17. Wahlperiode 05.05.2017 17/15737 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.12.2016 Fränkischer Wein | Sensorikprüfung Im Zuge der amtlichen fränkischen Qualitätsweinprüfung werden fränkische Weine auch einer sensorischen Prüfung durch eine Prüfkommission unterzogen. Wenn die Prüfer/-innen in dieser sensorischen Prüfung einen sogenannten Ablehnungsgrund finden, entspricht dieser Wein „nicht den Mindestanforderungen an Qualitätswein “, der Wein erhält keine amtliche Prüfnummer und kann folglich weder als Qualitätswein Franken deklariert und verkauft noch in einen fränkischen „Bocksbeutel“ gefüllt werden. Da der Geschmackssinn ein subjektives Empfinden ist und dadurch eine echte Objektivität nicht möglich ist, ist es meiner Einschätzung nach fraglich, ob das Prüfverfahren der sensorischen Qualitätsweinprüfung in seiner jetzigen Form zielführend ist und wirklich qualitätsorientiert prüft. Ablehnungsgründe können durch jeden Prüfer individuell interpretiert werden und sind untereinander in ihrer Schwere des „Weinfehlers“ sehr differenziert zu betrachten. Außerdem können sich nach meinen Informationen die Prüferinnen und Prüfer gegenseitig beeinflussen und auf Nachfrage durch die/den jeweilig anwesenden fachkundige/n Geschäftsführer In Hinweise auf den Hersteller des Weines erhalten. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. Wie und wo ist definiert, was ein fränkischer „Qualitätswein “ ist und welchen Mindestanforderungen er im Rahmen der sensorischen Prüfung im Detail genügen muss? 2. Warum finden sensorische Prüfungen statt? 3. Wie ist das genaue Procedere einer sensorischen Prüfung , wo ist der Ablauf offiziell festgelegt und wie viele Prüfer/-innen müssen der gleichen Meinung sein, um ein Bewertungskriterium festzulegen (z. B. Mehrheitsprinzip )? 4. Wie wird ausgeschlossen, dass sich die PrüferInnen nicht gegenseitig durch Mimik/Gestik/Kommentare beeinflussen ? 5. Ist im Rahmen der sensorischen Prüfung eine Beeinflussung der Prüfer/-innen durch den/die besitzenden fachkundige/n Geschäftsführer/-in/Vertreter/-in der Weinkontrolle ausgeschlossen? 6. Wie wird ausgeschlossen, dass die Prüfer/-innen einem Wein keine Prüfnummer geben, weil er ihren Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. subjektiven Geschmack nicht trifft und wie wird sichergestellt , dass die Prüfer/-innen nicht nach eigenem Geschmack bewerten? 7. Wie setzt sich die Prüfkommission zusammen? a) Wie viele Vertreter/-innen der WeinerzeugerInnen sitzen in den Prüfkommissionen? b) Wie viele Vertreter/-innen von Weingütern der Größe unter 10 ha sind vertreten? c) Wie viele Vertreter/-innen von Weingütern über 10 ha/ Genossenschaften prüfen in den Prüfkommissionen? 8. Wie viele Weine bestehen die sensorische Prüfung nicht, a) bei Mengen über 15 hl/Gebinde? b) bei Weinmengen unter 15 hl/Gebinde? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.02.2017 1. Wie und wo ist definiert, was ein fränkischer „Qualitätswein “ ist und welchen Mindestanforderungen er im Rahmen der sensorischen Prüfung im Detail genügen muss? Die Bezeichnung „Qualitätswein“ ist ein EU-rechtlich geschützter traditioneller Begriff. Bei der damit verbundenen Angabe „Franken“ handelt es sich um eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.). Für beide bestehen zahlreiche EU-rechtliche, nationale und landesrechtliche Vorgaben bzgl. der Herkunft, des Anbaus, der Herstellung und der Beschaffenheit . Auf ihrer Grundlage wurde die Produktspezifikation der g. U. Franken erstellt. Sie enthält im Einzelnen auch die sensorischen Eigenschaften des Weines. Im Rahmen der Qualitätsprüfung bei der Regierung von Unterfranken (Weinprüfstelle) wird die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für Qualitätsweine überprüft. Die allgemeinen sensorischen Prüfkriterien finden sich in Anlage 9 Abschnitt II Weinverordnung (WeinV). 