17. Wahlperiode 10.04.2017 17/15398 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathi Petersen SPD vom 13.12.2016 Krankenhäuser in Bayern 2 Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Sachverhalt, dass die Investitionsquote gesamtwirtschaftlich bei rund 18 Prozent, in den Krankenhäusern aber nur bei 5 Prozent liegt? b) Wie beurteilt die Staatsregierung Berechnungen des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), nach denen die mittleren Investitionskosten je Fall im Bereich der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) bei rund 286 Euro liegen und bei knapp 2,9 Millionen jährlichen Krankenhausfällen in Bayern somit ein jährlicher Investitionsbedarf von deutlich über 800 Mio. Euro gegeben ist? c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Aussage des Bundestagsabgeordneten Dr. Georg Nüßlein in der 2. Beratung des Krankenhausstrukturgesetzes vom 5. November 2015, dass „(…) sich die Länder endlich einmal zu ihrer Aufgabe bekennen, nämlich die Investitionen zu bezahlen. Kern des Problems, das die Krankenhäuser momentan haben, ist doch, dass sie verdienen müssen, um das auszugleichen, was die Länder nicht zahlen“. (BT-PlPr. 18/133, S. 12967) 2. a) Nach welchen Kriterien trifft die Staatsregierung ihre Investitionsentscheidungen im Krankenhaussektor? b) Warum werden nach den Kriterien der Staatsregierung Küchen, Apotheken, Außenanlagen und Übergangseinrichtungen von Krankenhäusern nicht gefördert? c) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, durch ihre Investitionsentscheidungen die Umsetzung einer umfassenden Barrierefreiheit in Krankenhäusern zu fördern? 3. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Zukunft des dualen Finanzierungssystems im stationären Sektor vor dem Hintergrund der seit Jahren kontinuierlich sinkenden staatlichen Krankenhausinvestitionen? b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit einer Drittelfinanzierung der Krankenhausinvestitionskosten durch den Bund, die Länder und die Kommunen, ähnlich wie sie bereits zwischen 1972 und 1985 bestanden hatte? c) Welche Vor- und Nachteile hätte nach Auffassung der Staatsregierung die Übernahme der Kompetenzen für die Krankenhausplanung und die Investitionsfinanzierung durch die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen , also die sogenannte „monistische Finanzierung “? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung eine „umgekehrte Monistik “, also die Finanzierung der gesamten Ausgaben für den stationären Bereich aus staatlichen Mitteln? b) Wäre ein derartiger Finanzierungsmechanismus nicht gerechter, weil dann alle Formen von Steuereinnahmen herangezogen würden und nicht nur die Einkommen der unselbssttändig Beschäftigten bis zur Versicherungspflichtgrenze ? c) Mit welcher Finanzierungsoption (monistisch durch die Krankenkassen, dual wie bisher, monistisch durch den Staat) könnte ein optimales Mischungsverhältnis von freigemeinnützigen, öffentlichen und privaten Kliniken und Krankenhäusern am besten erreicht werden? 5. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Rechtsauffassung , dass Krankenhäuser ihren Investitionsbedarf nicht aus den DRG-Erlösen decken dürfen? b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit insbesondere von privaten und freigemeinnützigen Krankenhausträgern zur Refinanzierung ihres Investitionsbedarfs aus betriebswirtschaftlichen Überschüssen und Krediten? c) Sollten nach Auffassung der Staatsregierung die Möglichkeiten der privaten Investitionsfinanzierung ausgebaut werden? 6. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit, die diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRGs) um eine Investitionspauschale aufzustocken und Eingriffe in den Krankenhausmarkt – sei es von Kassenseite, sei es von staatlicher Seite – völlig abzuschaffen? b) Wie hoch war nach Kenntnis der Staatsregierung der Anteil an Investitionen aus privaten Finanzierungsquellen an allen Investitionen im Krankenhausbereich (bitte differenziert für die vergangenen fünf Jahre und für Plankrankenhäuser, Krankenhäuser mit einem Versorgungsauftrag, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mit einem Versorgungsvertrag, sonstigen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie sonstigen Krankenhäusern aufführen)? c) Welches sind nach Auffassung der Staatsregierung die Vorteile und die Nachteile des in Nordrhein-Westfalen eingeführten Konzeptes einer leistungsorientierten Investitionspauschale? 