kreisfreien Städten in Prozent der Bewohner der jeweiligen Gemeinschaftsunterkunft )? In bayerischen Gemeinschaftsunterkünften befinden sich wegen der steigenden Zahl von abgeschlossenen Asylverfahren immer mehr Flüchtlinge mit einer Anerkennung, sog. „Fehlbeleger“. Bei diesen handelt es sich um Personen, die keinen Anspruch mehr auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) haben – entweder wegen der Anerkennung als Flüchtling oder wegen Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels – und deshalb an sich auch nicht mehr zum Verbleib in den staatlichen Unterkünften berechtigt sind. Weil für diese Personengruppe derzeit aber kein ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht, wird der vorübergehende Verbleib von Anerkannten in Gemeinschaftsunterkünften geduldet, um Notsituationen vor Ort, insbesondere Obdachlosigkeit zu vermeiden. Momentan befinden sich „Fehlbeleger“ entsprechend der folgenden Aufstellung in bayerischen Gemeinschaftsunterkünften (Gesamtzahl/prozentualer Anteil): Fehlbeleger in bayerischen Gemeinschaftsunterkünften zum Stand 31.12.2016 Bayern gesamt 6.103 22,35 % Fehlbeleger in bayerischen Gemeinschaftsunterkünften zum Stand 31.12.2016 nach Regierungsbezirken Regierungsbezirk Oberbayern 1.278 17,27 % Regierungsbezirk Niederbayern 698 24,42 % Regierungsbezirk Oberpfalz 785 26,98 % Regierungsbezirk Oberfranken 447 19,14 % Regierungsbezirk Mittelfranken 989 21,90 % Regierungsbezirk Unterfranken 879 23,93 % Regierungsbezirk Schwaben 1.027 28,43 % Eine weitergehende Aufschlüsselung nach Landkreisen/ kreisfreien Städten war mit Blick auf die zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage bestimmte Frist nicht mit vertretbarem Aufwand möglich. 2. Wie hat sich die Zahl der „Fehlbeleger“ seit 2015 entwickelt (mit Bitte um Aufgliederung wie in Frage 1, Veränderungsdelta in Prozent)? Da in Frage 1 explizit nach Fehlbelegern in Gemeinschaftsunterkünften gefragt wurde, bezieht sich auch die Antwort zu Frage 2 auf diese Personengruppe. Fehlbeleger, die sich in Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15395 von den Regierungen betriebenen Aufnahmeeinrichtungen oder in den von den Landkreisen und kreisfreien Städten angemieteten dezentralen Unterkünften befinden, werden daher von der Antwort nicht erfasst. Die Zahl der sog. „Fehlbeleger“ steigt derzeit, insbesondere nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch weiteren Personaleinsatz die Bearbeitungszeiten deutlich verkürzt hat. Darüber hinaus stellt die eigenständige Wohnungssuche für Anerkannte, gerade auch in Ballungsgebieten, ein großes Problem dar, welches auch durch die vorübergehende Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zumindest entschärft wird. Im Einzelnen hatte dies folgende Veränderung zur Folge: Entwicklung der Fehlbeleger in bayerischen Gemeinschaftsunterkünften Stand 31.12.2015 im Vergleich zu Stand 31.12.2016 Bayern gesamt 1.663 6.103 +266,99 % Entwicklung der Fehlbeleger in bayerischen Gemeinschaftsunterkünften nach Regierungsbezirken Stand 31.12.2015 im Vergleich zu Stand 31.12.2016 Regierungsbezirk Oberbayern 334 1.278 +282,64 % Regierungsbezirk Niederbayern 322 698 +116,77 % Regierungsbezirk Oberpfalz 112 785 +600,89 % Regierungsbezirk Oberfranken 108 447 +313,89 % Regierungsbezirk Mittelfranken 236 989 +319,07 % Regierungsbezirk Unterfranken 291 879 +202,06 % Regierungsbezirk Schwaben 260 1.027 +295 % Eine weitergehende Aufschlüsselung nach Landkreisen/ kreisfreien Städten war mit Blick auf die zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage bestimmten Frist nicht mit vertretbarem Aufwand möglich. 