2. Warum finden sensorische Prüfungen statt? Sensorische (organoleptische) Prüfungen sind für Qualitätsweine nach EU-Recht und gemäß § 24 Abs. 1 WeinV gesetzlich vorgeschrieben. 3. Wie ist das genaue Procedere einer sensorischen Prüfung, wo ist der Ablauf offiziell festgelegt und wie viele Prüfer/-innen müssen der gleichen Meinung sein, um ein Bewertungskriterium festzulegen (z. B. Mehrheitsprinzip)? Der 3. Teil der Qualitätsprüfung nach der chemischen und der rechtlichen Prüfung ist die sensorische Prüfung. Die Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15737 Prüfkriterien ergeben sich aus § 24 i. V. m. Abschnitt II Anlage 9 WeinV. Die nachfolgenden sensorischen Vorbedingungen werden auf JA/NEIN-Entscheidung geprüft: • bestimmtes Anbaugebiet bzw. Bereich, • Prädikat; wenn nicht für das beantragte aber für ein anderes Prädikat typisch, kann der Wein für dieses zugelassen werden, • Rebsorte; wenn angegeben aber nicht typisch, kann das Erzeugnis ohne Rebsorte zugelassen werden, • Farbe, • Klarheit Hinzu kommen die sensorischen Prüfmerkmale Geruch, Geschmack und Harmonie. Das genaue Procedere der Sinnenprüfungen ist in Ziff. 2.2 Buchst. a Unterbuchst. aa der Bekanntmachung des damaligen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie , Frauen und Gesundheit (StMASFFG) vom 02.10.1995, Az. VII 5a/8985-8/6/95 (AllMBl S. 780), geändert durch Bekanntmachungen des StMUGV vom 10.10.2004 (AllMBl S. 608) und des damaligen Staatministeriums für Umwelt , Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUG) vom 28.11.2008, Az. 42-G8985.8-/20-2 (AllMBl, S. 862) und § 12 i. V. m. Anlage 1 der Geschäftsordnung für die Qualitätsprüfstelle für Weine bei der Regierung von Unterfranken (im Folgenden kurz: Geschäftsordnung) geregelt (siehe 3. Bekanntmachung vom 04.12.2007, Nr. 55.2-A 2645.00- 4/07, über die Neufassung der Geschäftsordnung für die Qualitätsweinprüfstelle – Amtsblatt der Regierung von Unterfranken Nr. 24/2007 Seite 196, geändert durch Bekanntmachung vom 12.09.2013 – RABl 2013 S. 350). Die sensorischen Prüfmerkmale werden nach einem 5-Punkte-Schema bewertet. Um die Qualitätsprüfung zu bestehen, muss der Wein in jedem einzelnen Prüfmerkmal im Schnitt aller Prüfer mindestens die Punktzahl 1,5 erreichen. Die durch drei geteilte Summe der für Geruch, Geschmack und Harmonie erteilten Punkte ergibt dann die Qualitätszahl, die für Weine aller Qualitätsstufen mindestens 1,5 betragen muss. Die Rechtmäßigkeit dieses Prüfverfahrens hat das BVerwG mit Urteil vom 16.05.2007 – 3 C 8.06 (hier insbesondere Randnummern 41 ff.) abschließend bestätigt. 4. Wie wird ausgeschlossen, dass sich die Prüfer/ -innen nicht gegenseitig durch Mimik/Gestik/Kommentare beeinflussen? In § 11 der Geschäftsordnung ist festgelegt, dass die Prüfung von den einzelnen Prüfern unbeeinflusst von anderen Kommissionsmitgliedern oder von außen stehenden Personen durchzuführen ist. Stört ein Mitglied der Prüfungskommissionen den Ablauf der Prüfung erheblich, so kann es vom Geschäftsführer von der weiteren Prüfung ausgeschlossen werden (§ 7 Abs. 4 Geschäftsordnung). 