7. a) Wie hoch war in den vergangenen fünf Jahren der insgesamt durch kommunale Krankenhausträger aufgebrachte Betrag zur Deckung von Defiziten der Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft (bitte pro Jahr angeben)? b) Beabsichtigt die Staatsregierung eine Rechtsverordnung gemäß § 5 Absatz 2 des Krankenhausentgeltgesetzes zu erlassen, um die Sicherstellungszuschläge für defizitäre aber zur Versorgung der Bevölkerung erforderliche Krankenhäuser auf bayerische Verhältnisse anzupassen? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15398 c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einschätzung, dass die Länderregierungen kein Interesse an der Kosteneindämmung der Krankenhäuser haben, da sie politisch für die Entwicklung der Beitragssätze zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht zur Rechenschaft gezogen werden (können)? 8. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Kosten-Effektivität der stationären Versorgung in Bayern insgesamt? b) Würde sich nach Auffassung der Staatsregierung die Effizienz des Krankenhaussektors durch mehr private Investitionen erhöhen, weil davon auszugehen ist, dass private Investitionen nur in Einrichtungen fließen, die effizient wirtschaften und dadurch auch Gewinn abwerfen? c) Wie beurteilt die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Forderung nach einer Mindestpersonalregelung für die Pflege im stationären Bereich? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 10.02.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Sachverhalt, dass die Investitionsquote gesamtwirtschaftlich bei rund 18 Prozent, in den Krankenhäusern aber nur bei 5 Prozent liegt? Die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote schwankt zwischen einzelnen Branchen und etwa zwischen privater Wirtschaft und öffentlicher Hand erheblich. Neben einer starken konjunkturellen Komponente wird sie in vielen Branchen nicht unwesentlich von den Investitionen zur Erweiterung der Kapazitäten und zur Wettbewerbssicherung sowie den Ausgaben für Forschung und Entwicklung mitbestimmt, Faktoren, die im Bereich der Plankrankenhäuser eine untergeordnete bis keine Bedeutung haben dürften. Insoweit erscheint die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote als Maßstab zur Feststellung einer ausreichenden Investitionsfinanzierung im Krankenhausbereich nicht geeignet. b) Wie beurteilt die Staatsregierung Berechnungen des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), nach denen die mittleren Investitionskosten je Fall im Bereich der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) bei rund 286 Euro liegen und bei knapp 2,9 Millionen jährlichen Krankenhausfällen in Bayern somit ein jährlicher Investitionsbedarf von deutlich über 800 Mio. Euro gegeben ist? Nach Auffassung des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) kann ein abstrakt ermittelter jährlicher Investitionsbedarf von über 800 Millionen Euro nicht bestätigt werden. Insbesondere stellen die vom InEK ermittelten Investitionsbewertungsrelationen kein geeignetes Instrument zur Berechnung des tatsächlichen Investitionsbedarfs in Krankenhäusern dar. Wesentliche Gründe sind: • Das Modell ist sehr abstrakt und basiert wegen der geringen Zahl teilnehmender Krankenhäuser (insgesamt nur 43 Kliniken in Deutschland, davon nur zwei aus Bayern) auf einer nicht repräsentativen Datenbasis. Zudem sind wesentliche Annahmen wie z. B. Abschreibungsdauern, medizinische Prozesse und Kostenermittlung zumindest diskussionswürdig. • Eine Kostenprüfung der gemeldeten Investitionsdaten hinsichtlich Bedarfsnotwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist nicht erfolgt; der Berechnung liegen die von den Krankenhäusern gelieferten ungeprüften Werte zugrunde. • In die Berechnung des Investitionsbedarfs in Bayern sind auch die Hochschulkliniken mit ihrem hohen investiven Bedarf einbezogen. Aufgrund der in Bayern getrennten Finanzierung der Hochschulkliniken müssen aber die dort erbrachten Leistungen abgezogen werden. c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Aussage des Bundestagsabgeordneten Dr. Georg Nüßlein in der 2. Beratung des Krankenhausstrukturgesetzes vom 5. November 2015, dass „(…) sich die Länder endlich einmal zu ihrer Aufgabe bekennen , nämlich die Investitionen zu bezahlen. Kern des Problems, das die Krankenhäuser momentan haben, ist doch, dass sie verdienen müssen, um das auszugleichen, was die Länder nicht zahlen“. (BT-PlPr. 18/133, S. 12967) Herr Abgeordneter Dr. Nüßlein bezieht sich mit seiner Aussage auf alle Bundesländer. Während in anderen Ländern tatsächlich seit Jahren Finanzierungsdefizite bei der Krankenhausförderung beklagt werden, wird Bayern seiner Finanzierungsverantwortung in diesem essenziellen Bereich der Daseinsvorsorge in vollem Umfang gerecht. Seit Einführung der staatlichen Förderung für Krankenhausinvestitionen im Jahr 1972 hat der Freistaat gemeinsam mit den Kommunen hierfür über 22 Milliarden Euro aufgebracht. Allein seit 2010 wurden insgesamt 165 Investitionsvorhaben mit einem Gesamtfördervolumen von über 2,3 Milliarden Euro zur Finanzierung in ein Jahreskrankenhausbauprogramm eingeplant. Aktuell werden die jährlich von den Trägern angemeldeten Mittelbedarfe für die laufenden Bauvorhaben jeweils vollständig abgedeckt. Neu angemeldete fachlich dringliche Vorhaben können zeitgerecht – zumeist im Jahr der Antragstellung – in das Jahreskrankenhausbauprogramm aufgenommen werden. Eine längere Warteliste bzw. einen Investitionsstau gibt es damit in Bayern nicht. Zuletzt hat der Bayerische Landtag im Dezember 2016 sogar den Etat der Krankenhausförderung um rund 3 Millionen Euro auf jetzt 503,4 Millionen Euro jährlich erhöht, um die Kofinanzierung für die Mittel des Krankenhausstrukturfonds sicherzustellen. 2. a) Nach welchen Kriterien trifft die Staatsregierung ihre Investitionsentscheidungen im Krankenhaussektor ? Nach den Vorgaben des Ministerrats werden Investitionen nur an solchen Krankenhäusern zur Finanzierung vorgeschlagen , die auch in Zukunft dauerhaft zur akutstationären Versorgung der Bevölkerung bedarfsnotwendig sind. Außerdem müssen Inhalt und Umfang der beabsichtigten Maßnahmen mit den Förderbehörden abgestimmt und die veranschlagten Kosten auf Plausibilität geprüft sein. Drucksache 17/15398 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Die konkrete Auswahlentscheidung im Einzelfall erfolgt nach Priorität. Dabei kommt Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen im medizinischen Kernbereich (OP-Bereich, Notfall- und Intensivbehandlung, Diagnostik- und Therapieeinheiten , Hygieneanforderungen etc.) eine höhere Priorität zu als beispielsweise Vorhaben in den Verwaltungsund Infrastrukturbereichen. Außerdem sind der konkrete Planungsstand, der geplante Bauablauf und die Frage zu berücksichtigen, ob eine zeitnahe Realisierung der Maßnahmen möglich ist. Nicht zuletzt wird – soweit in den vorgegebenen finanziellen Grenzen möglich – auch auf eine ausgewogene Verteilung nach Regionen und Trägergruppen geachtet. b) Warum werden nach den Kriterien der Staatsregierung Küchen, Apotheken, Außenanlagen und Übergangseinrichtungen von Krankenhäusern nicht gefördert? Bei der Krankenhausförderung sind die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Dies verpflichtet u. a. auch zur Prüfung, inwieweit eine Förderung bestimmter Investitionen durch Ausgliederung bzw. Privatisierung entfallen kann. Vermeidbare Kosten dürfen nicht in die Förderung einbezogen werden. Küchen und Apotheken stellen vom Krankenhausbetrieb abtrennbare eigenständige Gewerbebetriebe dar und können alternativ durch einen privaten Betreiber oder externen