17. Wahlperiode 05.05.2017 17/15675 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 18.01.2017 Personalsituation an der Justizvollzugsanstalt Straubing In Bayern kommen ca. 3,6 Gefangene (SR 3,4) auf einen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes, der gesamtdeutsche Schnitt liegt bei ca. 2,7 Gefangenen auf einen Bediensteten des aVD. 200 neue Stellen im Vollzugsdienst sollen die Personalsituation in den bayerischen Justizvollzugsanstalten entspannen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Trifft es zu, dass Bayern weiterhin Schlusslicht aller 16 Bundesländer bezüglich des Verhältnisses Gefangene – Bedienstete ist? b) Wie begründet die Staatsregierung die exponierte Stellung Bayerns? c) Was unternimmt die Staatsregierung, um das krasse Missverhältnis auszugleichen? 2. a) Trifft es zu, dass die 200 neuen Stellen auf 4 Jahre verteilt werden, wobei neue Anstalten einen Teil davon bekommen? b) Wann sind wie viele Stellen für die Justizvollzugsanstalt Straubing vorgesehen? 3. Wann werden die A9-Stellen (und höher) im mittleren Dienst von 35 Prozent auf 40 Prozent erhöht? 4. a) Trifft es zu, dass die vom Landtag beschlossene Erhöhung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten in der Nacht zur Folge hat, dass die bisherige Schichtzulage wegfällt und so auch Nachteile für die Beamten entstehen? b) Welche Nachteile sind das? c) Was unternimmt die Staatsregierung, um diese neu entstandenen Nachteile auszugleichen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 22.02.2017 1. a) Trifft es zu, dass Bayern weiterhin Schlusslicht aller 16 Bundesländer bezüglich des Verhältnisses Gefangene – Bedienstete ist? Die früher für den Justizvollzug geführte länderübergreifende Statistik zum Verhältnis von Gefangenen zur Zahl der Justizvollzugsbediensteten in den einzelnen Ländern wird vom Strafvollzugsausschuss der Länder nicht mehr fortgeführt. b) Wie begründet die Staatsregierung die exponierte Stellung Bayerns? Auf die Beantwortung der Frage 1 a wird Bezug genommen. c) Was unternimmt die Staatsregierung, um das krasse Missverhältnis auszugleichen? Die Staatsregierung hat seit jeher ein besonderes Augenmerk auf eine angemessene personelle Ausstattung des Justizvollzugs gelegt. Trotz schwieriger haushaltlicher Rahmenbedingungen wurden deshalb seit 1990 unter Einschluss des Doppelhaushalts 2017/2018 rund 1.570 zusätzliche Planstellen geschaffen. Dies entspricht einem Anstieg um fast 38 Prozent In den letzten Jahren stellt sich die Entwicklung wie folgt dar. • Der Doppelhaushalt 2009/2010 enthält 205 neue Planstellen für den Vollzug (davon 79 Stellen zur Umsetzung der Vorgaben des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes, insbesondere Ausbau Sozialtherapie, 30 Stellen Jugendstrafvollzug , 12 Stellen Verstärkung Nachtdienst und 84 Stellen für die Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen ). • Im Doppelhaushalt 2011/2012 sind mit Ausnahme der zum Ausgleich der im Jahr 2007 eingezogenen 8 Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst (aVD) (Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung) keine weiteren Stellen für den Justizvollzug ausgebracht. • Im Nachtragshaushaltsgesetz 2012 sind 145 zusätzliche Stellen (71 Stellen Sicherungsverwahrung, 74 Stellen Sozialtherapie) enthalten. • Im Doppelhaushalt 2013/2014 sind insgesamt 60 neue Stellen (10 Arbeitssicherheit und 50 für die Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen) eingestellt. • Im Doppelhaushalt 2015/2016 sind insgesamt 117 neue Stellen enthalten (100 Stellen im aVD und 17 Fachdienststellen für die Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen ). • Im Nachtragshaushaltsgesetz 2016 wurden zur Bewältigung der Flüchtlingskrise im Justizvollzug insgesamt 50 neue Stellen (10 Stellen Psychologen und 40 Stellen aVD) ausgebracht. Die Stellen haben derzeit den Vermerk „Kw zum 31. Juli 2019“. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15675 • Im Doppelhaushalt 2017/2018 sind insgesamt 120 neue Stellen für den aVD und Fachdienste im Justizvollzug ausgebracht. Durch zusätzliche 90 Anwärterstellen wurde zudem die Möglichkeit eines zeitnahen Personalnachersatzes deutlich verbessert. 2. a) Trifft es zu, dass die 200 neuen Stellen auf 4 Jahre verteilt werden, wobei neue Anstalten einen Teil davon bekommen? Zur Umsetzung der notwendigen personellen Verbesserungen wurde von der Staatsregierung schon im Jahr 2014 eine Verstärkung des allgemeinen Vollzugsdienstes in Bayern um zunächst insgesamt 200 Planstellen in den Jahren 2015 bis 2018 beschlossen. Zur Umsetzung der Personalverstärkungen wurden in den Doppelhaushalten 2015/2016 und 2017/2018 zusätzlich jeweils 100 Planstellen für den allgemeinen Vollzugsdienst ausgebracht und die für eine zügige Ausbildung von Nachwuchskräften erforderlichen zusätzlichen Anwärterstellen bereitgestellt. Die auf die 200 neuen Stellen eingestellten Bewerber müssen zusätzlich zum regulären Nachwuchsbedarf von rund 100 Beamten pro Jahr in den Vorbereitungsdienst übernommen und ausgebildet werden. Dies stellt eine außerordentliche zusätzliche Belastung der Justizvollzugsanstalten und der Bayerischen Justizvollzugsakademie dar. Durch eine Bündelung aller Kräfte war es möglich, ab Februar 2014 bis Februar 2017 jedes Jahr über den regulären Ersatzbedarf hinaus rund 50 zusätzliche Anwärter einzustellen und zum Vorbereitungsdienst zuzulassen. Jede darüber hinausgehende Belastung hätte die Aufrechterhaltung der hohen Qualität der Ausbildung im bayerischen Justizvollzug gefährdet. Durch die zahlenmäßig deutlich aufgestockten Ausbildungslehrgänge konnten bereits im Oktober 2015 zusätzlich zum regulären Ersatzbedarf 62 und ein Jahr später weitere 38 voll ausgebildete zusätzliche Nachwuchskräfte an die Anstalten zugeteilt und damit alle im Haushalt 2015/2016 ausgebrachten Stellen besetzt werden. Die zur Besetzung der im Haushalt 2017/2018 enthaltenen weiteren 100 neuen Stellen notwendigen Anwärter wurden bei der Einrichtung von Ausbildungsjahrgängen in den Jahren 2016 und 2017 berücksichtigt und werden nach Ende des Vorbereitungsdienstes im August 2017 und im August 2018 zur Verfügung stehen. Bei der Verteilung der zusätzlichen 200 Bediensteten auf die einzelnen Justizvollzugsanstalten müssen die berechtigten Belange aller bayerischen Anstalten gleichermaßen in die Überlegungen eingestellt werden. Bei dieser Gesamtabwägung müssen auch aktuelle Entwicklungen im Justizvollzug, beispielsweise zusätzliche Belastungen in den Bereichen Schleuserkriminalität oder Verstößen gegen das Ausländerrecht, ebenso einbezogen werden wie ein möglicher erhöhter Personalbedarf in alten oder neuen Anstalten oder in besonderen Abteilungen. b) Wann sind wie viele Stellen für die Justizvollzugsanstalt Straubing vorgesehen? Der Justizvollzugsanstalt Straubing wurden über den regulären Ersatzbedarf hinaus aus den insgesamt bislang zur Verfügung stehenden zusätzlichen 100 Stellen des allgemeinen Vollzugsdienstes je zwei Stellen zum 1. Oktober 2015 und zum 1. August 2016 zugewiesen. Die Planungen für die Zuteilung zum 1. August 2017 sind noch nicht abgeschlossen , zumal hierfür noch das Ergebnis der Qualifikationsprüfung 2017 abgewartet werden muss. Die Planungen für 2018 werden erst im Frühjahr 2018 aufgenommen. 