3.1 Trifft es zu, dass einer Anmietung von privatem Wohnraum durch die Kommunen zur Minderung der „Fehlbelegerzahlen“ eine Direktive der Bezirksregierungen entgegensteht? Eine Weisung der Regierungen gegenüber den Kommunen , die einer Anmietung von privatem Wohnraum entgegensteht , ist dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales , Familie und Integration (StMAS) nicht bekannt. In erster Linie sind anerkannte Flüchtlinge selbst dafür verantwortlich , eine Wohnung zu finden. Sofern kein ausreichender Wohnraum auf dem freien Markt zur Verfügung steht, wäre die Unterbringung von Anerkannten zur Abwehr drohender Obdachlosigkeit dann eine kommunale Aufgabe. Allerdings wird derzeit eine Unterbringung in staatlichen Einrichtungen vorübergehend geduldet, wenn ein/e Anerkannte/r bereits in einer solchen Asylunterkunft wohnt und sie/er trotz eigenständiger Bemühungen nicht im unmittelbaren Anschluss an die Anerkennung Wohnraum findet. Vor diesem Hintergrund kann nur die Bereitstellung von Wohnraum bzw. eine verstärkte Ansprache privater Vermieter der steigenden Zahl an „Fehlbelegern“ entgegenwirken. 3.2 Falls ja, in welchen Bezirken existiert eine solche Weisung? Siehe Antwort zu Frage 3.1. 3.3 Falls ja, mit welcher Begründung besteht eine solche Weisung? Siehe Antwort zu Frage 3.1. 4. Wie hoch sind die Gebühren, die die „Fehlbeleger“ für ihre Unterbringung zum 01.01.2017 zu entrichten haben (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen /kreisfreien Städten pro Person)? Die Gebührensätze für die Inanspruchnahme von staatlichen Einrichtungen richten sich nach den §§ 22 ff. der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). Die Unterkunftsgebühren betragen nach § 23 DVAsyl in der seit 1. September 2016 geltenden Fassung der DVAsyl bayernweit für alleinstehende oder einem Haushalt vorstehende Personen monatlich 278 Euro, für Haushaltsangehörige monatlich 97 Euro. Eine Differenzierung hinsichtlich der Höhe der Unterkunftsgebühr nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten findet nicht statt. 5. Wie hat sich die Höhe dieser Gebühren für „Fehlbeleger “ seit 2015 entwickelt (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen/kreisfreien Städten pro Person, Veränderungsdelta in Prozent)? Wie bereits vorstehend ausgeführt, betragen die Unterkunftsgebühren in der seit 1. September 2016 geltenden Fassung der DVAsyl für alleinstehende oder einem Haushalt vorstehende Personen monatlich 278 Euro, für Haushaltsangehörige monatlich 97 Euro. In der vorherigen Fassung der DVAsyl wurden für Unterkunft und Heizung Gebühren in Höhe von 185 Euro für alleinstehende oder einem Haushalt vorstehende Personen bzw. 65 Euro für Haushaltsangehörige monatlich angesetzt. Eine Anpassung der Gebührensätze war erforderlich, da einerseits über einen längeren Zeitraum keine Anpassung vorgenommen wurde und die bestehenden Gebührensätze daher nicht mehr zeitgemäß waren, zum anderen, um einen Gleichlauf der hier einschlägigen Sozialsysteme (AsylbLG und SGB II, XII) sicherzustellen und eine Ungleichbehandlung mit einheimischen Leistungsbeziehern zu verhindern. 