Dienstleister betrieben werden. Hierdurch können sich die Krankenhausträger von eigenen Investitionen entlasten. Außerdem sind Investitionen stets auf das Erreichen des Endausbauzustandes auszurichten. Nicht unmittelbar darauf gerichtete Aufwendungen, wie z. B. Interimsmaßnahmen , dienen im investiven Sinne nicht der nachhaltigen Wertschöpfung. Sie stellen insoweit verlorene Investitionskosten dar, die unter Beachtung der Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit von der Förderung ausgeschlossen werden. Die Förderfähigkeit von Außenanlagen ist differenziert zu beurteilen. Die notwendigen Investitionskosten für Zufahrtswege zu den Krankenhausgebäuden (z. B. Liegendkrankenanfahrt ), für Ver- und Entsorgungseinrichtungen (z. B. Wirtschaftshof, interne Leitungsnetze), für Landeplätze sowie für die Schließung von Baugruben werden in die Förderung einbezogen. Nur die Wiederherstellung oder gestalterische Neuanlage (z. B. Patientengarten) ist nicht berücksichtigungsfähig. c) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, durch ihre Investitionsentscheidungen die Umsetzung einer umfassenden Barrierefreiheit in Krankenhäusern zu fördern? Grundsätzliche Zielsetzung der Staatsregierung ist die umfassende Barrierefreiheit aller bayerischen Krankenhäuser. Bei der Prüfung und Förderung von Krankenhausbaumaßnahmen an Plankrankenhäusern wird auf den Gesichtspunkt der Barrierefreiheit seit jeher besonders geachtet . Dabei werden die Krankenhausträger auf die geltenden Anforderungen aufmerksam gemacht und im Bereich der Flächeneinplanungen und Konzepterörterungen entsprechende Raumvorgaben abgestimmt. Aufwendungen für eine barrierefreie Gestaltung von Kliniken werden unter Beachtung der allgemeinen Fördergrundsätze in die Förderung von Errichtungsmaßnahmen einbezogen und sind somit grundsätzlich förderfähig. 3. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Zukunft des dualen Finanzierungssystems im stationären Sektor vor dem Hintergrund der seit Jahren kontinuierlich sinkenden staatlichen Krankenhausinvestitionen ? In Bayern wird auf Basis des Haushaltsansatzes von derzeit 503,4 Millionen Euro eine bedarfsgerechte Krankenhausförderung gewährleistet (siehe auch Antworten zu Frage 1 c). Das duale System mit der staatlichen Finanzierungsverantwortung für die notwendigen Krankenhausinvestitionen hat sich bestens bewährt und bildet die Grundlage der hohen akutstationären Versorgungsqualität im Freistaat. Die staatliche Investitionskostenförderung ist daher aus Sicht Bayerns auch in Zukunft unverzichtbar, um das erreichte hohe Niveau erhalten bzw. ausbauen zu können. Im Sinne eines Wettbewerbs der Systeme (und der Länder in einem föderalen System) wird sich Bayern dafür einsetzen, das im Freistaat ausgezeichnet funktionierende Modell auch in Zukunft weiterführen zu können. b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit einer Drittelfinanzierung der Krankenhausinvestitionskosten durch den Bund, die Länder und die Kommunen, ähnlich wie sie bereits zwischen 1972 und 1985 bestanden hatte? Einer finanziellen Beteiligung des Bundes bedarf es in Bayern zur Gewährleistung einer bedarfsgerechten Krankenhausförderung nicht. Zudem wäre die mit Leistungen des Bundes unvermeidbar verbundene Einflussnahme auf die bayerische Krankenhausstruktur nicht akzeptabel. Über bayerische Versorgungsstrukturen muss auch weiterhin in Bayern entschieden werden. c) Welche Vor- und Nachteile hätte nach Auffassung der Staatsregierung die Übernahme der Kompetenzen für die Krankenhausplanung und die Investitionsfinanzierung durch die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen, also die sogenannte „monistische Finanzierung“? Hierzu ist zuerst einmal festzuhalten, dass monistische Krankenhausfinanzierung nicht bedeutet, dass automatisch die Kompetenz für die Krankenhausplanung auf die Krankenkassen übergeht. Die Sicherstellung der Krankenhausversorgung ist als Teil der Daseinsvorsorge nach Art. 20 des Grundgesetzes originäre Aufgabe der Länder. Monistische Finanzierung