3. Wann werden die A9-Stellen (und höher) im mittleren Dienst von 35 Prozent auf 40 Prozent erhöht? Allen Justizvollzugsanstalten steht bezogen auf die Gesamtzahl der zum Stichtag 1. Oktober 2015 dort beschäftigten Beamten (ohne Anwärter und Bedienstete im Arbeitnehmerverhältnis ) – ein Anteil von insgesamt 34 Prozent Spitzenstellen der Besoldungsgruppe A 9 einschließlich der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage zu. Der relativ hohe Prozentsatz von 34 Prozent Spitzenstellen (dieser lag im Jahr 2000 noch bei 24 Prozent) gewährleistet, dass in den Anstalten alle geeigneten Beamten des allgemeinen Vollzugsdienstes bis zu ihrem Ruhestandseintritt in ein Spitzenamt der Besoldungsgruppe A 9 und ein Großteil der Inhaber von qualitativ hochwertigen herausgehobenen Dienstposten in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage befördert werden können. Nachdem in den Anstalten die Struktur der Dienstposten ähnlich ist, kann durch die quotenmäßige Aufteilung der Spitzenstellen sichergestellt werden, dass bei allen Anstalten auch Beförderungsmöglichkeiten in die Spitzenstellen gegeben sind. Ein wichtiges Instrument der Motivation des Personals ist die Schaffung einer günstigen Beförderungsstruktur, die auch durch Stellenhebungen erreicht werden kann. In den letzten Jahren wurden hierfür in den Haushalt rund 2.600 Stellenhebungen eingestellt. Mit den durch Art. 6i Haushaltsgesetz 2017/2018 zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln werden punktuell weitere Stellenhebungen ermöglicht . Eine Erhöhung der Quote der Spitzenstellen wird damit allerdings voraussichtlich nicht möglich sein. 4. a) Trifft es zu, dass die vom Landtag beschlossene Erhöhung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten in der Nacht zur Folge hat, dass die bisherige Schichtzulage wegfällt und so auch Nachteile für die Beamten entstehen? b) Welche Nachteile sind das? c) Was unternimmt die Staatsregierung, um diese neu entstandenen Nachteile auszugleichen? Im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2017/2018 wurde eine Erhöhung der Erschwerniszulage nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 BayZulV (sogenannte „DuZ-Zulage“) während des Nachtdienstes für die Polizei und den Justizvollzug beschlossen. Die Erschwerniszulage während des Nachtdienstes wurde von 2,67 Euro auf 4,00 Euro für jede geleistete Nachtdienststunde erhöht. Damit konnte für die Vollzugsbediensteten und mittelbar auch für deren Familien ein deutlich besserer finanzieller Ausgleich für den besonders belastenden Nachtdienst geschaffen werden. Zur Finanzierung der Maßnahme wurde gleichzeitig § 12 BayZulV aufgehoben, womit künftig sämtliche Schichtzulagen entfallen. Der finanzielle Zuwachs bei der Nachtdienstzulage von fast 50 Prozent wird den Wegfall der Schichtzulagen jedoch insgesamt mehr als kompensieren . Zugleich wurde die Möglichkeit des abschlagsfreien Antragsruhestands nach Art. 26 Abs. 3 BayBeamtVG an den Wegfall der Schichtzulage angepasst. Beamte mit besonderer Altersgrenze (u. a. Beamte im Strafvollzugsdienst) können ab dem 60. Lebensjahr auf Antrag abschlagsfrei in den Ruhestand gehen, wenn sie mindestens 20 Jahre im Schicht- oder Wechselschichtdienst geleistet haben. Wegen des Wegfalls der Schichtzulage zugunsten einer Erhöhung Drucksache 17/15675 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten in der Nacht (vgl. Art. 11 Haushaltsgesetz 2017/2018) wird für Dienstzeiten ab dem Jahr 2017 anstelle des Schicht- oder Wechselschichtdienstes auf Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienst abgestellt. Die Voraussetzung, dass für die Abschlagsfreiheit beim Antragsruhestand besondere Belastungen über mindestens 20 Jahre ruhegehaltsfähiger Dienstzeit vorliegen müssen, blieb unverändert. Ersetzt wurde lediglich der Schicht- und Wechselschichtdienst durch Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienst . Die Anforderungen wurden dadurch nicht erschwert und werden auch in Zukunft einem hohen Anteil von Beamten im Strafvollzugsdienst einen abschlagsfreien Antragsruhestand ermöglichen. Mit 450 abgerechneten Stunden pro Kalenderjahr wird gegenüber dem Status quo ante ein vergleichbares und angemessenes Belastungsniveau vorausgesetzt . Insgesamt handelt es sich um eine Gesamtmaßnahme, welche die Situation der bayerischen Justizvollzugsbediensteten und deren Familien in hohem Maße verbessert und für alle Justizvollzugsbediensteten von Vorteil ist.