5. Ist im Rahmen der sensorischen Prüfung eine Beeinflussung der Prüfer/-innen durch den/die besitzenden fachkundige/n Geschäftsführe/-in/ Vertreter/-in der Weinkontrolle ausgeschlossen? In der Geschäftsordnung ist u. a. niedergelegt, dass die Geschäftsführer für die Durchführung und Überwachung des ordnungsgemäßen Verlaufs der sensorischen Prüfungen zuständig sind (vgl. § 14 Geschäftsordnung). Auskünfte im Sinne einer fachlichen Beratung der Kommissionsmitglieder werden während der sensorischen Prüfungen nur auf Nachfrage und nur unter strikter Wahrung der Anonymität für die objektive(n) Entscheidungsfindung(en) der Kommissionsmitglieder gegeben. Es kann sich dabei z. B. um Auskünfte zur Bodenart, von der der zu prüfende Wein stammt, oder zu Analysewerten handeln. Die Anwesenheit der Geschäftsführer während der sensorischen Prüfungen ist außerdem erforderlich zur Abgabe deren eigener fachlicher Stellungnahmen zu den Prüfungsergebnissen . Sie befinden darüber, ob die jeweiligen Entscheidungen der Prüfungskommissionen auf zureichenden sachlichen Grundlagen beruhen, und tragen dadurch zur Entscheidungsfindung der Regierung von Unterfranken bei. Die Vertreter der Weinkontrolle gehören gemäß § 3 Abs. 2 der Geschäftsordnung den Prüfungskommissionen an, bewerten in dieser Funktion die zu prüfenden Weine und haben daher zum Zeitpunkt der Prüfung keinen Einblick in die bei der Prüfstelle zur Antragstellung eingereichten Unterlagen. 6. Wie wird ausgeschlossen, dass die Prüfer/-innen einem Wein keine Prüfnummer geben, weil er ihren subjektiven Geschmack nicht trifft, und wie wird sichergestellt, dass die Prüfer/-innen nicht nach eigenem Geschmack bewerten? Schon durch die Zahl der an der Prüfung beteiligten Prüfer/ -innen wird die Beurteilung der einzelnen Prüferinnen objektiviert und damit versachlicht (vgl. auch BVerwG a. a. O. Randnummer 28). Darüber hinaus wird die Eignung der Prüfer durch einen Prüferpass der Deutschen Landwirtschafts -Gesellschaft (DLG) nachgewiesen und durch jährliche Schulungen sowie Bedarfsschulungen aus aktuellem Anlass gewährleistet. 7. Wie setzt sich die Prüfkommission zusammen? Vorbemerkung: Es sind 12 Prüfungskommissionen gebildet, die sich wie folgt zusammensetzen: Den Prüfungskommissionen gehören jeweils 3 Vertreter der Weinerzeuger, 1 Vertreter des Weinhandels, 1 Vertreter des Verbraucherschutzes und 1 Vertreter der Weinkontrolle an. Sie dürfen u. a. nur dann als Prüfer tätig werden, wenn sie ihre fachliche Eignung durch den Prüferpass der DLG nachweisen können. Eine Kommission ist beschlussfähig, wenn mindestens 4 Mitglieder anwesend sind. a) Wie viele Vertreter/-innen der Weinerzeuger/-innen sitzen in den Prüfkommissionen? Pro Prüfungskommission sind drei Vertreter/-innen der Weinerzeuger bestellt. b) Wie viele VertreterInnen von Weingütern der Größe unter 10 ha sind vertreten? c) Wie viele Vertreter/-innen von Weingütern über 10 ha/Genossenschaften prüfen in den Prüfkommissionen ? Vorschlagsberechtigt für die Vertreter der Weinerzeuger ist ausschließlich der fränkische Weinbauverband. In den Kommissionen sind Prüfer/-innen aus allen Betriebsgrößen, allen Betriebsstrukturen und allen Bereichen des Anbaugebietes vertreten. 8. Wie viele Weine bestehen die sensorische Prüfung nicht, a) bei Mengen über 15 hl/Gebinde? b) bei Weinmengen unter 15 hl/Gebinde? Die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen werden nicht nach Gebindegrößen erfasst.