bedeutet, dass Investitionsund Betriebskosten durch die Krankenkassen ausgereicht werden, wobei die erforderlichen Mittel rein über Krankenkassenbeiträge finanziert werden. Die monistische Finanzierung erzeugt somit soziale Ungerechtigkeit. Die Mittel werden nicht wie bei einer steuerfinanzierten Mittelaufbringung gleichmäßig von jedem Bürger entsprechend seiner Leistungsfähigkeit, sondern nur von den Arbeitnehmern und -gebern als Beitragszahler aufgebracht. Dies führt zu Beitragserhöhungen sowie einem Anstieg der Lohnnebenkosten, belastet die Wirtschaft und gefährdet Arbeitsplätze. Außerdem verschafft die monistische Finanzierung den Krankenhäusern nicht mehr investive Mittel und sie verteuert Investitionen um notwendige Finanzierungskosten. Schließlich entfällt mit der monistischen Finanzierung das wichtigste Instrument zur Umsetzung planerischer Ziele. Um eine leistungsfähige, moderne Krankenhauslandschaft zu erhalten, müssen den Krankenhäusern Investitionsmittel Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15398 in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt werden. Am besten kann dies durch die duale Krankenhausfinanzierung mit der gezielten Einzelförderung von Investitionsvorhaben gewährleistet werden, da nur so krankenhausplanerische Vorgaben umsetzbar sind. In einem Flächenstaat wie Bayern ist die Investitionslenkung auf Landesebene unverzichtbar , denn nur eine gezielte Förderung stellt sicher, dass den unterschiedlichen Bedürfnissen einzelner Krankenhäuser und Regionen hinreichend Rechnung getragen wird. Regionale und strukturelle Besonderheiten, die im Hinblick auf die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu beachten sind, können bei der im Monismus stattfindenden Mittelverteilung nach dem Gießkannenprinzip nicht mehr berücksichtigt werden. Neben diesen Nachteilen sieht die Staatsregierung keine Vorteile der monistischen Finanzierung. 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung eine „umgekehrte Monistik“, also die Finanzierung der gesamten Ausgaben für den stationären Bereich aus staatlichen Mitteln? Die „umgekehrte Monistik“ ist nicht realistisch. Die Bruttogesamtkosten der Krankenhäuser in Bayern lagen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2014 bei 14,6 Mrd. Euro (Fachserie 12 Reihe 6.3 „Kostennachweis der Krankenhäuser“). Das ist fast ein Drittel des bayerischen Staatshaushalts für 2014 von 50,5 Mrd. Euro. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung würden sich um gut ein Drittel verringern, was wohl unweigerlich entsprechende personelle Konsequenzen zur Folge hätte. Zudem würde sich der Umsatz der privaten Krankenversicherung schlagartig um mehr als ein Drittel (dem Anteil für stationäre Leistungen an den gesamten Versicherungsleistungen ) verringern. Für die 10 Prozent privat Versicherten müssten alle Versicherungstarife neu kalkuliert und die abgeschlossenen Verträge neu verhandelt werden. b) Wäre ein derartiger Finanzierungsmechanismus nicht gerechter, weil dann alle Formen von Steuereinnahmen herangezogen würden und nicht nur die Einkommen der unselbstständig Beschäftigten bis zur Versicherungspflichtgrenze? Die Frage stellt sich nicht, da eine „umgekehrte Monistik“ nicht realistisch ist. Aus Sicht der Staatsregierung hat sich das bestehende System bewährt. Zudem entspricht die der Fragestellung zugrunde liegende Annahme, zur Finanzierung des stationären Bereichs würden „nur die Einkommen der unselbstständig Beschäftigten bis zur Versicherungspflichtgrenze “ beitragen, nicht den tatsächlichen Gegebenheiten der gegenwärtigen Betriebs- und Investitionskostenfinanzierung . c) Mit welcher Finanzierungsoption (monistisch durch die Krankenkassen, dual wie bisher, monistisch durch den Staat) könnte ein optimales Mischungsverhältnis von freigemeinnützigen, öffentlichen und privaten Kliniken und Krankenhäusern am besten erreicht werden? Für die Frage, welches Mischungsverhältnis von freigemeinnützigen , privaten und öffentlichen Trägern „optimal“ ist, gibt es keinerlei Untersuchungen oder belastbare Expertenaussagen . Die tatsächliche Situation in den Ländern ist sehr unterschiedlich. Da nach den bundesrechtlichen Rahmenbedingungen die Träger sowohl hinsichtlich der Planung und Förderung als auch der Vergütung völlig gleich behandelt werden, ist auch schwer vorstellbar, wie das „Mischungsverhältnis “ allein durch eine andere Finanzierungsoption beeinflusst werden sollte. Ebenso unklar ist, wie ein eventuell geändertes „Mischungsverhältnis“ die Qualität der Versorgung beeinflussen sollte. 5. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Rechtsauffassung , dass Krankenhäuser ihren Investitionsbedarf nicht aus den DRG-Erlösen decken dürfen ? Diese Rechtsauffassung ist der Staatsregierung nicht bekannt. Die Verwendung von DRG-Erlösen ist nicht gesetzlich beschränkt. § 17 Abs. 1 Satz 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) regelt ausdrücklich, dass Überschüsse dem Krankenhaus verbleiben. Überdies ist in § 17 Abs. 4b KHG ausdrücklich geregelt, dass 1,1 vom Hundert der Vergütung für Instandhaltungsinvestitionen einzusetzen sind. b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit insbesondere von privaten und freigemeinnützigen Krankenhausträgern zur Refinanzierung ihres Investitionsbedarfs aus betriebswirtschaftlichen Überschüssen und Krediten? Diese Möglichkeit besteht ohnehin für alle Träger (siehe Antwort zu Frage 5 a). c) Sollten nach Auffassung der Staatsregierung die Möglichkeiten der privaten Investitionsfinanzierung ausgebaut werden? Diese Möglichkeit besteht bereits (siehe Antwort zu Frage 5 a). Die Finanzierung der notwendigen Investitionen der Krankenhäuser im Rahmen ihres jeweiligen im Krankenhausplan festgelegten Versorgungsauftrags wird durch den Freistaat über die staatliche Förderung gewährleistet. Ein Ausbau der privaten Investitionsfinanzierung ist daher nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll, zumal sich u. a. wegen der Gewinnerwartung privater Geldgeber und etwaiger Risikozuschläge jede Investitionsmaßnahme spürbar verteuern würde. 6. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit, die diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRGs) um eine Investitionspauschale aufzustocken und Eingriffe in den Krankenhausmarkt – sei es von Kassenseite, sei es von staatlicher Seite – völlig abzuschaffen? Wenn die Investitionskostenpauschale aus den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung erhoben wird, gilt das in der Antwort auf Frage 3 c zur monistischen Finanzierung Gesagte. Auch die nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz optional vorgesehene Verteilung der Mittel über eine leistungsorientierte Investitionspauschale entspricht der Mittelverteilung in einem monistischen System. Der geringe Mittelzufluss macht einen hohen Anteil an Fremdfinanzierung erforderlich. Die Kosten der Fremdfinanzierung schmälern die zufließenden Investitionsmittel, wobei Finanzierungskosten sicherlich nicht dauerhaft so günstig bleiben werden, wie dies derzeit der Fall ist. Die Verwirklichung von Investitionen wird also teurer oder ver- Drucksache 17/15398 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 zögert sich deutlich. Eine zeitgemäße Versorgung kann auf diese Weise nicht langfristig sichergestellt werden. Soll die akutstationäre Versorgung vollständig den Regeln des freien Marktes unterworfen werden, besteht die Gefahr, dass sich nur noch Anbieter für bestimmte Leistungen finden und insbesondere für schwer erkrankte multimorbide und damit aufwendig zu versorgende Patienten keine Angebote mehr zur Verfügung stehen. Das Gleiche ist für Patienten mit seltenen Erkrankungen zu befürchten. Mit einer allein nach den Regeln des freien Marktes gestalteten Krankenhausversorgung kann eine flächendeckende akutstationäre Versorgung der Bevölkerung nicht sichergestellt werden. b) Wie hoch war nach Kenntnis der Staatsregierung der Anteil an Investitionen aus privaten Finanzierungsquellen an allen Investitionen im Krankenhausbereich (bitte differenziert für die vergangenen fünf Jahre