6. Wie viele mobile Unterkünfte (Traglufthallen, Container etc.) werden weiterhin in Bayern betrieben (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Landkreisen/ kreisfreien Städten)? Der Vollständigkeit halber wird in dieser Antwort auf alle mobilen Unterkünfte, die derzeit noch betrieben bzw. angemietet werden, eingegangen. a) Traglufthallen Derzeit werden noch 7 Traglufthallen (THL) als dezentrale Unterkünfte/Aufnahmeeinrichtung betrieben. Diese befinden sich insbesondere im Umland der Landeshauptstadt München. Eine Anmietung der Traglufthallen war in Zeiten des unkontrollierten Zugangs dringend geboten. Die Unterbringung aller in Bayern unterzubringenden Personen konnte so sichergestellt werden. Die damals eingegangenen vertraglichen Bindungen (Anmietung, Verpflegung, Sicherheitsdienst etc.) ließen sich nicht in allen Fällen vorzeitig beenden. Im Einzelnen handelt es sich noch um folgende Objekte: Objekt Standort Belegung (Stand 07.02.2017) Vertragsende Regierungsbezirk Oberbayern TLH Pliening Lkr. Ebersberg 125 Personen 01.04.2017 TLH Poing Lkr. Ebersberg Nutzung beendet 30.04.2017 Drucksache 17/15395 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Objekt Standort Belegung (Stand 07.02.2017) Vertragsende Regierungsbezirk Oberbayern TLH Rottach- Egern Lkr. Miesbach Ende der Nutzung am 09.02.2017 28.08.2017 TLH Holzkirchen Lkr. Miesbach 166 Personen (Nutzungsende wird vorbereitet) 30.04.2017 TLH Haar Lkr. München Ende der Nutzung am 09.02.2017 22.02.2017 TLH Unterhaching Lkr. München 320 Personen (Schließungskonzept in Vorbereitung) 29.05.2017 Regierungsbezirk Schwaben Objekt Standort Belegung (Stand 11.01.2017) Vertragsende TLH Augsburg (Aufnahmeeinrichtung ) kreisfreie Stadt Augsburg Leerstand 11.02.2017 b) Container Darüber hinaus werden in den Landkreisen und kreisfreien Gemeinden Container und sonstige mobile Unterkünfte zu Zwecken der Unterbringung wie folgt genutzt: Landkreis/kreisfreie Stadt Anzahl Bemerkung Regierungsbezirk Oberbayern Landkreis Bad Tölz- Wolfratshausen 7 Container Landkreis Berchtesgadener Land 1 Container Landkreis Dachau 12 Container Landkreis Ebersberg 3 Container 1 Containeranlage Modulbauweise Landkreis Eichstätt 32 Container Landkreis Erding 5 Containeranlagen Modulbauweise Landkreis Freising 3 Container Landkreis Fürstenfeldbruck 7 Container Landkreis Landsberg am Lech 3 Container Landkreis Miesbach 4 Container Landkreis München 8 Container Landkreis Neuburg- Schrobenhausen 3 Container Landkreis/kreisfreie Stadt Anzahl Bemerkung Regierungsbezirk Oberbayern Landkreis Pfaffenhofen a. d. Ilm 4 Container Landkreis Rosenheim 12 Container 1 Container derzeit nicht nutzbar Landkreis Starnberg 13 Container Landkreis Weilhelm- Schongau 2 Container kreisfreie Stadt Ingolstadt 3 Container Ankunfts- und Rückführungseinrichtung I (ARE I), Ingolstadt/ Manching Regierungsbezirk Niederbayern Landkreis Kelheim 1 Container Landkreis Passau 1 Containeranlage Gemeinschaftsunterkunft Ruhstorf Landkreis Rottal-Inn 28 Container Regierungsbezirk Oberpfalz keine – – Regierungsbezirk Oberfranken Landkreis/kreisfreie Stadt Anzahl Bemerkung keine – - Regierungsbezirk Mittelfranken Landkreis Fürth 1 Containeranlage Zentrale Aufnahmeeinrichtung (ZAE) Zirndorf kreisfreie Stadt Nürnberg 1 Leichtbauhalle noch nicht in Betrieb Regierungsbezirk Unterfranken kreisfreie Stadt Aschaffenburg 1 Containeranlage Gemeinschaftsunterkunft Aschaffenburg Regierungsbezirk Schwaben Landkreis Aichach- Friedberg 4 Containeranlagen Landkreis Augsburg 1 Containeranlage Landkreis Dillingen a. d. Donau 1 Containeranlage Gemeinschaftsunterkunft Hochstädt Landkreis Donau- Ries 1 Containeranlage Landkreis Günzburg 2 Containeranlagen Landkreis Oberallgäu 5 Containeranlagen Landkreis Unterallgäu 1 Containeranlage kreisfreie Stadt Augsburg 1 Containeranlage