17. Wahlperiode 13.04.2017 17/15484 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 24.11.2016 Zukunft Bayern – Bioökonomie Am 22.07.2016 stellte der Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die erste Arbeitsergebnisse vor, um Impulse für die Weiterentwicklung der Bioökonomie und Empfehlungen zur Erarbeitung einer Bioökonomiestrategie zu geben. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Potenziale hat der Sachverständigenrat für den Freistaat festgestellt (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken , Landkreisen und kreisfreien Städten)? 2. Welche Handlungsempfehlungen gibt der Sachverständigenrat für den Freistaat (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten )? 3. Wie bewertet die Staatsregierung die einzeln dargestellten Maßnahmen in Bezug auf ihre Umsetzbarkeit? 4. Welche der dargestellten Maßnahmen greift die Staatsregierung auf und will sie weiterverfolgen bzw. umsetzen ? 5. a) Plant die Staatsregierung zu den aufgegriffenen Maßnahmen die Einrichtung von Modellprojekten/Modellregionen ? b) Wenn ja, wo? 6. a) Ist das Bioraffineriekonzept zur dezentralen Verarbeitung von Grassilage geeignet, um in einem Modellprojekt für eine Modellregion in Niederbayern erprobt zu werden? b) Wenn ja, in welchem Zeitrahmen ist mit dem Start der Modellanlagen zu rechnen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 14.02.2017 Die o. g. Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Umwelt und Verbraucherschutz, für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet : 1. Welche Potenziale hat der Sachverständigenrat für den Freistaat festgestellt (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? In seinen Analysen hat der Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern festgestellt, dass die Potenziale für den Ausbau der Bioökonomie in Bayern auf verschiedenen Handlungsebenen liegen, sich dabei jedoch nur eingeschränkt geografisch zuordnen lassen. Auf der Ebene der Rohstoffverfügbarkeit sieht der Sachverständigenrat Möglichkeiten zur Mobilisierung zusätzlicher Rohstoffpotenziale sowie bei der Steigerung der Produktivität und der Ressourceneffizienz (z. B. Unterstützung der multifunktionalen Land- und Forstwirtschaft). Hinsichtlich der weiteren Entwicklung der wissensbasierten Bioökonomie sieht der Rat bei Forschungsprojekten zudem Potenzial bei der Vernetzung der Arbeit unterschiedlicher Forschungsgebiete. Auch die praktische Anwendung des Wissens sollte hier Berücksichtigung finden. Bei der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sollten die Transparenz und die Unabhängigkeit der Forschung stets gewahrt bleiben. Ziel der stärkeren Vernetzung sollten auch die Stärkung des Praxistransfers von Forschungsergebnissen sowie die Skalierung von Ansätzen im Labormaßstab zur industriellen Anwendung sein. Gesellschaftlicher Dialog mit Bereitstellung von Informationen zu Themen der Bioökonomie werden vom Sachverständigenrat als Voraussetzung für die schrittweise Transformation zu einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaftsweise erachtet. Entscheidende Bedeutung für die Entwicklung, Gestaltung und Akzeptanz der Bioökonomie in Bayern misst der Rat folgenden Gesichtspunkten zu: • der stärkeren Bekanntheit des Konzepts Bioökonomie, • dem übergreifenden Informations- und Wissensaustausch sowie • dem Dialog über die Ziele der Bioökonomie. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15484 2. Welche Handlungsempfehlungen gibt der Sachverständigenrat für den Freistaat (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? Erste Handlungsempfehlungen stellte der Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern im Rahmen eines Treffens mit Herrn Staatsminister Helmut Brunner am 22.07.2016 vor. Dabei empfahl der Rat • die Intensivierung der ressortübergreifenden Zusammenarbeit der bayerischen Staatsministerien zum Zweck der Koordinierung gemeinsamer Ziele und Maßnahmen für die Entwicklung der Bioökonomie in Bayern, • die stärkere Integration der Bioökonomie in bayerische Forschungsprogramme, • zusätzliche Maßnahmen zur Unterstützung anwendungsorientierter und auf die bayerischen Verhältnisse zugeschnittener Forschung und • Anreize für die Erhöhung der Biomasseverfügbarkeit. Zudem setzt sich der Rat dafür ein, den gesellschaftlichen Dialog und die aktive Aufklärung zu Themen der Bioökonomie zu stärken, um damit die gesellschaftliche Akzeptanz der Bioökonomie sowie die nachfrageseitige Marktentwicklung zu unterstützen. Der Rat sieht es als seine Aufgabe, grundsätzliche Tendenzen , Ziele und übergeordnete Rahmenbedingungen der Bioökonomie zu evaluieren und entsprechende Impulse anzubieten . Dementsprechend wurde keine Unterscheidung nach Regionen vorgenommen und von Empfehlungen für konkrete geografische Regionen in Bayern abgesehen. Der Rat empfiehlt ferner, die Strategien der Bioökonomie strikt an den Zielen und Kriterien der Nachhaltigkeit auszurichten . 3. Wie bewertet die Staatsregierung die einzeln dargestellten Maßnahmen in Bezug auf ihre Umsetzbarkeit ? 4. Welche der dargestellten Maßnahmen greift die Staatsregierung auf und will sie weiterverfolgen bzw. umsetzen? Die Vorschläge des Sachverständigenrates Bioökonomie wurden bereits aufgegriffen und befinden sich in der Umsetzung . Im Einzelnen: Intensivierung der ressortübergreifenden Zusammenarbeit Bioökonomie wurde als Schwerpunktthema von der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) Nachwachsende Rohstoffe identifiziert und die IMAG Nachwachsende Rohstoffe um den Themenblock Bioökonomie erweitert. Eine erste Sitzung dieser Arbeitsgruppe fand am 03.02.2017 mit dem Sprecher und Vertretern des Sachverständigenrats Bioökonomie Bayern statt. Stärkere Integration der Bioökonomie in bayerische Forschungsprogramme Im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wurde die Bioökonomie als ein Schwerpunktthema der ressortinternen, angewandten Forschung identifiziert . Nach den Vollzugshinweisen für die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 05.08.2016 können nun auch Vorhaben speziell zur Entwicklung der Bioökonomie gefördert werden. Es befinden sich mehrere Forschungsprojekte des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Bearbeitung, so z. B. Projekte • im Bereich der stofflichen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen: Vom Molekül zum Material: Biobasierte Klebstoffe , • im Bereich der Ernährung: Zerstörungsfreie Messmethode zur schnellen Qualitätsbewertung und Haltbarkeitsabschätzung von Lebensmitteln mithilfe von Food-Scannern . Auch im Zuständigkeitsbereich des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie werden verschiedene relevante Forschungsprojekte gefördert, insbesondere im Bereich der Industriellen Biotechnologie. Maßnahmen zur Unterstützung anwendungsorientierter und auf die bayerischen Verhältnisse zugeschnittener Forschung Durch Kaskadennutzung und verstärkte Nutzung von Restund Abfallstoffströmen können biogene Rohstoffe noch besser verwertet werden. Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz unterstützt u. a. Projekte, die die umweltverträgliche Nutzung biogener Rohstoffe ermöglichen. Setzen von Anreizen für die Erhöhung der Biomasseverfügbarkeit Um Anreize für die Erhöhung der Biomasseverfügbarkeit zu setzen, werden Projekte und Fördermaßnahmen am Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing (Wissenschaftszentrum Straubing, Technologie- und Förderzentrum und C.A.R.M.E.N. e.V.) durchgeführt. Ferner setzt die Staatsregierung mit dem bayerischen Energiekonzept „Energie Innovativ“ darauf, mit Förderprogrammen wie z. B. BioKlima einen Anreiz zur sinnvollen Nutzung der vorhandenen Biomasse-Potenziale zu bieten und so einen effektiven Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz zu leisten. Stärkung des gesellschaftlichen Dialogs Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit themenspezifischen Publikationen und Veranstaltungen den Dialog mit Urproduzenten, Wirtschaft, Verbrauchern und Interessengruppen initiiert und setzt diesen auch weiterhin fort. Zudem hat das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten seine Strategie zur Bioökonomie in Handlungsfeldern konkretisiert. Mit diesem Ansatz werden frühzeitig Leitthemen identifiziert, die für die Entwicklung der Bioökonomie in Bayern besonders bedeutsam sind. Zu jedem dieser Handlungsfelder werden bioökonomische Themen konkret umgesetzt. Die Handlungsfelder sind: 1. Nachhaltige Erzeugung von Lebensmitteln und Biomasse • Am 16.10.2016 wurde das Bündnis „Wir retten Lebensmittel “ ins Leben gerufen. • Workshops und Tagungen, u. a. mit Herrn Staatsminister Brunner, sensibilisieren zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten . • Der bayerische Ökopakt wird permanent erweitert. Zwischenzeitlich haben sich 22 Partner zum Ziel gesetzt , den ökologischen Landbau und die Ökoproduktion in Bayern weiter voranzubringen und einen Beitrag zur Verdoppelung der heimischen Ökoproduktion bis zum Jahr 2020 zu leisten. Drucksache 17/15484 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 2. Entwicklung und Verbesserung biobasierter Produkte • Förderung eines Praxistests zur Verbraucherkennzeichnung von Biokunststoffen. • Förderung einer Silofolie aus nachwachsenden Rohstoffen . • Förderung einer Studie zur Erzeugung von Extraktstoffen aus Kulturpflanzen. 3. Schaffung politischer Rahmenbedingungen • Anerkennung von nachwachsenden Rohstoffen im Entwurf des Verpackungsgesetzes. 4. Ausbau der (inter)nationalen Vernetzung und Kommunikation sozioökonomischer Vorteile • Finanzierung des C.A.R.M.E.N.-Forums „Bioökonomie “ am 07.03.2016. • Bayernweite Verteilung eines Flyers „Nachhaltige Produkte im Schulalltag“ in Grundschulen. • Durchführung einer Ausstellung mit dem Thema „Bioökonomie zum Anfassen – Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen fürs Leben“ vom 10.10.2016 bis 21.10.2016 in München. Weitere Ausführungen zu den Handlungsfeldern sind in der Broschüre „Bioökonomie für Bayern“ (www.bestellen.bayern. de) enthalten. 5. a) Plant die Staatsregierung zu den aufgegriffenen Maßnahmen die Einrichtung von Modellprojekten/ Modellregionen? Die Ausweisung von Modellprojekten oder Modellregionen ist ein interessanter Ansatz. Derzeit gibt es dazu jedoch keine ausgearbeiteten Pläne. b) Wenn ja, wo? Siehe Antwort zu Frage 5 a. 6. a) Ist das Bioraffineriekonzept zur dezentralen Verarbeitung von Grassilage geeignet, um in einem Modellprojekt für eine Modellregion in Niederbayern erprobt zu werden? Das Bioraffineriekonzept zur dezentralen Verarbeitung von Grassilage zu biobasierten Roh- und Werkstoffen sowie zur Erzeugung von Bioenergie ist ein sehr interessanter Ansatz. Gerade für den Erhalt und die Bewirtschaftung von Grünlandflächen könnten sich neben der klassischen Milchwirtschaft neue Perspektiven für landwirtschaftliche Betriebe eröffnen. Die derzeit in Betrieb befindlichen Bioraffinerieanlagen müssen sich jedoch unter Marktbedingungen etablieren und bewähren. An der Einrichtung einer Modellregion oder eines Modellprojekts wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gearbeitet. b) Wenn ja, in welchem Zeitrahmen ist mit dem Start der Modellanlagen zu rechnen? Siehe Antwort zu Frage 6 a.