und für Plankrankenhäuser, Krankenhäuser mit einem Versorgungsauftrag, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mit einem Versorgungsvertrag, sonstigen Vorsorgeund Rehabilitationseinrichtungen sowie sonstigen Krankenhäusern aufführen)? Das Bayerische Krankenhausgesetz sieht keine Meldepflicht für Krankenhausträger hinsichtlich privater Finanzierungsquellen für Investitionen vor. Der Staatsregierung liegen daher auch keine Erkenntnisse hierzu vor. Dies gilt entsprechend für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. c) Welches sind nach Auffassung der Staatsregierung die Vorteile und die Nachteile des in Nordrhein -Westfalen eingeführten Konzeptes einer leistungsorientierten Investitionspauschale? Die Gründe, die das Land Nordrhein-Westfalen zur Einführung der Investitionskostenpauschale bewogen haben, sind dem StMGP im Detail nicht bekannt. Aus Sicht Bayerns haben Investitionspauschalen keine Vorteile, jedoch insbesondere folgende gewichtige Nachteile: • Die staatliche Investitionslenkung ist wichtigstes krankenhausplanerisches Steuerungsinstrument; ohne staatliche Projektförderung sind krankenhausplanerische Maßnahmen nicht durchsetzbar. Nur eine gezielte projektbezogene Investitionskostenförderung ermöglicht die Berücksichtigung regionaler und struktureller Besonderheiten, gerade auch im ländlichen Raum und vor dem Hintergrund der demografischen Herausforderungen. Der Wegfall der einzelfallbezogenen Finanzierung würde die Steuerungsmöglichkeiten der Krankenhausplanung massiv beschränken. • Die Verteilung der Finanzmittel über Investitionspauschalen bedeutet eine Investitionskostenförderung nach dem „Gießkannenprinzip“ unabhängig vom tatsächlichen Investitionsbedarf vor Ort. Diese im Wesentlichen von den Fallzahlen des jeweiligen Krankenhauses abhängige Förderung führt zu ökonomischen Fehlanreizen und verstärkt die Tendenz bezüglich Mehrleistungen. • Die Finanzierung von Investitionsvorhaben über pauschale Beträge erfordert einen hohen Anteil von Fremdkapital aufseiten der Krankenhausträger. Ein erheblicher Teil der Mittel fließt damit letztlich nicht in Investitionen, sondern in die Fremdfinanzierung durch die Banken. Da die Krankenhausbauprojekte in vielen Fällen hohe Millionenbeträge ausmachen, zieht sich die Finanzierung über Jahre, was die Handlungsspielräume für neue Investitionen an den Kliniken dauerhaft einschränkt. 7. a) Wie hoch war in den vergangenen fünf Jahren der insgesamt durch kommunale Krankenhausträger aufgebrachte Betrag zur Deckung von Defiziten der Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft (bitte pro Jahr angeben)? Statistische Angaben zur Defizitabdeckung aus kommunalen Haushalten liegen nicht vor, da sie für die staatlichen Aufgaben der Länder im Krankenhausbereich nicht benötigt werden. b) Beabsichtigt die Staatsregierung eine Rechtsverordnung gemäß § 5 Absatz 2 des Krankenhausentgeltgesetzes zu erlassen, um die Sicherstellungszuschläge für defizitäre, aber zur Versorgung der Bevölkerung erforderliche Krankenhäuser auf bayerische Verhältnisse anzupassen? Ja. Sicherstellungszuschläge sind aber auf absolute Ausnahmefälle beschränkt und nicht geeignet, eine wirtschaftlich und qualitativ nicht tragfähige Versorgungsstruktur unverändert zu erhalten. • Sicherstellungszuschläge auf Basis einer Landesverordnung werden durch Abschläge für alle anderen Krankenhäuser refinanziert, denn sie sind bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwertes absenkend zu berücksichtigen. • Zudem ist ein Sicherstellungszuschlag nur zu rechtfertigen , wenn die Einrichtung trotz geringen Versorgungsbedarfs die Gewähr für eine ausreichende Qualität bietet. Da nach einhelliger Meinung ein tendenzieller Zusammenhang zwischen Fallzahl und Qualität besteht, bedarf es besonderer Anstrengungen eines Krankenhauses, diesen Nachweis zu erbringen. c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einschätzung , dass die Länderregierungen kein Interesse an der Kosteneindämmung der Krankenhäuser haben, da sie politisch für die Entwicklung der Beitragssätze zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht zur Rechenschaft gezogen werden (können)? Die Einschätzung greift zu kurz. Die Länder tragen die Verantwortung für die Sicherstellung der Krankenhausversorgung als Teil der Daseinsvorsorge. Sie müssten im Zweifel, wenn die Finanzierung eines kostendeckenden Betriebs der Krankenhäuser über die Krankenkassen nicht mehr gewährleistet ist, entsprechende Landesmittel einsetzen. Ein solches Szenario ist keineswegs auszuschließen, da der Bund die alleinige Gesetzgebungskompetenz für die Krankenhausvergütung besitzt. Es besteht daher ein erhebliches Interesse der Länder, die Finanzierbarkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht durch übermäßig steigende Krankenhausausgaben zu gefährden. 8. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Kosten-Effektivität der stationären Versorgung in Bayern insgesamt? Nach der Fachserie 12 Reihe 6.3 „Kostennachweis der Krankenhäuser“ des Statistischen Bundesamtes liegen die Krankenhäuser in Bayern bei den Kosten pro Behandlungsfall fast genau im bundesweiten Durchschnitt, was angesichts des in Bayern zum Teil erheblich höheren Kostenniveaus als gutes Ergebnis gelten darf. Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15398 b) Würde sich nach Auffassung der Staatsregierung die Effizienz des Krankenhaussektors durch mehr private Investitionen erhöhen, weil davon auszugehen ist, dass private Investitionen nur in Einrichtungen fließen, die effizient wirtschaften und dadurch auch Gewinn abwerfen? Zur Folge höherer privater Investitionen (siehe Antwort zu Frage 5 c). Effizienz heißt angesichts der gesetzlich für alle Krankenhäuser gleich hoch festgelegten Vergütungen, die Leistungen mit möglichst geringem Kostenaufwand zu erbringen, d. h. insbesondere den Personalaufwand zu verringern, der zwei Drittel der Kosten eines Krankenhauses ausmacht. Die zunehmende öffentliche Diskussion um die steigende Arbeitsbelastung des Personals und die im Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) getroffenen Gegenmaßnahmen (Pflegezuschlag , Pflegeförderprogramm) zeigen, dass erhebliche weitere Effizienzgewinne nicht zu erwarten sind. c) Wie beurteilt die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Forderung nach einer Mindestpersonalregelung für die Pflege im stationären Bereich? Eine Mindestpersonalregelung ist keine sinnvolle Lösung. • Sie ist einem Vergütungssystem wesensfremd, das Preise festlegt und krankenhausindividuelle Kosten nicht berücksichtigt . • Personalvorgaben wären ohne eine vollständige Finanzierung nicht sinnvoll. Daher müsste der Teilbereich Pflegepersonal, der fast ein Fünftel der Kosten eines Krankenhauses ausmacht, aus den Fallpauschalen ausgegliedert und über neue Vergütungen auf Selbstkostenbasis abgerechnet werden. Neben dem Fallpauschalensystem würde damit ein weiteres Abrechnungssystem mit eigenen Regeln eingeführt, was den bürokratischen Aufwand der jährlichen Pflegesatzvereinbarungen und der Abrechnung erheblich erhöhen würde. • Mindestpersonalregelungen führen entweder zu Personalabbau oder zu Unwirtschaftlichkeiten. Mindestvorgaben auf Durchschnittsniveau veranlassen besser ausgestattete Kliniken, Personal abzubauen. Mindestvorgaben auf Höchstniveau – soweit vollständig refinanziert – erhöhen die Ausgaben der Krankenkassen für Krankenhausbehandlung deutlich, ohne dass dies in der überwiegenden Zahl der Fälle gerechtfertigt wäre. • Eine Mindestpersonalregelung wäre entweder ungerecht oder ein bürokratisches Monster. Die Personalausstattung unterliegt einer Vielzahl von Einflussgrößen , so z. B. der medizinischen Aufgabenstellung, der baulichen Situation, der Abteilungsgröße, dem Anteil von Hilfsdiensten u. v. m.. Diese Einflussgrößen jeweils angemessen zu berücksichtigen und zu entscheiden, ob sie unabänderlich oder durch betriebsorganisatorische Maßnahmen zu beeinflussen sind, erfordert eine höchst komplexe Regelung, deren Umsetzung den ohnehin beklagten Dokumentationsaufwand noch erheblich steigern würde.